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Sitzungsübersicht
Sitzung
AK2.2: Geoinformatik: VR/AR und Stadtmodelle
Zeit:
Donnerstag, 14.03.2024:
13:00 - 15:00

Chair der Sitzung: Thomas Kersten
Chair der Sitzung: Dennis Edler
Ort: F125


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Präsentationen

Multimodale Navigationsanwendungen für CityGML 3.0 konforme 3D-Straßenraummodelle mittels Graphdatenbanken

F. Olbrich, C. Beil, S. H. Nguyen, T. H. Kolbe

Technische Universität München, Deutschland Lehrstuhl für Geoinformatik

Multimodale Navigationsanwendungen für CityGML 3.0 konforme 3D-Straßenraummodelle mittels Graphdatenbanken

Felix Olbrich, Christof Beil, Son H. Nguyen & Thomas H. Kolbe

1 Motivation/Problemstellung

Während der Fokus semantischer 3D-Stadtmodelle bislang auf 3D-Gebäudemodellen lag, erlaubt die zunehmende Verfügbarkeit detaillierter Repräsentationen des Straßenraums zahlreiche neue Anwendungen. Der internationale OGC Standard CityGML 3.0 zur Modellierung und zum Austausch von semantischen 3D-Stadtmodellen enthält erweiterte Konzepte zur Modellierung des Straßenraums. Im Rahmen dieser Arbeit wird untersucht, wie CityGML 3.0 konforme Straßenraummodelle für multimodale Navigationsanwendungen genutzt werden können, indem diese auf eine Graphdatenbank abgebildet werden. Insbesondere wird untersucht, welche Konzepte für multimodale Navigationsanwendungen notwendig sind und ob diese mit CityGML 3.0 abbildbar sind. Hier spielen die Kombination verschiedener Transportmittel in einer Anwendung sowie die Verwendung fahrspurgenauer 3D-Daten in geometrischen Repräsentationsformen (linear, flächenhaft, volumetrisch) eine essenzielle Rolle. Entwickelte Konzepte werden in einer Graphdatenbank-basierten Anwendung implementiert und getestet.

2 Methode/Untersuchung

Zunächst wird ein Anforderungsprofil für multimodale Navigationsanwendungen an die Datengrundlage erstellt. Darauffolgend werden Konzepte von CityGML 3.0 mit diesen Anforderungen abgeglichen. Fehlende Elemente wie Nachbarschaftsbeziehungen oder Gewichtungsinformationen können in der Graph-Repräsentation ergänzt werden. Dazu folgt eine Vorverarbeitung der CityGML-Testdaten in der Graphdatenbank Neo4j, um eine geeignete Netzwerkstruktur für multimodale Routen-Analysen zu erzeugen. Die finale Netzwerkstruktur soll vorhandene CityGML-Objekte miteinander verbinden, ohne bestehende Beziehungen in der Graphdatenbank aufzulösen, um die abgebildete CityGML Struktur beizubehalten. Im Weiteren werden verschiedene Gewichte, zum Beispiel Länge aus geometrischen Informationen oder Geschwindigkeitsbegrenzungen aus den semantischen Informationen von CityFurniture Objekten (Straßenschilder) abgeleitet. Das so erzeugte Netzwerk wird anschließend genutzt, um zu zeigen, dass die Analyse von kürzesten Pfaden unabhängig von der Geometrie und der Granularität der Straßenraumobjekte funktioniert. Für die multimodale Navigationsanwendung stehen mehrere Beispieldatensätze (Grafing bei München, Ingolstadt) im Format CityGML 3.0 zur Verfügung. Zur Überprüfung der 3D Navigation wird ein neuer Datensatz bestehend aus dem Grafing Beispiel mit zusätzlich ergänztem 3D-Parkhausmodell genutzt. Abschließend erfolgt eine Validierung der Navigationsergebnisse.

