Entwicklung eines Video-basierten Physik-Kurses
Prof. Dr. Matthias Kohl
Hochschule Koblenz, RheinAhrCampus
Die Entwicklung eines Online-Physikkurses für Ingenieurs-Studiengänge wird diskutiert. Der Kurs basiert auf Videos für Vorlesungen, Experimente und Übungen und deckt die Standardthemen der Physikausbildung ab, die von Mechanik, Schwingungen und Wellen, Thermodynamik, Elektromagnetismus bis hin zu Optik und Aspekten der modernen Physik reicht. Alle Videos werden auf YouTube gehostet (https://www.youtube.com/c/PhysikExpaerimenteFormelnMatthiasKohl). Für eine bessere Organisation und geordnete Präsentation sind alle Inhalte auf der universitären Lernplattform (OpenOlat) und einer speziellen Website (www.physik-online.com) dargeboten, die die Bereitstellung von zusätzlichen Inhalten wie Texten und PDF-Dokumenten ermöglicht. Jedes Kapitel, das ein bestimmtes Thema behandelt, wird – sofern möglich - durch ein physikalisches Experiment eingeleitet, wobei der Schwerpunkt auf der Einsicht in Zusammenhänge und dem Verständnis der Natur liegt, das erst aus der Beobachtung und in einem zweiten Schritt durch Interpretation und Beschreibung in der Sprache theoretischer Konzepte und der Mathematik abgeleitet wird. Seit 2019 wird dieser Physikkurs für die Lehre von Ingenieurstudenten an der Hochschule Koblenz im „Flipped Classroom“-Stil verwendet, d. h. von den Studenten wird erwartet, dass sie vorbereitet zu den Vorlesungen kommen. Dies erforderte eine drastische Umstellung sowohl von Lehre als auch vom Lernen. Es werden sowohl positive als auch negative Aspekte dieser Umstellung diskutiert. Während der Vorteil während der Covid-Lockdown-Zeiten offensichtlich war, ist der Nutzen weniger deutlich, wenn er in eine übliche Universitätsumgebung und einen normalen Stundenplan eingebettet ist. Alle Kursmaterialien sind offen und ihre Verwendung durch andere Dozenten und Studenten ist beabsichtigt und erwünscht. Die Zukunft wird zeigen, ob der Impuls zu einer flexibleren, offeneren und online-basierten Lehre und einem eigenverantwortlichen Lernen anhält. Die Hoffnung ist, dass dieser Physikkurs dazu beiträgt.
Inverted Classroom in der Einführungsveranstaltung Programmierung
Prof. Dr. Ulrich von Zadow, Prof. Dr. Natalie Kiesler
Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm
Das Erlernen von Programmieren ist kognitiv anspruchsvoll und stellt eine zentrale Hürde in Informatikstudiengängen dar. Dies spiegelt sich u.a. in hohen Abbruch- und Durchfallquoten wider. Die Veranstaltung 'Prozedurales Programmieren' im ersten Semester wird seit längerem als klassische Vorlesungs-Übungs-Kombination (4 SWS + 2 SWS, 300 Studierende pro Semester) gelehrt.
Programmieraufgaben, die im Laufe des Semesters als Hausaufgabe gelöst werden, bilden die Zulassungsvoraussetzung zur Klausur. Im Wintersemester 23/24 war es erstmals möglich, die Hausaufgaben durch Generative AI lösen zu lassen. Dies korrelierte mit sehr hohen Durchfallquoten. In der Folge wurde im Wintersemester 2024/25 ein neues Lehrkonzept eingeführt, welches mit 67 Medieninformatik-Studierenden getestet wurde. Dabei wurde der „Inverted Classroom“-Ansatz gewählt: Anstatt einer klassischen Vorlesung bereiten sich die Studierenden durch Literaturarbeit selbst auf die Übungseinheiten vor, um diese dann für aktivierende Lehr-/Lernformen (u.A. Quizfragen und Programmieraufgaben) zu nutzen.
