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Sitzungsübersicht
Sitzung
3: Grundwasserwirtschaftliche Aufgaben in den Bergbaurevieren
Zeit:
Freitag, 22.03.2024:
13:30 - 15:00

Chair der Sitzung: Nils Cremer, Erftverband
Ort: Konferenzraum 2

Sitzungsthemen:
3. Grundwasserwirtschaftliche Aufgaben in den Bergbaurevieren

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Präsentationen
13:30 - 13:45
ID: 136 / Thema 3: 1
Vortrag
Themen: 3. Grundwasserwirtschaftliche Aufgaben in den Bergbaurevieren

Langfristige Sicherung der Wasserversorgung als Voraussetzung für einen erfolgreichen Strukturwandel im Rheinischen Revier

Stefan Simon, Alina Herber, Dietmar Jansen

Erftverband, Deutschland

Die Braunkohlegewinnung im Rheinischen Revier erfordert eine umfangreiche Sümpfung des Grundwassers. Die hieraus resultierende Grundwasserabsenkung reicht weit über den eigentlichen Abbaubereich hinaus und führt u. a. zu Auswirkungen auf die Wasserversorgung mit Grundwasser in Menge und Güte. Das bergbaubedingte Wassermengendefizit im Untergrund beläuft sich seit den 1950er Jahren auf mehr als 20 Mrd. Kubikmeter. Einzugsgebiete von Trinkwassergewinnungsanlagen oder industriellen Entnehmern erfahren teilweise Veränderungen in ihrer Lage und Größe. Durch Sulfatausträge aus Braunkohlenabraumkippen kommt es zu Überschreitungen des Grenzwertes für die Trinkwassergewinnung und in der Folge zum Ausfall von Gewinnungsstandorten.

Im Nordraum des Rheinischen Reviers dienen eine große Anzahl von Grundwasser-Infiltrationsanlagen und Direkteinleitungen in Gewässer dem Schutz von grundwasserabhängigen Feuchtgebieten, Oberflächengewässern sowie der Sicherung der Trinkwasserversorgung. Die Infiltrationsanlagen werden mit aufbereitetem Sümpfungswasser (derzeit ca. 80 Mio. m³/a), die Direkteinleitungen ebenfalls mit Sümpfungswasser oder Trinkwasser (derzeit ca. 20 Mio. m³/a) beschickt. Die Anlagen werden auch nach Tagebauende noch über einen langen Zeitraum bis zum Abschluss des Wiederanstieg des Grundwassers benötigt werden. Durch den Rückgang der Sümpfungsmengen reicht diese ab ca. 2030 nicht mehr aus, um den Bedarf an Öko-, Ausgleichs- und Ersatzwasser zu decken. Für die fehlenden Mengen ist eine Zufuhr von aufzubereitendem Rheinwasser bzw. Trinkwasser aus anderen Räumen geplant. Der im Rahmen des Monitorings Garzweiler II erarbeitete „Rheinwassergütebericht für die geplante Wasserverwendung im Rheinischen Revier“ (https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV18-653.pdf) beurteilt die Rheinwassergüte im Hinblick auf verschiedenen Schutzgüter und zeigt weiteren Untersuchungsbedarf aus.

Im Rahmen der Arbeitsgruppe Wasserversorgung (Monitoring Garzweiler II) wurde eine Bestandsaufnahme aller Gewinnungsstandorte der öffentlichen Wasserversorgung und der Lebensmittelindustrie im Nordraum bzgl. der Betroffenheit durch Infiltrations- bzw. Einleitwassereinflüsse durchgeführt. Mindestens 12 Gewinnungsanlagen der Trinkwasserversorgung (Förderung: ca. 15 Mio. m³/a, Infiltrationsmenge: ca. 20 Mio. m³/a) sind hiernach in unterschiedlichem Umfang von einer Umstellung von Sümpfungs- auf Rheinwasser betroffen (Abbildung). Zur Vermeidung eines Eintrags von Spurenstoffen aus dem Rheinwasser in Trinkwassereinzugsgebiete kommen Brunnen- oder Standortverlagerungen, eine Fremdwasserzufuhr oder eine Aufbereitung des Rheinwassers infrage.

Den durch Sulfausträgen aus Abraumkippen betroffenen Wassergewinnungsanlagen im Rheinischen Revier wird durch eine Verlagerung von Fördermengen an andere Standorte begegnet.

