Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
Digitalisierung von Studium und Lehre
Zeit:
Dienstag, 12.09.2023:
10:30 - 12:00

Chair der Sitzung: Prof. Dr. Annika Boentert, FH Münster
Ort: SL0203


Track 4: Herausforderungen der Studiengestaltung


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Präsentationen

Hausarbeit ade? Lehren und Prüfen im Zeitalter von Chat GPT und Co.

Prof. Dr. Vera Lenz-Kesekamp, Julia Jochim

Europäische Fernhochschule Hamburg, Deutschland

KI-Modelle, die auf Basis von Prompts Texte verfassen, die von menschengeschriebenen Erzeugnissen praktisch nicht zu unterscheiden sind, stellen unbeaufsichtigte Prüfungsformate wie Haus- und Projektarbeiten sowie die Thesis als Abschlussarbeit infrage, denn Studierende können ab sofort zumindest Teile der Schreibarbeit an die Software delegieren. Innovative Lösungen sind erforderlich, die die Vorteile künstlicher Intelligenz nutzen und gleichzeitig ein faires und transparentes Prüfungswesen gewährleisten (Weßels, 2022). Entsprechend rege gestaltet sich der fachliche Diskurs rund um die KI und ihre Auswirkungen auf den Hochschulbetrieb, wobei sowohl KI-robuste als auch KI-integrierende Prüfungsformen diskutiert werden (Huang, 2023). Zudem stellt sich die Frage, welche Kompetenzen Hochschulabsolventen künftig benötigen (Friedrich, 2023).

Der Beitrag widmet sich der Frage, welche Veränderungen sich durch Chat GPT und vergleichbare KI-Technologien für die Hochschullehre und insbesondere das Prüfungswesen ergeben. Das Forschungsprojekt nähert sich dieser Frage in einem nutzerzentrierten Mixed-Methods-Ansatz an:

  1. Auswertung einer Barcamp-Session im Februar 2023 zum Thema „Prüfen im Zeitalter von Chat GPT“ sowie von Workshops mit Lehrenden und Studierenden der Euro-FH im April/Mai 2023 mittels qualitativer Inhaltsanalyse.
  2. Standardisierte Umfrage unter den Studierenden der Euro-FH (ca. 8000 Personen) zu Nutzungsabsichten bezüglich KI im Studium sowie Wünschen für Prüfungsformen und Lehre
  3. Standardisierte Umfrage unter 450 Tutoren und Dozenten der Euro-FH zu Nutzungsabsichten von KI in der Lehre und möglichen Prüfungsformen.

Die Ergebnisse erlauben Einblick in die konkreten Bedarfslagen von Studierenden und Lehrenden, ihre Nutzungsabsichten, Vorbehalte und Erwartungen. Des Weiteren resultieren aus der Auswertung eine Vielzahl von Vorschlägen für neue Prüfungsformen unter Einbezug von KI, die auf Machbarkeit und Skalierbarkeit geprüft werden müssen.

Im Vortrag möchten wir die quantitativen und qualitativen Ergebnisse vorstellen und diskutieren und freuen uns auf einen Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen zu diesem hochaktuellen Thema.

Quellen

Friedrich, J.-D. (2023). Zur Bedeutung von ChatGPT & der Notwendigkeit eines progressiven Umgangs mit neuen KI-Technologien im Hochschulbereich. Ein Zwischenstand in 6 Thesen. https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/blog/chat-gpt-6-thesen

Huang, K. (2023). Alarmed by A.I. Chatbots, Universities Start Revamping How They Teach. https://www.nytimes.com/2023/01/16/technology/chatgpt-artificial-intelligence-universities.html

Weßels, D. (2022). ChatGPT ist erst der Anfang. https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/blog/ChatGPT-erst-der-anfang

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Studentische Einstellungen zu digitalen Lernumgebungen. Ergebnisse einer qualitativen Begleitforschung.

