Auf die Entwicklung von Informatikkompetenzen zielende Fortbildungen – Wirkungen auf das Verhalten von Lehrkräften aller Fächer
Denise Schmitz
Bergische Universität Wuppertal
Angesichts der sich durch die Digitalisierung verändernden Gesellschaft wird die Entwicklung informatischer Kompetenzen für alle Lehrkräfte gefordert (z.B. SWK, 2022; Diethelm et al., 2023). Diese Kompetenzen sind bisher kein verbindlicher Teil der dreiphasigen Lehrkräftebildung, werden aber bereits für alle drei Phasen durch Lehrveranstaltungen, Fort- oder Weiterbildungen adressiert (vgl. Arbeitskreis Lehrkräftebildung der GI, 2024). Dabei stellt sich die Frage, inwiefern die entwickelten Kompetenzen Einzug in Handlungen und den Alltag der Teilnehmenden erlangen. Deswegen wird in einem Forschungsvorhaben mithilfe von Leitfadeninterviews im Pre-Post-Design untersucht, wie sich Fortbildungen zu informatischen Kompetenzen auf das Verhalten von Lehrkräften in ihrem Berufsalltag auswirken. Das Vorhaben knüpft an die im Projekt »ComeIn« (2023) entwickelten und im Projektverbund »ComeMINT« des Kompetenzverbunds »lernen:digital« (ComeMINT, 2024) hinsichtlich Gelingensbedingungen untersuchten Fortbildungsmodule an. Dabei werden insb. die Module »SPAM von der Schulleitung? Digitale Selbstverteidigung« sowie »Daten von Schüler*innen verwalten – Dateiverwaltung, Verschlüsselung und Backups« fokussiert. Nach dem Besuch des ersten Moduls sind die Teilnehmenden in der Lage, z.B. Angriffsarten im Internet zu erläutern und Verteidigungsmechanismen zum Schutz der eigenen Daten zu nutzen. Im zweiten Modul lernen die Teilnehmenden z.B., wie sie Dateien zwischen Geräten austauschen, ohne deren Vertraulichkeit zu verletzen, und wie sie ihre Daten vor einem Verlust schützen können. Die Entwicklung dieser Kompetenzen wird gefördert, indem neben motivierenden Szenarien aus dem Lehrkräftealltag und den daran anknüpfenden informatischen Grundlagen Praxis- und Reflexionsaufgaben in den Modulen integriert sind. Um die Wirkung der Fortbildungen zu untersuchen, wird das Vier-Ebenen-Modell von Kirkpatrick (1979) betrachtet. Dieses Modell beschreibt die vier Ebenen »Reaktion«, »Lernen«, »Verhalten« und »Ergebnisse«, wobei sich die dritte Ebene auf Verhaltensveränderungen am Arbeitsplatz bezieht. In diesem Zusammenhang wird auch von »Transfererfolg« gesprochen: »Transfer of training is defined as the degree to which knowledge and skills acquired by training are effectively applied in the workplace of the school or classroom« (Veenman, Van Tulder und Voeten, 1994, S. 304). Die durch die Fortbildung initiierte Verhaltensveränderung läuft in einem stetigen und andauernden Prozess ab, während die Lehrkräfte ihren normalen Berufsalltag absolvieren. Deswegen wird im Forschungsvorhaben das »Transtheoretische Modell der Veränderung« (J. O. Prochaska und J. M. Prochaska, 2019) verwendet, das ursprünglich im medizinischen Kontext genutzt wurde. Das Modell beschreibt verschiedene Stadien der Verhaltensveränderung, wodurch neben aktiv umgesetzten Veränderungen auch solche beschrieben werden können, die sich in der Phase der Absichtsbildung sowie Vorbereitung befinden oder die bereits wieder verworfen wurden. Im Kurzvortrag wird das Forschungsvorhaben inklusive erster Ergebnisse vorgestellt. Dafür werden u.a. die genutzten Erhebungs- und Auswertungswerkzeuge (Leitfadeninterview und Kategoriensystem) aufgezeigt, sowie Konsequenzen der Pilotierung auf diese verdeutlicht.
Von der Theorie zur Praxis und zurück: Digitale Handlungskompetenz nachhaltig transferieren mit MIKA
Natalie Deininger, Dr. Sebastian Anselmann
Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)
Leitfrage und Zielsetzung: Wie kann dem Ausbildungspersonal die Aneignung grundlegender digitaler und medienpädagogischer Kompetenzen ermöglicht werden, um den digitalen Wandel der Arbeits- und Berufswelt gezielt und reflektiert zu gestalten? Der Beitrag beleuchtet den anwendungsorientierten Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in das Weiterbildungsangebot MIKA (Medien- und IT-Kompetenz für Ausbildungspersonal) sowie die evaluationsbasierte Weiterentwicklung des Angebots zur Stärkung digitaler und medienpädagogischer Handlungskompetenz des betrieblichen Ausbildungspersonals.
Hintergrund: Der digitale Wandel stellt neue Anforderungen an die berufliche Bildung und erfordert eine gezielte Qualifizierung des Ausbildungspersonals im Umgang mit digitalen Medien. MIKA greift diesen Bedarf auf und überführt ein aus dem BIBB-Forschungsprojekt DiMBA (vgl. HÄRTEL u. a. 2018a) entstandenes Kompetenzmodell („Modell der medienpädagogischen Kompetenz des betrieblichen Ausbildungspersonals“, vgl. Härtel u. a. 2018b) in ein praxisnahes, standardisiertes, modulares Weiterbildungsangebot.
Methodisches Vorgehen: Im Rahmen einer dreistufigen Pilotierung mit fünf Praxispartnerinnen und -partnern aus Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern und Berufsbildungswerken ist das theoretisch fundierte MIKA-Seminarkonzept praktisch erprobt worden. 2023 wurde auf dem ILIAS-basierten Lernmanagementsystem MIKA-Campus ein Learning Record Store angeschlossen. Dies ermöglicht die Analyse des Nutzer/-innenverhaltens hinsichtlich der Selbstlernangebote. Neue Weiterbildungsformate und die Weiterentwicklung bestehender Angebote werden durch quantitative und qualitative Erhebungen begleitet, u. a. in Form von Befragungen sowie teilnehmender Beobachtung. Die Ergebnisse dieser laufenden, methodisch vielfältigen Begleitforschung fließen in eine kontinuierliche Angebotsoptimierung ein und werden im Beitrag reflektiert – auch im Hinblick auf ihre Bedeutung für einen innovativen und nachhaltigen Transferprozess. Aktuell ist MIKA Gegenstand einer begleitenden Evaluation, die in Form eines Promotionsvorhabens mit dem gegenwärtigen Titel „Digitale Transformation im betrieblichen Ausbildungsalltag durch die Förderung von Medien- und IT-Kompetenz für Ausbildungspersonal“ (vgl. DEININGER 2022) im Graduiertenförderungsprogramm des BIBB angesiedelt ist.
Bezug zum Tagungsthema: MIKA steht exemplarisch für eine zielgruppenfokussierte und systematisch begleitete Transferpraxis, bei der wissenschaftliche Konzepte in ein konkretes, nutzbares und evaluierbares Weiterbildungsangebot für die berufliche Bildung transformiert wurde. Der Beitrag beleuchtet Gelingensbedingungen und Herausforderungen dieses Transferprozesses und zeigt, wie Forschungsergebnisse in tragfähige Qualifizierungsformate überführt werden können – mit dem Ziel der nachhaltigen Verankerung im System der beruflichen Bildung.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) gefördert und ist im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) entwickelt worden.
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