3 Ergebnisse

Straßenraumdaten im Format CityGML 3.0 können eine reichhaltige Informationsquelle für Navigationsanwendungen darstellen. Neben den vorhandenen semantischen Informationen können die Geometrien der unterschiedlichen Objekte sowie weitere Beziehungen genutzt werden. Zudem erlaubt CityGML unterschiedliche „level of detail“/Granularitäten zum Beispiel, um den gesamten Verkehrsraum darzustellen oder um zwischen einzelnen Fahrspuren zu differenzieren. Eine Netzwerkstruktur kann basierend auf den Vorgänger- und Nachfolgerbeziehungen der TrafficSpace (fahrspurgenauer Verkehrsraum) Elemente von CityGML 3.0 erzeugt und mit weiteren Beziehungen erweitert werden, um unabhängig von der restlichen Struktur und des Umfangs des Datensatzes kürzeste Pfade Analysen durchzuführen. Die Graphdatenbank ermöglicht hier eine effiziente Abfrage und Analyse der CityGML Daten. Eine grundlegende Funktionalität für multimodale Navigation konnte implementiert werden bedarf jedoch noch weiterer Entwicklung, unter anderem die Integration weiterer Transportmittel (bislang ist eine kombinierte Auto / Fußgänger Navigation möglich). In einem Realwelt-Beispiel konnte die kombinierte Nutzung verschiedener Granularität und Dimensionen von CityGML TrafficSpace Objekten gezeigt werden. Hierfür wurde ein Fahrzeug-Routing im Straßenraum zu einem Stellplatz im Parkhaus durchgeführt (siehe Abbildung 1). Anschließend ist es möglich, das Routing als Fußgänger aus dem Parkhaus zum Gehwegnetz fortzusetzen. Zudem haben Erkenntnisse der Arbeit zur Weiterentwicklung der open-source Software r:trån beigetragen.

Abb. 1: 3D Visualisierung der Routingergebnisse innerhalb des Parkhauses



Untersuchungen zur Orientierung in Open-World-Virtual Reality-Anwendungen

S. Deggim1, T. Kersten1, D. Edler2

1HafenCity Universität Hamburg, Deutschland; 2Ruhr-Universität Bochum, Deutschland

Die Virtuelle Realität (VR) hält immer mehr Einzug in unser Alltagsleben und wird auch abseits des Kerngeschäfts der Spieleentwicklung immer populärer. Der Grad an Immersion dieser Technologie ermöglicht das Eintauchen in vielseitige Themengebiete und eröffnet neue Perspektiven. So ist es nicht verwunderlich, dass es auch im Bildungswesen inzwischen immer mehr Institutionen gibt, die VR zur Kommunikation von wissenschaftlichen Inhalten einsetzen. Insbesondere historische Gegebenheiten – angefangen vom Nachbau einzelner Häuser bis zur Rekonstruktion ganzer Stadtteile und Städte – ermöglichen den Besuchern, sich den gezeigten historischen Themen und Landschaften auf unterhaltsame Weise zu nähern, sprichwörtlich in die Geschichte einzutauchen und spielerisch zu lernen.

Auch Museen nutzen diese Technologie seit einigen Jahren vermehrt zur Wissenschaftskommunikation. Dabei ist jedoch immer darauf zu achten, dass die VR-Anwendungen die Besucher nicht überfordern und keine unüberwindbare Einstiegshürde darstellen. Daher wird zumeist eine reduzierte Art der VR präsentiert, bei der die Besucher den Inhalt entweder rein passiv konsumieren, nur sehr beschränkte Interaktionsmöglichkeiten haben oder aber durch gesondert bereitgestelltes Personal angeleitet werden müssen. Gerade für die Erkundung historischer Städte und Landschaften wird somit ein Großteil des Potentials, das VR bietet, nicht ausgeschöpft. Neben der nicht-intuitiven Bedienung stellt dabei vor allem die Wegfindung (Orientierung) ein Problem dar. Besucher wissen nicht, wo sie in der VR-Landschaft sind, wohin sie gehen müssen oder womit sie wie interagieren können.

Um dieses Problem anzugehen und auch allgemeine Lösungen für optimierte Wegfindung in offenen VR-Welten zu finden, wurde eine Studie konzipiert, für VR programmiert und mit 64 Teilnehmenden durchgeführt, in der verschiedene Hilfsmittel zur Orientierung in unübersichtlichen VR-Labyrinthen getestet wurden. Die Hilfsmittel waren a) 2D-Karte am Start, b) 2D-Karte am Handcontroller, c) 3D-Karte am Start, d) dynamischer Richtungspfeil, der den Weg zum Ziel anzeigt, e) Routing-System mit visueller Linie zum Ziel und f) statische Wegweiser im Labyrinth (siehe Abb. 1). Als Parameter wurden u.a. die Zeit sowie der zurückgelegte Weg zum Ziel erfasst. Außerdem wurde parallel getestet, inwiefern die Nutzung eines bestimmten Hilfsmittels einen Einfluss auf die Erstellung einer kognitiven Raumvorstellung (mental map) hat. Dazu wurde eine Landmarke in den Labyrinthen platziert, dessen Position nach Erreichen des Ziels auf einer Karte möglichst korrekt wiedergegeben werden musste. Als Vergleich haben alle Teilnehmenden auch einen Versuch ganz ohne Hilfsmittel absolvieren müssen.

