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Historischer Anfangsunterricht als Visitenkarte des Fachs und die Rolle des Übergangs von der Primar- in die Sekundarstufe
Heike Krösche
Universität Innsbruck, Österreich
Übergänge im Bildungssystem stellen sich als Schnittstellen unter anderem zwischen den einzelnen Schulstufen dar, die mit einschneidenden Veränderungen und Umstrukturierungen der sozialen und schulischen Lernumgebung von Kindern und Jugendlichen verbunden sind. Dabei handelt es sich letzten Endes um normativ-institutionelle Veränderungsprozesse, die administrativen Regularien und bildungspolitischen Anforderungen unterworfen sind. Welche Auswirkungen bildungsrelevante Übergänge auf historisches Lernen haben und welche Anforderungen damit verknüpft sind, ist bislang kaum Gegenstand geschichtsdidaktischer Überlegungen (Krösche 2021).
Im Fokus des Beitrags steht somit die Frage nach geschichtsdidaktischen Konsequenzen für den Wechsel vom Sach- zum Fachunterricht und damit vom vielperspektivischen und ganzheitlichen Zugriff auf die Domäne zu dem stärker abgegrenzten Sachgebiet des Sekundarstufenfaches (Rau-Patschke/Brüggerhoff 2019). Während unter dem Begriff „Übergangsforschung“ sehr heterogene disziplinäre Zugänge subsumiert werden, wird zur Theoriebildung auf das Konzept der Trajektorie von Pierre Bourdieu (1982) zurückgegriffen. Trajektorien, also soziale Laufbahnen entfalten sich in einem dynamischen relationalen Gefüge, das Bourdieu als sozialen Raum definiert. Sie vollziehen sich nicht nur innerhalb dieser sozialen Felder, sondern auch über verschiedene Felder hinweg, wodurch sich Übergangsphasen beschreiben lassen.
Auf dieser Grundlage haben Schwarz, Teichmann und Weber (2015) Basisanforderungen zur praxeologische Rekonstruktionen von Übergängen definiert. In Anlehnung daran wurden in einer ersten empirischen Annäherung prospektive und retrospektive Perspektiven auf historische Lernprozesse am Übergang von der Primar- und Sekundarstufe erschlossen. Die Datenerhebung fand mittels leitfadengestützter Expert*inneninterviews (N= 42) statt, deren Ergebnisse im Rahmen des Beitrags vorgestellt werden. Jedoch gelingt es damit noch nicht, historische Lernprozesse am Übergang vom Sach- zum Fachunterricht in allen Facetten bspw. im Sinne einer praxeologischen Übergangsforschung zu erfassen, weshalb darüber hinaus Überlegungen zur weiteren Operationalisierung zur Diskussion gestellt werden.
14:00 - 14:30
Zum Sinnpotenzial von Kirchengeschichte für Schüler: innen mit und ohne Konfession. Überlegungen zu einer Schnittstelle zwischen Geschichts- und Religionsdidaktik
Alexander Maier
Bergische Universität Wuppertal, Deutschland
Für viele Menschen befindet sich die Welt seit einigen Jahren im Krisenmodus. Dies fordert auch den konfessionellen Religionsunterricht heraus, der Kinder und Jugendliche in den Krisen der Gegenwart unterstützen möchte. Zwar wird über die Relevanz religiöser Bildung in Politik und Gesellschaft gestritten, doch erreicht der Religionsunterricht in Deutschland noch immer viele Schüler: innen. So nehmen etwa 77% aller Grundschüler: innen am konfessionellen Religionsunterricht teil, wovon 35% konfessionslos sind. In der Mittel- und Oberstufe bewegen sich die Zahlen auf ähnlichem Niveau. Die Religionspädagogik fragt daher seit einigen Jahren, wie sich der Religionsunterricht didaktisch verändern muss, wenn er auch für Schüler: innen ohne konfessionelle Bindung relevant sein möchte. Nicht zuletzt kommt dabei das vorwiegend konfessionslose Ostdeutschland in den Blick. Der Vortrag möchte ausloten, inwiefern kirchengeschichtliche Themen bei dieser Veränderung eine besondere Rolle spielen könnten. Dieser Fokus ergibt sich daraus, dass sowohl Geschichte als auch Religion ein Orientierungspotenzial für gegenwärtige Fragestellungen zugeschrieben wird und Religion auch im Geschichtsunterricht auftaucht, Geschichte aber auch