Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
2: Klimawandel und Grundwasserdargebot in der Zukunft
Zeit:
Donnerstag, 21.03.2024:
11:00 - 12:30

Chair der Sitzung: Steffen Bender, Hereon - Climate Service Center Germany (GERICS)
Chair der Sitzung: Frank Herrmann, Forschungszentrum Jülich
Ort: Brüsselsaal

Sitzungsthemen:
2. Klimawandel und Grundwasserdargebot in der Zukunft

Präsentationen
11:00 - 11:15
ID: 240 / Thema 2.1: 1
Vortrag
Themen: 2. Klimawandel und Grundwasserdargebot in der Zukunft

Auswirkungen des Klimawandels auf den Grundwasserhaushalt in Hessen

Mario Hergesell

Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, Deutschland

In Hessen wird das Trinkwasser nahezu vollständig aus Grundwasser gewonnen. Die zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahre 2018-2020 haben aufgezeigt, dass es während länger andauernder Trockenheit auch in einem vermeintlich wasserreichen Bundesland wie Hessen bereits heute zu vorübergehenden lokalen Engpässen in der Trinkwasserversorgung kommen kann. Die deutlich erkennbaren Auswirkungen des Klimawandels auf das Grundwasser erfordern entsprechende Anpassungsmaßnahmen im Hinblick auf einen nachhaltigen Schutz der Wasserressourcen und die langfristige Sicherung der Wasserversorgung in Hessen. Hierfür ist es notwendig, möglichst frühzeitig langfristige Entwicklungen im Grundwasser zu erkennen.

Für die Untersuchung der langfristigen Entwicklung der Grundwasserneubildung setzt die KLIWA-Kooperation länderübergreifend das Bodenwasserhaushaltsmodell GWN-BW ein. Dabei werden sowohl die beobachtete Entwicklung in der Vergangenheit (ab 1951), als auch künftige Entwicklungspfade (bis 2100) auf Basis regionaler Klimaprojektionen betrachtet. Bis zum Jahr 2002 war die Grundwasserneubildung in Hessen durch eine große jährliche Variabilität gekennzeichnet, wobei sich nasse, trockene und durchschnittliche Jahre abwechselten. Seit dem Trockenjahr 2003 liegt die jährliche Grundwasserneubildung meist unterhalb des langjährigen Mittelwertes. Grundwasserneubildungsreiche Nassjahre wurden in Hessen seit 2003 gar nicht mehr beobachtet. Dadurch lag die Grundwasserneubildung in den vergangenen 20 Jahren 28 % unter dem langjährigen Mittel (1971-2000).

Für die Zukunft ergibt sich auf Grundlage der 13 regionalen Klimaprojektionen des KLIWA-Ensembles kein eindeutiger Trend für die Grundwasserneubildung. Es gibt Projektionen mit Zu- und Abnahmen, was zu einer großen Ergebnisbandbreite (± 35 %) und somit großen Unsicherheiten am Ende des Jahrhunderts (2071-2100) führt. Der Median des Gesamtensembles weicht dabei nur wenig (± 5 %) vom Ist-Zustand (1971-2000) ab.

Für die Ableitung von Anpassungsmaßnahmen im Kontext Wasserversorgung ist bei der Verwendung der auf regionalen Klimaprojektionen basierenden Simulationsergebnisse ein Risiko-basierter Ansatz zu verfolgen. Die alleinige Betrachtung des Medians ist für diese Zwecke nicht zielführend. Die KLIWA-Kooperation vertritt den Standpunkt, dass in Bezug auf die Wasserversorgungssicherheit und das Vorsorgeprinzip der ungünstigste Entwicklungspfad des Ensembles die entscheidende Rolle spielt. Auch ist zu beachten, dass bei der Verwendung von über 30 Jahre hinweg gemittelten Änderungssignalen essenzielle Informationen verloren gehen. Da die Wasserversorgung besonders durch die Extrema vor Herausforderungen gestellt wird, sollte die Betrachtung von 30-jährigen Mitteln ergänzt werden, z. B. um Stresstests und Auswertungen zur Variabilität, Abfolge und Häufigkeit von Extremjahren (KLIWA 2023).

