Veranstaltungsprogramm

Sitzung
E04: Netzwerke
Zeit:
Montag, 29.09.2025:
11:15 - 12:45

Chair der Sitzung: Eric Eichkorn
Ort: S18

Seminarraum 1. Obergeschoss

Präsentationen

Professionelle Lerngemeinschaften zur Entwicklung von Lehr-Lern-Angeboten im MINT-Bereich - Ein Scoping Review

Stefanie Hartmann, Steffen Schaal

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Deutschland

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund

Digitale Technologien finden im MINT-Unterricht findet, mit Ausnahme von wenigen Leuchtturmprojekten, nur sehr langsam Einzug in die deutschen Klassenzimmer. Geht es über die Präsentation von Inhalten hinaus, liegt die Nutzungshäufigkeit digitaler Anwendungen laut der ICILS Studie in Deutschland signifikant unter den internationalen sowie EU-weiten Werten (Eickelmann et al., 2019, S. 18). Digitale Technologien zur Anreicherung und Differenzierung in MINT-Fächern lassen sich insbesondere an außerschulischen Lernorten einsetzen (Schaal, 2020). Eine Bedarfsanalyse im Rahmen des Verbundprojekts lernen:digital (Hartmann et al., 2025) zeigte, dass Lehrkräfte sich die Nutzung dieser Technologien durchaus zutrauen, ihre Fähigkeiten für die Erstellung digitaler Anwendungen jedoch nicht sehr hoch einschätzen. Daher sind innovative Ansätze und Kooperationsmöglichkeiten nötig, um Lehrkräften in der ko-konstruktive Entwicklungen von digitalen Unterrichtsmaterial zu unterstützen. Ein Konzept für die Professionalisierung von Lehrkräften, im Rahmen dessen gemeinsam praxisnahe und digitalitätsbezogene Exkursionskonzepte ko-konstruktiv entwickelt werden, sind professionelle Lerngemeinschaften (PLGs). Diese setzen sich aus Lehrkräften zusammen, die gemeinsam einen Beitrag zur Unterrichtsentwicklung leisten wollen und sich diesbezüglich auf eine gelungene Unterrichtspraxis fokussieren (Kansteiner et al., 2020). Der Arbeit von PLGs, , die in einem ko-konstruktiven Prozess vorliegende Probleme lösen und Ideen für Unterricht entwickeln, erzielen unter anderem laut Warwas und Schadt eine positive Wirkung (2020).

Fragestellung

In der Literatur finden sich unterschiedliche Definitionen und Operationalisierungen bezüglich der Ausgestaltung und Arbeit in PLGs (Warwas & Schadt, 2020). Des Weiteren zeigen Metaanalysen zu PLGs (Lomos et al., 2011; Timperley et al., 2007; Stoll, 2006), Schwierigkeiten darin auf, zu differenzieren ob Beiträge empirisch oder lediglich erfahrungsbasiert begründet werden. Das erschwert empirische Untersuchungen bspw. zur Wirksamkeit von PLGs. Für eine Systematisierung der theoretischen Zugänge und einen Vergleich der Zusammensetzung, Zusammenarbeit sowie Wirksamkeit unterschiedlicher PLGs wird daher eine Scoping Review (ScR) durchgeführt.

Forschungsmethodik

Um einen Überblick über die vorhandene Literatur zu PLGs zu gewinnen, eignet sich eine ScR eher als eine Systematic Literature Review, da sich der Themenbereich nicht an einer einzelnen engen Fragestellung orientiert, sondern einen breiteten Rahmen erlaubt (Arksey et al., 2005). Für die ScR wurde deutsch- und englischsprachige Literatur zu PLGs im MINT-/STEM-Bereich gemäß PRISMAScR (Tricco et al. 2018) untersucht und systematisiert. Das Screening der Titel und Abstracts erfolgt unter Verwendung der Large Language Models (LLM) Gemini Advanced 1.5 Pro und Gemini Advanced 2.5 Pro, da diese im Vergleich zu anderen LLMs, wie ChatGPT oder Claude, eine hohe Kontextlänge für die kohärente Verarbeitung von großen Datenmengen erlauben (Eagle, 2025) . Nach der Literaturauswahl und dem Screening wird der Aufbau, Ablauf und Zielsetzung, theoretischen Zugängen sowie Ergebnisauswertung von verschiedenen PLGs systematisiert, eine Clusteranalyse durchgeführt und eine ergänzende KI-basierte Validierung nach Campos et al. (2024) vorgenommen.

