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Sitzungsübersicht
Sitzung
Hochschulsteuerung
Zeit:
Dienstag, 12.09.2023:
14:30 - 16:00

Chair der Sitzung: Prof. Dr. Eva Cendon, FernUniversität in Hagen
Ort: SL0214


Track 2: Gestaltungsfragen der Hochschulpolitik


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Präsentationen

Forschungsverständnis und -politik der Hochschulen im Blick von Professor:innen. Perspektiven zur Förderung von Forschung an Hochschulen

Prof. Dr. Stefanie Kessler

IU Internationale Hochschule, Deutschland

Hochschulen sollen, gemäß den Vorstellungen der Bundes- und Landespolitik in Deutschland, regional in der Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern aus der Praxis „kreative Lösungen für die drängenden Herausforderungen unserer Zeit“ (BMBF 2019, S.4) entwickeln. Hochschulen sollen innovativ sein und einen „forschungsbasierten Ideen-, Wissens- und Technologietransfer“ (ebd., S. 6) vorantreiben. Gerade der anwendungsorientierten Forschung wird hier hohe Relevanz zugemessen sowie ein konkreter Nutzen im Umgang mit diversen Problemlagen (u.a. Lackner 2022; Eicker 2014) zugeschrieben. Gleichwohl gelten gerade die Forschungsstrukturen für Wissenschaftler:innen an Hochschulen als verbesserungsbedürftig (u.a. Sommer & Thiessen 2018; Hachmeister et al. 2015). Dazu wie Professor:innen unter den bestehenden Bedingungen forschen, wissen wir bisher nur wenig.

Im Rahmen des explorativen Forschungsprojektes ‚Forschungspraxis von Professor:innen Sozialer Arbeit an Hochschulen‘ bin ich den Fragen nachgegangen, wie forschungsinteressierte bzw. -aktive Professor:innen die Bedingungen an ihren Hochschulen erleben (1) und wie sie mit diesen in ihrer Forschungspraxis umgehen (2). Dafür habe ich bislang fünf Gruppendiskussionen mit forschungsinteressierten bzw. -aktiven Professor:innen aus dem Fach Soziale Arbeit an staatlichen und privaten Hochschulen geführt; geplant ist eine weitere kontrastierende Gruppendiskussion mit Professor:innen aus Wirtschaft/Technik. Die Gruppendiskussionen werden mit der Dokumentarischen Methode der Interpretation ausgewertet (vgl. Bohnsack 2021; Przyborski & Wohlrab-Sahr 2021, S. 348 ff.). Dieses qualitativ-rekonstruktive Vorgehen erlaubt es, einerseits ihr kommunikativ-generalisiertes Wissen zu analysieren, d.h. bewertende und normative Aussagen über für ihre Forschungspraxis unterstützende bzw. hinderliche organisationale Strukturen und Angebote (z.B. neg.: hohes Lehrdeputat, mangelnde Anerkennung durch Kolleg:innen; pos.: Informationen über Ausschreibungen, Hilfen bei der Antragsstellung) sowie bewusste Strategien im Umgang damit (z.B. Mitarbeiter:innen über Drittmittel einwerben oder Forschen im Urlaub). Andererseits können anhand des Austauschs zu Umgangs- und Forschungspraktiken ihre implizit hier angelegten Orientierungen, also ihr konjunktives Wissen, rekonstruiert werden (z.B. proaktives, eigenverantwortliches Handeln; Nutzen und Gestalten vorhandener Möglichkeiten; Erweitern organisationaler Handlungsspielräume).

Im Rahmen meines Beitrages möchte ich ausgewählte Ergebnisse vorstellen und hier insbesondere die eigenen, praxisbasierten Forschungsorientierungen der Professor:innen ihren Perspektiven auf das Forschungsverständnis ihrer Hochschule und deren Förderpolitik gegenüberstellen. Dabei werden sowohl Passungsverhältnisse als auch Differenzen deutlich. Mit Blick auf die Differenzen zeigt sich, dass Anforderungen der Hochschule oder aber vorherrschende Vorstellungen der Kolleg:innen (im Sinne einer Organisationskultur) als Anpassungsdruck hinsichtlich der eigenen Forschungsorientierung wahrgenommen werden; und zwar sowohl in Richtung eines Verdrängens von Forschungstätigkeit aus der hauptberuflichen Tätigkeit als Professor:in als auch in Richtung der Übernahme der Praxis eines:r Forschungsmanagers:in (Einwerben und Verwalten von Drittmitteln, Führung von Mitarbeitenden etc.).

Anhand der Ergebnisse soll diskutiert werden, welche Implikationen sich hieraus für die Hochschulpolitik allgemein ableiten lassen und inwiefern Forschung an Hochschulen organisational unterstützt werden kann.

Literatur

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2019). Innovative Hochschule. Bonn.