In diesem Kontext stellen sich folgende Forschungsfragen:
- Wie hat sich das neue Konzept in der Praxis bewährt?
- Welches Lernverhalten zeigen die Studierenden? Wie subjektiv erfolgreich sind sie damit?
- Wie wirkt sich das Konzept auf klassische Hürden der Programmierausbildung (z.B. Debugging, IDE benutzen) aus?
- Welche Best Practices ergeben sich aus den Maßnahmen? Wie könnte das Konzept weiter verbessert werden?
Zur Evaluation des neuen Lehrformats wurden mehrere Datenerhebungen durchgeführt, darunter Befragungen, das „Teaching Analysis Poll“ (TAP) und ein Kurstagebuch. Diese befinden sich (Stand Februar 2025) noch in der Auswertung und werden im Konferenzvortrag präsentiert. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass insbesondere die Quizfragen als außergewöhnlich hilfreich wahrgenommen wurden. Die Befragungen zeigen zudem, dass sich schnell eine sehr große Bandbreite an Programmierfähigkeiten herausbildet, mit entsprechenden Herausforderungen in der Unterrichtsgestaltung. Die Befragungen zu Lernstrategien zeigen weiterhin, dass Generative KI von einer Mehrheit der Studierenden genutzt wird. Gleichzeitig scheinen Studierende dahingehend Kompetenzen aufzubauen, da KI Tools auch für Verständnisfragen und Code-Erklärungen genutzt werden.
Einführung & Evaluation des Selbstlern-Konzepts CodeClinic im neuen SCALE-UP-Raum der OTH Regensburg
Prof. Dr. Timo Baumann, Prof. Dr. Kai Selgrad, Prof. Dr. Martin Pohl
OTH Regensburg
Im Projekt "Einrichtung und umfassende Nutzung eines SCALE-UP-Raums" im Rahmen des Förderprojekts "BayernMINT – evaluiert. vernetzt. implementiert" wurde in einem denkmalgeschützten Hörsaal an der OTH Regensburg ein moderner SCALE-UP-Raum eingerichtet. Integraler Projektbestandteil ist die Etablierung einer CodeClinic (sowie einer Mathe-Werkstatt), welche studentisches Selbstlernen auch jenseits von Lehrveranstaltungen in den Vordergrund stellt. In diesem Beitrag greifen wir kurz das bereits etablierte Konzept des `student-centered active learning environment for upside-down pedagogies' (SCALE-UP) auf und beschreiben die Herausforderungen der Umsetzung im Rahmen des Denkmalschutzes. Der Fokus des Beitrags liegt auf der Präsentation und ersten Auswertung unserer Konzepte zum selbstbestimmten und selbstorganisierten gemeinsamen Lernen der Studierenden, insbesondere in den Fächern Programmieren und Mathematik, grundsätzlich aller Fachbereiche. Dieses untersuchen wir insbesondere im Rahmen der CodeClinic, deren über zwei Semester geförderte Umsetzung im vergangenen Wintersemester begonnen hat. Hintergrund: Lernen ist ein sozialer Prozess der idealerweise an einem festen und geeigneten Lernort stattfindet. Bisher vorgesehene physische Lernorte der Studierenden sind Computer-Pools, die allerdings durch ihre Frontalbestuhlung nicht zum kommunikativen Miteinander einladen und immer mehr an der Lebenswirklichkeit der Studierenden vorbeigeht (mobile Privatrechner statt festinstallierter Hochschulrechner). Im Ergebnis führt dies dazu, dass das Selbststudium verstärkt "ins stille Kämmerlein" abwandert. Lernen ist zudem idealerweise ein situativer Prozess und sollte in Situationen stattfinden, die der Praxis entsprechen. Diese ist geprägt von einer Mischung aus Einzelarbeit, Team-Work, Besprechungen und immer auch dem kleinteiligen Austausch (in geteilten Arbeitsräumen), nicht von Poolräumen in Frontalbestuhlung. Ergo: Ein SCALE-UP-Raum bietet für das Miteinander-Lernen ideale Bedingungen. Im Wintersemester 2024/25 startete die CodeClinic (zuletzt auch im SCALE-UP Raum). Wir berichten ausführlich über die Art der Durchführung und Konzeptualisierung der CodeClinic wie auch der Mathe-Werkstatt. Gerade erstere wurde initial intensiv durch die beteiligten Professoren und Hilfskräfte begleitet und unterstützt. Eine erste Evaluation demonstriert die Annahme des Konzepts und ergibt Anstöße für die Fortführung.