Die KLIWA-Ergebnisse fließen als wichtige Grundlagen für die Formulierung von Anpassungsmaßnahmen und Handlungsempfehlungen in die jeweiligen Konzepte der Länder ein. Der im Juli 2022 von der Hessischen Landesregierung beschlossenen Zukunftsplan Wasser beinhaltet eine Vielzahl an Maßnahmen, welche den vorsorgenden Schutz der Wasserressourcen, die langfristige Sicherung der Wasserversorgung sowie eine effiziente Wassernutzung zum Ziel haben.

Literatur

KLIWA AG Grundwasser (2023): Positionspapier der Kooperation KLIWA - Aussagen zur Grundwasserneubildung auf Basis regionaler Klimaprojektionen im Kontext Wasserversorgung.- HyWa, 67, 5: 344-349.


Hergesell-Auswirkungen des Klimawandels auf den Grundwasserhaushalt-240.png


11:15 - 11:30
ID: 137 / Thema 2.1: 2
Vortrag
Themen: 2. Klimawandel und Grundwasserdargebot in der Zukunft

Grundwassermanagement im Klimawandel: Dargebot und Bedarf in Wasserkonzepten

Frank Müller, Uwe Boester, Natascha Bäßler

ahu GmbH, Deutschland

Der Klimawandel betrifft in zunehmendem Maß jeden Lebensbereich und stellt insbesondere die Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen. Zwar sind die Prognosen und Projektionen in Abhängigkeit des betrachteten Zeitraums mit zunehmender Unsicherheit behaftet, doch zeigt sich bereits jetzt, dass in vielen Regionen weltweit und in Deutschland Auswirkungen auf Wasserbedarf und Wasserdargebot absehbar sind. Hessen reagiert auf diese Unsicherheit, die den Wasserhaushalt und damit die öffentliche Wasserversorgung betrifft, mit der Förderung der Erstellung kommunaler Wasserkozepte. Die Konzepte stellen u.a. dem prognostiziereten Bedarf einer Gemeinde/Kommune das projizierte Grundwasserdargebot aus Niederschlag gegenüber. Ziel ist es, den Wasserhaushalt insgesamt (Oberflächen- und Grundwasser) zu erfassen und sowohl die aktuelle Wassernutzung als auch Alternativmaßnahmen zu benenen, quantifizieren und Maßnahmen abzuleiten. Neben einer Aufnahme des IST-Zustands werden Prognosen und Projektionen für die Entwicklung von Bedarf und Wasserressourcenverfügbarkeit bis 2065 miteinander verglichen.

Die Beobachtungsdaten einzelner, beispielhafter Gewinnungsanlagen zeigen die Grundwasserstandentwicklung der letzten 30 Jahre vor Ort. Unterschiede zwischen einzelnen Gewinnungsgebieten sind ebenso feststellbar, wie die Langzeitentwicklung seit 2003 mit abnehmenden Grundwasserständen. Als Vergleich dieser Grundwasserstände mit der Klimaentwicklung wird die Grundwasserneubildung aus Niederschlag genutzt. Zur Abschätzung dieser Grundwasserneubildungskompenente liegen in Hessen hoch aufgelöste Beobachtungsdaten seit 1951 sowie Projektionsdaten bis 2100 vor. Die Referenzperiode für die Grundwasserneubildung aus Niederschlag im IST-Zustand ist die Klimanormalperiode 1991-2020. Als Ausgandsdaten für die Projektionen der Grundwasserneubildung aus Niederschlag für die Peridoe 2036-2065 liegen 13 Klimaprojektionen für Hessen vor. Diese Projektionen decken eine große Bandbreite der Grundwaserneubildung (± 36 %) ab. Vergleichsfläche sind die hydreogeologischen Teilräume Hessens, sodass auch für die Projektionen auf kommunaler Ebene Entwicklungsszenarien definiert werden können.

In die Prognose des Wasserbedarfs gehen alle aktuellen Wassernutzungen (Öffentliche Wasserversorgung, Industrie, Landwirtschaft, Nutzung Dritter) mit ein und aufgrund der Bevölkerungs-, Klima- und Wirtschaftsentwicklickung werden Bedarfsprognosen erstellt. Sowohl die Bedarfsprognose als auch die Dargebotsprojektion werden drei Szenarien definiert (oberes, mittleres unteres), die in ihrer Bandbreite die möglichen Auswirkungen der Klimaveränderung auf die Wasserwirtschaft abbilden.