Julia Mertens, Prof. Dr. Kerstin Jürgens

Universität Kassel, Deutschland

Erfahrungen aus den Phasen des pandemiebedingten Lockdowns zeigten, dass neben der technischen Ausstattung von Bildungseinrichtungen auch angemessenen didaktischen Methoden sowie den Kompetenzen der Lehrkräfte im Umgang mit digitalen Medien eine fundamentale Rolle für die aktive Gestaltung des digitalen Wandels zukommt. Forschungsergebnisse der letzten Jahre zeigten zudem, dass nicht nur Kompetenzprofile von Lehrkräften entscheidend für Handlungen sind, sondern auch eine Vielzahl kognitiver und affektiver Merkmale. Betont wird dabei häufig die Rolle von Einstellungen und Deutungsmustern, da sich diese direkt handlungsleitend auswirken. Eine soziologisch ausgerichtete Perspektive kann dazu beitragen, die verinnerlichten und als schwer veränderlich geltenden Denkmuster von Lehramtsstudierenden sichtbar zu machen. Auf Grundlage des Bourdieus Habituskonzept (Bourdieu, 1987) erweiternden Konzepts des Orientierungsrahmens des Handelns (Bohnsack, 2014) lassen sich sozialstrukturelle Ursachen verinnerlichter Denkmuster ganzheitlich in den Blick nehmen; in subjektorientierter Perspektive können die Wirkweisen epistemologischer Überzeugungen und subjektiver Theorien (Schüssler et al., 2012) ausgeleuchtet werden.

Der Beitrag präsentiert dazu Ergebnisse einer qualitativen Begleitforschung des vom BMBF geförderten Forschungsverbundes PRONET-D an der Universität Kassel („Professionalisierung im Kasseler Digitalisierungsnetzwerk“). Das Projekt untersucht, inwiefern spezifisch auf die Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen ausgelegte Lernumgebungen Einstellungen zur Digitalisierung sowie Überzeugungen von der eigenen Professionalität verändern können. Auch gilt es zu eruieren, inwiefern Digitalisierung als soziale Praxis im professionellen Selbstverständnis der Studierenden habitualisiert ist. Das Projekt zielt damit auf eine Erhebung zugrundeliegender Einstellungsmuster von Studierenden sowie deren potenzieller Veränderbarkeit ab.

Die Daten werden im Projekt durch leitfadengestützte, teilnarrative Interviews (Helfferich, 2014) in einem Prä-Post-Design erhoben, sodass individuelle Deutungsmuster und Einstellungen frei erzählt und in ihrem Wandel rekonstruiert werden können. Auf der Basis der Prä-Interviews vor Besuch der digitalisierungsbezogenen Lehrveranstaltung konnten durch vergleichende Fallinterpretation (Kelle & Kluge, 2010) verschiedene Dimensionen identifiziert werden, entlang derer die Studierenden heterogene Merkmale bezüglich ihrer subjektiven Deutung des digitalen Wandels, ihrer Bereitschaft des Erwerbs digitaler Kompetenzen und des Einsatzes im Beruf sowie ihren Vorstellungen der eigenen Rolle im Beruf aufweisen. Entlang dieser Dimensionen wurden Typisierungen klassifiziert, die sich zwischen den Merkmalen annehmend und ablehnend zum digitalen Wandel eingestellt sowie eines eher aktiven bzw. passiven Charakters in den Handlungsweisen einordnen lassen.

Die vorzustellenden Ergebnisse können wichtige Impulse für die Gestaltung der Lehrkräfteausbildung sowie für die Entwicklung von Lehrangeboten im Studium geben, da das Projekt fächerübergreifend aufzeigt, welche Faktoren den studentischen Lernerfolg begünstigen, aber auch welche heterogenen Einstellungen sich unter den Studierenden finden, auf die Lehrende an Hochschulen zu reagieren haben.

Literatur

Bohnsack, R. (2014). Habitus, Norm und Identität. In: Helsper, W., Kramer, R. T., Thiersch, S. (Hrsg.). Schülerhabitus. Theoretische und empirische Analysen zum Bourdieuschen Theorem der kulturellen Passung, Wiesbaden: Springer VS. S. 33-55.

Bourdieu, P. (1987 [1980]). Die feinen Unterschiede. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Helfferich, C., 2014: Leitfaden- und Experteninterviews. In: Baur, N. & Blasius, J. (Hrsg.): Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung. Wiesbaden: Springer VS. S. 559-574.

Kelle, U., & Kluge, S. (1999). Vom Einzelfall zum Typus. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Schüssler, R., Keuffer, J., Günnewig, K. & Scharlau, I. (2012). „Praxis nach Rezept?“ – Subjektive Theorien von Lehramtsstudierenden zu Praxisbezug und Professionalität. Reform der Lehrerbildung in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Teil 1: 141-164.

