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Sitzungsübersicht
Sitzung
E15: Lehrkräfteperspektiven auf KI
Zeit:
Dienstag, 30.09.2025:
13:00 - 14:30

Chair der Sitzung: Christiane Kallenbach
Ort: S16

Seminarraum 1. Obergeschoss

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Präsentationen

Künstliche Intelligenz in der Schule: Lehrkräfteperspektive im Ländervergleich Deutschland und Dänemark

Dana-Kristin Mah, Nele Groß

Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland

Zusammenfassung

Künstliche Intelligenz (KI) findet zunehmend Anwendung im schulischen Kontext, wobei insbesondere der Einsatz generativer KI an Relevanz gewinnt (Scheiter et al., 2025) ​​. Für einen kompetenten, reflektierten und sinnvollen Einsatz von KI-basierten Tools im schulischen Kontext ist es zentral, die Perspektiven aller relevanten Interessensgruppen zu untersuchen. Derzeit besteht ein Forschungsdefizit an Studien, die die Perspektiven von Lehrkräften bezüglich KI analysieren; auch Ländervergleiche liegen bislang kaum vor. Internationale Vergleiche könnten jedoch zu einem tieferen Verständnis der Auswirkungen von Richtlinien und Praktiken in verschiedenen nationalen Kontexten beitragen. Mit Blick auf digitale Kompetenzen - die als Voraussetzung für KI-Kompetenzen betrachtet werden können - erfasst die Internationale Computer- und Informationskompetenzstudie (ICILS) digitale Schüler:innenkompetenzen der achten Klasse ​(Fraillon & Rožman, 2024)​. Dänemark zeigt im Vergleich zu Deutschland in der ICILS-Studie 2023 und in früheren Untersuchungen ​(Fraillon et al., 2020)​ eine höhere Leistung in Bezug auf die digitale Kompetenz der Schüler:innen. Zudem zeigt die Studie, dass sich dänische Lehrkräfte bei ihren selbsteingeschätzten digitalisierungsbezogenen Kompetenzen höher einschätzen als deutsche Lehrkräfte ​(Eickelmann et al., 2024)​.

Vor diesem Hintergrund adressiert der Beitrag die ländervergleichende Perspektive von Lehrkräften in Deutschland und Dänemark zum Einsatz von KI im schulischen Kontext mit folgenden ausgewählten Forschungsfragen: (1) Wie sehen Lehrkräfte den Einsatz von KI für das Lehren und Lernen in der Schule? Gibt es signifikante Unterschiede zwischen Deutschland und Dänemark? (2) Gibt es signifikante Unterschiede in den selbsteingeschätzten KI-Kompetenzen für das Lehren und Lernen von Lehrkräften in Deutschland und Dänemark?

Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen wurde ein Online-Fragebogen entwickelt. Die Datenerhebung fand von Januar 2025 bis Februar 2025 in jeweiliger Landessprache in Deutschland und Dänemark statt. Insgesamt nahmen N = 532 Lehrkräfte an der Studie teil (n = 256 Deutschland, n = 276 Dänemark). Es wurden verschiedene Skalen für den Einsatz von KI adaptiert, z. B. von ICILS 2023 ​(Fraillon & Rožman, 2024)​ oder auch sdie Selbstwirksamkeitsskala für KI-Kompetenzen von Lehrenden (TAICS) von ​Chiu et al. (2024)​. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden unabhängige t-Tests (RQ 1) und einfaktorielle Varianzanalysen (ANOVA) (RQ2) durchgeführt.

Die Analysen zeigen, dass die befragten deutschen Lehrkräfte dem Einsatz von KI im schulischen Kontext positiver gegenüberstehen als die befragten dänischen Lehrkräfte (RQ1). Beispielweise stimmen Lehrkräfte in Deutschland (M = 2,33; SD = 0,76) der Nützlichkeit von KI-Tools für individualisiertes Lernen stärker zu (t(530) = 6,30, p <0,001, d = 0,55) als Lehrkräfte in Dänemark (M = 2,62; SD = 0,67). In Hinsicht auf die selbsteingeschätzten KI-Kompetenzen (RQ2) zeigen die Ergebnisse, dass deutsche Lehrkräfte im Vergleich zu ihren dänischen Kolleg:innen durchgängig eine höhere Selbsteinschätzung zu ihren eigenen KI-Kompetenzen für das Lehren und Lernen angeben. Beispielsweise zeigt sich unter anderem, dass für die KI-Bewertungs-Skala deutsche Lehrkräfte (M = 2.75, SD = 1.10) eine signifikant höhere Selbsteinschätzung als dänische Lehrkräfte (M = 2.28, SD = 0.99), t(503.99) = -5.08, p < 0.001 berichten. Die Effektgröße ist moderat (d = -0.45).

