Einflussfaktoren auf den Studienerfolg in MINT-Studiengängen
Prof. Dr. Martin Bothen
Technische Hochschule Aschaffenburg
Im Projekt MINTzE konnte aufgezeigt werden, dass ein erfolgreicher Studienabschluss mit einem guten Studienstart korreliert. Ein guter Studienstart zeichnet sich dadurch aus, dass im ersten Prüfungszeitraum mindestens 18 ECTS erreicht werden. Dieses ist möglich, wenn von Beginn an auf die folgenden „Bausteine für den Studienerfolg“ aufgebaut werden kann:
- Vorwissen: Hochschulzugangsberechtigung mit hinreichenden Kenntnissen in den MINT-Fächern
- Können: Fähigkeit, neue Wissensthemen zu erlernen
- Wollen: Interesse für das gewählte Studienfach und Bereitschaft zum Lernen
- Möglichkeit: Zeitliche und örtliche Möglichkeit, das Studium durchzuführen
Studierende, bei denen diese Voraussetzungen gleichermaßen gut ausgeprägt sind, erlangen mit Sicherheit auch mehr als die geforderten 18 ECTS. Aber wie können wir denen helfen, bei denen einige dieser Bausteine nur wenig ausgeprägt sind? Welche Möglichkeiten haben wir, die Wahrscheinlichkeit eines Studienerfolgs zu erhöhen?
Die folgenden Erkenntnisse aus dem Projekt MINTzE sollen zur Beantwortung dieser Fragen beitragen und zur Diskussion anregen:
- Die Auswertung des Studienerfolgs von MINT-Studierenden, die während der COVID-19-Pandemie an der TH Aschaffenburg ihr Studium begonnen haben, deutet darauf hin, dass die während des Lockdowns neu eingeführte Online-Lehre und die damit verbundene Bereitstellung von Online-Materialien bei den guten Studierenden zu einer Leistungssteigerung führten. Aufgrund des Corona-Lockdowns wurden die Freizeitmöglichkeiten stark eingeschränkt, so dass diejenigen, die für das Studieren bereit waren, nunmehr auch die Möglichkeit erhielten, das Studium ernsthaft anzugehen. Online-Lehre als Ergänzung zur Präsenz-Lehre könnte somit ein Lösungsansatz sein, um den Studienerfolg in den MINT-Studiengängen zu steigern.
- Im Projekt MINTzE konnte aufgezeigt werden, dass der Studienstart in einem internationalen Studiengang besonders schwierig ist: ausländische Studierende müssen für ihr Studentenvisum den Nachweis ausreichender finanzieller Mittel erbringen, weshalb sie gezwungen sind, zusätzlich zum Studium zu arbeiten. Für diese Gruppe sind nunmehr Angebote gefragt, die ihnen die Möglichkeit geben, das Studium flexibel durchzuführen. Auch hier kann das Bereitstellen von Online-Material hilfreich sein, kombiniert mit zeitlich flexiblen Projektarbeiten und einem individuellem Mentoringprogramm.
MINT-Studiengänge attraktiver gestalten: Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Fokus
Prof. Dr. Susanne Gleißle
Hochschule Offenburg
Dieses Projekt zielt auf die Neustrukturierung von bestehenden ingenieurswissenschaftlichen Bachelor-Studiengänge (Maschinenbau, Nachhaltige Energiesysteme und Umwelttechnologie) an der Hochschule Offenburg, um mehr Studierendeninteresse zu wecken. Kernstrategie ist ein zweigleisiger Ansatz, der Nachhaltigkeit und Digitalisierung curricular verstärkt integriert.
Kernmaßnahmen sind:
- Curriculum-Neugestaltung: Eine neue einheitliche ECTS-Modulstruktur in allen Fachsemestern verbessert die Übersichtlichkeit und ermöglicht den Modulaustausch zwischen den Studiengängen. Es werden Bachelorstudiengänge zu den Themen nachhaltige Energiesysteme und Umwelttechnologie zu einem Studiengang zusammengeführt mit Fokus auf Klimaschutz und Ressourcenschonung. Der Maschinenbau schärft seinen Fokus auf zwei Bereiche, Entwicklung/Konstruktion und Produktion/Management, wobei nachhaltige Produktzyklen und digitale Produktpässe im Mittelpunkt stehen. Ein englischsprachiger Studiengang wird zur Gewinnung internationaler Studierender eingeführt.
- Etablierung eines Leuchtturmprojekts zum Thema „Wasser“: Dieses fächerübergreifende Projekt integriert wasserbezogene Themen wie Wassertechnologie, Wasseraufbereitung, Nutzung von Wasser als erneuerbare Energie, in allen Studiengängen. Hierbei wird die Praxisnähe und regionale Relevanz betont und projektbasiertes Lernen in das Curriculum integriert.
- Schulpartnerschaften: Kooperationen mit regionalen Schulen vermitteln Nachhaltigkeitskonzepte an Schüler*innen durch Workshops, Firmenbesuche und ECTS-anerkannte Module, um frühzeitige Studienorientierung zu fördern.
- Digitalisierungskonzept: Spezifische Module und integrierte Anwendungen in Kernfächern behandeln Programmierung, Data Engineering, KI und Simulationswerkzeuge, die für zukünftige Ingenieur*innen unerlässlich sind.
Entscheidend ist die gezielte Ansprache nicht-traditioneller Studierender, insbesondere Frauen. Nachhaltigkeitsthemen werden adressiert, ethische sowie gesellschaftsrelevante Inhalte in den Ingenieurswissenschaften werden thematisiert, erweitern dadurch die rein fachliche, technische Kompetenz und reduzieren damit die Stereotypisierung von Ingenieurberufen. Praxisorientierung und regionale Verankerung erhöhen die Attraktivität.