Als Ergebnis zeigen sich starke Unterschiede je nach Aufgabenstellung. Für das Finden des Ziels erweisen sich vor allem die während des Durchschreitens des Labyrinths verfügbaren Hilfsmittel wie das Routingsystem, die Wegweiser, die Karte am Handcontroller und die Richtungspfeile als hilfreich. Die korrekte Positionierung der Landmarke gelingt jedoch vor allem bei nicht-egozentrischen Hilfsmitteln wie den Karten. Es offenbaren sich aber auch unterschiedliche Herangehensweisen und Präferenzen der Testpersonen zur Lösung der Aufgaben. In dem Beitrag werden die Ergebnisse der Studie über die Verwendung der verschiedenen Hilfsmittel zur Orientierung in den VR-Labyrinthen detailliert präsentiert.

Aus den Ergebnissen werden Empfehlungen zur Konzipierung von Anwendungen mit offenen VR-Welten abgeleitet. Neben der Verwendung für museale Anwendungen lassen sich diese Ergebnisse auch für Projekte in den Bereichen Planungs- und Bürgerbeteiligungsverfahren bzw. allgemein für Anwendungen, die insbesondere an interessierte Laien mit Bedarf an Unterstützung zur Bedienung und Orientierung gerichtet sind, verwenden.



Konstruieren in VR: Simulation städtebaulicher Veränderungen zur Unterstützung von Partizipationsverfahren

M. Weißmann1, D. Wiktorin2, D. Edler1, J. Keil1, F. D. Dickmann1

1AG Geomatik, Geographisches Institut, Ruhr-Universität Bochum, Deutschland; 2Geographschies Institut, Universität zu Köln

Die Nutzung von immersiver Virtual Reality (VR) als Medium zur audiovisuellen Präsentation und Vermittlung geplanter städtebaulicher Veränderungen kann den Partizipationsprozess entscheidend unterstützen, indem sie den Beteiligten ermöglicht, realistische Einschätzungen der Vorhaben und Maßnahmen zu erhalten (vgl. Schrom-Feiertag et al. 2020). Die Modellierbarkeit dreidimensionaler Räume erlaubt Planerinnen und Planern die Entwicklung virtueller Darstellungen vergangener, aktueller und (potenzieller) zukünftiger Bauzustände, die nach ihrer Erstellung unmittelbar erlebbar sind (Edler et al. 2019). Zur Darstellung und Präsentation eignen sich VR-Brillen sowie bildschirmbasierte Anwendungen sowohl auf Computern als auch auf mobilen Endgeräten. Durch Interaktionsmöglichkeiten im virtuellen Raum können die am Planungsvorhaben Beteiligten gezielt modellierte bauliche Veränderungen ein- und ausblenden, wodurch Konstruktion durch die User (bspw. verschiedene Stakeholder und Stakeholderinnen in einem Planungsprozess) innerhalb der immersiven VR-Umgebung responsiv ermöglicht wird. Die freie Verfügbarkeit von Software für die 3D-Modellierung und zur Erstellung von Videospielen (Game Engines) erleichtert Planerinnen und Planern den Zugang zur Umsetzung ihrer geplanten städtebaulichen Veränderungen als digitaler Zwilling, um Partizipationsverfahren zu unterstützen.

Das Beispiel zeigt, wie sich mit Hilfe der Game Engine Unity eine virtuelle Umgebung nutzen lässt, die über eine festgelegte Benutzerinteraktion bzw. -konstruktion Objekte ein- und ausblenden kann. Bei der in Abbildung 1 modellierten virtuellen Umgebung handelt es sich um eine Kreuzungssituation einer repräsentativen mitteleuropäischen Stadt als Beispielszenario, in der mehrere bauliche Veränderungen integriert sind. Hierzu zählen Begrünungsmaßnahmen durch Bäume, Nachtillumination, Objekte einer Entsorgungsinfrastruktur, Solarpanels auf den Dächern der Häuser und im Kreuzungsbereich angebrachte Sicherheitskameras.