Teil religiöser Bildung ist. Kirchengeschichte wird damit zu einer interessanten Schnittstelle, die einen Dialog zwischen Geschichts- und Religionsdidaktik geradezu herausfordert und der hier mit dem Ziel aufgenommen werden soll, ein mögliches Sinnbildungspotential kirchenhistorischer Themen im Religionsunterricht für Schüler: innen mit und ohne Konfession herauszuarbeiten. Dass es sich hierbei nicht um einen objektiven Sinn handeln kann, liegt auf der Hand. Als Gesprächspartner der Religionsdidaktik möchte sich der Vortrag auf die Überlegungen des Geschichtsdidaktikers Jörn Rüsen zum Sinn von Geschichte fokussieren, der dieses Thema in der Geschichtswissenschaft stark gemacht hat. Konkrete Fragen könnten sein: Welches Sinnpotenzial hat Kirchengeschichte und wie ist dieser Sinn zu verstehen? Inwiefern können geschichtsdidaktische Überlegungen der Religionsdidaktik dabei helfen, dieses Sinnpotenzial für den Religionsunterricht zu heben, so dass religiöse Bildung für Schüler: innen mit und ohne Konfession relevant sein könnte? Wie sähen mögliche didaktische Perspektiven aus? Haben diese Überlegungen auch Auswirkungen auf kirchenhistorische Themen im Geschichtsunterricht?
14:30 - 15:00
Historisches Lernen in der Region: Künstlerische Erinnerungsprojekte zur schauplatzbezogenen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit
Monika Unterreiner
JMU Würzburg, Deutschland
80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erfährt die Erinnerung an die Opfer und Orte der Gewaltverbrechen erhöhte bildungspolitische Aufmerksamkeit. Schulen kommt dabei als gesellschaftlichen Bildungsinstitutionen eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung kollektiver Erinnerungskultur zu (KMK, 2014). Von besonderem methodisch-didaktischem Interesse sind hier Fragen nach „zeitgemäßen Formen und Inhalten“ der Erinnerung (OeAD, 2025). Seit einigen Jahren rücken partizipative Ansätze in den Vordergrund, die Rezipient*innen aktiv in Vermittlungsprozesse mit einbeziehen möchten (Rieder, 2017; Sturm & Rollig, 2001). Aktuell wird interdisziplinär das Potenzial ästhetisch-künstlerischer Zugänge debattiert (OeAD, 2025). Vor diesem Hintergrund bearbeiten die Teilnehmer*innen eines musikpädagogischen Studienprojektes in Würzburg folgende Fragestellungen: Wo liegt mit Blick auf schulische Kontexte das Potenzial einer partizipativen, musikbezogenen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit? Welche Organisationsformate eignen sich besonders für die schulische Erinnerungsarbeit?
Künstlerische Vermittlungsformen sind in der politisch-historischen Bildung keine Erfindung der letzten Jahre (Hoffmann, 2012, o. S.), sondern blicken in der Geschichtsdidaktik auf eine über 20-jährige Tradition zurück (vgl. u.a. Sauer, 2008; Wimmer, 1994). Ebenso befasst sich die historische Musikpädagogik mit Möglichkeiten eines „verantwortbaren Umgang[s]“ (Greuel, 2001), was die Fachgeschichte und die daraus resultierenden didaktischen Aufgaben betrifft (vgl. aktuelle Diskurse zum Kulturbegriff und zur IME bspw. Hömberg 2022, Barth 2022&2000). Die Innovation des hier vorgestellten Projektes liegt in der Kombination aus schulischem Lernen und partizipativem Ansatz, der mittels Musikpraxis realisiert wird. Das von Musikpädagogikstudierenden geplante Projekt zielt darauf, Würzburger Schauplätze der NS-Zeit klingend aber nicht wertend in Erinnerung zu rufen. Didaktisch aufbereitete Konzerte an Originalschauplätzen sollen dabei zu Begegnungen zwischen Mensch und Stadtgeschichte einladen. Die Veranstaltungen richten sich explizit an Lehrkräfte und Schüler*innen Würzburger Schulen, die zur aktiven oder passiven Mitwirkung eingeladen sind.
Im Beitrag wird das künstlerische Erinnerungsprojekt vorgestellt sowie die aus der summativen Evaluation (Haack & Haß, 2024; de Perrot & Wodiunig, 2014) gewonnenen Erkenntnisse bzgl. Projekterfolg und künstlerischem Potenzial diskutiert.