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E05: Unterrichtsmaterialien und mediengestützte Lehre
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Digitale Medien zur sprachsensiblen Unterrichtsgestaltung im Chemieunterricht Technische Universität München, Deutschland Zusammenfassung Sprachkompetenz und naturwissenschaftliche Bildung Bereits vor über 20 Jahren unterstrich Osborne die zentrale Rolle von Sprache im Fachunterricht indem er postuliert, dass fast alles was wir im Allgemeinen als Wissen bezeichnen Sprache ist und diese somit den Schlüssel zum Verständnis des Faches darstellt (vgl. Osborne, 2002, S.206). Demnach bildet Sprache die Grundlage für alle Prozesse der Vermittlung, Aneignung und Darstellung von Wissen und Kompetenzen (Bickes et al., 2024). Eine besondere Herausforderung im Chemieunterricht ist außerdem, dass chemisches Wissen nach Johnstone (2000) auf drei Ebenen dargestellt werden kann: der makroskopischen, submikroskopischen sowie symbolischen Ebene. Um Phänomene auf diesen unterschiedlichen Ebenen darzustellen umfasst der naturwissenschaftliche Unterricht daher nicht nur gesprochene und geschriebene Sprache, sondern auch nicht-sprachliche Repräsentationen wie visuelle Modelle, symbolische Sprache und Formeln/Reaktionsgleichungen (Leisen, 2011). Dies bedeutet, dass Sprache im naturwissenschaftlichen Unterricht nicht nur Lernmedium, sondern selbst Lerngegenstand ist (Norris & Phillips, 2002; Butler & Goschler, 2019). So zeigen zahlreiche Studien, dass der Lernerfolg eng mit den (fach)sprachlichen Kompetenzen von Lernenden verknüpft ist (Seibert-Ott, 2006; Seah et al., 2013; Tajmel, 2017). Dieser Zusammenhang zeigt sich insbesondere im naturwissenschaftlichen Unterricht. Da sich hier Fachsprache deutlich von der Alltagssprache unterscheidet, haben viele Lernende nicht nur Schwierigkeiten beim Verständnis naturwissenschaftlicher Konzepte, sondern auch mit den sprachlichen Anforderungen, die erforderlich sind, um ihr Wissen zu formulieren, zu interpretieren und anzuwenden – ein Aspekt, der laut OECD (2018) entscheidend für die naturwissenschaftliche Grundbildung ist. Projektziele Das Projekt DigiProCH fokussiert daher zwei zentrale Ziele: (1) Die Entwicklung und Evaluation digitaler Lernwerkzeuge zur Unterstützung sprachsensiblen Unterrichts. (2) Die Konzeption und Durchführung eines Fortbildungsprogramms, um Lehrkräfte in der Nutzung dieser Tools zu schulen und ihre Handlungssicherheit zu stärken. Digitale Werkzeuge Um das erste Ziel zu adressieren, wurden interaktive digitale Werkzeuge und Simulationen entwickelt, die einen sprachsensiblen naturwissenschaftlichen Unterricht unterstützen (Zerouali et al., 2024). Ausgehend von Leisens (2011) Prinzipien des sprachsensiblen Unterrichts sowie Mayers (2005) Gestaltungsprinzipien für multimediales Lernen integrieren diese Tools Scaffolding-Strategien, um authentische sprachliche Aufgaben bereitzustellen und gezielte Unterstützung zu ermöglichen. Zu den Materialien gehören interaktive Visualisierungen/Simulationen sowie anpassbare PowerPoint-basierte digitale Assistenten, die als Open Educational Resources (OER) konzipiert sind und mit editierbaren Unterrichtsverläufen auf unterschiedliche Kontexte angepasst werden können. Konzeption einer Lehrkräftefortbildung Bei der Implementation solcher Tools sind Lehrkräfte entscheidend: Sie müssen sowohl fachsprachliche Anforderungen verstehen als auch geeignete Strategien zur Sprachförderung