Die Erarbeitung von Wasserversorgungskonzepten bildet die wesentliche Grundlage für eine langfristig sichere Wasserversorgung im Rheinischen Revier und damit die wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Strukturwandel.


Simon-Langfristige Sicherung der Wasserversorgung als Voraussetzung für einen erfolgreichen Strukturwandel-136.jpg


13:45 - 14:00
ID: 153 / Thema 3: 2
Vortrag
Themen: 3. Grundwasserwirtschaftliche Aufgaben in den Bergbaurevieren

Die „MUSE“ in der nachbergbaulichen Wasserhaltung - Neue Ansätze für das Poldermonitoring

Tobias Rudolph, Marcin Pawlik, Bodo Bernsdorf

Technische Hochschule Georg Agricola, Deutschland

In den durch Steinkohlenbergbau verursachten Senkungsmulden innerhalb des Ruhrgebietes, den sogenannten Poldergebieten, sind unbefristete künstliche Entwässerungsmaßnahmen erforderlich. Diese betreffen sowohl Grundwasserkörper als auch Fließgewässer. An diesen müssen zusätzlich Eindeichungsmaßnahmen im Hinblick auf den Hochwasserschutz vorgenommen werden. Das Polderwassermanagement betrifft im Ruhrgebiet große Flächen und stellt eine Ewigkeitsaufgabe dar.

Hierbei besteht die Herausforderung nicht nur in der technischen Umsetzung der Entwässerung, sondern auch in dem Monitoring der Einflüsse auf die Umwelt in den durch Polder geprägten Regionen. Mit dem Projekt MUSE (Multisensor-Geomonitoring zur Optimierung der nachbergbaulichen Wasserhaltung) des Forschungszentrums Nachbergbau (FZN) der THGA Bochum soll ein Konzept mit einem multisensorischen Geomonitoring-Ansatz entwickelt werden, um die Umweltveränderungen im Zusammenhang mit den Poldermaßnahmen zu beobachten. Dabei sind Optimierungsmöglichkeiten für das Wassermanagement zu untersuchen. Beispielweise kann eine neuartige Nutzung von Polderwasser zur Bewältigung des Vegetationsstresses bei langanhaltender Trockenheit hilfreich sein. In diesem Beitrag wird das Untersuchungskonzept des Projektes MUSE dargestellt.

Der multisensorische Geomonitoring-Ansatz, welcher die verschiedenen Erdbeobachtungsmethoden aus der satellitengestützten Fernerkundung, den hochauflösenden Drohnenaufnahmen und den punktuellen Sensormessungen umfasst, wird für die Polderflächen im Einzugsgebiet des Vorfluters Boye, einem Nebenfluss der sich in einem naturnahen Umbau befindlichen Emscher, erprobt. Die somit erfassten Umweltzustände für das Untersuchungsgebiet sollen später durch raumzeitliche Analysen in Bezug zu den laufenden Wasserhaltungsmaßnahmen gesetzt werden, um einen ersten Überblick der polderregionsspezifischen Umweltveränderungen zu erlangen. Die Autoren danken der RAG-Stiftung (Förderkennzeichen: 2021-0002) für die finanzielle Förderung und danken den Kooperationsmitgliedern EFTAS Fernerkundung Technologietransfer GmbH (EFTAS), RAG Aktiengesellschaft (RAG AG) und Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) für die gute Zusammenarbeit.

 


14:00 - 14:15
ID: 237 / Thema 3: 3
Vortrag
Themen: 3. Grundwasserwirtschaftliche Aufgaben in den Bergbaurevieren

Hydrogeochemisches Monitoring zur Detektion von Grubenwasser im Ruhrrevier: Multivariater Tracer-Ansatz und Ermittlung von Baselines

