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Sitzungsübersicht
Sitzung
Studienabbruch und Präventionsmaßnahmen
Zeit:
Montag, 11.09.2023:
15:30 - 17:00

Chair der Sitzung: Caroline Friedhoff, CHE Centrum für Hochschulentwicklung
Ort: SL0214


Track 2: Gestaltungsfragen der Hochschulpolitik


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Präsentationen

Studienabbrüche an Universitäten und Fachhochschulen: (Selbst-)Selektion oder institutionelle Unterschiede?

Dr. Christina Haas

Leibniz-Institut für Bildungsverläufe, Deutschland

Hohe Studienabbruchsquoten sind in der Hochschulforschung nach wie vor ein Thema von großer Relevanz. Deskriptive Befunde zeigen jedoch immer wieder, dass Studierende an Fachhochschulen (hier eingeschlossen: Hochschulen, Hochschulen für angewandte Wissenschaften) ihr Studium seltener abbrechen als Studierende an Universitäten (Heublein, Richter und Schmelzer, 2020). Während sich ein Großteil der empirischen Studien im Bereich der Studienabbruchsforschung auf individuelle Erklärungsfaktoren wie Studienleistungen, Motivation, akademische und soziale Integration und Interessenslagen konzentriert, ist bisher wenig über Studienabbruchsdeterminanten bekannt, die auf der Meso- oder Makroebene angesiedelt sind. Diese wenigen Studien betonen vor allem systematische Unterschiede im Studienangebot der Hochschulen und andere institutionelle Merkmale (Sarcletti und Müller, 2011; Georg, 2009).

Die Studienbedingungen und -strukturen an den Universitäten und Fachhochschulen haben sich allerdings in den letzten zwei Jahrzehnten verändert; insbesondere durch die Bologna-Reformen haben sich die beiden Hochschultypen aneinander angenähert. Gleichzeitig sind die Fachhochschulen nach wie vor die bevorzugten Studienorte von weniger traditionellen Studierendengruppen, während die Universitäten mit ihrer stärkeren akademischen Ausrichtung, dem Promotionsrecht und dem umfangreicheren Studienangebot – insbesondere auch von prestigereichen Fächern wie Jura oder Medizin – nach wie vor die erste Präferenz für Studierende aus privilegierteren Familien darstellen (Müller und Schneider, 2013).

Zusammengenommen ergibt sich folgende Fragestellung, die im Rahmen des Vortrags dargestellt werden soll: Inwieweit sind die oben genannten Unterschiede in der Studienabbruchshäufigkeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten auf strukturelle Unterschiede, z.B. bzgl. der Studienbedingungen, oder auf (Selbst-)Selektionsmechanismen und daraus resultierenden Unterschieden in der Zusammensetzung der Studierendenschaft zurückzuführen?

Zur Beantwortung der Frage werden die Daten der Studierendenkohorte des Nationalen Bildungspanels (NEPS SC5, Blossfeld und Roßbach, 2019) verwendet. Hierbei handelt es sich um eine Stichprobe von Studierenden, die im Wintersemester 2010/2011 ihr Studium an einer deutschen Hochschule aufgenommen haben und seitdem regelmäßig zu ihrem weiteren Studienverlauf befragt wurden.

Die Analysestrategie umfasst lineare Wahrscheinlichkeitsmodelle, in denen eine Reihe von individuellen Studierendenmerkmalen berücksichtigt wurden (vor-hochschulische Biographie, Abiturnotendurchschnitt, Interessen, soziale Herkunft, Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, Studienfach), ergänzt um eine Stichprobengewichtung. Diese soll Abbruchswahrscheinlichkeiten an Universitäten und Fachhochschulen simulieren, falls die Studierendenpopulationen in ihren Verteilungen an beiden Hochschultypen identisch wären.

Im Rahmen dieses Vortrags werden erste vorläufige Ergebnisse der Studie vorgestellt, die – wie erwartet – die höhere Studienabbruchswahrscheinlichkeit unter Universitätsstudierenden im Vergleich zu den Fachhochschulstudierenden bestätigen und gegen (Selbst-)Selektion als wesentlichen Erklärungsmechanismus für die höheren Abbruchsquoten an Universitäten sprechen.

Referenzen

Blossfeld, H.-P. and Roßbach, H.-G. (Eds.) (2019). Education as a Lifelong Process. The German National Educational Panel Study (NEPS). Wiesbaden: Springer.

Georg, W. (2009). Individual and institutional factors in the tendency to drop out of higher education: a multilevel analysis using data from the Konstanz Student Survey. Studies in Higher Education, 34, 647–661.

Heublein, U., Richter, J. and Schmelzer, R. (2020). Die Entwicklung der Studienabbruchquoten in Deutschland. Hannover.

Müller, S. and Schneider, T. (2013). Educational pathways and dropout from higher education in Germany. Longitudinal and Life Course Studies, 4, 218–241.