kennen. Laut Mönch & Markic (2022) sind viele Lehrkräfte jedoch weder ausreichend im Bereich der Fachsprache noch im Umgang mit digitalen Medien geschult. Diese Kompetenzlücken behindern eine effektive Umsetzung. Um diesem Desiderat zu begegnen und das zweite Ziel des Projektes zu adressieren erfolgte die Entwicklung und Durchführung einer Fortbildung zum Einsatz und Adaption der entwickelten Tools. Die Konzeption der Fortbildung folgte dabei empirisch wirksam bestätigten Richtlinien und Prinzipien (DVLfB, 2018; Lipowski & Rezjak, 2019) orientiert an den fünf Gestaltungsprinzipien für Lehrkräftefortbildungen nach Emden und Baur (2017). Erste Evaluationsergebnisse und Ausblick Erste Rückmeldungen aus der Fortbildung zeigen, dass die Tools als praxisnah, flexibel einsetzbar und wirksam für den sprachlichen Zugang zu naturwissenschaftlichen Inhalten eingeschätzt werden. Auch wenn eine empirische Überprüfung ihrer Wirksamkeit noch aussteht, lässt sich bereits ein hohes Potenzial erkennen Inklusion zu fördern und Bildungsungleichheiten im naturwissenschaftlichen Unterricht abzubauen. Im Rahmen des Vortrags sollen die digitalen Medien, die Fortbildung, das Selbstlernmodul zur sprachsensiblen Gestaltung von Chemieunterricht sowie Eindrücke aus der Fortbildung vorgestellt werden. Literaturverzeichnis Bickes, C., Schanze, S., & Sieve, B. F. (2024). Sprache und Kommunikation im Chemieunterricht. In J. Paul, S. Schanze, & B. F. Sieve (Hrsg.), Fachdidaktik Chemie in Theorie und Praxis (1. Aufl., S. 399–430). Springer Spektrum. https://doi.org/10.1007/978-3-662-69820-4_12 Blomberg, G., Sherin, M. G., Renkl, A., Glogger, I., & Seidel, T. (2014). Understanding video as a tool for teacher education: Investigating instructional strategies to promote reflection. Instructional Science, 42(3), 443–463. https://doi.org/10.1007/s11251-013-9281-6 Butler, M., & Goschler, J. (2019). Sprachsensibler Fachunterricht: Chancen und Herausforderungen aus interdisziplinärer Perspektive. Springer. Chandler, P., & Sweller, J. (1991). Cognitive load theory and the format of instruction. Cognition and Instruction, 8(4), 293–332. Deutscher Verein zur Förderung der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung. (2018). Recherchen für eine Bestandsaufnahme der Lehrkräftefortbildung in Deutschland: Ergebnisse des Projektes Qualitätsentwicklung in der Lehrkräftefortbildung(forum Lehrerfortbildung, Bd. 47). Berlin: DVLfB. Göb, N. (2017). Professionalisierung durch Lehrerfortbildung: Wie wird der Lernprozess der Teilnehmenden unterstützt? DDS – Die Deutsche Schule, 109(1), 9–27. Johnstone, A. H. (2000). Teaching of chemistry – logical or psychological? Chemistry Education: Research and Practice in Europe, 1(1), 9–15. Kleinknecht, M., Schneider, J., & Syring, M. (2014). Varianten videobasierten Lehrens und Lernens in der Lehrpersonenaus- und -fortbildung: Empirische Befunde und didaktische Empfehlungen zum Einsatz unterschiedlicher Lehr-Lern-Konzepte und Videotypen. Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung, 32(2), 210–220. https://doi.org/10.36950/bzl.32.2.2014.9613 Leisen, J. (2011). Handbuch Sprachförderung im Fach: Naturwissenschaften Sekundarstufe I. Aulis Verlag. Lipowsky, F., & Rzejak, D. (2019). Was macht Fortbildungen für Lehrkräfte erfolgreich? – Ein Update. In B. Groot-Wilken & R. Koerber (Hrsg.), Nachhaltige Professionalisierung für Lehrerinnen und Lehrer: Ideen, Entwicklungen, Konzepte (S. 15–56). W. Bertelsmann Verlag. Mayer, R. E. (2005). Principles of multimedia learning based on social cues: Personalization, voice, and image principles. In R. E. Mayer (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning (S. 201–212). Cambridge University Press. Mönch, C., & Markic, S. (2022). Science teachers’ pedagogical scientific language knowledge—A systematic review. Education Sciences, 12(7), 497. https://doi.org/10.3390/educsci12070497 Norris, S. P., & Phillips, L. M. (2002). How literacy in its fundamental sense is central to scientific literacy. Science Education, 87(2), 224–240. https://doi.org/10.1002/sce.10066 OECD. (2018). PISA 2018 assessment and analytical framework: Science, reading, mathematics and financial literacy.OECD Publishing. Osborne, J. (2002). Science without literacy: A ship without a sail? Cambridge Journal of Education, 32(2), 203–218. https://doi.org/10.1080/03057640220147559 Seah, L. H., Clarke, D. J., & Hart, C. E. (2013). Understanding the language demands on science students from an integrated science and language perspective. International Journal of Science Education, 36(6), 952–973. https://doi.org/10.1080/09500693.2013.832003 Seibert-Ott, G. (2006). Zur Rolle der Fachsprache im naturwissenschaftlichen Unterricht. In J. Leisen (Hrsg.), Handbuch Sprachförderung im Fachunterricht Naturwissenschaften (S. 13–29). Aulis Verlag. Tajmel, T. (2017). Science education and linguistic diversity: A critical perspective. International Journal of Science Education, 39(2), 129–148. https://doi.org/10.1080/09500693.2016.1270477 Zerouali, A., Brinkmann, J., Frömmel, M. & Koenen, J. (2024) Toolbox Lehrerbildung – Online ViFoNet Fortbildungsmodul: Praxistipps – Sprachförderung mit digitalen Methodenwerkzeugen Titel: Digitale Medien für eine inklusive MINT-Bildung: Eine Lehrkräftefortbildung mittels Vignetten Universität Duisburg-Essen, Deutschland Zusammenfassung Zur Umsetzung einer Teilhabe aller an der Gesellschaft, gilt eine inklusive Bildung als eine wichtige Gelingensbedingung. Deren praktische Umsetzung liegt in der Regel maßgeblich in der Verantwortung der Lehrkräfte (Europäische Agentur für Entwicklungen in der sonderpädagogischen Förderung, 2011). Dabei sind „alle guten Absichten einer inklusiven Bildung wertlos“ (Meijer, 2011), wenn Lehrkräfte nicht in der Lage sind auf die individuellen Voraussetzungen aller Lernenden einzugehen. Doch nur ca. jede zehnte Lehrkraft fühlt sich auf die Umsetzung inklusiven Unterrichts vorbereitet (Robert Bosch Stiftung, 2023). Die Vorbereitung auf inklusiven Unterricht ist, auch aus naturwissenschaftsdidaktischer Perspektive, noch selten (Bosse & Spörer, 2014; Lambe & Bones, 2006). Der Einsatz digitaler Medien bietet Möglichkeiten den individuellen Voraussetzungen von Lernenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf konstruktiv zu begegnen und hat eine wichtige Funktion bei der Umsetzung von Inklusion (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, 2008; Bosse, 2021). Neben dem Aufbau einer barrierefreien Medienlandschaft, wie sie politisch schon länger gefördert wird (BGG, 2002/2022; BITV, 2011/2023), fordert die UN-Behindertenrechtskonvention, dass unterstützende Technologien sowie entsprechende digitale Medien, allen Menschen mit Behinderung zugänglich gemacht werden. Dies soll die Teilhabe aller an der Gesellschaft und besonders an Bildung für alle ermöglichen (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, 2008). Für die Auswahl und Nutzung