Der erstellte Workflow soll Planer und Planerinnen anleiten, eine virtuelle Umgebung mit Unity zu erstellen und sie so nutzbar zu machen, dass die VR-Anwendung in Partizipationsverfahren als Konstruktions- und Mediationswerkzeug verwendet werden kann, das städtebauliche Veränderungen smarter, resilienter und nachhaltiger Stadtzukünfte sichtbar macht.

Literatur

Edler, D., Keil, J., Wiedenlübbert, T., Sossna, M., Kühne, O., Dickmann, F. (2019): Immersive VR Experience of Redeveloped Post-Industrial Sites: The Example of "Zeche Holland" in Bochum-Wattenscheid. In: KN - Journal of Cartography and Geographic Information, 69 (4): 267-284. https://doi.org/10.1007/s42489-019-00030-2

Schrom-Feiertag, H., Stubenschrott, M., Regal, G., Matyus, T., Seer, S. (2000): An Interactive and Responsive Virtual Reality Environment for Participatory Urban Planning. In: The 11th annual Symposium on Simulation for Architecture and Urban Design (SimAUD), pp. 119-125.



HCU-Summer School in Portugal – Auf den Spuren des antiken römischen Bergbaus in Trêsminas mit geodätischer Messtechnik

V. Schneider1, T. Kersten1, K. Mechelke1, M. Lindstaedt2

1HafenCity Universität Hamburg, Deutschland; 2Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung, Hamburg, Deutschland

Zwei Messexkursionen führten Studierende und Lehrende der HafenCity Universität Hamburg in den Jahren 2022 und 2023 in das Gebiet Trêsminas nahe der portugiesischen Stadt Vila Pouca de Aguiar. Eine Gruppe, bestehend aus wissenschaftlichen Mitarbeitern, einem Professor, Geodäsie-Studierenden und Archäologie-Experten, beschäftigt sich dort vor allem mit den Spuren der antiken römischen Geschichte in Portugal. Da das territorium metallorum Trêsminas/Jales als eine der wichtigsten montanarchäologischen Stätten im Zusammenhang mit dem Römischen Imperium angesehen wird, erlangte es Bekanntheit durch den Gold- und Silberabbau in der Antike. Außerdem haben zahlreiche Relikte aus der Zeit vor über 2000 Jahren bis heute ihre kulturelle und historische Relevanz bewahrt. Der reiche Bestand bergbaulicher Denkmäler wird im Rahmen archäologischer Forschungen auch durch geodätische Messverfahren erfasst und dokumentiert. Die abgeleiteten 3D-Daten unterstützen die Archäologen bei ihren Forschungen zum Betrieb römischer Minen und leisten wertvolle Beiträge zur Visualisierung der antiken Strukturen.

Im Rahmen von jährlichen Summer Schools werden zehn bis zwölf Geodäsie-Studierende des Bachelor- und Masterstudienganges "Geodäsie und Geoinformatik" durch praktische Vermessungsarbeiten vor Ort an die 3D-Messtechnik herangeführt. Dabei kommt eine ganze Bandbreite von geodätischen Sensoren wie Tachymeter, terrestrische Laserscanner, digitale Kameras, GNSS und UAV-Systeme zum Einsatz. Vielfältige Objekte werden in selbständiger Gruppenarbeit vermessen, dazu zählen u.a. die wichtigsten Galerien im römischen Bergwerk, prägende Geländeabschnitte für Wasserleitungen, antike Brücken, Steinbrüche, Mauerreste eines alten Castros (Burg) und römische Mühlsteine. Die Messdaten werden bereits vor Ort und anschließend in Hamburg an der HafenCity Universität ausgewertet und für Vorträge und Publikationen der Archäologen aufbereitet. Zahlreiche Ergebnisse verschiedener Objekte werden im Rahmen dieses Beitrages vorgestellt und diskutiert. Die Lessons learned runden den Beitrag ab.

Die jährlichen Summer Schools werden von der HCU Hamburg, von der Nico Rüpke-Stiftung und von der Gemeinde Vila Pouca de Aguiar finanziell unterstützt. Die Kooperation zwischen Archäologen der Goethe-Universität Frankfurt und der Schweiz sowie den Geodäten der HCU Hamburg besteht schon seit einigen Jahren.