Sarcletti, A. and Müller, S. (2011). Zum Stand der Studienabbruchforschung. Theoretische Perspektiven, zentrale Ergebnisse und methodische Anforderungen an künftige Studien. Zeitschrift für Bildungsforschung, 1, 235–248.

Haas-Studienabbrüche an Universitäten und Fachhochschulen-121.docx


Hochschulentwicklung durch maßgeschneiderte Präventionsangebote für Studierende zur Reduktion von Studienabbrüchen

David Wick, Prof. Dr. Birgitt Erdwien, Lara Heinemann, Dr. Tobias Filusch

Europäische Fernhochschule Hamburg, Deutschland

Studienabbrüche lassen sich auf eine Vielzahl möglicher Gründe zurückführen und werden im wissenschaftlichen Diskurs als ein multikausaler Prozess verstanden (vgl. Neugebauer et. al, 2019, S. 1042). Es gibt diverse Studien über die zugrunde liegenden Ursachen, die allerdings zumeist auf Daten traditioneller Hochschulen basieren (vgl. u. a. Heublein 2017). Das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt „Studienerfolge und -abbrüche im Fernstudium” (SaFe) im Verbund der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft und der Europäischen Fernhochschule Hamburg (Euro-FH) zielt daher darauf ab, die Gründe für Studienabbrüche an (privaten) Fernhochschulen zu erforschen und Abbruchtypologien zu entwickeln. Damit wird die in der Hochschulforschung bestehende Forschungslücke geschlossen. Die Abbruchtypologien werden anschließend genutzt, um Studierenden mittels eines Online-Self-Assessments passgenaue Empfehlungen für Unterstützungsangebote unterbreiten zu können. Dies soll zu einer Reduktion der Abbruchswahrscheinlichkeit führen und so zu einer zielgerichteten und studierendenorientierten Hochschulentwicklung beitragen.

Fernhochschulen erscheinen aufgrund ihrer zeitlichen und lokalen Flexibilität besonders interessant für Menschen, die wegen ihrer Berufstätigkeit oder familiärer Verpflichtungen nicht die Kapazitäten haben, um ein traditionelles Präsenzstudium zu absolvieren und Fernstudierende weisen daher vermutlich eine besondere soziodemographische Zusammensetzung auf. In der wissenschaftlichen Literatur wird davon ausgegangen, dass es sich um eine heterogene Gruppe von Personen handelt, die das Studium unter verschiedenen Voraussetzungen aufnehmen (vgl. Czanderle, 2017, S. 41f.). Die Vielschichtigkeit der Studierendenschaft in Kombination mit den spezifischen Strukturen des Fernstudiums dürfte darin resultieren, dass sich die Gründe für einen Studienabbruch von denen an traditionellen Hochschulen unterscheiden.

Das SaFe-Projekt untersucht diese Abbruchsgründe mit dem Ziel, unterschiedliche Typen von Studienabbrecher:innen zu identifizieren und für diese maßgeschneiderte Abbruchspräventionsangebote zu schaffen. Einer Typenbildung nach Art und Ausprägung der Abbruchneigung von Fernstudierenden nähert sich das Projekt auf zweierlei Weise: Zum einen mittels einer Interviewstudie, in der Interviews mit verschiedenen Studierendengruppen (Kohortenbesten, Alumni, Abbrecher:innen) einer typisierenden qualitativen Inhaltsanalyse (vgl. Kuckartz & Rädiker, 2022) unterzogen werden und zum anderen durch eine Längsschnittstudie mit zwei Erhebungszeitpunkten, innerhalb derer aktive Fernstudierende der beteiligten Hochschulen zu ihren individuellen Lebens- und Lernbedingungen sowie Studienmotivation und -abbruchneigungen befragt werden. In diesem Zusammenhang werden neben einer Fragebogenerhebung auch implizite Verfahren eingesetzt. Das Vorliegen spezifischer Studienabbruchtypen wird mittels gruppierender Verfahren, insbesondere der Latent Class Analyse geprüft.

Parallel zur Typologisierung werden die bestehenden Unterstützungsangebote systematisch erfasst und anhand eines Beurteilungskataloges von Expert:innen hinsichtlich ihrer Nützlichkeit als Maßnahmen zur Studienabbruchprävention beurteilt. Die identifizierten Studierenden- und Abbruchtypologien werden anschließend mit den passenden Unterstützungsmaßnahmen verknüpft und in ein Online Self-Assessment-Instrument eingebettet. Durch das Ausfüllen des Online-Self-Assessments können den Studierenden zu jedem Zeitpunkt ihres Studiums maßgeschneidert Unterstützungsangebote empfohlen werden, die geeignet sind, frühzeitig einem potenziellen Abbruch entgegenzuwirken.

Auf der Tagung möchte das SaFe-Projektteam der Euro-FH in einem Vortrag einen Ausschnitt ihrer Arbeit präsentieren und die Ergebnisse der Typologisierung sowie der Online-Self-Assessment-Entwicklung vorstellen.