Weiterführende Analysen sind geplant und eingebettet in umfassende Diskussionen und Implikationen im Bereich digitale Kompetenzen, KI-Kompetenzen, Weiterbildungen, Bildungspolitik und Bildungspraxis.

Literaturverzeichnis

​​Chiu, T. K. F., Ahmad, Z., & Çoban, M. (2024). Development and validation of teacher artificial intelligence (AI) competence self-efficacy (TAICS) scale. Education and Information Technologies, 1–19. https://doi.org/10.1007/S10639-024-13094-Z/FIGURES/1

​Eickelmann, B., Casamassima, G., Drossel, K., & Fröhlich, N. (2024). ICILS 2023 im Überblick. Zentrale Ergebnisse, Entwicklungen über ein Jahrzehnt und mögliche Entwicklungsperspektiven. Waxmann. https://doi.org/10.31244/9783830999416

​Fraillon, J., Ainley, J., Schulz, W., Friedman, T., & Duckworth, D. (2020). Preparing for Life in a Digital World. IEA International Computer and Information Literacy Study 2018 International report. In Preparing for Life in a Digital World: IEA International Computer and Information Literacy Study 2018 International Report (1st ed.). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-030-38781-5/COVER

​Fraillon, J., & Rožman, M. (2024). IEA International Computer and Information Literacy Study 2023 (J. Fraillon & M. Rožman, Eds.). Springer Nature. https://doi.org/10.1007/978-3-031-61194-0

​Scheiter, K., Bauer, E., Omarchevska, Y., Schumacher, C., & Sailer, M. (2025). Künstliche Intelligenz in der Schule - Eine Handreichung zum Stand in Wissenschaft und Praxis. https://www.empirische-bildungsforschung-bmbf.de/img/KI_Review_20250318_Veroeffentlichung.pdf



„Der Alltag hat sich eigentlich gravierend verändert“ - Eine qualitative Studie zur Perspektive von Lehrkräften bezüglich generativer Künstlicher Intelligenz

Fenja Kuchenbuch, Dana-Kristin Mah

Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland

Zusammenfassung

Durch die Möglichkeit, einfach auf generative KI wie z. B. ChatGPT zuzugreifen hat sich der Unterrichtsalltag in der Schule grundlegend verändert – so die Annahme. Doch inwiefern trifft dies zu? Und wenn sich so grundlegende Veränderungen zeigen, welche Unterstützung benötigen Lehrkräfte, um diesen angemessen begegnen zu können? An diese Fragen knüpft das europäische Forschungsprojekt „GenAI-Natives - Educating (the next generation of) teachers on usage of generative artificial intelligence an, indem zur Beantwortung unter anderem die Perspektive von Lehrkräften – als Expert:innen für die Unterrichtspraxis – in den Fokus gerückt wird. Die Berücksichtigung dieser Perspektive ist von besonderer Bedeutung, denn „teachers, as frontline implementers of educational practices, hold valuable insights into perceptions of GenAI“ (Ng et al., 2025, S. 3). Gleichzeitig wird den Lehrkräften im Hinblick auf die angemessene Integration von generativer KI in der Schulpraxis eine bedeutende Rolle zugesprochen (Celik et al., 2022; Scheiter et al., 2025). Damit KI angemessen in den Unterricht eingebunden werden kann, ist es folglich zentral die Sichtweise der Lehrkräften herauszuarbeiten.

Es stellen sich die Fragen, (1) welche Veränderungen Lehrkräfte in ihrem Schulalltag durch die Verfügbarkeit generativer KI wahrnehmen und (2) wie Unterstützungsmaßnahmen für Lehrkräfte aus ihrer Sicht gestaltet sein sollten. Ziel dieses Forschungsprojektes ist es zentrale Veränderungen im Unterrichtsalltag zu identifizieren und Handlungsempfehlungen bezogen auf Unterstützungsmaßnahmen für Lehrkräfte zu formulieren. Die Ergebnisse leisten einen Beitrag zur aktuellen Diskussion um die Integration von KI in die schulische Praxis, indem die Lehrkräfteperspektive in den Mittelpunkt gestellt wird. Die Ergebnisse bieten so wichtige Impulse für die Lehrkräftebildung, insbesondere für die Entwicklung bedarfsgerechter Fortbildungs- und Unterstützungsangebote, um Lehrkräfte bei der Bewältigung der Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation zu unterstützen.

