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E11: Unterrichtsentwicklung
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Lernbüros als Motor für digitale Schultransformation Universität Vechta, Deutschland Zusammenfassung Die Anforderungen an Schule verändern sich und damit der Anspruch daran, was Lehrkräfte in einer von digitalen Technologien durchwirkten Welt leisten müssen (Herzig et al., 2024; Proske et al., 2023). In der bildungspolitischen Debatte um die schulische Verwendung digitaler Technologien (u.a. KI, mobile Endgeräte, learning analytics) steht u.a. die Frage im Mittelpunkt, wie Lehrkräfte das vermeintliche Potenzial für den Unterricht besser ausschöpfen können (Reintjes et al., 2021). Ergänzend dazu rücken medienpädagogische Forschungen Fragen der Technologieverwendung zur schulischen Vermittlung von Empathiefähigkeit oder Gemeinschaftssinn aber auch von kritisch-konstruktivem Denken oder Problemlösekompetenz in den Fokus (u.a. Dander et al., 2020; de Witt & Leineweber, 2020; Thiersch & Schlöpker, 2023; Verständig & Holze, 2020). Während Forschungen zum Wandel von Schule und Unterricht beobachten, dass eine auf Faktenwissen ausgelegte Schulbildung die bestehenden bildungspolitischen wie gesellschaftlichen Herausforderungen kaum bewältigen kann, scheint eine Neuausrichtung dessen, was als Unterricht zu verstehen ist, zwingend notwendig, um Schüler:innen zur aktiven Mitgestaltung ihrer Bildungserfahrungen zu befähigen. Vor diesem Hintergrund diskutiert der Beitrag (digitale) Lernbüros als Motor für Schultransformation. Lernbüros brechen die klassische Unterrichtsstruktur auf, indem sie Arbeitsstrukturen schaffen, in denen Schüler:innen ihre Lernprozesse selbstständig organisieren können. In diesem Lehr-Lernprozess agieren Lehrkräfte als Lernbegleiter:innen, die das Lernen fachlich und pädagogisch unterstützen. Die „Neuentdeckung“ von Lernbüros, die bereits Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre kontrovers diskutiert wurden, wird aktuell durch erweiterte technische Möglichkeiten und Verbesserung digitaler Infrastrukturen befördert. Im Vortrag arbeiten wir anhand von Leitfadeninterviews mit Lernbüro-Lehrkräften Unterschiede zwischen Unterricht im Klassenverband und in Lernbüros heraus und reflektieren Gelegenheiten für Schultransformationsprozesse. Die Ergebnisse zeigen beispielsweise, wie sich durch Lernbüros bestehende Raumkonzepte aber auch Schul- und Unterrichtsorganisation verändern und wie Wissensvermittlung neu strukturiert, Rollenwechsel von Schüler:innen und Selbstverständniswandel von Lehrkräften angeregt und zudem Prüfungssituationen und Leistungsmessungen neu gedacht werden. Je nach Ausgestaltung der Lernbüros eröffnen sich Optionen neuer Raum-, Schulorganisations-, Unterrichts- und Prüfungsbedingungen, die sowohl zu besseren Leistungen und Kompetenzerwerb der Schüler:innen führen können, als auch das Wohlbefinden und die Zufriedenheit innerhalb der Gemeinschaft von Lernpartner:innen, Lernbegleiter:innen und Eltern zu fördern vermögen. Der Beitrag informiert sowohl an Schultransformation interessierte Forschung wie auch an Lehrkräftebildung interessierte Praxis und schließt mit einer kritischen Reflexion der Rolle von Lernbüros als Motor für Schultransformation und deren praktischer Umsetzung auf Schulebene in Abgrenzung zu bildungspolitischen Forderungen. Literaturverzeichnis Dander, V., Bettinger, P., Ferraro, E., Leineweber, C., & Rummler, K. (Eds.). (2020). Digitalisierung – Subjekt – Bildung: Kritische Betrachtungen der digitalen Transformation (1st ed.). Verlag Barbara Budrich. de Witt, C., & Leineweber, C. (2020). Zur Bedeutung des Nichtwissens und die Suche nach Problemlösungen: Bildungstheoretische Überlegungen zur Künstlichen Intelligenz. MedienPädagogik: Zeitschrift Für Theorie Und Praxis Der Medienbildung, 39, 32–47. Herzig, B., Eickelmann, B., Schwabl, F., Schulze, J., & Niemann, J. (Eds.). (2024). Lehrkräftebildung