Es sollen projektbasierte und berufsbefähigende Ingenieursstudiengänge entstehen, die durch die Fokussierung auf die Nachhaltigkeit insbesondere zum Thema Wasser in all seinen Facetten neue Gruppen anspricht. Zudem sollen sich die Elemente der Digitalisierung in Inhalten und der Lernmethodik konsekutiv durch das Studium ziehen.
Das Projekt verspricht eine nachhaltige Steigerung der Attraktivität und die Erweiterung der Studierenden-Zahlen in den MINT-Bereichen.
ProjectClass: Studienmodell mit Reformcharakter
Prof. Dr. Grit Köhler, Barbara Meier
Hochschule Offenburg
Rückläufige Studierendenzahlen im MINT-Bereich sind ein ernstzunehmendes Problem. Die Hochschule Offenburg möchte mit ProjectClass ein ambitioniertes Projekt umsetzen, um die Ingenieurausbildung grundlegend zu reformieren und neue Impulse für die gesamte Hochschule zu setzen.
Das Modell der ProjectClass wendet sich vom traditionellen Vorlesungsbetrieb ab und strebt ein vollständig projektbasiertes Bachelor-Studienmodell an, indem Studierende von Beginn an an realen Projekten mit externen Partnern arbeiten. Der Fokus liegt auf "Lernen durch Machen", der Entwicklung praxisnaher Problemlösungskompetenzen und wichtiger "Future Skills". Das "Spiral Learning"-Konzept soll einen schrittweisen Kompetenzerwerb ermöglichen - angepasst an das jeweilige Wissensniveau. Eine digitale Lerninfrastruktur und KI-Tools unterstützen den Lernprozess. Das Studienmodell soll auch flexible Abschlüsse ermöglichen, um individuellen Karrierewünschen gerecht zu werden.
ProjectClass soll nicht nur für Studierende, sondern auch für Lehrende ein innovatives Angebot sein. Durch Teamteaching und ein intensiven kollegialen Austausch soll die gegenseitige Unterstützung gefördert und eine Überforderung im neuen Lehrformat verhindert werden.
ProjectClass ist ein mutiger Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen Ingenieurausbildung. Das Projektvorhaben ist aktuell in Planung, hat Modellcharakter und soll als Impulsgeber für innovative Lehrmethoden an der gesamten Hochschule wirken. Der Vortrag regt zu einem 30-minütigen Austausch an, um gemeinsam die Chancen und Herausforderungen dieses neuen Ansatzes zu diskutieren.
Bridging the gaps for GenZ: Worauf es im Studiengang Systems Engineering wirklich ankommt
Katharina Bucher, Prof. Dr. Thomas Kirchmeier, Prof. Dr. Constantin Wanninger, Felix Reich, Martin Schwer
TH Augsburg
Aufgrund des Fachkräftemangels besteht insbesondere in den MINT-Fächern die Herausforderung zukunftsorientierte Studiengänge anzubieten, die für junge Menschen attraktiv sind, und zugleich den Studienalltag so zu organisieren, dass Abbruchquoten möglichst gesenkt werden. Die Generation Z, geboren zwischen 1995 und 2010, ist in einer Welt großgeworden, in der Wissen sofort digital verfügbar ist. Wie lernen Digital Natives und welche neuen Anforderungen stellen Studierende aufgrund ihrer Sozialisation und Wertorientierung an einen technischen Studiengang? Zur Beantwortung beider Fragen werden Charakteristika der Gen Z beschrieben (vgl. Scholz und Grotefend, 2019) und die Anforderungen im Kontext der Hochschullehre erörtert:
- Flexibilität und Individualisierung
- Technologieintegration und Multimedialität
- Autonomie
- Praxisrelevanz
- Community-Bedürfnis
- Schnelle Kommunikation und Feedback-Orientierung
- Psychologische Sicherheit
- Ethik und Umwelt
Anhand von Beispielen wird aufgezeigt, wie der Bachelorstudiengang Systems Engineering[1] an die Lebens- und Lernwelt der Generation Z anknüpft. Es gilt Brücken zu schlagen zwischen Theorie und Praxis, zwischen „Lernen on demand“ und persönlichem Austausch, zwischen generalistischer Ingenieursausbildung und fachlicher Vertiefung (vgl. Trogstad et al., 2021). Ziel ist, die Kompetenzentwicklung der Studierenden nachhaltig zu fördern und auf komplexe technische Berufsfelder vorzubereiten. Im Beitrag werden sowohl die strukturelle Ebene (individualisierte Studienmodelle, curriculare Verankerung orts- und zeitunabhängiger Lehre, technologiegestützte Organisation) als auch die operative Ausgestaltung des Lernens hybrid und in Präsenz dargelegt. Der Flipped-Classroom-Ansatz schafft hier eine Verbindung zwischen autonomem Lernen und Gemeinschaftserfahrung, die die Generation Z einfordert. Die institutionelle Verstetigung verlangt ein stringentes didaktisches Konzept, interdisziplinäre Ausrichtung und strategische Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Ein hoher Praxisbezug, problem-basiertes Lernen, Selbstwirksamkeitserfahrungen, unterstützend gestaltete Lernumgebungen und Peer Learning sind interdependente Gelingensfaktoren des Studiengangs, welcher zusammengefasst auf Digitalisierung, Individualisierung und Vernetzung basiert.
[1] Verbundprojekt „Digital und Regional“ (TH Augsburg, Hochschule Kempten, Hochschule Neu-Ulm) angeboten an verschiedenen Lernorten in Bayerisch-Schwaben
|