Ergebnisse

4.115 Datenquellen wurden über fünf Datenbanken wie bspw. ERIC und BASE ausfindig gemacht. Die Menge an Literatur aus dem asiatischen Raum lässt bereits nach einem vorläufigen Screening auf eine größere Verbreitung als im europäischen Raum schließen. Die ScR hat zum Ziel, einen Leitfaden zu präsentieren, welcher (i) die vorliegenden, divergierenden Verständnisse (der Arbeit) von PLGs vergleichend darlegt und harmonisiert, um als (ii) Grundlage für eine gelingende Zusammenarbeit bei der Konzeption von didaktischen, digitalen Produkten für außerschulische Lernorte zu dienen. Der ScR wird 06/2025 abgeschlossen.

Diskussion und Ausblick

Die Ergebnissen des ScR präsentieren und diskutieren Erkenntnisse bezüglich der Zusammensetzung, Zusammenarbeit und Wirksamkeit von PLGs, sofern diese empirisch gemessen werden können,. Für die Lehrkräftebildung könnte das bedeuten, dass Kompetenzen zur Kollaboration und Ko-Konstruktion gefördert werden müssen, um langfristig in PLGs wirksam arbeiten zu können, sodass digitale Technologien mit Schüler:innen an außerschulischen Lernorten sinnstiftend eingesetzt werden können.

Literaturverzeichnis

- Arksey, H., & O’Malley, L. (2005). Scoping studies: Towards a methodological framework. International Journal of Social Research Methodology, 8(1), 19–32. https://doi.org/10.1080/1364557032000119616

- Campos, D.G., Fütterer, T., Gfrörer, T. … & Scherer, R. (2024). Screening Smarter, Not Harder: A Comparative Analysis of Machine Learning Screening Algorithms and Heuristic Stopping Criteria for Systematic Reviews Educational Research. Educational Psychology Revue, 36, 19. https://doi.org/10.1007/s10648-024-09862-5

- Eagle, D. (2025, 28. Januar). Who Wrote it Better? A Definitive Guide to Claude vs. ChatGPT vs. Gemini. Type blog. https://blog.type.ai/post/claude-vs-gpt

- Eickelmann, B., Bos, W., Gerick, J., ... & Vahrenhold, J. (Eds.). (2019): ICILS 2018# Deutschland: computer und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im zweiten internationalen Vergleich und Kompetenzen im Bereich Computational Thinking. Waxmann Verlag

- Hartmann, S., Muth, M., Schaal, S. (2025): Probleme verstehen und Bedarf erkennen: Bedürfnisse von Lehrkräften zur digitalgestützten Exkursionsdidaktik. Erziehung und Unterricht 175 (3-4) , 244-251.

- Kansteiner, K., Stamann, C. & Rist, M. (2020). Merkmale Professioneller Lerngemeinschaften–Analyse ihrer konzeptuellen Herkunft und Möglichkeiten ihrer Systematisierung. In: K. Kansteiner, C. Stamann, Claus G., Buhren und Peter Theurl (Hg.), Professionelle Lerngemeinschaften als Entwicklungsinstrument im Bildungswesen (1. Aufl., S. 16-36). Beltz Juventa.

- Lomos, C., Hofman, R. H. & Bosker, R. J. (2011). Professional communities and student achievement–a metaanalysis. School Effectiveness and School Improvement, 22(2), 121148.

- Schaal, S. (2020). Location-based games for geography and environmental education. In N. Walshe & G. Healy (eds.), Geography Education in the Digital World (S. 168-178). Routledge.

