10:30 - 11:00Verzahnung und Vernetzung: Kohärenzorientierung in den Fachdidaktiken
Tobias Heinz
CAU Kiel und IQSH, Deutschland
Der Kurzvortrag setzt beim Stichwort „Vernetzung“ an und versucht dem vieldiskutierten Problem der „Fragmentierung“ von Wissensdomänen in der Lehrkräftebildung konstruktiv zu begegnen. Dabei gilt hier der Profilierung der Rolle der Fachdidaktiken als Scharnier zwischen Fachwissenschaften und Bildungswissenschaften besondere Aufmerksamkeit.
In der Forschungsdiskussion herrscht weitestgehend Einigkeit, dass das „Wahrnehmen von Kohärenz […] eine zentrale Voraussetzung dafür“ darstellt, „dass die aktive Verknüpfung der Inhalte [zu einer] […] elaborierten Wissensstruktur“ (Schwichow et. al. 2019, 344) erfolgen kann. Um eine kritisch-konstruktiven Weiterentwicklung dieser Einschätzung zu ermöglichen, hat das Netzwerk "Kohärenz, Verzahnung und Vernetzung in der Lehrkräftebildung" (https://kurzlinks.de/3p9x) eine Diskussion des Konzepts aus kognitionspsychologischer Sicht angestoßen und unter anderem Georg Hans Neuweg um eine kritische Bewertung gebeten. Die Problematisierung und Reflexion zentraler mit dem Begriff der Kohärenz verbundener Annahmen („Integrationssysndrom“) erlaubt auf der Grundlage einer vom Netzwerk geleisteten terminologischen Differenzierung des Begriffsfeldes "Kohärenz", "Verzahnung" und "Vernetzung" und eines Angebot-Nutzungs-Modells hochschulischer Kohärenzbildung eine avancierte fachdidaktische Perspektivierung des Konzepts.
Der Vortrag stellt die theoretisch-terminologischen Klärungen des Netzwerks vor und soll die fächerübergreifende Diskussion und Weiterentwicklung der Ansätze intensivieren.
Der systematisierende Bezug auf die in Beiträge zur Initiierung von Wissensvernetzung, zur Visualisierung von Wissensstrukturen und zur Messung von vernetztem Wissen erlaubt nun erstmals einen übergreifenden Bezug auf Kohärenzbestrebungen in den Didaktiken der Romanistik, Mathematik, Physik, Geographie, Biologie, beruflichen Bildung sowie des Sachunterrichts und des Faches Deutsch. Dabei soll exemplarisch noch verdeutlicht werden, a.) welche Entitäten auf welcher Ebene verzahnt bzw. bezogen auf die kognitive Ebene vernetzt werden sollen und wie die jeweils erfolgte Kohärenzorientierung zu kategorisieren und und b.) mit welchen Ansätzen die Evaluation bzw. Messung der Ergebnisse möglich ist.
11:00 - 11:30Mit systematischen Transferaktivitäten Schnittstellen gestalten, Vernetzung ermöglichen und die Professionalisierung von Promovierenden der Fremdsprachendidaktik unterstützen
Helene Pachale
Leibniz Universität Hannover, Deutschland
Transfer ist eine der Lehrkräftebildung inhärente Aufgabe (Gräsel, 2010; Bernholt & Parchmann, 2020). Doch innerhalb des Wissenschaftssystems wird, so der Wissenschaftsrat (2016), vornehmlich der Forschung, weniger aber dem Aufgabenbereich Transfer Anerkennung zugesprochen. Um die Bedeutung des Transfers innerhalb der Universitäten zu stärken, hebt die GFD in ihrem Positionspapier (2023) die zentrale Rolle der Fachdidaktiken zur Gestaltung und systematischen Beforschung des Transfers hervor, beschreibt vier Transferfelder und appelliert an die fachdidaktischen Gesellschaften sowie an die Universitäten, die Wissenschaftler*innen in diesen Bereichen zu unterstützen. Um Transferaktivitäten systematisch gestalten und als Promovierende der Fremdsprachendidaktik Transferstrategien im Sinne der eigenen Standortbestimmung in den unterschiedlichen Communities (Wissenschaft, Schulpraxis etc.) und hinsichtlich der individuellen Professionalisierung entwickeln zu können, gilt es, die Transferfelder hinsichtlich des Faches bzw. des fachdidaktischen Fokusses zu konkretisieren.
