17:45 - 18:15Astronomische Phänomene in Kinderbüchern – fächerverbindende Perspektiven aus der Deutsch- und Sachunterrichtsdidaktik
Beate Laudenberg1, Markus Peschel2
1Pädagogische Hochschule Karlsruhe, Deutschland; 2Universität des Saarlandes, Deutschland
Die fächerverbindende Betrachtung von Kinderliteratur bietet ein breites Spektrum an Anknüpfungspunkten für die schulische Praxis sowie für die fachdidaktische Forschung. Insbesondere im Grundschulunterricht kommt der Verbindung von sprachlicher Bildung und fachlichem Lernen eine zentrale Bedeutung zu. Während der Deutschunterricht eine Sensibilisierung für unterschiedliche Sprachstile sowie visuelle und verbale Darstellungsweisen ermöglicht, bietet der Sachunterricht die inhaltliche und lebensweltliche Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Phänomenen und weiterführenden Konzepten. Die interdisziplinäre Analyse von Kinderbüchern, die naturwissenschaftliche Themen aufgreifen (vgl. Laudenberg/Rott 2024), eröffnet daher ein vielversprechendes Forschungsfeld für die Didaktik beider Fächer.
Bisherige Studien haben sich in diesem Kontext vorrangig mit der Darstellung biologischer oder gesellschaftswissenschaftlicher Inhalte in Bilderbüchern befasst (vgl. Junge et al. 2022; Gläser 2022). Die Darstellung astronomischer Phänomene in Kinderliteratur stellt hingegen ein bislang wenig untersuchtes Feld dar. Dabei bieten Himmelskörper, Raumfahrt oder kosmische Prozesse vielfältige Potenziale für die Entwicklung fachlicher, alltags-, bildungs- und fachsprachlicher Konzepte im Grundschulalter. Die Verbindung von Sprachlichkeit und Fachlichkeit (vgl. Peschel et al. 2024) ist hierbei ein zentraler Aspekt. Fachsprachliche Begriffe, visuelle Darstellungen und narrative Strukturen in Kinderbüchern prägen die Vorstellungen von Lernenden und beeinflussen deren fachliches Verständnis.
Vor diesem Hintergrund möchten wir die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der Darstellung astronomischer Phänomene in Kinderbüchern aus der Perspektive der Deutsch- und Sachunterrichtsdidaktik anregen:
• In welcher Weise beeinflussen die Darstellungen astronomischer Phänomene kindliche Konzepte und wie werden sie visualisiert und sprachlich vermittelt?
• Welche Potenziale bieten narrative Strukturen und Metaphern für das fachliche Lernen, und inwiefern können sie auch zu Fehlkonzepten führen?
• Inwiefern eignen sich Kinderbücher zur Förderung begabter Lernender und zur Differenzierung im fächerverbindenden Unterricht?
• Wie können interdisziplinäre Ansätze aus der Deutsch- und Sachunterrichtsdidaktik zur Konzeption von Unterrichtsmodellen beitragen, die sprachliches und fachliches Lernen integrieren?
18:15 - 18:45Arbeit am Unterrichtswerk: Wie mit Lehrstücken bildungswirksame Unterrichtsexempel kooperativ und disziplinübergreifend entwickelt und erprobt werden
Marc Müller1, Ulrike Harder2, Mario Gerwig3
1Humboldt-Universität zu Berlin | Sachunterricht und seine Didaktik, Deutschland; 2Elisabethschule Marburg, Deutschland; 3Gymnasium Leonhard, Basel, Schweiz
Im Call zur Tagung wird nicht nur hervorgehoben, dass „disziplinübergreifende Bezüge und Kooperationen“ erwünscht sind, sondern auch gefragt, „wie“ sie „erforderlich […] sind“. Nicht nur nach Beispielen wird also gefragt, sondern auch nach Gründen.
Wie wäre es, wenn die drängenden Gründe für fachdidaktische „Schnittstellen, Übergänge [und] Vernetzungen“ nicht nur in äußeren Ansprüchen an Schule und Fachdidaktiken liegen, sondern aus deren eigener, also innerer Anlage erwachsen? Wie wäre es, wenn das Kernanliegen aller beteiligten Erwachsenen danach verlangt? Ihre Absicht nämlich, nicht-Erwachsene bildungswirksam zu unterrichten.