in der digitalen Welt. Zukunftsorientierte Forschungs- und Praxisperspektiven. Waxmann Verlag GmbH. Proske, M., Rabenstein, K., Moldenhauer, A., Thiersch, S., Bock, A., Herrle, M., Langer, A., Macgilchrist, F., Wagener-Böck, N., & Wolf, E. (Eds.). (2023). Schule und Unterricht im digitalen Wandel. Ansätze und Erträge rekonstruktiver Forschung. Klinkhardt. Reintjes, C., Porsch, R., & im Brahm, G. (Eds.). (2021). Das Bildungssystem in Zeiten der Krise. Empirische Befunde, Konsequenzen und Potenziale für das Lehren und Lernen. Waxmann Verlag GmbH. Thiersch, S., & Schlöpker, J. (2023). Digitale Lernbüros zwischen Programmatik und Praxis. Rekonstruktionen des selbstgesteuerten Lernens an Gesamtschulen. In Gesamtschule—Status quo und quo vadis? Vol. Profilentwicklung im Bildungswesen (Issue 3, pp. 253–271). Waxmann : Münster ; New York. Verständig, D., & Holze, J. (2020). Medienbildung zwischen Subjektivität und Kollektivität – ein Problemaufriss. In J. Holze, D. Verständig, & R. Biermann (Eds.), Medienbildung zwischen Subjektivität und Kollektivität: Reflexionen im Kontext des digitalen Zeitalters (pp. 1–13). Springer Fachmedien. Forschung in der Praxis verankern: POLKA als Beispiel für evidenzbasierte, digital gestützte, kooperative Lehrkräftefortbildung Universität Kassel, Deutschland Zusammenfassung Die digitale Transformation von Schule und Unterricht stellt Lehrkräfte vor komplexe Herausforderungen, deren Bewältigung weit über den Erwerb technischer Kompetenzen hinausgeht und Veränderungen in Unterrichtsprozessen und Lernsettings erfordert (Petko et al., 2018). Dies macht gezielte Fortbildungen erforderlich, die nicht nur digitale Kompetenzen stärken, sondern zugleich die Unterrichtsentwicklung im Sinne eines lernwirksamen, evidenzbasierten Unterrichts unterstützen (Cress et al., 2018). Digitale Medien sollten dabei nicht nur Thema, sondern – im Sinne eines pädagogischen Doppeldeckers – auch methodisches Mittel innerhalb der Fortbildung sein, um digitale Handlungsfähigkeit aufzubauen und Anwendungserfahrungen zu ermöglichen (Lipowsky & Rzejak, 2021). Im Vortrag wird das Projekt „Unterricht in professionellen Lerngemeinschaften kriterial analysieren und weiterentwickeln“ (POLKA) vorgestellt, das ein Teilprojekt des Projektverbunds „Schule: Digital – Demokratisch“ des Kompetenzzentrums „lernen:digital“ ist. POLKA verbindet Erkenntnisse zur Unterrichtsqualität (Lipowsky & Bleck, 2019) und zur Wirksamkeit von (digitalen) Lehrkräftefortbildungen (Gore et al., 2017; Lipowsky & Rzejak, 2021) mit einem kooperativen Ansatz schulinterner Unterrichtsentwicklung. POLKA richtet sich an Lehrpersonen und Mitglieder der Schulleitung weiterführender Schulen, die ihren (digital gestützten) Unterricht weiterentwickeln möchten. In POLKA schließen sich Aktuell findet die zweite Runde mit 24 POLKA-Teams aus zwölf Schulen statt. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch Online-Befragungen vor der ersten und nach jeder absolvierten Runde. Nach jeder Runde finden außerdem digitale Rückmeldegespräche mit den Teams statt. Ergebnisse der ersten Runde (fünf Teams) zeigen hohe Werte hinsichtlich der Zufriedenheit der Lehrpersonen mit POLKA sowie der selbstberichteten Nützlichkeit und Wirksamkeit, z. B. in Bezug auf die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Unterricht. Die zeitliche Belastung wurde als eher gering eingestuft und die Durchführung der POLKA-Runde als machbar. Die Inhalte des Toolkits wurden als praxisrelevant beurteilt. Auch das digitale Feedbacktool zum Unterricht sowie die Visualisierung der Ergebnisse bewerteten die Lehrpersonen sehr positiv. Im Vortrag wird das Fortbildungsprojekt POLKA vorgestellt – mit Fokus auf die Integration digitaler Medien (Online-Selbstlernumgebung, digitales Tool zur Einschätzung von Unterricht) sowie auf Befunden zur Wahrnehmung des Angebots durch die