Dieser Impuls wird in dem konzeptionellen Beitrag (Kurzvortrag) aufgegriffen, indem die von der GFD formulierten Transferfelder aus fremdsprachendidaktischer Perspektive spezifiziert bzw. anhand ausgewählter Beispiele konkretisiert werden. Auf Grundlage der exemplarischen Betrachtung der bi- bzw. multidirektional gestalteten Transferprozesse und der an ihnen beteiligten Akteur*innen soll anschließend aufgezeigt werden, wie insbesondere Promovierende als Multiplikator*innen Transfer gestalten können um auf diese Weise frühzeitig an den Aufgabenbereich Transfer herangeführt zu werden (vgl. Gödecke, 2022, S. 231) und diesen für ihren individuellen Professionalisierungsprozess, die Dissemination ihrer Forschungsergebnisse sowie für ihre Verortung innerhalb der unterschiedlichen Communities nutzbar zu machen. Auch soll darauf geschaut welchen, Rolle fachdidaktische Gesellschaften, die Universitäten sowie z. B. die Professional Schools of Education einnehmen können, um sie dabei zu unterstützen, Transferstrategien zu entwickeln und zugleich dem häufig vorhandenen eigenen Wunsch nach (Mit-)Gestaltung von Schnittstellen und Übergängen zwischen Bildungsforschung und schulischer Praxis Rechnung zu tragen.
11:30 - 12:00Schnittstellen fachdidaktischer Forschung. Ergebnisse einer internationalen Delphi-Studie
Martin Rothgangel2, Ulrich Riegel1
1Universität Siegen, Deutschland; 2Universität Wien, Österreich
Die Diskussion über Formate fachdidaktischer Forschung wurde 2012 durch die GFD eröffnet (Bayrhuber et al. 2012). Die Initiative führte in empirischer Hinsicht zu zwei Delphi-Studien. Die erste Studie fand speziell in der Religionsdidaktik statt (Rothgangel und Riegel 2021a; Riegel und Rothgangel 2022b), die zweite Studie generell in den Fachdidaktiken des deutschsprachigen Raums (Riegel und Rothgangel 2022a). Beide Studien ergaben, dass sich fachdidaktische Kolleg:innen weitgehend einig sind über die drei Dimensionen (Gegenstandsbereich, Methodiken, Bezugstheorien), auf denen ihre Forschung beruht, und über die Kategorien, die diese Dimensionen definieren. Aus beiden Delphi-Studien ist daher ein allgemeines Modell fachdidaktischer Forschung hervorgegangen. Die Validität des Modells ist jedoch bislang eingeschränkt: Die erste Delphi-Studie wurde zwar international durchgeführt, deckt aber nur eine bestimmte Fachdidaktik ab. Die interdisziplinäre zweite Delphi-Studie behebt diese Engführung, fand aber nur im deutschsprachigen Bereich statt. Die Fragestellung des vorliegenden Projekts besteht demnach darin, ob sich auch im Kontext der verschiedenen internationalen Ausprägungen von Fachdidaktik (u.a. subject pedagogy, curriculum studies) dieses generische Modell fachdidaktischer Forschung bewährt.
Aus diesem Grund wurde eine internationale Delphi-Studie konzipiert, die verschiedene Disziplinen innerhalb der Fachdidaktik abdeckt. Diese Studie wurde im Herbst und Frühjahr 2024/25 durchgeführt, an der 202 Fachdidaktiker:innen aus 19 Disziplinen und 30 Ländern teilnahmen. Basierend auf den Antworten dieser Runde wurde der Fragebogen der zweiten Runde an alle Teilnehmer:innen der ersten Runde verschickt, die sich bereit erklärt hatten, auch an der zweiten Runde teilzunehmen. Die quantitativen Daten wurden mittels deskriptiver Statistik, die qualitativen mittels Grounded Theory ausgewertet.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich auch international die meisten Aspekte des generischen Modells bewähren, es aber auch nationale Unterschiede gibt. Diese Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der Konzepte, mit denen fachdidaktische Fragen in den nationalen Kontexten reflektiert werden, vorgestellt und diskutiert.
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