Henning Jasnowski-Peters, Sebastian Westermann, Christian Melchers

TH Georg Agricola Bochum, Forschungszentrum Nachbergbau, Deutschland

Die Grubenwasseranstiege in den ehemaligen deutschen Steinkohlerevieren, hier mit dem Fokus auf das Ruhrrevier, sollen langfristig kontrolliert und nachhaltig ablaufen. Daher wird das zukünftige Wasserhaltungskonzept des Betreibers RAG AG von einem Risikomanagement und integralen Monitoringkonzept begleitet und überwacht. Oberste Prämisse für das Schutzgut „Wasser“ ist der Schutz der Trinkwasserreservoire. Im Ruhrgebiet und südwestlichen Münsterland werden ca. 6 Millionen Menschen mit Trink- und Brauchwasser versorgt, das zum größten Teil von dem Grundwasserleiter der oberkretazischen Halterner Sande gespeist wird. Daher ist es für ein funktionierendes Risikomanagement unabdingbar, die Grubenwässer, also Grundwässer im kohleführenden Oberkarbon, die in Kontakt mit den Grubenbauen gekommen sind, eindeutig als solche im Untergrund zu identifizieren und deren Infiltration von Grundwasserleitern im Deckgebirge möglichst frühzeitig festzustellen sowie zu minimieren. Auch die Überwachung der Wasserwegsamkeiten in dem für die langfristige Wasserhaltung ausgebauten untertägigen Hauptstreckennetz soll das Tracer-Konzept mittels multivariatem Tracer-Ansatz bisher bestehend aus den bereits evaluierten Tracern Bromid (Br-) und Lithium (Li+) sowie stabiler Isotopengeochemie bestehend aus den Wasserisotopen und der Strontiumisotopie (δD, δ18O und 87Sr/86Sr) unterstützen. Laut Grubenwasserkonzept und der Reduktion der Wasserhebungsstandorte von 13 auf 6 kommt dem Entwässern der zentralen Wasserprovinzen (d.h. Wasserprovinz Zollverein, Prosper-Haniel, Amalie und Carolinenglück), der untertägigen Mischung und Einleitung der Grubenwässer in den Rhein bei Lohberg dabei ein Hauptaugenmerk zu. Grubenwässer müssen von dem regionalen Aquifere im Cenomanium-Turonium und den Formationswässern der Emscher-, Haltern- und Recklinghausen Formationen im Deckgebirge unterschieden werden. Mehr als 750 Datensätze bestehend aus Literatur-, Betreiber- und eigens erhobenen Daten wurden für die Evaluation der hydrogeochemischen Tracer benutzt. Es erwiesen sich bereits als univariate Tracer die Spurenelemente Bromid als „Cl-/Br-„-normierter Tracer und Lithium (Li+) als „Li+/Na+“ normierter Tracer hinreichend aussagekräftig bei der Unterscheidung des Na-Cl dominierten regionalen Cenomanium-Turonium Aquifers von den ebenfalls größtenteils Na-Cl dominierten tiefen Grubenwässern. Der multivariate Ansatz, also die Verschneidung der geochemisch-divers und unabhängigen Tracer miteinander, soll die größtmögliche Varianz in den Grund-/ und Grubenwässern abdecken und hinreichend die einzelnen Wasserkörper hydrogeochemisch abgrenzen. Hochauflösende Strontiumisotopendaten lieferten eine hinreichende Unterscheidung der Grubenwässer an den Einleitstellen der jeweiligen Wasserprovinzen sowie eine gute zeitliche Reproduzierbarkeit. Der multivariate Ansatz hat auch zum Ziel eine größtmögliche Reduktion an Messparametern zu bewirken. Die weiterführende hydrogeochemische Forschung an den Inhaltsstoffen in den jeweiligen Grund- und Grubenwässern soll einen Messparameter-Katalog definieren, der bei jeder weiteren Grundwasseruntersuchung im Rahmen des integralen Monitorings abgedeckt werden soll. Auch besteht das Potential für Grubenwässer mit Sulfidoxidations-Signaturen im internationalen Steinkohlenbergbau zu deren eindeutiger Detektion in nachbergbaulichen Fragestellungen beizutragen.

 


14:15 - 14:30
ID: 308 / Thema 3: 4
Vortrag
Themen: 3. Grundwasserwirtschaftliche Aufgaben in den Bergbaurevieren

ATLANTIS – Eine interdisziplinäre Machbarkeitsstudie zur hybriden Pumpspeicherung von Überschussenergie in stillgelegten Braunkohletagebauen

Thomas Kempka1,2, Priscilla Ernst1, Krzysztof Kapusta3, Nikolaos Koukouzas4, Jaroslaw Darmosz5, Christos Roumpos6, Tomas Fernandez-Steeger7, Elena Chabab1, Christopher Otto1, Tobias Schnepper1, Wioleta Basa3, Mariusz Kruczek3, Konstantina Pyrgaki3, Pavlos Krassakis4, Evangelia Zygouri4, Andreas Karavias4, Robert Chałupka5, Sylwester Drozdowski5, Dariusz Kowalczyk5, Gabriel Węgrzyn5, Dorota Orkisz5, Dariusz Najgebauer5, Georgios Louloudis6, Eleni Mertiri6, Petros Kostaridis6, Vlassis Andreou6, Aikaterini Servou6, Nikolaos Paraskevis6, Anika Braun7, Ershad Ud Dowlah Pahlowan7, Katrin Dohmen7

1Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Potsdam, Deutschland; 2Universität Potsdam, Institut für Geowissenschaften, Potsdam, Deutschland; 3GIG National Research Institute, Kattowitz, Polen; 4Centre for Research and Technology, Hellas (CERTH), Athen, Griechenland; 5PGE Górnictwo i Energetyka Konwencjonalna S.A., Belchatow, Polen; 6Public Power Corporation of Greece, Athen, Griechenland; 7Technische Universität Berlin, Fachgebiet Ingenieurgeologie, Berlin, Deutschland

Der geplante Ausstieg aus der Braunkohleverstromung in Europa erfordert innovative und wirtschaftliche Strategien zur Unterstützung von Bergbauregionen im Wandel. Im Rahmen des EU-RFCS geförderten F&E-Projekts ATLANTIS wurde dazu eine integrierte Machbarkeitsstudie zur Transformation stillgelegter Tagebaue in hybride Energiespeicherprojekte erarbeitet. Die angestrebte Umwidmung von Tagebauen in hybride Pumpspeicherkraftwerke auf der Grundlage von Überschussenergie aus regenerativen Energiequellen in unmittelbarer Tagebaunähe und dem Stromnetz leistet wesentliche Beiträge zum EU Green Deal und Energieversorgungssicherheit, steigert die regionale Wertschöpfungskette und stabilisiert die regionalen Arbeitsmärkte im Kontext des durch den Ausstieg aus der Braunkohlegewinnung erforderlichen Strukturwandels. Das wesentliche Ziel des ATLANTIS-Projekts war die Entwicklung einer technischen und wirtschaftlichen Machbarkeitsstudie zur hybriden Pumpspeicherung in stillgelegten Braunkohletagebauen. Der vorliegende Beitrag wird wesentliche Einblicke in die im Projekt durchgeführten F&E-Aktivitäten aufzeigen, in deren Rahmen zwei Braunkohletagebaue in Griechenland und Polen bezüglich ihrer Eignung als Energiespeicher untersucht wurden. Die durchgeführten Forschungsarbeiten beinhalteten Feldkampagnen zur Probengewinnung, Laboranalysen und Elutionsversuche zur Charakterisierung der relevanten Materialparameter sowie hydrogeologische, hydrogeochemische und geotechnische Analysen zur Definition der Auslegungskriterien für beide Pumpspeicherkraftwerke. Die Forschungsergebnissezeigen, dass eine Stromproduktionskapazität von 350 MW kann bei einer Höhendifferenz von ca. 240 m und den im Szczercow-Tagebau im Lodzer Kohlebecken verfügbaren Speichervolumen realisiert werden kann. Damit können die Stromgewinnungskapazitäten der geplanten Photovoltaik- und Windparks im Umfeld des Tagebaus sogar deutlich erweitert werden. Eine Stromerzeugungskapazität von 180 MW wurde für den Kardia-Tagebau bei einer Höhendifferenz von etwa 100 m im Ptolemais-Kohlebecken in Griechenland ermittelt. Hier ist ein Ausbau regenerativer Energien in der Größenordnung von 1.2 GW im direkten Umfeld vorgesehen. Mögliche Umweltauswirkungen wurden mittels einer integrierten Risikoanalyse mit der Kopplung qualitativer und quantitativer Komponenten mithilfe von Experten aus den Bereichen Bergbau, Hydrogeologie, Hydrochemie, Geotechnik sowie Sozial- und Wirtschaftswissenschaften bewertet. Auf dieser Grundlage wurden Strategien zur Risikovermeidung und Auslegungsoptimierung beider Pumpspeicherkraftwerke erarbeitet, welche bereits in der aktuellen Abbauplanung und den Erdarbeiten zur Vorbereitung der beiden Speicherbecken umgesetzt werden. Darüber hinaus wurden dynamische Wirtschaftlichkeitsmodelle entwickelt, welche eine Optimierung des Speicherbetriebs unter Verwendung von aktuellen Tagesprognosen zur Energiemarktentwicklung erlauben, und somit betriebliche und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse unterstützen. Weiterhin wurde im ATLANTIS-Projekt der regionale sozioökonomische Fußabdruck für beide Untersuchungsregionen ermittelt, um den durch die Umwidmung der ehemaligen Tagebaue entstehenden sozioökonomischen Mehrwert im Vergleich zur ansonsten üblichen Stilllegung von Tagebauen zu bestimmen. Die vorliegende Machbarkeitsstudie ist eine wesentliche Grundlage für die Entscheidungsfindung der beteiligten Industriepartner und zeigt weiterhin die Potenziale zur Anwendung in der EU auf.