von digitalen Medien als Element von inklusivem Unterricht muss die Lehrkraft sowohl über die individuellen Voraussetzungen der Lernenden und möglicher Barrieren informiert sein, als auch über die Barrierefreiheit bzw. potenziellen Barrieren eines digitalen Mediums und seiner Nutzung (Bosse, 2021). Das Vermitteln der für den konstruktiven Einsatz von digitalen Medien zur Überwindung von förderschwerpunktspezifischen Barrieren benötigten Kompetenzen, kann mit Hilfe simulierter problemhaltiger Szenarien, im Sinne des fallbasierten Lernens geschehen. Ein methodischer Zugang ist der Einsatz von Unterrichtvignetten (Aufschnaiter et al., 2017). Vor diesem Hintergrund hat das vorgestellte Vorhaben ein Weiterbildungsmodul erarbeitet, das für Inklusion sensibilisiert, über die verschiedenen Förderschwerpunkte aufklärt und davon ausgehend lehrt, wie Barrieren des naturwissenschaftlichen Unterrichts mit Hilfe digitaler Medien abgebaut werden können. Dabei bieten möglichst authentische Darbietungen von typischen Szenen aus dem naturwissenschaftlichen Unterricht eine Perspektive zur Nutzung digitaler Medien als fachdidaktische Handlungsoption für einen inklusiven Unterricht. Das entwickelte Weiterbildungsmodul besteht aus Vier aufeinander aufbauenden Bausteinen. Baustein 1 dient der Sensibilisierung der Lehrkräfte bzgl. Inklusion und klärt darüber auf, welche Voraussetzung für Lernen seitens der Lernenden mit dem jeweiligen Förderschwerpunkt einhergehen. Es folgt Baustein 2, in dem Wissen um mögliche Barrieren im regulären naturwissenschaftlichen Unterricht vermittelt wird. Anschließend werden in Baustein 3 Möglichkeiten zum Abbau von Barrieren mittels digitaler Medien sowie die den digitalen Medien innewohnenden potenziellen Barrieren thematisiert. Abschließend folgt Modulbaustein 4, der die Umsetzung eines inklusiven naturwissenschaftlichen Unterrichts mittels digitaler Medien darstellt. Um das Wissen möglichst praxisnah zu vermitteln, werden die Modulbausteine um Unterrichtsvignetten ergänzt. Der Einsatz von Unterrichtsvignetten ermöglicht das Lernen anhand einer Second-Hand-Experience und somit eine praxisorientierte und kontextualisierte Förderung von fachdidaktischem Wissen (Brovelli et al., 2013; Gold et al., 2013). Das Nutzen von konkreten Bearbeitungsaufträgen ermöglicht die Förderung gezielter Kompetenzen (Borko et al., 2011; Meschede et al., 2015; Seidel & Stürmer, 2014; Sunder et al., 2016). Die eingesetzten Unterrichtsvignetten rangieren von der Analyse verschiedener Good-Practice-Beispiele bis zum eigenständigen Gestalten von Lerngelegenheiten (Rutsch et al., 2017). Dies soll Lehrkräften ermöglichen, dass der gesamte Prozess der Planung des Medieneinsatzes zum Abbau von Barrieren im naturwissenschaftlichen Unterricht kontextualisiert bearbeitet werden kann. Somit wird durch die Unterrichtsplanung im inklusiven Kontext möglichst praxisnah durchgeführt. Die Bausteine 1 und 3 des Moduls, welche der Sensibilisierung für Inklusion als auch der Vermittlung des Wissens zum Einsatz digitaler Medien im inklusiven Kontext dienen, sind fächerübergreifend gestaltet und können auch in anderen Fachbereichen eingesetzt werden. Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Aufschnaiter, C. von, Selter, C & Michaelis, J. (2017). Nutzung von Vignetten zur Entwicklung und Diagnose- und Förderkompetenzen: Konzeptionelle Überlegungen und Beispiele aus der MINT-Lehrerbildung. In C. Selter, S. Hußmann, C. Hößle, C. Knipping, K. Lengnink & J. Michaelis (Hrsg.), Diagnose und Förderung heterogener Lerngruppen:: Theorien, Konzepte und Beispiele aus der MINT-Lehrerbildung (1. Aufl., S. 85–105). Waxmann. Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (Hrsg.). (2008). Die UN-Behindertenrechtskonvention: Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. https://www.behindertenbeauftragter.de/SharedDocs/Downloads/DE/AS/PublikationenErklaerungen/Broschuere_UNKonvention_KK.pdf?__blob=publicationFile&v=8 Borko, H., Koellner, K., Jacobs, J. & Seago, N. (2011). Using video representations of teaching in practice-based professional development programs. ZDM, 43(1), 175–187. https://doi.org/10.1007/s11858-010-0302-5 Bosse, I. (10. Dezember 2021). Teilhabe in einer digitalen Gesellschaft – Wie Medien Inklusionsprozesse befördern können. Bundeszentrale für politische Bildung. https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/medienpolitik/172759/teilhabe-in-einer-digitalen-gesellschaft-wie-medien-inklusionsprozesse-befoerdern-koennen/ Bosse, S. & Spörer, N. (2014). Erfassung der Einstellung und der Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden zum inklusiven Unterricht. Empirische Sonderpädagogik, 6(4), 279–299. Brovelli, D., Bölsterli, K. & Wilhelm, M. (2013). Erfassen professioneller Kompetenzen für den naturwissenschaftlichen Unterricht: Ein Vignettentest mit authentisch komplexen Unterrichtssituationen und offenem Antwortformat. Unterrichtswissenschaft(4), 306–330. https://doi.org/10.3262/UW1304306 Europäische Agentur für Entwicklungen in der sonderpädagogischen Förderung. (2011). Inklusionsorientierte Lehrerbildung in Europa - Chancen und Herausforderungen. European Agency for Development in Special Needs Education. Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (2002 & i.d.F.v. 2022). Gold, B., Förster, S. & Holodynski, M. (2013). Evaluation eines videobasierten Trainingsseminars zur Förderung der professionellen Wahrnehmung von Klassenführung im Grundschulunterricht Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 27(3), 141–155. https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000100 Lambe, J. & Bones, R. (2006). Student teachers' perceptions about inclusive classroom teaching in Northern Ireland prior to teaching practice experience. European journal of special needs education, 21(2), 167–186. https://doi.org/10.1080/08856250600600828 Meijer, C. (2011). Vorwort. Inklusionsorientierte Lehrerbildung in Europa. Chancen und herausforderungen, 5–6. Meschede, N., Steffensky, M., Wolters, M. & Möller, K. (2015). Professionelle Wahrnehmung der Lernunterstützung im naturwissenschaftlichen Grundschulunterricht. Theoretische Beschreibung und empirische Erfassung. Unterrichtswissenschaft, 43(4), 317–335. Robert Bosch Stiftung. (2023). Das deutsche Schulbarometer: Aktuelle Herausforderungen aus Sicht der Lehrkräfte: Ergebnisse einer Befragung von Lehrkräften allgemein- und berufsbildender Schulen. Robert Boch Stiftung. https://www.bosch-stiftung.de/sites/default/files/publications/pdf/2023-11/Schulbarometer_Lehrkraefte_2023_FACTSHEET.pdf Rutsch, J., Seidenfuß, M., Vogel, M., Dörfler, T. & Rehm, M. (2017). Fachdidaktische Unterrichtsvignetten in Forschung und Lehre: überblick über Forschungsarbeiten und Einsatzmöglichkeiten. Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung, 35(3), 487–505. https://doi.org/10.25656/01:25248 Seidel, T. & Stürmer, K. (2014). Modeling and Measuring the Structure of Professional Vision in Preservice Teachers. American Educational Research Journal, 51(4), 739–771. https://doi.org/10.3102/0002831214531321 Sunder, C., Todorova, M. & Möller, K. (2016). Kann die professionelle Unterrichtswahrnehmung von Sachunterrichtsstudierenden trainiert werden? – Konzeption und Erprobung einer Intervention mit Videos aus dem naturwissenschaftlichen Grundschulunterricht. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 22(1), 1–12. https://doi.org/10.1007/s40573-015-0037-5 Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (2011 & i.d.F.v. 2023). Wocken, H. (2012). Das Haus der inklusiven Schule : Baustellen - Baupläne - Bausteine (3. Aufl.). Lebenswelten und Behinderung 14. Feldhaus. Was könnten die MINT-Profis tun? – Interaktive Aushandlungsprozesse von Grundschulkindern zu einem komplexen MINT-Problem Universität Hamburg, Deutschland Zusammenfassung MINT-Bildung hat das Ziel, neben dem Aufbau von Fachwissen über Konzepte und Theorien auch die Entwicklung spezieller Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen (kurz DAH) im MINT-Bereich zu fördern. Diese DAH sind mitunter auch als prozessbezogene Kompetenzen bekannt (OECD, 2016; GDSU, 2013). Manche dieser Fähigkeiten, wie das Experimentieren, sind eher fachspezifisch. Andere DAHs, wie das Erkunden, das Erkennen von Mustern oder das Argumentieren, sind eher überfachlicher Natur. Ein Ziel in der MINT-Bildung ist es, diese DAH nicht nur praktisch anwenden zu können, sondern auch ein (Meta-)Verständnis für sie zu entwickeln (National Research Council, 2012; Pedaste et al., 2015), da die Entwicklung von DAH als ein zentraler Faktor für die Teilhabe an einer durch MINT geprägten Gesellschaft anzusehen ist (OECD, 2016). Obwohl die Bedeutung der DAH im MINT-Unterricht anerkannt wird, zeigen Studien, dass diese Fähigkeiten zwar häufig im Unterricht eingesetzt werden, aber ein bewusstes Nachdenken und Reflektieren über die DAH nur selten stattfindet (Forbes et al., 2013; Nehring et al., 2016). Dies steht im Widerspruch zu zahlreichen Forschungsarbeiten aus verschiedenen Bildungsstufen, die betonen, wie wichtig es ist, die DAH gezielt anzusprechen und bewusst zu fördern, um ihre Entwicklung nachhaltig zu unterstützen (Grygier et al., 2008; Kruit et al., 2017; Vorholzer, 2016). Im Projekt DearH_MINT[1] werden im Rahmen eines Design-Based-Research-Ansatzes Lernumgebungen entwickelt und erprobt, die MINT-spezifische DAH adressieren. Ziel der Studie ist es, sowohl fachliche Lernzuwächse als auch Veränderungen in der Partizipation von Schüler*innen im integrativen MINT-Unterricht zu erfassen. Eine zentrale Fragestellung dabei lautet: Wie handeln Kinder in gemeinsamen Arbeitsphasen ein Verständnis der DAH aus? Im Rahmen einer projektbasierten Unterrichtswoche setzen sich die Schüler*innen zweier Gruppen (Interventions- und Kontrollgruppe) vertiefend mit verschiedenen Teilaspekten des Bauvorhabens eines Schattenspenders auseinander. Im Fokus stehen forschungsbezogene Tätigkeiten wie die Durchführung von Experimenten zur Lichtausbreitung, die Ermittlung von Schattenflächen mithilfe von Plättchen sowie die Untersuchung relevanter Materialeigenschaften (z. B. Stabilität, Biegsamkeit, Lichtdurchlässigkeit). Der Unterricht in der Interventionsgruppe ist explizit auf die Vermittlung und den Aufbau zentraler MINT-DAH ausgerichtet. Dabei werden integrative sowie bereichsübergreifende Elemente eingebunden. In den Kontrollklassen werden vergleichbare fachliche