Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
Förderung wissenschaftlicher Nachwuchs
Zeit:
Montag, 11.09.2023:
13:30 - 15:00

Chair der Sitzung: Dr. Kolja Briedis, Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung
Ort: SL0214


Track 2: Gestaltungsfragen der Hochschulpolitik


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Präsentationen

Wissenschaftliche Ex Post-Reflexion empirischen Datenmaterials in der Hochschulforschung: Ein Versuch am Beispiel der Evaluation kooperativer Promotionen im Rahmen des Bayerischen Wissenschaftsforums (BayWISS)

Dr. Johanna Witte, Dr. Thorsten Lenz

Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF), Deutschland

Das vorgeschlagene Paper greift exemplarisch eine typische Konstellation in der Arbeit eines Ressortforschungsinstituts in der Hochschulforschung auf, die sich im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlichem Anspruch und Anwendungskontext abspielt: Im Rahmen einer Auftragsforschung wurden zu einem hochschulpolitisch relevanten Thema Daten erhoben und Empfehlungen erarbeitet; eine theoriegeleitete Fragestellung wurde im Rahmen der Beauftragung weder benötigt noch gewünscht. Der Arbeitsauftrag ist damit abgeschlossen. Das vorliegende Datenmaterial ist reichhaltig und interessant, es erlaubt verschiedene theoretische Zugänge und Reflektionen aus der Sicht der Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Die wissenschaftliche Arbeit mit dem Datenmaterial könnte also nun beginnen und ex post an das vorliegende Material herangetragen werden. Meist geschieht dies aus Mangel an Zeit und Möglichkeiten aber nicht. Ebendies soll in Vorbereitung auf die Konferenz nun versucht und die kritische Reflexion dieses Unternehmens zum expliziten Teil der Arbeit gemacht werden.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Evaluation der Arbeit des Bayerischen Wissenschaftsforums (BayWISS) im Bereich der Ermöglichung kooperativer Promotionen in der Zusammenarbeit von Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAWs), dem sogenannten Fachforum Verbundpromotion. 2020-2021 wurde eine Fülle von Interviews und Befragungen durchgeführt: Interviews mit den Mitgliedern des BayWISS-Lenkungsrats und den Koordinatoren der 11 Verbundkollegs; Befragungen der Promovierenden, der betreuenden Professoren, der Leitungen der beteiligten Hochschulen, der Sprecher der Verbundkollegs sowie derjenigen Professoren, die ausschließlich außerhalb von BayWISS kooperative Promotionen betreuen.

Ein durchgängiges Ergebnis der Evaluation war, dass sich im Zuge der Zusammenarbeit das Verhältnis der beiden Hochschularten und der konkret Beteiligten eklatant verbessert hat. Durch das Kennenlernen im Zuge der gemeinsamen Arbeit wurden Vorurteile abgebaut und wechselseitige Wertschätzung aufgebaut, die beiden Hochschularten haben ihre Kooperation auch in anderen Gebieten als der gemeinsamen Promotionsbetreuung vertieft. Während dieses Ergebnis von beiden Seiten unisono als wertvoll betrachtet wurde, strebten die HAWs gleichzeitig – und entgegen der Position der Universitäten – danach, ein eigenes (bereichsspezifisches) Promotionsrecht zu erlangen, was ihnen auch gelang (Bayerisches Hochschulinnovationsgesetz vom 5. August 2022).

Dieses – erfolgreiche – Bestreben ist in der Literatur als academic drift bekannt (Harwood 2010, Griffioen & de Jong, 2012; Tight 2015; Geschwind & Broström 2022). Im vorgeschlagenen Beitrag soll anhand der vorliegenden Daten beispielhaft herausgearbeitet, analysiert – und im bundesweiten und internationalen Kontext eingeordnet – werden, wie sich die Akteure der bayerischen Hochschulpolitik in der Gleichzeitigkeit von Kooperation und Konkurrenz in einer von academic drift gekennzeichneten Gesamtentwicklung des deutschen Hochschulsystems positionieren. Hiermit wird u.a. auch an eine Arbeit zu blurring boundaries im Zuge des Bologna Prozesses angeknüpft (Witte, van der Wende & Huisman 2008).

Literatur

Geschwind, Lars & Broström, Anders (2022). To be or not to be a technical university: organisational categories as reference points in higher education. Higher Education, 84:121–13.

Griffioen & de Jong (2012). Academic Drift in Dutch Non-University Higher Education Evaluated: A Staff Perspective. Higher Education Policy 26(2): 1-19.

Harwood, J. (2010). Understanding academic drift: On the institutional dynamics of higher technical and professional education. Minerva, 48(4): 413–427.

Tight, M. (2015). Theory development and application in higher education research: the case of academic drift. Journal of Educational Administration and History, 47(1): 84-99.