 


14:30 - 14:45
ID: 311 / Thema 3: 5
Vortrag
Themen: 3. Grundwasserwirtschaftliche Aufgaben in den Bergbaurevieren
Stichworte: 18

Beurteilung der Gefährdung eines Wasserwerks durch Sulfat mithilfe des Risikomanagements nach DIN EN 15975­-2

Florian Jenn, Franziska Mehler, Silvia Dinse

GCI GmbH, Königs Wusterhausen, Deutschland

Infolge des Bergbaus im Lausitzer Revier traten im letzten Jahrzehnt erhöhte Sulfatkonzentrationen in der Spree auf. Dies kann für Wasserwerke entlang der Spree eine Belastung darstellen. Für das davon betroffene Wasserwerk Briesen wurde deshalb vom Ministerium für Wirtschaft und Energie Brandenburg eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich des Parameters Sulfat beauftragt. Unterstützt durch ein Strömungsmodell wurden anschließend verschiedene Maßnahmen zur Risikobeherrschung bewertet.

Das Wasserwerk vorsorgt ca. 65.000 Einwohner, u. a. die Stadt Frankfurt (Oder), aus zwei Wasserfassungen: eine Gruppe von Vertikalfilterbrunnen mit Uferfiltratanteil und eine Heberbrunnenanlage. Da das verfügbare Grundwasserdargebot den Bedarf nicht deckt, wird das Grundwasser im Anstrom der Heberbrunnen mit Spreewasser angereichert. Uferfiltrat und künstliche Grundwasseranreicherung stellen einen wesentlichen Anteil an der Gesamtförderung da, so dass das Trinkwasser von der Beschaffenheit des Spreewassers stark beeinflusst wird. Sulfat wird deshalb seit dem Jahr 2013 als Belastungsparameter betrachtet. Entsprechend der Prognosen [1] ist auch weiterhin mit einer hohen bzw. steigenden Konzentration zu rechnen. Da Sulfat mit der vorhandenen Aufbereitung nicht entfernt werden kann, ist es möglich, dass die Konzentration im Trinkwasser den Grenzwert der Trinkwasserverordnung zukünftig überschreiten wird.

Auf Grundlage der DIN EN 15975-­2:2013 [2] wurde deshalb die Gefährdung der Grenzwertüberschreitung für den Parameter Sulfat in folgenden Schritten beurteilt (Abb. 1):

  • Beschreibung der Rahmenbedingungen des Trinkwassersystems
  • Gefährdungsanalyse
  • Risikoabschätzung
  • Entwicklung von Maßnahmen zur Risikobeherrschung

Darauf kann der Wasserversorger ein vollständiges prozessorientiertes Risikomanagement im Sinne der DIN aufbauen. Die Gefährdungsbeurteilung wurde in einer interdisziplinären Gruppe aus Vertretern der zuständigen Ministerien und Fachämter, des Wasserversorgers und der beratenden Ingenieurbüros erarbeitet. Die Risikoabschätzung bietet ein nachvollziehbares Werkzeug, um die Gefährdungsszenarien zu vergleichen, zu priorisieren und geeignete Maßnahmen zur Risikobeherrschung zu ermitteln. Eine wesentliche Grundlage dafür ist die Berechnung der in den Szenarien zu erwartenden Sulfatkonzentrationen. Dazu wurde ein hydrogeologisches Strukturmodell aus vorhandenen Daten abgeleitet und darauf aufbauend ein numerisches Grundwasserströmungsmodell (Planungsmodell im Sinne der Technischen Regel DVGW W 107 [4]) mit dem Simulator FEFLOW erstellt. Dieser objektive Ansatz zur Berechnung der Szenarien stieß bei den Projektbeteiligten auf große Akzeptanz und ermöglichte eine sachorientierte Diskussion der Gefährdungsszenarien. Abschließend wurde ein Katalog von 14 Maßnahmen zusammengestellt und mit einer Nutzwertanalyse bewertet.