Aus dieser Betrachtung ergeben sich in der Maßnahmenvorschläge für die Praxis, die sowohl Oberflächenwasser- als auch Grundwassernutzungen umfassen sowie die Nachhaltige Wasserversorgung der Bevölkerung sicherstellen sollen. Anhand von Beispielmaßnahmenkatalogen und konkreten Maßnahmen werden die Möglichkeiten zur nachhaltigen Sicherung der Wasserversorgung für Wasserversorger, Verbraucher und Natur abgeleitet. Die Wasserkonzepte (kommunal und übergeordnet/regional) schließen von Beginn an Wasserdargebot, Verbraucher (Haushalte, Industrie, Landwirtschaft) und Naturschutzbelange (Ökologie) mit ein, um mit den Maßnahmen nachhaltig das Grundbedürfnis einer sicheren Wasserversorgung gewährleisten und frühzeitig auf die anstehenden Veränderungen reagieren zu können.

 


11:30 - 11:45
ID: 177 / Thema 2.1: 3
Vortrag
Themen: 2. Klimawandel und Grundwasserdargebot in der Zukunft
Stichworte: 20 - Wie sicher sind unsere Modellprognosen? – Bewertung von hydrogeologischen Modellen, Wasserbilanzen und Modellkalibrierungen

Anders als erwartet: Grundwasser im Klimawandel

Gunnar Lischeid1,2, Jenny Kröcher1,2, Justus Weyers2, Jörg Steidl1, Christian Lehr2

1Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF); 2Universität Potsdam

Die trockenen und sehr warmen Jahre 2015 und dann wieder ab 2018 haben das Bewusstsein für Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt geschärft. Ob und inwiefern die vorliegenden Daten jedoch bereits einen längerfristigen gravierenden Wandel belegen oder es sich dabei nach wie vor nur um vorübergehende Anomalien handelt, ist umstritten. Die vorliegenden Trendanalysen liefern ein uneinheitliches Bild: Es werden sowohl signifikante Zunahmen als auch signifikante Abnahmen der Grundwasserspiegel beobachtet, oft ohne erkennbare Gründe für das unterschiedliche Verhalten. Modellierungen der langjährigen Dynamik der Grundwasserneubildung liefern ebenfalls ein heterogenes Bild.

Unsere Analysen langjähriger Monitoring-Daten der Landesämter in drei Bundesländern (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Bayern) mittels Hauptkomponentenanalyse zeigten teilweise unerwartete, aber über alle Bundesländer konsistente Ergebnisse, die manche der gängigen Erwartungen in Frage stellen. Dieser Daten-getriebene Ansatz erfordert keine andere Daten als die Ganglinien möglichst vieler Grundwassermessstellen. Damit ließen sich sowohl lokale als auch regionale anthropogene Effekte von natürlichen Effekten unterscheiden. Nachweisen ließen sich beispielsweise Unterschiede zwischen Poren- und Kluftgrundwasserleitern oder Auswirkungen regionaler Unterschiede der Witterungsdynamik innerhalb einzelner Bundesländer. Als dominierender Effekt, der den größten Teil der Unterschiede zwischen den verschiedenen Grundwasserganglinien ausmacht, erwies sich jedoch das Ausmaß der Dämpfung bzw. Glättung in den Ganglinien, das vom Flurabstand und der Bindigkeit der Grundwasserüberdeckung bestimmt wurde. Der Grad der Dämpfung korrelierte wiederum sehr eng mit dem Vorzeichen und der Stärke langjähriger Trends in den Grundwasserganglinien.

Es zeigte sich, dass hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels auf das Grundwasser der tieferen ungesättigten Zone eine Schlüsselrolle zukommt, die jedoch bisher weitgehend ignoriert wurde. Anders als oft angenommen, kann hier nicht von einem annähernd konstanten Wassergehalt, z.B. bei Feldkapazität, ausgegangen werden. Stattdessen ist es hier teilweise über Jahrzehnte hinweg zu einer kontinuierlichen Entleerung des Wasservorrats gekommen, der auch in Perioden nasserer Jahre nur unvollständig wieder aufgefüllt wurde. An Messstellen mit Flurabständen um die 20 m hat diese Entwicklung bereits Anfang der 1980er Jahre eingesetzt, in Bereichen geringerer Flurabständen erst später, aber vielerorts schon deutlich vor 2015. Anders als oft erwartet erweisen sich deshalb nicht die Messstellen mit flurnahem Grundwasser, sondern gerade die mit sehr großen Flurabständen als geeignete Frühwarnsysteme.