Witte, J. & Lenz, Th. (2021). Evaluation des Fachforums Verbundpromotion im Bayerischen Wissenschaftsforum (BayWISS): Abschlussbericht. IHF, München.

Witte, J., van der Wende, M. & Huisman, J. (2008). Blurring boundaries: How the Bologna process changes the relationship between university and non-university higher education in Germany, the Netherlands and France. Studies in Higher Education 33(3): 217-231.

Witte-Wissenschaftliche Ex Post-Reflexion empirischen Datenmaterials-180.pdf


Neue empirische Erkenntnisse zu Karrierewegen in eine HAW-Professur

Dr. Edith Wilson, Prof. Dr. Carina Braun

OTH Regensburg, Deutschland

Der Weg in eine Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) setzt eine „Dreifachqualifikation“ in Lehre, Forschung und Berufserfahrung voraus. Dieser hohe Anforderungsstandard limitiert aber nicht nur den Pool geeigneter Bewerber:innen (In der Smitten et al., 2017). Diese Personen sind auch bei Wirtschaftsbetrieben, Universitäten und anderen Organisationen begehrt, so dass sich der „Kampf“ um Talente mit Potenzial für eine HAW-Professur in Zukunft eher verschärft. Wissen um die Karrierewege, förderliche sowie hinderliche Aspekte in HAW-Professuren, können Hochschulen dabei helfen, geeignete Personen auf das Berufsbild aufmerksam zu machen und das Arbeitgebermarketing gegenüber potenziellen Bewerber:innen zu verbessern.

Der Vortrag präsentiert erste Ergebnisse zu den Karrierewegen in eine HAW-Professur und fasst hierfür Erkenntnisse aus einer qualitativen Studie sowie Hypothesen zu deren quantitativen Überprüfung zusammen. Semi-strukturierte Interviews mit Professor:innen, welche einen Ruf an einer HAW in Bayern angenommen hatten, konnten u. a. verschiedene Karrierewege in eine Professur aufzeigen, ebenso wie die Motive, sich für dieses Berufsbild zu entscheiden. Des Weiteren wurden mögliche unterstützenden Faktoren und Hindernisse, welche den Weg in eine HAW-Professur erleichtern oder erschweren können, identifiziert. Zum Abschluss wird ein Ausblick auf eine quantitative Online-Befragung von HAW-Professor:innen gegeben, mit der im Herbst 2023 die qualitativen Erkenntnisse validiert werden sollen.

Die Ergebnisse werden unter Bezugnahme auf die relevante Hochschulforschung (z. B. Armutat, 2022; Braun & Wilson, 2023; In der Smitten et al., 2017) ebenso wie relevante Karrieretheorien (z. B. Lent et al., 1994) diskutiert. Die abschließenden Handlungsempfehlungen für die Hochschulentwicklung sowie das Hochschulmarketing sind von praktischer Relevanz.

Diese Forschung wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Landes Bayern als Teil des Projekts Zukunft akademisches Personal der OTH Regensburg (ZAP.OTHR) unter dem Programm „FH-Personal“ gefördert.

Literaturverzeichnis

Armutat, S. (2022). Berufsperspektive HAW-Professur – Attraktivitätsfaktoren für die Berufswahl. Die Neue Hochschule, 2022(5), 26-29.

Braun, C. & Wilson, E. E. (2023). Berufswahl Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften: Forschungsstand und Forschungsagenda. Working Paper. OTH Regensburg. https://doi.org/10.35096/othr/pub-5198

In der Smitten, S., Sembritzki, T., Thiele, L., Kuhns, J., Amadou, S. & Valero-Sanchez, M. (2017). Bewerberlage bei ­Fachhochschulprofessuren (BeFHPro): Forum Hochschule 3|2017. DZHW.

Lent, R. W., Brown, S. D. & Hackett, G. (1994). Toward a Unifying Social Cognitive Theory of Career and Academic Interest, Choice, and Performance. Journal of Vocational Behavior, 45(1), 79–122.

Wilson-Neue empirische Erkenntnisse zu Karrierewegen in eine HAW-Professur-136.pdf


Konflikte und Sozialisation von (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen

Olga Wagner

TU Dortmund, Deutschland

Professuren an deutschen Universitäten sind Orte, an denen neben der Verantwortung für Forschung, Lehre und akademische Selbstverwaltung auch die Nachwuchsausbildung als eine der tradiertesten Aufgaben wahrgenommen wird (Hüther & Krücken, 2016). Hier durchlaufen (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen ihre akademische Sozialisation, internalisieren fach- und gruppenspezifische Werte und Normen und erwerben damit eine Handlungsfähigkeit, die eine aktive Teilnahme am Wissenschaftsbetrieb erst möglich macht. Doch wie genau vollzieht sich diese Sozialisation?

