Veranstaltungsprogramm

Sitzung
Einzelvorträge 5.1
Zeit:
Dienstag, 02.09.2025:
15:30 - 17:00

Chair der Sitzung: Dr. Torsten Mergen
Ort: Raum 3.05.1

Raum 3.05.1 (Innovation Center), Campus A2 1, 66123 Saarbrücken

Präsentationen
16:00 - 16:30

Halluzinationen als Chance: KI-Kompetenz mit Deleuze

Daniel Austerfield

Freie Universität Berlin, Deutschland

KI-Kompetenz kontextualisiert KI oft als Werkzeug, um etabliertes Wissen abzurufen und anzuwenden, wobei Halluzinationen als faktische oder technische Fehler abgetan werden. Dieser Ansatz tendiert dazu, den Fokus auf die Validierung bekannter Lösungen zu verengen, anstatt kritisches und kreatives Denken zu fördern. Indem sie das manchmal unvorhersehbare Potenzial von KI übersehen, könnten Pädagogen Chancen verpassen, innovative (begriffliche) Forschung zu kultivieren.

Während KI-Kompetenz [1] [2] ethische Nutzung und funktionale Anwendung thematisieren, positionieren sie diese mehrheitlich mit einer Betonung auf faktischer Genauigkeit. Selbst ohne jeglichen Wahrheitswert [3] bleibt die faktische Realität doch grundlegende Referenz. In Anlehnung an Deleuzes Konzepte des "Aktuellen" und "Virtuellen" [4] interpretiert dieser Beitrag Halluzinationen als besondere Inspiration neuer gedanklicher "Fluchtlinien".

So fragt dieser Beitrag: Inwieweit können Halluzinationen als produktive Ausgangspunkte für philosophische Erkundung und kritisches Denken dienen? Das Ziel ist die Auslotung eines Rahmens, in dem Halluzinationen als Katalysatoren für konzeptuelle Innovation gesehen werden. Begrifflich-analytisch setzt sich dieser Beitrag mit KI-Kompetenz auseinander und wendet die Theorie des Aktualen und des Virtuellen auf Halluzinationen an. Dieser Rahmen legt nahe, dass Halluzinationen das Virtuelle erschließen können und so unerwartete konzeptueller Verbindungen ermöglichen, gerade weil sie als Aktuelles ungenau sind.

Die Neuformulierung von Halluzinationen auf diese Weise fordert Ziele der KI-Kompetenz heraus, die sich primär auf Korrektheit und Faktizität richten. Stattdessen unterstreicht sie – insbesondere in der Philosophie-Didaktik - die Bedeutung explorativer Lernstrategien, die die unvorhersehbaren Ausgaben der KI nutzen, um neue Gedanken anzuregen. Diese Perspektive fördert zudem ein tieferes Bewusstsein für algorithmische Verzerrungen und die Begrenzung des Aktuellen durch die Trainingsdaten.

Ferner veranschaulicht dieser Beitrag Schnittstellen zwischen der Philosophie-Didaktik und dem Querschnittsthema Digitalisierung und bietet eine produktive Perspektive auf KI über technische oder funktionale Paradigmen hinaus. Im Zusammenspiel der Aktuellen und Virtuellen Dimensionen der KI können Pädagogen verschiedener Disziplinen das kritische, spekulative und adaptive Denken fördern, das im digitalen Zeitalter zunehmend unerlässlich ist.



16:30 - 17:00

Kompetenzen für den Unterricht mit und über Künstliche Intelligenz – Der Orientierungsrahmen DiKoLAN KI

Johannes Huwer1,2, Lars-Jochen Thoms1,2, Nikolai Maurer1,2, Mathea Brückner1,2, Sandra Berber1,2, Lena Von Kotzebue3, Till Bruckermann4, Sebastian Becker-Genschow5, Alexander Finger6, Erik Kremser7, Christiph Thyssen8

1Universität Konstanz, Deutschland; 2Pädagogische Hochschule Thurgau; 3Paris Lodron Universität Salzburg; 4Leibniz Universität Hannover; 5Universität zu Köln; 6Universität Leipzig; 7Technische Universität Darmstadt; 8Pädagogische Hochschule Freiburg

Um Unterricht mit digitalen Technologien zu planen und durchzuführen, sind technologiebezogene fachdidaktische Kompetenzen der Lehrkräfte von zentraler Bedeutung. Mit dem Orientierungsrahmen „Digitale Basiskompetenzen für das Lehramt der Naturwissenschaften“ (DiKoLAN) steht für das Lehramtsstudium ein Rahmen mit konkret operationalisierten Kompetenzen inklusive eines Selbsteinschätzungsinstruments (DiKoLAN-Grid; von Kotzebue et al., 2021) zur Verfügung, der zumindest die im Studium zu erwerbenden Kompetenzen adressiert.

Künstliche Intelligenz erhält rasend schnell impliziten und expliziten Einzug in nahezu alle Bereiche des Lebens, Wissenschaft und Bildung. Bisher wurde KI als spezielle Technologie weder im DiKoLAN noch in Modellen und Rahmen wie TPACK oder DigCompEdu nicht explizit berücksichtigt, sodass KI-bezogene Kompetenzen von Lehrpersonen ergänzend zu den bereits in DiKoLAN formulierten Kompetenzen beschrieben werden müssen.

Auf der Grundlage der Strukturierung von DiKoLAN (Tätigkeit unterrichtlichen Handelns) wurden in einem iterativen Verfahren mit Expert*innenbefragungen Kompetenzen im Umgang mit und in der Nutzung von KI im naturwissenschaftlichen Unterricht beschrieben werden. Als Ergebnis dieses Prozesses entstand in Kooperation mit der Deutsche Telekom Stiftung der Orientierungsrahmen ist der DiKoLAN KI (Huwer et al., 2024). Zusammen mit DiKoLAN KI wurden ebenso 20 Praxisbeispiele von Expert*innen der Bio-, Chemie-, Physik-, Informatik-, und Sachunterrichtsdidaktik oder auch Computerlinguistik publiziert.

Im Vortrag wird DiKoLAN KI und dessen Herleitung präsentiert. Ebenso werden erste Perspektiven auf und exemplarische Einblicke aus den 20 Praxisbeispielen zur Integration der DiKoLAN KI Kompetenzen in die Bildung vorgestellt.

Referenzen

Von Kotzebue, L., Meier, M., Finger, A., Kremser, E., Huwer, J., Thoms, L.-J., Becker, S., Bruckermann, T., & Thyssen, C. (2021). The Framework DiKoLAN (Digital Competencies for Teaching in Science Education) as Basis for the Self-Assessment Tool DiKoLAN-Grid. Education Sciences, 11(12), 775.

Huwer, J., Becker-Genschow, S., Thyssen, C., Lars-Jochen Thoms, Kotzebue, L. v., Finger, A., Kremser, E., Meier, M., & Bruckermann, T. (2024). Kompetenzen für den Unterricht mit und über Künstliche Intelligenz. Waxmann. https://doi.org/10.31244/9783830999317