Für die Modellierung der Grundwasserneubildung ergeben sich ebenfalls einschneidende Konsequenzen. Erstens muss die Dämpfung des hydrologischen Signals in der tieferen ungesättigten Zone explizit in den Modellen berücksichtigt werden. Zweitens sind für die Modellierung Gedächtniseffekte auf der Skala einiger Jahrzehnte zu berücksichtigen. Drittens zeigte sich, dass die Richards-Gleichung prinzipiell nicht in der Lage ist, diese starke Dämpfung abzubilden. Dafür ist eine Erweiterung der Richards-Gleichung um einen „fractional calculus“-Ansatz erforderlich, wie er seit Anfang der 2000er Jahre entwickelt und wiederholt angewendet, aber dennoch in der Fachwelt weitgehend ignoriert wurde.

 


11:45 - 12:00
ID: 151 / Thema 2.1: 4
Vortrag
Themen: 2. Klimawandel und Grundwasserdargebot in der Zukunft
Stichworte: 13. Grundwasserbewirtschaftung in Karstregionen

Analyse der historischen und Prognose der zukünftigen Quellschüttungen des Blautopfs unter den Bedingungen des Klimawandels

Nico Goldscheider, Xinyang Fan, Nadine Goeppert

Karlsruher Institut für Technologie, Deutschland

Der Klimawandel wird vielfältige, teils gravierende aber regional sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Dynamik der Grundwasserressourcen haben. Die Prognosen sind allerdings oft mit großen Unsicherheiten behaftet. Die Analyse historischer Datenreihen ermöglicht ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Klima und Grundwasser und erhöht somit das Vertrauen in die Vorhersagen. In dieser Studie wurde die Reaktion der Quellschüttung des Blautopfs bei Blaubeuren auf historische und zukünftige Klimaveränderungen quantifiziert. Der Blautopf entwässert ein Einzugsgebiet von 165 km² auf der Schwäbischen Alb, Deutschlands größter Karstregion, und gehört mit einer Schüttung von rund 0,3 bis 30 m³/s zu den größten Quellen Mitteleuropas.

Die Studie beinhaltet drei Schritte: 1. Statistische Analyse historischer Zeitreihen (1952-2021) von Klimavariablen und Quellschüttungen; 2. Aufbau eines Reservoir-Modells (KarstMod), das mit den beobachteten Quellschüttungen kalibriert wurde; 3. Simulation zukünftiger Quellschüttungen mit drei verschiedenen Klimawandelszenarien (RCP 2.6, 4.5 und 8.5 als Extremszenario). Die statistische Zeitreihenanalyse zeigt steigende Lufttemperaturen und schwankende Jahresniederschläge, aber bisher keine signifikanten Änderungen der jährlichen Mittel- und Niedrigabflüsse des Blautopfs. Der jährliche Spitzenabfluss scheint sich jedoch ab 1988 aufgrund abnehmender Niederschläge, steigender Lufttemperaturen bzw. Evapotranspiration sowie geringerer Schneeschmelze zu niedrigeren Werten (<13,6 m³/s) verschoben zu haben. Die veränderte Schneedynamik zeigt sich auch in einer Erhöhung der Quellschüttungen im Januar und einer Verringerung im April, wobei das Signifikanzkriterium knapp verfehlt wird (s. Abbildung 1). Den Prognosen aller Klimaszenarien zufolge könnte der Spitzenabfluss in diesem Jahrhundert um 50 % zurückgehen. Aufgrund der zunehmenden Evapotranspiration wird der Basisabfluss bis zum Jahr 2100 je nach gewähltem Klimaszenario voraussichtlich um 35–55 % zurückgehen. Der gewählte dreistufige methodische Ansatz ist sehr gut auf andere Karstquellen übertragbar. Die Ergebnisse für den Blautopf zeigen die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Grundwasserressourcen in Karstregionen, illustrieren aber auch die oft komplexen Zusammenhänge und die sich daraus ergebenden Unsicherheiten.