Bohnsack, R. (2021). Rekonstruktive Sozialforschung. 10. Auflage. Opladen/Toronto.

Eicker, U. (2014). Profilierung durch exzellente, anwendungsorientierte Forschung. In Baden-Württemberg Stiftung. (Hrsg.), Gleichartig - aber anderswertig? Zur künftigen Rolle der (Fach-)Hochschulen im deutschen Hochschulsystem (S. 74-92). Bielefeld: Bertelsmann.

Hachmeister, C.-D., Duong, S., & Roessler, I. (2015). Forschung an Fachhochschulen aus der Innen- und Außenperspektive: Rolle der Forschung, Art und Umfang. Arbeitspapier Nr. 181. Gütersloh: CHE gemeinnütziges Centrum für Hochschulentwicklung.

Lackner, H. (2022). Zum Wesen und Zukunftspotenzial angewandter Forschung. In J. Cai, H. Lackner & Q. Wang (Hrsg.), Jahrbuch Angewandte Hochschulbildung 2020 (S. 149-162). Wiesbaden: Springer VS.

Przyborski, A., & Wohlrab-Sahr, M. (2021). Qualitative Sozialforschung: ein Arbeitsbuch. 5. Auflage. Oldenbourg: München.

Sommer, E. & Thiessen, B. (2018). Forschungsaktivitäten in der Sozialen Arbeit. Mauerblümchen oder Graswurzelbewegung. In Soziale Arbeit, 12, S. 438-444.

Kessler-Forschungsverständnis und -politik der Hochschulen-151.pdf


Sinkende Zahl an Studienanfänger*innen in Deutschland – mögliche Erkenntnisse für Hochschulpolitik und Hochschulentwicklung auf Basis einer detaillierten Datenanalyse

Dr. Marc Hüsch, Cort-Denis Hachmeister

CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Deutschland

Nach einem knappen Jahrzehnt mit einer kontinuierlich hohen Zahl an Studienanfänger*innen ist in den vergangenen drei Jahren in Deutschland wieder ein Rückgang festzustellen. Ein Grund dafür sind unter anderem sinkende Geburtenzahlen im Zeitraum von 1990 bis 2011. Eine detaillierte Auswertung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung von Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt auf, dass sich hinter der Gesamtentwicklung jedoch unterschiedliche Trends verbergen. Der CHECK – Entwicklung der Studienanfänger*innen in Deutschland (Hachmeister und Hüsch, 2023) untersucht dabei die Entwicklungen in einzelnen Studienbereichen, für unterschiedliche Hochschultypen und Trägerschaften und beleuchtet zudem regionale Unterschiede. Besonders auffallend ist, dass einzelne Studienbereiche wie der Bereich Maschinenbau deutliche Verluste hinnehmen müssen und dass vor allem die staatlichen Universitäten in den vergangenen Wintersemestern (WS 2019/20 – WS 2021/22) eine durchschnittlich geringere Zahl an Studienanfänger*innen als im vorherigen Vergleichszeitraum (WS 2011/12 – WS 2018/19) verzeichnen. Im Gegensatz profitieren jedoch auch einige Studienbereiche wie etwa das Fach Soziale Arbeit und es ist ein deutlicher Zuwachs bei den privaten Hochschulen erkennbar.

Im Vortrag werden die wichtigsten Ergebnisse aus der Studie vorgestellt. Zudem werden mögliche Vor- und Nachteile einer geringeren Zahl an Studienanfänger*innen diskutiert. Darauf aufbauend werden potenzielle Konsequenzen für die Hochschulpolitik und die Hochschulentwicklung datenbasiert in den Blick genommen. Insbesondere wird ein Fokus darauf gerichtet, wie mit einer sinkenden Zahl an Studienanfänger*innen umgegangen werden kann und welche Erkenntnisse möglicherweise aus gegenläufigen Entwicklungen in einzelnen Fächern gezogen werden können. Abschließend wird beleuchtet, wie das Studium für junge Studieninteressierte möglichst attraktiv gestaltet werden kann und welche Rahmenbedingungen dazu notwendig sind.

Literatur:

Hachmeister, Cort-Denis; Hüsch, Marc: CHECK – Entwicklung der Studienanfänger*innen in Deutschland, 2023, Gütersloh, CHE, 23 Seiten, ISBN 978-3-947793-75-4.

Hüsch-Sinkende Zahl an Studienanfängerinnen in Deutschland – mögliche Erkenntnisse für Hochschulpolitik-163.pdf


Studienerfolg in der österreichischen Universitätsfinanzierung: Empirische Evidenzen, widersprüchliche Ziele und politische Praxis

Bianca Thaler, Martin Unger

Institut für Höhere Studien (IHS), Österreich

Die Verbesserung von Studienerfolg, etwa die Verringerung von Abbruchsquoten und die Verkürzung der Studiendauer, ist ein verbreitetes politisches Ziel. Die Hochschulforschung kann mit einem breiten Repertoire theoretischer Überlegungen und empirischer Evidenzen zu diesem Thema aufwarten. Im Vortrag wird das Zusammenspiel der beiden Bereiche – Forschung und politische Praxis – am Beispiel Studienerfolg an österreichischen Universitäten aufgezeigt.