Die Datengrundlage zur Beantwortung der Forschungsfragen bilden zwölf leitfadengestützte Interviews mit Sekundarschullehrkräften, welche zwischen März und Juni 2025 durchgeführt wurden. Ausgewertet wurden die Interviews mittels der inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz & Rädiker, 2024), um zentrale Inhalte und Themen identifizieren und systematisieren zu können. Es wurden sowohl deduktive Kategorien, basierend auf dem Leitfaden, zur Analyse genutzt als auch induktive Kategorien, welche sich aus dem Datenmaterial ergeben haben. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Lehrkräfte die Veränderungen mit der Verfügbarkeit von generativer KI (z. B. ChatGPT) unterschiedlich wahrnehmen. Hierbei unterscheiden sie zwischen Veränderungen bezüglich ihrer eigenen Vor- und Nachbereitung sowie den Erfahrungen während des Unterrichtens. Hinsichtlich möglicher Unterstützungsformate zeigt sich unter anderem, dass differenzierte Fortbildungsangebote gewünscht werden, welche zum einen die unterschiedlichen Vorkenntnisse der Lehrkräfte als auch die verschiedenen fachdidaktischen Perspektiven berücksichtigen. Die gewonnenen Erkenntnisse unterstreichen somit die Bedeutung spezifischer Fortbildungsangebote. Um die Potenziale von KI im Unterricht optimal zu nutzen und gleichzeitig den Herausforderungen gerecht zu werden, ist es essenziell, die Perspektiven der Lehrkräfte aktiv in die Entwicklung entsprechender Unterstützungsmaßnahmen einzubeziehen. Die Ergebnisse dieses Projekts tragen somit entscheidend zur Unterstützung der digitalen Transformation im schulischen Kontext bei.

Literaturverzeichnis

Celik, I., Dindar, M., Muukkonen, H. & Järvelä, S. (2022). The Promises and Challenges of Artificial Intelligence for Teachers: a Systematic Review of Research. TechTrends, 66, 616-630. https://doi.org/10.1007/s11528-022-00715-y

Kuckartz, U. & Rädiker, S. (2024). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Umsetzung mit Software und künstlicher Intelligenz. Beltz Juventa.

Ng, D. T. K., Chan, E. K. C. & Lo, C. K. (2025). Opportunities, challenges and school strategies for integrating generative AI in education. Computers and Education: Artificial Intelligence, 8. https://doi.org/10.1016/j.caeai.2024.100355

Scheiter, K., Bauer, E., Omarchevska, Y., Schumacher, C., & Sailer, M. (2025). Künstliche Intelligenz in der Schule - Eine Handreichung zum Stand in Wissenschaft und Praxis. https://www.empirische-bildungsforschung-bmbf.de/img/KI_Review_20250318_Veroeffentlichung.pdf



Dekonstruktion psychischer Wirkungsmechanismen sozialer Medien im schulischen Kontext und präventive Ansätze

André Heinz1, Susann Kunze2

1IU Internationale Hochschule, Deutschland; 2IU Internationale Hochschule, Deutschland