Im Umfeld der „Lehrkunstdidaktik“ (Berg & Schulze 1995, Berg u. a. 2009) entstehen seit vier Jahrzehnten Unterrichtsexempel, die sich vornehmlich epochenübergreifenden Menschheitsthemen widmen. Diese „Lehrstücke“ sind durchkomponierte, vielfach erprobte, immer wieder variierte und weiterentwickelte Unterrichtseinheiten, die sich ungefähr über ein Dutzend Schulstunden erstrecken. Im „exemplarisch-genetisch-dramaturgischen“ Lehrstückunterricht vollziehen die Schülerinnen und Schüler mit, wie Wissenschaftstreibende oder Kulturpersönlichkeiten in ihrer Zeit neue Erkenntnisse gewonnen und wesentliche Entdeckungen gemacht haben (vgl. Wiechmann & Wildhirt 2016). Das Lehrstück-Repertoire ist inzwischen bemerkenswert groß und deckt nahezu alle Fächer und Klassenstufen der Regelschule ab: „Aesops Fabeln“, „Aristoteles’ Verfassungsratschlag“, „Beweisen mit Euklid“, „Faradays Kerze“, „Goethes Italienische Reise“, „Howards Wolken“, „Kanonkünste mit Bach“ und „Pascals Barometer“, um nur einige hervorzuheben (vgl. www.lehrkunst.org. und Bibliographie).
Besonders interessant im Sinne des Tagungsthemas ist, wie Lehrstücke entstehen und im Schulkanon verankert bleiben. In „Lehrkunstwerkstätten“ arbeiten Kolleg*innen verschiedener Fächer aus Schule und fachdidaktischen Bereichen der Hochschulen u. a. deshalb über längere Zeit kooperativ und durchgehend interdisziplinär an Lehrstückideen, die gemeinsam diskutiert, wiederholt erprobt und reflektiert werden, weil Unterricht, in dem Verstehen gelehrt werden soll, von allen verstanden werden muss (vgl. Berg & Schulze 1998, Berg & Wildhirt 2004). In der Werkstatt wird die in den Gegenständen selbst liegende Mehrdimensionalität freigelegt und vielfältig für die Lernenden aufgeschlossen: „Schnittstellen, Übergänge, Vernetzungen“ – praktisch gelebt aus pädagogischer Überzeugung und sachlicher Notwendigkeit.
18:45 - 19:15Konzeptionsempfehlungen für digitale Schulbücher im inklusiven (Geographie-) Unterricht der Zukunft
Hannah Lathan1, Leif Mönter2
1Universität Vechta, Deutschland; 2Universität Vechta, Deutschland
Das Projekt Digital Education Material (DEM) widmet sich der interdisziplinären Konzeption digitaler, inklusiver Lehr-Lern-Materialien. Vor dem Hintergrund des Digitalisierungsprozesses in der Schule und neuer gesetzlicher Vorgaben zur Barrierefreiheit werden innovative Ansätze für inklusive Schulbücher entwickelt (BGBI 2022). Aktuelle Studien zeigen, dass digitale Schulbücher das Potenzial zur Verbesserung der Inklusion haben, jedoch oft Defizite in technischer und didaktischer Gestaltung aufweisen (etwa TOTTER et al. 2023; MOSER et al. 2021; BLISTA 2024). Das Projekt untersucht daher, wie digitale Schulbücher gestaltet werden müssen, um Barrierefreiheit zu gewährleisten, technische Adaptionsmöglichkeiten zu bieten und aktuelle didaktische Anforderungen zu erfüllen (DROBOSCHKE 2014; UNICEF 2019; LATHAN 2021; BEHNKE 2021). Ziel ist die Entwicklung von Guidelines für inklusive digitale Bildungsmedien sowie die Konzeption und Evaluation von Prototypen.
Im Projekt wurden eine systematische Literaturrecherche und eine kriteriengeleitete Analyse von 77 digitalen Schulbüchern (Geographie, Sachunterricht, Mathematik) durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass digitale Schulbücher insbesondere bei Visualisierungen, Feedbackmechanismen und partizipativen Aufgabenformaten großes Potenzial für Inklusion und Interaktivität aufweisen. Die entwickelten Prototypen beinhalten interaktive, visuelle und haptische Elemente zur Verbesserung der Barrierefreiheit. Zwei schulformspezifische Prototypen werden im Beitrag vorgestellt.
Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer umfassenderen Berücksichtigung inklusiver Gestaltungsprinzipien in digitalen Bildungsmedien und fordern ein grundlegendes Neudenken von E-Schulbüchern als „digital-born“ (BOCK 2019). Herausforderungen bestehen in der interaktiven Gestaltung, der stärkeren Berücksichtigung partizipativer Aufgabenformate sowie der technischen Umsetzung innovativer Konzepte wie KI-basiertem Feedback und der Integration lösungsoffener Aufgabenformate.
DEM zeigt interdisziplinäre Schnittstellen zwischen Fachdidaktik, Bildungswissenschaft, Informatik und inklusiver Pädagogik auf. Die entwickelten Ergebnisse bieten Ansatzpunkte für zukünftige digitale Bildungsmedien mit nachhaltiger Integration von Inklusion und Barrierefreiheit. Gemeinsam mit den Teilnehmenden soll diskutiert werden, wie digitale Bildungsmedien zukunftsfähig gestaltet werden können.
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