Abbildung 1: Beobachtete Trends der Niederschläge und Quellschüttungen des Blautopfs im Zeitraum 1952 bis 2021: Im Januar sind steigende Niederschläge und Quellschüttungen zu beobachten, im April dagegen abnehmende Niederschläge und Quellschüttungen, wobei die Signifikanzschwelle (p < 0,05) jeweils nicht erreicht wird (verändert nach Fan et al. 2023).

Zitierte Literatur:

Fan X, Goeppert N, Goldscheider N (2023) Quantifying the historic and future response of karst spring discharge to climate variability and change at a snow-influenced temperate catchment in central Europe. Hydrogeology Journal, published online, https://doi.org/10.1007/s10040-023-02703-9


Goldscheider-Analyse der historischen und Prognose der zukünftigen Quellschüttungen des Blautopfs unter den B.jpg


12:00 - 12:15
ID: 280 / Thema 2.1: 5
Vortrag
Themen: 2. Klimawandel und Grundwasserdargebot in der Zukunft

Reaktion des Grundwassers auf Dürreperioden – Eine Deutschland-weite Analyse

Pia Ebeling1, Andreas Musolff1, Rohini Kumar2, Andreas Hartmann3, Jan H. Fleckenstein1,4

1Department Hydrogeologie, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ, Leipzig; 2Department Hydrosystemmodellierung, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ, Leipzig; 3Institut für Grundwasserwirtschaft, Technische Universität Dresden; 4Hydrologische Modellierung, Universität Bayreuth

Grundwasservorkommen sind von entscheidender Bedeutung für die Wasserversorgung, die Aufrechterhaltung des ökologischen Mindestwasserabflusses und die Integrität aquatischer und vom Grundwasser abhängiger Ökosysteme. Gleichzeitig stehen diese Ressourcen jedoch zunehmend durch die Auswirkungen des Klimawandels unter Stress. Es wird erwartet, dass extremere Wetterbedingungen wie außergewöhnliche Dürreperioden den Druck auf die Grundwasserressourcen in Zukunft weiter verstärken werden, da die Wassernachfrage steigt und die Wasserverfügbarkeit selbst in feuchten Regionen wie Deutschland abnehmen kann. Um langfristige Trends und dürregefährdete Gebiete identifizieren zu können, ist es wichtig, Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Dynamik von Grundwasserständen an unterschiedlichen Standorten zu charakterisieren und zu verstehen. In diesem Beitrag analysieren wir die Reaktionszeit der Grundwasserstände auf klimatische Schwankungen an 6626 Grundwassermessstellen in Deutschland über die letzten 30 Jahre hinweg. Wir verwenden den Standardized Groundwater Index (SGI) für mittlere monatliche Beobachtungen und verwenden eine k-means Cluster-Analyse, um Grundwassersysteme mit ähnlichem Verhalten zu identifizieren. Die daraus hervorgehenden acht Cluster der Grundwassermessstellen lassen klare regionale Strukturen erkennen, die auf eine zugrunde liegende räumliche Steuerung hindeuten. Dabei konnten wir unterschiedliche Reaktionsmuster feststellen, die mit regional unterschiedlichen meteorologischen Treibern, verschiedenen charakteristischen Dämpfungseffekten und Zeitverzögerungen und dem Grundwasserflurabstand sowie anthropogenen Einflüssen in Zusammenhang stehen. Im Mittel konnten die meteorologischen Anomalien 50% der Abweichungen in den Grundwasserständen unter Beachtung der individuellen charakteristischen Zusammenhänge erklären. Konsistente Langzeittrends in zwei der identifizierten Cluster lassen sich vermutlich auf anthropogene Einflüsse zurückführen. Diese Studie trägt dazu bei, die regionalen und lokalen Ausprägungen und Kontrollgrößen der Grundwasserstände zu quantifizieren und damit auch Grundwassersysteme zu identifizieren, die besonders empfindlich auf klimatische Veränderungen reagieren, woraus möglicherweise ein Handlungsbedarf für die Wasserversorgung erwachsen kann.