„Wer braucht denn sowas?“ - Erkenntnisse aus einem Jahr „Learning Hall“
Dr. Michael Weinmann, Prof. Dr. Mike Altieri, Katja Dechant-Herrera
OTH Amberg Weiden
Der Stifterverband (Koeritz et al., 2022; S. 13) fordert in seinem Positionspapier, dass „Hochschulen mit zukunftsorientierter Lernraumgestaltung zu attraktiven Orten der Partizipation für Studierende“ werden und „ihre Haltung und Rolle durch offene, nutzerzentrierte Räume für Empowerment, Inspiration, Reflexion und Kreativität und einer gelebten Konvergenz zwischen digitalen und physischen Räumen“ wahrnehmen. „Studierende können dabei ihre Lernumgebungen aktiv gestalten und dadurch Selbstwirksamkeit und Gestaltungskompetenzen erlangen.“
Dies ist nicht nur für Lehrräume, sondern auch für Lernräume relevant, also Räumlichkeiten für das freie studentische Lernen, da hier die Freiheit zur Gestaltung der Lernumgebung den Studierenden obliegt und nur durch die Raumarchitektur und Ausstattung limitiert wird. Im Projekt „IdeaL“ der OTH Amberg-Weiden, gefördert durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre, wird der Einsatz, die Möglichkeiten und Limitierungen mobiler Möblierung für studentische Lernräume erprobt.
Hierfür wurde die „Learning Hall“ geschaffen, die den Lernenden der Fakultäten „Elektrotechnik, Medien und Informatik“ und „Maschinenbau/Umwelttechnik“ jederzeit als offener Lernort zur Verfügung steht. Kernstück des Konzepts bilden sechs autarke und akkubetriebene Hochleistungs-Work-Stations mit studienrelevanter Software für rechenintensive Arbeiten, beispielsweise zur Videobearbeitung. Der vollständige Verzicht auf eine Kabelanbindung ermöglicht es, die Work-Stations völlig frei den aktuellen Bedürfnissen angepasst und beliebig im Raum zu bewegen und macht die Learning Hall zum agilen PC-Pool. Daneben finden sich Rückzugsmöglichkeiten für Einzelpersonen, Gruppenarbeitsplätze sowie ein voll ausgestatteter, abtrennbarer Besprechungsraum. Studierenden wird hier die Möglichkeit gegeben, in einer konzentrierten Atmosphäre, alleine oder kollaborativ, an digitalen Aufgaben zu arbeiten und selbstständig Vorlesungsinhalte zu vertiefen.
Acht Monate nach Eröffnung wurde der Raum bezüglich Ausstattung und des Nutzungsverhaltens evaluiert. Dabei zeigte sich, neben Gemeinsamkeiten mit und Unterschieden zu anderen Lernorten, die hohe Relevanz für mobiles und ergonomisches Lernen/Arbeiten für die Studierenden. Die Ergebnisse der Evaluation möchten wir mit der Community teilen und diskutieren.
Koeritz, J.; Kolbert, L. & Winde, M. (2022) Zehn Leitlinien für zukunftsorientierte Lernräume, Positionspapier. Essen: Edition Stifterverband.
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