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund: Soziale Medien prägen maßgeblich das Leben von Jugendlichen. Plattformen wie Instagram, Snapchat oder TikTok wirken tief in ihre Identitätsentwicklung, ihr Selbstwertgefühl und ihr soziales Verhalten hinein. Dabei entfalten sich spezifische psychologische Wirkmechanismen: Die sogenannte „Fear of Missing Out“ (FOMO) fördert eine dauerhafte Online-Präsenz und steht mit Symptomen von Angst und Depression in Zusammenhang (Elhai et al., 2020). Soziale Vergleichsprozesse, etwa durch inszenierte Darstellungen in sozialen Netzwerken, erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben (Steers et al., 2014). Likes und Kommentare aktivieren zudem das dopaminerge Belohnungssystem und begünstigen suchtähnliche Nutzungsmuster (Andreassen et al., 2018). Parallel dazu tragen problematische Phänomene wie Cybermobbing, Online-Belästigung und eine schleichende Desensibilisierung gegenüber gewalttätigen oder diskriminierenden Inhalten zu erhöhtem psychosozialem Stress bei (Kowalski et al., 2014; Hinduja & Patchin, 2018; Tokunaga, 2010; Sampasa-Kanyinga et al., 2014). Diese psychosozialen Risiken sind in schulischen Kontexten bereits weit verbreitet, werden jedoch im pädagogischen Alltag häufig unterschätzt oder unzureichend adressiert.
Fragestellung: Wie können die psychologischen Wirkmechanismen sozialer Medien für Schülerinnen und Schüler verständlich und wirksam dekonstruiert werden, um psychische Belastungen präventiv zu reduzieren und gleichzeitig die Medienkompetenz zu stärken?
Methode: Der Beitrag präsentiert einen konzeptionellen Ansatz auf Grundlage eines interdisziplinären Literaturreviews. Dieser integriert aktuelle Erkenntnisse aus Medienpsychologie, Bildungswissenschaft und Gesundheitsforschung. Aufbauend auf theoretischen Modellen und empirischen Befunden wird ein praxisorientiertes Konzept zur Dekonstruktion psychologischer Medienwirkungen entwickelt. Besonderes Augenmerk liegt auf der schulischen Umsetzung.
Ergebnisse: Die Analyse zeigt, dass medienpädagogische Interventionen in Form von Aufklärungsprogrammen, partizipativen Workshops und kritischer Reflexion des eigenen Nutzungsverhaltens wirksam zur Entlastung beitragen können. Die gezielte Förderung von Kompetenzen wie Selbstreflexion, kritisches Denken und emotionale Selbstregulation stärkt die psychische Resilienz von Jugendlichen im digitalen Raum. Erste Evaluationsergebnisse und Praxiserfahrungen deuten darauf hin, dass ein besseres Verständnis der psychischen Mechanismen zu einem bewussteren und resilienten Umgang mit sozialen Medien führt (McLean et al., 2019). Der Beitrag zielt darüber hinaus darauf ab, konkrete Möglichkeiten der Dekonstruktion in unterschiedlichen Altersstufen und unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu diskutieren.

Literaturverzeichnis

Andreassen, C. S., Pallesen, S., & Griffiths, M. D. (2018). The relationship between addictive use of social media, narcissism, and self-esteem: Findings from a large national survey. Addictive Behaviors, 64, 287–293. https://doi.org/10.1016/j.addbeh.2016.03.006

Elhai, J. D., Yang, H., Fang, J., Bai, X., & Hall, B. J. (2020). Depression and anxiety symptoms are related to problematic smartphone use severity in Chinese young adults: Fear of missing out as a mediator. Addictive Behaviors, 101, Article 106050. https://doi.org/10.1016/j.addbeh.2019.106050

Hinduja, S., & Patchin, J. W. (2018). Connecting adolescent suicide to the severity of bullying and cyberbullying. Journal of School Violence, 17(4), 346–364. https://doi.org/10.1080/15388220.2017.1387139

Kowalski, R. M., Giumetti, G. W., Schroeder, A. N., & Lattanner, M. R. (2014). Bullying in the digital age: A critical review and meta-analysis of cyberbullying research among youth. Psychological Bulletin, 140(4), 1073–1137. https://doi.org/10.1037/a0035618

McLean, S. A., Paxton, S. J., Wertheim, E. H., & Masters, J. (2019). Photoshopping the selfie: Self photo editing and photo investment are associated with body dissatisfaction in adolescent girls. International Journal of Eating Disorders, 52(11), 1298–1304. https://doi.org/10.1002/eat.23133

Sampasa-Kanyinga, H., Roumeliotis, P., Farrow, A. V., & Hamilton, H. A. (2014). Online bullying: prevalence, psychosocial correlates, and associated suicide ideation and attempts among adolescents in the United Kingdom. Educational Research, 56(4), 400–413. https://doi.org/10.1080/00131881.2014.965576

Steers, M. N., Wickham, R. E., & Acitelli, L. K. (2014). Seeing everyone else’s highlight reels: How Facebook usage is linked to depressive symptoms. Journal of Social and Clinical Psychology, 33(8), 701–731. https://doi.org/10.1521/jscp.2014.33.8.701

Tokunaga, R. S. (2010). Following you home from school: A critical review and synthesis of research on cyberbullying victimization. Computers in Human Behavior, 26(3), 277–287. https://doi.org/10.1016/j.chb.2009.11.014