Nach dem Modell der „generativen Sozialisation“ von Lüscher und Liegle (2015), welches mit Blick auf gesamtgesellschaftliche und familiäre Sozialisation entwickelt wurde, sind Ambivalenzerfahrungen für die Sozialisation elementar. Sie entstehen in intergenerativen Beziehungen, denen Generativität zugrunde liegt, und können als Konflikte in Erscheinung treten. Werden Professuren als Sozialisationskontexte betrachtet, in denen Personen durch ihre Arbeit miteinander in Beziehung treten und dabei Ambivalenzerfahrungen machen, lässt sich dieser Ansatz hier anwenden. Jede Professur beheimatet zumeist drei bis vier akademische Generationen: Professor*in(nen), Post-Docs, Prä-Docs und Studierende. Neben dem Qualifizierungsgrad ist die Dauer der Zugehörigkeit zur Professur, die bereits gemachten Erfahrungen in der Wissenschaft sowie das Tragen eines akademischen Titels für eine Zuordnung von Bedeutung. Diese Personen(-gruppen) müssen im Arbeitsalltag in inter- und intragenerative Beziehungen treten, in denen Ambivalenzerfahrungen gemacht werden und so Konflikte auftreten können. Die Forschungsfrage lautet daher: Welche Funktion haben Konflikte für die Sozialisation des wissenschaftlichen Nachwuchses? Für die Untersuchung wird angenommen, dass …

… Konflikte zwischen akademischen Generationen für die Sozialisation von (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen existenziell sind. Die aktive Auseinandersetzung mit den Werten und Normen der älteren Generationen führt die heranwachsenden Generationen zur Autonomie und Handlungsfähigkeit, ohne die eine aktive Teilnahme am Wissenschaftsbetrieb nicht möglich ist.

… es unterschiedliche Formen von Konflikten/Ambivalenzerfahrungen gibt. Wobei besonders die relevant sind, die zwischen Personen unterschiedlicher akademischer Generationen stattfinden und einen professionellen Charakter aufweisen. Was ein Nachweis dafür wäre, dass Konflikte aufgrund fehlender Verständnisse über akademische- und gruppenspezifische Werte sowie Normen und nicht wegen persönlicher Gründe auftreten.

… generative Sozialisation auch in professionellen Organisationen wie der Universität stattfindet und somit auch die akademische Sozialisation auf Generativität beruht.

Zur Bearbeitung der Forschungsfrage werden Daten aus zwei verzahnten qualitativen Studien ausgewertet. Die erste Datenquelle bilden 20 leitfadengestützte problemzentrierte Interviews mit Professor*innen ausgewählter Universitäten, bei denen u.a. Kurzfragebögen eingesetzt wurden. Danach wurden Gruppendiskussionen mit Mitarbeiter*innen der zuvor interviewten Professor*innen durchgeführt. Bei den Gruppendiskussionen kamen fünf Szenarien als Erzählimpulse zum Einsatz. Insgesamt konnten so 15 Professuren der Fächer Biologie, BWL und Maschinenbau inhaltsanalytisch analysiert werden. Die Gegenüberstellung der Perspektiven der Befragten ist hierbei elementar: Inwieweit werden vorgelebte Werte und Normen akzeptiert oder in Frage gestellt und welche Konflikte können daraus resultieren? In welcher Beziehung stehen die Konfliktparteien zueinander?

Die bisherigen Analysen zeigen, dass intergenerative Konflikte/Ambivalenzerfahrungen eher professioneller als persönlicher Natur sind. Die meisten Befragten berichten häufiger von Konflikten zu Beginn ihrer Beschäftigung bzw. der ihrer Mitarbeiter*innen. Als häufige Gründe werden das fehlende Wissen um soziale Normen und Werte der Gruppe sowie das mangelnde Verständnis der Funktionsweise des Wissenschaftsbetriebs aufgeführt. Insbesondere an Professuren, in denen Personen bei alltäglichen Tätigkeiten in enger Beziehung stehen, wird von intergenerativen Konflikten berichtet. Darüber hinaus lässt sich nachweisen, dass Generativität in allen betrachteten Professuren die Norm darstellt.

Hüther, O. & Krücken, G. (2016). Hochschulen. Fragestellungen, Ergebnisse und Perspektiven der sozialwissenschaftlichen Hochschulforschung. Wiesbaden: Springer.

Liegle, L. & Lüscher, K. (2015). Das Modell „Generative Sozialisation“. K. Hurrelmann, et al. (eds.), Handbuch Sozialisationsforschung, (S.281–301), 8. Edition. Weinheim, Basel: Beltz.

Wagner-Konflikte und Sozialisation von-108.pdf


 
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