Tagung „Digitale Transformation für Schule und Lehrkräftebildung gestalten“ 2025
29. & 30. September 2025
Universität Potsdam (Campus Griebnitzsee)
Veranstaltungsprogramm
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Marburg Transversal Teaching: Querschnittsthemen in der akademischen Lehrkräftebildung kollaborativ verhandeln
Universität Marburg, Deutschland
Zusammenfassung
Wie kann universitäre Lehrkräftebildung strukturell auf gesellschaftliche Transformationsprozesse reagieren? Wie lassen sich Themen wie Digitalisierung, Diversität, Nachhaltigkeit oder Demokratiebildung so integrieren, dass sie nicht nur benannt, sondern auch reflektiert, forschend durchdrungen und schulpraktisch anschlussfähig werden? Und wie kann sie dabei auf die Entwicklung sogenannter Future Skills zielen, die für das professionelle Handeln in einer dynamischen Schulwirklichkeit erforderlich sind?
Marburg Transversal Teaching (MarTT) ist die methodisch-infrastrukturelle Antwort auf diese Herausforderung. Es versteht sich als strategisches Dachkonzept, das Querschnittsthemen strukturell in der akademischen Lehrkräftebildung verankert – durch kollaborative, interdisziplinäre und multiprofessionelle Aushandlungsprozesse zwischen Fachwissenschaften, Fachdidaktiken, Bildungswissenschaften und schulischer Praxis. MarTT zielt auf die Entwicklung neuer Lehr- und Forschungsprofile, die multiperspektivisch angelegt, professionsorientiert ausgerichtet und auf schulische Vermittlungspraxis übertragbar sind.
Im Zentrum steht die Idee transversalen Lehrens und Lernens: MarTT fördert Formate, in denen gesellschaftlich relevante Themen in fachübergreifenden Perspektiven gemeinsam mit Studierenden, Lehrenden und schulischen Partnern bearbeitet werden. Zwei konkrete Umsetzungslinien sind derzeit in Entwicklung: Mit dem Transversal Teaching Lab entsteht ein inter- und transdisziplinär angelegtes Modul, das ausgewählte Querschnittsthemen forschungsorientiert und kollaborativ experimentell bearbeitet. Im Transversal Praxis Lab, der neu konzipierten Begleitveranstaltung des Schulpraktikums, werden Querschnittsthemen in schulpraktische Kontexte überführt und interdisziplinär reflektiert. Beide Formate zielen auf den phasenübergreifenden Transfer zwischen Theorie, Forschung und Praxis.
Der Vortrag stellt als erste inhaltliche Ausprägung dieses Ansatzes das Lehr- und Forschungsprofil Medienreflexionskompetenz (MRK) vor.
Das Profil MRK dient der gezielten Verzahnung kultur-, gesellschafts- und medienwissenschaftlicher Disziplinen und ihrer Didaktiken. Es eröffnet Marburger Lehramtsstudierenden die Möglichkeit, im Rahmen ihres Studiums einen interdisziplinär angelegten, medienreflexiv ausgerichteten Schwerpunkt zu setzen. Medienreflexionskompetenz wird dabei als zentrale Schlüsselkompetenz für das Lehren und Lernen in einer digital geprägten Gesellschaft verstanden: Sie bezeichnet die Befähigung, mediale Vermittlungsprozesse bewusst analytisch nachzuvollziehen, kritisch einzuordnen und didaktisch sinnvoll zu gestalten.
Der Begriff zielt dabei weniger auf die Definition eines eigenständigen Gegenstands medientheoretischer Grundlagenforschung als vielmehr auf eine übergeordnete Orientierungsfunktion für die im Rahmen von MRK entwickelten Fokus-Projekte. Diese sind stets auf drei Kriterien hin konzipiert: medienreflexive Fundierung, gesellschaftliche Relevanz und schulpraktische Adaptierbarkeit. Der Reflexionsbegriff wird dabei programmatisch aus dem allgemeinen Medienkompetenz-Diskurs heraus spezifiziert: Er übernimmt dessen basalen Beobachtungsimpuls, erweitert ihn aber durch eine praxeologische Ausrichtung und eine explizit reflexive Vertiefung.
Konkret werden unter dem Dach von MRK interdisziplinäre Fokus-Projekte entwickelt, in denen aktuelle Forschungsthemen zu digitaler Öffentlichkeit, algorithmischer Steuerung, Identität im Netz oder Desinformation didaktisch aufbereitet und mit Blick auf schulische Vermittlungssituationen modelliert werden. Ein zentrales Format ist dabei die fachdidaktische Lehrveranstaltung MRK:Schule, in der Studierende forschungsbasierte Unterrichtsmodelle zu medienreflexiven Themen entwickeln. Diese werden in Workshops an der Europaschule Gladenbach mit Schülerinnen und Schülern praktisch erprobt, evaluiert und anschließend redaktionell überarbeitet.
Das aus dieser phasenübergreifenden Verzahnung von Forschung, Studium und Schulpraxis entstehende Material wird als wachsendes Archiv für Open Educational Resources zugänglich gemacht. Ergänzt wird es durch Fortbildungsangebote für Lehrkräfte. Das Lehrprojekt Medienreflexionskompetenz im Unterricht wird seit 2022 im Rahmen der Programmlinie Schule@Zukunft: Medienpraxis und Medientheorie phasenübergreifend denken an der Philipps-Universität Marburg gefördert.
MRK leistet so einen substanziellen Beitrag zur Professionalisierung angehender Deutschlehrkräfte im digitalen Zeitalter – wissenschaftlich fundiert, schulpraktisch anschlussfähig und strukturell verankert im Rahmen eines transversalen, interdisziplinären und kollaborativen Lehrverständnisses, wie es MarTT insgesamt verfolgt. Es adressiert zentrale Future Skills wie kritische Medienkompetenz, Reflexionsfähigkeit und multiperspektivisches Denken – als unabdingbare Bausteine zeitgemäßer schulischer Bildung.
Literaturverzeichnis
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Wolbring, F. (2021). Medialität als Schlüsselkonzept eines sprachbewussten Literaturunterrichts am Beispiel einer Märchen-Stunde. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, 51, 131–146
Details zur Session:
E17: Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis
Zeit: 30.09.2025: 13:00-14:30 · Ort: H01