In der Forschung wird Studienerfolg als multikausales Phänomen beschrieben, unterschiedliche individuelle und institutionelle Faktoren haben Einfluss darauf. Dabei gibt es keine einheitliche und eindeutige Definition von Studienerfolg; vielmehr kommen unterschiedliche Operationalisierungen zum Einsatz (Bornkessel, 2018; Kuh et al., 2007).

Ein vorgelagerter Indikator für Studienerfolg sind positiv absolvierte Lehrveranstaltungen. Der Indikator „prüfungsaktive Studien“ an österreichischen Universitäten gibt an, ob eine Person in einem Studium mindestens 16 ECTS pro Studienjahr erworben hat. In einer umfangreichen Studie haben wir Faktoren für Prüfungs(in)aktivität untersucht. Die Perspektive der Studierenden wurde anhand von narrativen Interviews beleuchtet, womit individuelle und persönliche Gründe aufgedeckt wurden. Basierend auf Registerdaten wurden mehrere logistische Regressionen berechnet, in denen individuelle und institutionelle Einflussfaktoren – die in Form von Registerdaten vorliegen – berücksichtigt wurden. Die Ergebnisse der Regressionen legen (gemeinsam mit anderen Studien) nahe, dass bestimmte Personengruppen erfolgreicher studieren als andere. Beispielsweise geht ein höheres Alter bei Studienbeginn mit einer geringeren Erfolgswahrscheinlichkeit einher. Zudem gibt es heterogene Effekte von individuellen Merkmalen in unterschiedlichen Studienrichtungen. Zum Beispiel sind in manchen Studienfächern Frauen erfolgreicher und in anderen Männer (dies steht auch mit der unterschiedlichen schulischen Vorbildung in Zusammenhang).

Die Prüfungsaktivität wird vom Wissenschaftsministerium als Indikator für den Vergleich von Universitäten herangezogen, seit einiger Zeit ist dies auch der zentrale Indikator zur Finanzierung der Lehre an Universitäten. Allerdings ignoriert eine Finanzierung der Universitäten nach einer Formel, die schlicht die Anzahl (oder den Anteil) erfolgreicher Studierender berücksichtigt, implizit die aus der Forschung bekannten individuellen Einflussfaktoren auf Studienerfolg.

Die empirischen Ergebnisse könnten von den Hochschulen genutzt werden, um Studienanfänger:innen nach gewissen Merkmalen zu selektieren. Mit einem solchen Vorgehen können Studienerfolgsindikatoren verbessert werden, allerdings kann es dadurch auch zu unerwünschten Nebeneffekten kommen. Zum Beispiel kann dies dazu führen, dass weniger Personen, deren Eltern nicht studiert haben, oder weniger Personen mit nicht-traditionellen Zugängen ein Studium aufnehmen. Solche Effekte stehen anderen politischen Zielen, wie z.B. breitere Teilhabe in der Hochschulbildung und Life-Long-Learning, entgegen.

Der Zielkonflikt, der sich daraus für die Politik ergibt, lässt sich auch nicht durch empirische Evidenzen auflösen, sondern erfordert politische Entscheidungen. Eine Möglichkeit, wie individuelle Faktoren für Studienerfolg in der Finanzierung österreichischer Universitäten Niederschlag finden könnten, wäre, diese Faktoren in einer entsprechenden Finanzierungsformel zu berücksichtigen. Dies kann bspw. in Form einer zusätzlichen Gewichtung erfolgen, sodass Universitäten für weniger privilegierte Personengruppen höhere finanzielle Mittel erhalten. Ein Beispiel hierfür ist das irische Finanzierungssystem.

Der Vortrag wird die geschilderte Diskussion kurz zusammenfassen, empirische Evidenzen aus verschiedenen Studien für das österreichische Beispiel darstellen und die hier angedeuteten Schlussfolgerungen für die Hochschulpolitik sowie die Hochschulen selbst diskutieren.

Bornkessel, P. (Hrsg.), 2018: Erfolg im Studium. Konzeptionen, Befunde und Desiderate. wbv.

Kuh, G. D., et al., 2007: Piecing Together the Student Success Puzzle. Research, Propositions, and Recommendations. ASHE Higher Education Report: 32 (5). Wiley/Jossey-Bass.

Thaler-Studienerfolg in der österreichischen Universitätsfinanzierung-148.pdf


 
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