Literatur

Heublein, U. et al., (2017). Zwischen Studienerwartung und Studienwirklichkeit. Ursachen des Studienabbruchs, beruflicher Verbleib der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher und Entwicklung der Studienabbruchquote an deutschen Hochschulen. Hannover: Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). 

Czanderle, B., (2017). Studierbarkeit. Wesen und Bedeutung für die Akteure im berufsbegleitenden Fernstudium. Hochschule und Weiterbildung, 2017(1), 39-44.

Kuckartz, U. & Rädiker, S., (2022). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis,
Computerunterstützung (5. Aufl.). Weinheim Basel: Beltz Juventa.

Neugebauer, S., Heublein, U., Daniel, A., (2019). Studienabbruch in Deutschland: Ausmaß, Ursachen, Folgen, Präventionsmöglichkeiten. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 2019(22), 1025- 1046.

Wick-Hochschulentwicklung durch maßgeschneiderte Präventionsangebote für Studierende-173.pdf


Profile der MINT-Vorkursteilnahme und ihre Relevanz für die Zufriedenheit

Dr. Sarah Berndt, Anke Manukjan, Dr. Annika Felix

Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Deutschland

An vielen deutschen Hochschulen wurden seit den 70er Jahren in den MINT-Fächern Vorkurse etabliert (vgl. BIEHLER et al., 2014, S. 1). Studierende antizipieren mit MINT-Vorkursen, als freiwillige, additive und zeitlich begrenzte propädeutische Angebote vor Einstieg in ein MINT-Studium, nicht nur fachliche, sondern gleichfalls überfachliche Ziele (Berndt et al., 2017). Die bestehende Forschung zu MINT-Vorkursen (vgl. Berndt et al. 2021) lässt bisher jedoch die genauen Motivprofile der Teilnahme sowie ihren Einfluss auf die Zufriedenheit außer Acht. Diese Forschungslücke greift der vorliegende Beitrag auf, indem er folgenden Fragen nachgeht:

1) Welche latenten Klassen der Zielorientierung zeigen sich bei den Studierenden?

2) Welche soziodemographischen und persönlichkeitsbezogenen Merkmale sowie affektiven Aspekte und Merkmale der vorhochschulischen Bildung beeinflussen die Zugehörigkeit zu einer Klasse?

3) Welchen Einfluss nimmt die Typenzugehörigkeit unter Kontrolle von Drittvariablen auf die Zufriedenheit mit dem Vorkursbesuch und der allgemeinen Zufriedenheit mit dem Studium?

Eine latente Klassenanalyse anhand von Daten einer Erstsemesterbefragung im WiSe 2016/17 an fünf deutschen Universitäten (N 666) ergibt drei Typen von Studierenden: vielfältig Interessierte (Klasse 1), selektiv Interessierte (Klasse 2) und primär fachlich-organisatorisch Interessierte (Klasse 3). Die Typenzugehörigkeit steht dabei laut multinomialem Regressionsmodell in Zusammenhang mit persönlichkeitsbezogenen, vorhochschulischen und affektiven Merkmalen. Ungünstige Eingangsbedingungen (keine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung, schlechtere Note der Hochschulzugangsberechtigung, geringere Selbstwirksamkeit) erhöhen bspw. die Chance zur Klasse 1 zu gehören. Ob die verschiedenen Klassen der Zielorientierung sich in Bezug auf ihre Zufriedenheit mit dem Vorkursbesuch und der allgemeinen Zufriedenheit mit dem Studium unterscheiden soll ebenfalls Inhalt des Beitrags sein und mittels multipler Regressionsmodelle berechnet werden. Neben der Vorstellung der Ergebnisse, soll die Bedeutung der Befunde für die Gestaltung der propädeutischen Angebote und der Studieneingangsphase diskutiert werden.

Literatur

Berndt, S., Felix, A. & Anacker, J. (2021). Die Wirkung von MINT-Vorkursen – ein systematischer Literaturreview. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 16 (1), S. 97–116. https://doi.org/10.3217/zfhe-16-01/06

Berndt, S., Felix, A. & Wendt, C. (2017). Übergänge meistern! Mathematische Unterstützungsangebote in der Studieneingangsphase im Kontext zunehmender studentischer Heterogenität. Eine empirische Wirkungsanalyse an der OVGU. QiW, 11, 98–106.

Biehler, R., Bruder, R., Hochmuth, R. & Koepf, W. (2014). Einleitung. In I. Bausch, R. Biehler, R. Bruder, P. R. Fischer, R. Hochmuth, W. Koepf, S. Schreiber & T. Wassong (Hrsg.), Mathematische Vor- und Brückenkurse. Konzepte, Probleme und Perspektiven (S. 1-6). Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Berndt-Profile der MINT-Vorkursteilnahme und ihre Relevanz für die Zufriedenheit-160.pdf


 
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