[1] DHI-WASY GmbH (2019): Ermittlung von Zielwerten für die Spree für den Parameter Sulfat als Grundlage für einen Bewirtschaftungserlass zum Umgang mit bergbaubedingten stofflichen Oberflächengewässerbelastungen

[2] DIN EN 15975-2:2013: Leitlinien für das Risiko- und Krisenmanagement, Teil 2: Risikomanagement

[3] GCI GmbH (2020): Gefährdungsbeurteilung für den WW-Standort Briesen bezüglich des chemischen Parameters Sulfat. Abschlussbericht. Online unter https://lbgr.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/VERS_VEROEFF_20200928.pdf

[4] DVGW (2016): Technische Regel W 107 – Aufbau und Anwendung numerischer Grundwassermodelle in Wassergewinnungsgebieten


Jenn-Beurteilung der Gefährdung eines Wasserwerks durch Sulfat mithilfe des Risikomanagements nach DIN EN .png


14:45 - 15:00
ID: 336 / Thema 3: 6
Vortrag
Themen: 3. Grundwasserwirtschaftliche Aufgaben in den Bergbaurevieren

Hydrogeologisches Systemverständnis und unechte Wasserbenutzungen nach §9 WHG am Beispiel des Grubenwasserteilanstiegs im Saarrevier

Thomas Walter

Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz, Deutschland

Wasserrechtliche Entscheidungen sind aufgrund der Vielfalt der zu genehmigenden Vorhaben, vor Allem aber auch wegen der unterschiedlichen natürlichen Gegebenheiten gerade im Grundwasserbereich weitestgehend Einzelfallentscheidungen. Dies gilt insbesondere auch für große Vorhaben mit weitreichendem räumlichen Umgriff wie z. B. die Genehmigungen von Grubenwasseranstiegen im Rahmen der Bergbaunachfolge.

Im Saarland wurde im Juni 2012 nach etwa 250 Jahren Bergbau – weitestgehend unter staatlicher Regie – der Abbau der Steinkohle beendet. Die RAG als letzter Bergbautreibender stellte daraufhin am 18.08.2017 den Antrag auf das „Heben und Einleiten von Grubenwasser am Standort Duhamel in die Saar als Folge des Ansteigenlassens des Grubenwasserspiegels auf ‐320 mNN in den Wasserprovinzen Reden und Duhamel“

Die Entscheidung, ob über die beantragten Erlaubnisse zum Heben des Grubenwassers nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG und des anschließenden Einleitens in die Saar nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG auch auf die sogenannten „unechten“ Benutzungstatbestände zu erweitern waren und welche Nebenbestimmung diese Erlaubnisse für das Monitoring und die Steuerung des Anstiegsvorgangs sowie der anschließenden Wiederinbetriebnahme der Wasserhaltung erforderlich sind, konnte nur auf der Basis eines hydrogeologischen und hydraulischen Verständnisses der Fließwege und der zu erwartenden hydrochemischen Prozesse erfolgen. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG sind „Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen“, und nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG das Umleiten von Grundwasser erlaubnispflichtige Benutzungen. Beide Tatbestände wurden im Rahmen der Prüfung als genehmigungsrechtlich relevant angesehenen und im Planfeststellungsbeschluss vom 17.08.2021 auch mit umfangreichen Nebenbestimmungen zur Kontrolle des Anstiegsprozesses und der zu erwartenden hydrochemischen und hydraulischen Veränderungen während der sich anschließenden Wiederaufnahme der Wasserhaltung genehmigt.

Dieser Planfeststellungsbeschluss ist mehrfach vor dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes beklagt worden, die ersten drei Klagen sind mit Urteil vom 10.7.2023 abgewiesen worden. Die rechtliche und fachliche Argumentation de Wasserbehörde im Planfeststellungsbeschluss und in den Klageerwiderungen hat somit getragen. Dies war nur möglich durch die intensive Diskussion zwischen Fach- und Rechtsseite, da ohne das wechselseitige Verständnis für die fachlichen und die rechtlichen Rahmenbedingungen insbesondere die im Klageverfahren vertretene gemeinsame Position nicht mit der argumentativen Kraft hätte entwickelt werden können, die schlussendlich auch das Oberverwaltungsgericht hat überzeigen können. Gerichtsverfahren können also mit einer fachlich begründeten Position gewonnen werden, insbesondere wenn sie auch für hydrogeologische Laien verständlich formuliert ist.

 


 
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