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Von der Entropie zur Strategie? Organisationsmuster der Digitalisierung von Hochschulbildung nach dem Ende der Pandemie

Dr. Roland Bloch1, Dr. Sylvi Mauermeister2

1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland; 2Universität Paderborn, Deutschland

Durch die Pandemie wurde die Hochschullehre abrupt und nahezu komplett von Präsenz- auf Online-Lehre umgestellt. Unter den Bedingungen des „emergency remote teaching“ (Hodges et al. 2020) fand Digitalisierung nicht als behutsames Testen von Modellen statt und digitale Technologien wurden nicht im Rahmen von mittel- bis langfristigen Reformprozessen implementiert, sondern unter den Bedingungen erheblicher Unsicherheit. Politisch wurde diese Entwicklung als erwünschter ‚Digitalisierungsschub‘ dargestellt. An den Hochschulen begrüßten die einen die neuen Möglichkeiten in der Hochschullehre durch die Digitalisierung (Kerres 2020), andere betonten ihre Grenzen (Watermeyer et al. 2021). Nach dem Ende der Pandemie stellt sich nun die Frage, wie die Hochschulen Digitalisierung nach der ad-hoc-Einführung gestalten.

Nachdem während der Pandemie fast alle Lehrveranstaltungen online angeboten worden waren, sind die Hochschulen inzwischen größtenteils wieder zur Präsenzlehre zurückgekehrt. Eine von uns durchgeführte Erhebung des kompletten Lehrangebots von 17 staatlichen Universitäten zeigt allerdings erhebliche Unterschiede: Im Sommersemester 2022 reichten die Anteile von Online-Lehrveranstaltungen am gesamten Lehrangebot dieser Universitäten von 0,6 bis 61,6 Prozent. Diese Ergebnisse werfen die Frage auf, welche Bedeutung der organisationalen Ebene für die Gestaltung der Digitalisierung zukommt.

In Anlehnung an Nils Brunssons (1989) Organisationstheorie haben wir organisationsbezogene Merkmale der Digitalisierung an 74 staatlichen Universitäten erhoben. Diese umfassen das Vorhandensein und die Ausgestaltung von Digitalisierungsstrategien (als Selbstbeschreibung im Sinne von talk), die Verankerung der Digitalisierung als Leitungsaufgabe (als Formalstruktur im Sinne von decisions) sowie die Beteiligung relevanter Organisationseinheiten an der Digitalisierung (als faktische Operationen im Sinne von actions). Anschließend wurden mittels einer Clusteranalyse vier Organisationsmuster identifiziert, die sich hinsichtlich der Kopplungen von talk, decisions und actions voneinander unterscheiden. Enge Kopplungen dieser drei Ebenen weisen jene Universitäten auf, die über eine Digitalisierungsstrategie verfügen, Digitalisierung als Leitungsaufgabe definieren und eine hohe Zahl von Organisationseinheiten beteiligen („Vorreiter“), und jene, bei denen dies durchgängig nicht der Fall ist („Minimalisten“). Die beiden anderen Organisationsmuster sind von partiellen Entkopplungen gekennzeichnet: Entweder sind formulierte Strategien und Zuständigkeiten auf Leitungsebene nicht mit einer breiten Beteiligung von Organisationseinheiten verbunden („Strategen“) oder es gibt eine breite Beteiligung innerhalb der Hochschule, aber ohne dass die Leitungsebene involviert ist („Aktivisten“). Der eingeschlagene Governance-Pfad der Universitäten steht auch im Zusammenhang mit strukturellen Faktoren wie der Größe der Universität oder dem Anteil ausländischer Studierender.

Insgesamt erweitern die Befunde das Wissen über die organisationalen Ausgestaltungen der Digitalisierung und deren strukturellen Bedingungen an den Universitäten in Deutschland. Sie zeigen, dass Unterschiede in der Digitalisierung nicht allein fachkulturell, sondern auch organisational bedingt sind.

Literatur

Brunsson, N. (1989): The organization of hypocrisy. Talk, decisions and actions in organizations. New York: Wiley.

Hodges, C; Moore, S.; Lockee, B.; Trust, T.; Bond, A. (2020): The Difference between Emer-gency Remote Teaching and Online Learning. In: Educause Review. https://er.edu-cause.edu/articles/2020/3/thedifference-between-emergency-remote-teaching-and-online-learning

Kerres, M. (2020): Against All Odds: Education in Germany Coping with Covid-19. In: Postdigital Science and Education 2 (3), S. 690–694.

Watermeyer, R.; Crick, T.; Knight, C.; Goodall, J. (2021): COVID-19 and digital disruption in UK universities: afflictions and affordances of emergency online migration. Higher Education 81, S. 623–641.

Bloch-Von der Entropie zur Strategie Organisationsmuster der Digitalisierung von Hochschulbildung nach dem.pdf


 
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