Inhalte unterrichtet – jedoch ohne explizite MINT-DAH -Verknüpfungen. In der anschließenden Transferphase bearbeiten die Schüler*innen in Kleingruppen (jeweils drei Kinder) ein komplexes MINT-Problem – den Bau einer Rutsche für den Schulhof. Diese Phase erfolgt selbstständig und ohne direkte Unterstützung durch Erwachsene. Dabei stehen Fragestellungen wie die optimale Größe der Stellfläche sowie die Auswahl geeigneter Materialien im Zentrum der Auseinandersetzung. Neben der quantitativen Analyse der durch Kinderäußerungen rekonstruierbaren Wissensdomänen werden ausgewählte Transfersituationen auch qualitativ untersucht. Der vorliegende Beitrag fokussiert die im Rahmen von Interaktionsanalysen (Schütte, Friesen & Jung, 2019) qualitativ gewonnenen Ergebnisse. Anhand konkreter Gesprächssequenzen wird rekonstruiert, welche fachlichen Inhalte sowie DAHs von den Kindern in der Transferphase aufgegriffen und weiterentwickelt werden. Es wird untersucht, wie sich interaktive Aushandlungsprozesse in den Gruppen gestalten und welche Potenziale sowie Herausforderungen mit der digitalen Umsetzung des Projekts – insbesondere durch die Nutzung eines digitalen Forschungsbuchs in der App Book Creator – einhergehen. Die Analyse verfolgt dabei zwei Perspektiven: Einerseits wird die inhaltliche Ebene beleuchtet. Hier steht im Fokus, inwiefern zentrale Inhalte und DAH aus der Projektwoche in der Transferphase erneut verhandelt werden und wie die Kinder die Komplexität des MINT-Problems in ihre Aushandlungsprozesse integrieren. Andererseits wird das digitale Setting reflektiert und im Kontext des digitalen Wandels im Primarbereich diskutiert. [1] Das Projekt „Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen beim MINT-Lernen in der Grundschule“ (DearH_MINT) ist ein Verbundvorhaben der Universität Hamburg und der Universität Leipzig und wird gefördert vom Bildungsministerium für Bildung und Forschung. Literaturverzeichnis Gesellschaft für die Didaktik des Sachunterrichts (GDSU). (2013). Perspektivrahmen Sach-unterricht. Klinkhardt. Grygier, P. (2008). Wissenschaftsverständnis von Grundschülern im Sachunterricht. Klink-hardt. Kruit, P.M.; Oostdam, R.J.; van den Berg, E. & Schuitema J. A. (2018) Effects of explicit instruction on the acquisition of students’ science inquiry skills in grades 5 and 6 of primary education, International Journal of Science Education, 40, 421-441 National Research Council. (2012). A framework for K-12 science education: Practices, crosscutting concepts, and core ideas. Committee on a Conceptual Framework for New K-12 Science. OECD. (2016). PISA 2015 Assessment and Analytical Framework: Science, Reading, Mathematic and Financial Literacy. PISA. OECD Publishing. Pedaste, M., Mäeots, M., Siiman, L. A., Jong, T. de, van Riesen, S. A., Kamp, E. T., Manoli, C. C., Zacharia, Z. C. & Tsourlidaki, E. (2015). Phases of inquiry-based learning: Defini-tions and the inquiry cycle. Educational Research Review 14, 47–61. Schütte, M., Friesen, R.-A., & Jung, J. (2019). Interactional analysis. A method for analysing mathematical learning processes in interactions. In G. Kaiser, & N. Presmeg (Hrsg.), Compendium for Early Career Researchers in Mathematics Education. ICME-13 Monograph (S. 101-129). Cham: Springer. Vorholzer, A. ( Wie lassen sich Kompetenzen des experimentellen Denkens und Arbeitens fördern? Eine empirische Untersuchung eines expliziten und eines impliziten Instruktionsansatzes. Bd. 197. Berlin: Logos. |