Teilnehmenden (z. B. Zufriedenheit, Nutzung, wahrgenommene Veränderungen). Anhand des Projekts lässt sich aufzeigen, wie digitale Medien in Fortbildungen genutzt werden können, um Forschung und Praxis wirkungsvoll zu verzahnen. Literaturverzeichnis Cress, U., Dithelm, E., Eickelmann, B., Köller, O., Nickolaus, R., Pant, H. A., & Reiss, K. (2018). Schule in der digitalen Transformation – Perspektiven der Bildungswissenschaften. (acatech DISKUSSION), München. Verfügbar unter: https://www.acatech.de/wp-content/uploads/2018/10/Schule_in-der_digitalen_Transformation_Web-1.pdf. Gore, J., Lloyd, A., Smith, M., Bowe, J., Ellis, H., & Lubans, D. (2017). Effects of professional development on the quality of teaching: Results from a randomised controlled trial of Quality Teaching Rounds. Teaching and Teacher Education, 68, 99–113. https://doi.org/10.1016/j.tate.2017.08.007 Lipowsky, F., & Bleck, V. (2019). Qualität von Unterricht. In R. Tippelt, & B. Schmidt-Hertha (Hrsg.), Handbuch Bildungsforschung (S. 1–16). Springer VS. Lipowsky, F., & Rzejak, D. (2021). Fortbildungen für Lehrpersonen wirksam gestalten: Ein praxisorientierter und forschungsgestützter Leitfaden. Bertelsmann Stiftung. https://doi.org/10.11586/2020080 Petko, D., Honegger, B. D., & Prasse, D. (2018). Digitale Transformation in Bildung und Schule: Facetten, Entwicklungslinien und Herausforderungen für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung 36(2), 157–174. Verfügbar unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2019/17094/pdf/BzL_182_157-174Petkoetal.pdf. Digitale Beteiligungsräume im Unterrichtsgespräch: Förderung partizipativer Unterrichtskultur durch den Einsatz von Microblogging 1Universität Leipzig, Deutschland; 2Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland Zusammenfassung Einleitung: Theoretischer Hintergrund: Fragestellung: Methode: Ergebnisse: Fazit und Ausblick: Literaturverzeichnis Alexander, R. (2020). A Dialogic Teaching Companion. Routledge. Amundrud, A., Rasmussen, I., & Warwick, P. (2022). Teaching talk for learning during co-located microblogging activities. Learning, Culture and Social Interaction, 34, 100618. https://doi.org/10.1016/j.lcsi.2022.100618 Frøytlog, J. I. J., & Rasmussen, I. (2020). The distribution and productivity of whole-class dialogues: Exploring the potential of microblogging. International Journal of Educational Research, 99, 101501. https://doi.org/10.1016/j.ijer.2019.101501 Gröschner, A. & Kuhlmann, N. (2025). Kommunikation und Interaktion im Unterricht. In M. Syring, T. Bohl, A. Gröschner & A. Scheunpflug (Hrsg.), Studienbuch Bildungswissenschaften.Band 2 (S. 62–80). Bad Heilbrunn: UTB Howe, C., Hennessy, S., Mercer, N., Vrikki, M., & Wheatley, L. (2019). Teacher-student dialogue during classroom teaching: does it really impact on student outcomes? Journal of the Learning Sciences. https://doi.org/10.1080/10508406.2019.1573730. Mercer, N., & Dawes, L. (2014). The study of talk between teachers and students, from the 1970s until the 2010s. Oxford review of education, 40(4), 430-445. https://doi.org/10.1080/03054985.2014.934087 Praetorius, A. K., Herrmann, C., Gerlach, E., Zülsdorf-Kersting, M., Heinitz, B., & Nehring, A. (2020). Unterrichtsqualität in den Fachdidaktiken im deutschsprachigen Raum–zwischen Generik und Fachspezifik. Unterrichtswissenschaft: Zeitschrift für Lernforschung, 48(3), 409-446. https://doi.org/10.5167/uzh-197391 Rasmussen, I., & Hagen, A. (2015). Talkwall: A versatile digital tool supporting exploratory talk in the classroom. Nordic Journal of Digital Literacy, 10(1), 7–21. https://doi.org/10.18261/ISSN1891-943X-2015-01-02 Warwick, P., Cook, V., Vrikki, M., Major, L., & Rasmussen, I. (2020). Realising ‘dialogic intentions’ when working with a microblogging tool in secondary school classrooms. Learning, Culture and Social Interaction, 24, 100376. https://doi.org/10.1016/j.lcsi.2019.100376. |