 


12:15 - 12:30
ID: 155 / Thema 2.1: 6
Vortrag
Themen: 2. Klimawandel und Grundwasserdargebot in der Zukunft

Einfluss des Klimawandels auf die Grundwasserqualität: Entwicklung von Nitratkonzentrationen und potenzielle Aufbereitung

Felix Ortmeyer1,2

1Universität Greifswald, Deutschland; 2Technische Universität Darmstadt, Deutschland

Der Klimawandel hat nicht nur Einfluss auf das Grundwasserdargebot der Zukunft. Der erwartet starke Einfluss auf die Wasserressource steht auch in direktem Zusammenhang mit der Grundwasserqualität. So muss bei der Untersuchung der Entwicklung zukünftiger Nitratkonzentrationen der Klimawandel ebenfalls berücksichtigt werden.

In einem Modell wurden Vorhersagen zum Wasserhaushalt auf der Grundlage von Klimaprojektionen gemacht (Ortmeyer et al., 2021). Um die Entwicklung der Nitratkonzentration in einem beispielhaften Grundwasserleiter zu simulieren, wurden die Klimaszenarien RCP 2.6, RCP 4.5 und RCP 8.5 verwendet. Die Berechnung der jährlichen Grundwasserneubildung für die drei Klimaszenarien erfolgte mit Hilfe von herunterskalierten Daten zu Niederschlag und Temperatur. Diese Neubildungsdaten wurden mit den erwarteten Düngeraten kombiniert und die Nitratkonzentrationen anhand der ermittelten Nitratabbaukapazität des Grundwasserleiters geschätzt. Zur besseren Auflösung erfolgte eine Unterteilung des Untersuchungsgebietes in 1000 x 1000 m große Zellen. Dies ermöglicht eine bessere Wiedergabe der Heterogenität des Grundwasserleiters.

Die Ergebnisse zeigen große Unterschiede in der Entwicklung der Nitratkonzentrationen bei Verwendung der verschiedenen Klimaszenarien, jedoch in allen Szenarien einen erheblichen Anstieg. Weitere Modellierungen, wie z.B. mit nur 50 % der Nitratabbaukapazität der Grundwasserleiter, verdeutlichen mit früheren Durchbrüchen und höheren Konzentrationen die große Problematik abnehmender und endlicher Nitratabbaukapazitäten, welche zusammen mit dem Klimawandel die Herausforderung umso größer machen.

In einem zweiten Schritt wurde das Modell der Nitratprojektion mit der Aufbereitungsmethode der gesteigerten Denitrifikation, also der Zugabe von organischem Kohlenstoff als Elektronendonator, kombiniert (Ortmeyer, 2023). Das Modell veranschaulicht das erhebliche Potenzial der verstärkten Denitrifikation als wirksame Aufbereitungsmethode. Der erwartete Anstieg der Nitratkonzentrationen, der sich aus dem Klimawandel und einer quantitativ abnehmenden Wasserressource ergibt, kann in diesem Modell deutlich verringert werden. Bei allen Projektionen kann der Grenzwert von 50 mg L-1 durch diese Behandlung eingehalten werden.

Das vereinfachte Modell, welches aber die entscheidenden Parameter beinhaltet, ermöglicht die Projektion von Nitratkonzentrationen und verdeutlicht vor allem den Einfluss des Klimawandels. Aus den Entwicklungen kann das Düngeverhalten und die Agrarpolitik sowie eine mögliche Aufbereitung durch eine gesteigerte Denitrifikation in regionalen Maßstäben auf Grundwasserleiterebene abgeleitet und angewendet werden.

Graphische Zusammenfassung: Entwicklung der Nitratkonzentrationen auf der Grundlage verschiedener Klimaszenarien (Ortmeyer et al., 2021)

Ortmeyer, F., Mas-Pla, J., Wohnlich, S., Banning, A. (2021). Forecasting nitrate evolution in an alluvial aquifer under distinct environmental and climate change scenarios (Lower Rhine Embayment, Germany). Science of the Total Environment, 768, 144463. https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2020.144463

Ortmeyer, F. (2023). Treatment by enhanced denitrification of forecasted nitrate concentrations under different climate change scenarios. Journal of Environmental Management, 344, 118740. https://doi.org/10.1016/j.jenvman.2023.118740


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