- Stoll, L. et al. (2006). Professional Learning Communities: A Review of the Literature. Journal of Educational Change, 7, 221-258. https://doi.org/10.1007/s10833-006-0001-8

- Timperley, H., Wilson, A., Barrar, H. & Fung, I. (2007). Teacher Professional Learning and Development: Best Evidence Synthesis Iteration. Wellington, New Zealand: Ministry of Education.

- Tricco, AC, Lillie, E, Zarin, W, O'Brien, KK, Colquhoun, H, Levac, D, Moher, D, Peters, MD, Horsley, T, Weeks, L, Hempel, S et al. (2018). PRISMA extension for scoping reviews (PRISMA-ScR): Checklist and Explanation. Annals of Internal Medicine, 169(7), 467-473. doi: 10.7326/M18-0850

- Warwas, J. & Schadt, C. (2020). Zur Modellierung Professioneller Lerngemeinschaften– Vergleich und Integration unterschiedlicher Ansätze. In: K. Kansteiner, C. Stamann, Claus G., Buhren und Peter Theurl (Hg.), Professionelle Lerngemeinschaften als Entwicklungsinstrument im Bildungswesen (1. Aufl.S.37-48). Beltz Juventa.



Der Gemeinsame Fortbildungstag – Eine ressourcenschonende Alternative für die Lehrkräftefortbildung

Maren Muth, Rebekka Siedler, Stefanie Hartmann, Steffen Schaal

PH Ludwigsburg, Deutschland

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund

Aktuelle Studien wie das Schulbarometer (Jude et al., 2024) verdeutlichen einen dringenden Fortbildungsbedarf im Bereich digitaler Lehr- und Lernformate. Viele Lehrkräfte wünschen sich Unterstützung bei der Implementierung digitaler Technologien in den Unterricht, setzen diese jedoch nach Fortbildungen häufig nicht um. Zusätzlich zeigt eine Bedarfserhebung zum Einsatz mobiler, ortsbezogener Lernanwendungen (Hartmann, Muth & Schaal, 2025), dass Lehrkräfte fehlende Zeit, technologische Infrastruktur und Know-how als zentrale Hinderungsgründe benennen. Laut Lipowsky und Rzejak (2021) sollten Fortbildungen zur digitalen Kompetenzförderung praxisnah, theoriegeleitet, nachhaltig und adressatengerecht gestaltet sein. Starkey (2019) betont, dass insbesondere Formate mit einer engen Verknüpfung von Theorie und Praxis, kollegialer Zusammenarbeit und produktorientierten Phasen nachhaltige Effekte auf die berufliche Handlungskompetenz haben.

Fragestellung

Wie kann ein ressourcenschonendes Fortbildungskonzept gestaltet werden, das Lehrkräfte bei der Entwicklung und Implementierung digitaler Unterrichtselemente unterstützt? Welche Wirksamkeit entfaltet dabei die Zusammenarbeit in Professionellen Lerngemeinschaften (PLG) aus Lehrkräften mit Unterstützung von Wissenschaftler:innen, insbesondere in Bezug auf die Entwicklung digitaler Produkte für den Biologieunterricht?

Methode

Das Konzept des Gemeinsamen Fortbildungstags (GFT) wurde an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg entwickelt und pilotiert. Es kombiniert (i) eine Fortbildung für Biologielehrkräfte mit einem (ii) parallelen Lernangebot für Schulklassen im Lehr-Lern-Labor des Instituts für Biologie. Die Fortbildung fokussiert digitale Exkursionsdidaktik und integriert eine Co-Design-Phase in PLGs, angelehnt an den Experiential Learning Cycle nach Kolb (1984). Ziel ist die ko-konstruktive Entwicklung, Erprobung und Reflexion ortsbezogener Lehr-Lern-Anlässe mit digitaler Unterstützung. Die Prozessqualität der Maßnahme wurde mittels standardisiertem Fragebogen (Richter & Richter, 2024) entlang der Dimensionen Struktur und Klarheit, Praxisbezug, kognitive Aktivierung sowie Austauschmöglichkeiten durch 12 Teilnehmende beurteilt (Skala: 1 = stimme überhaupt nicht zu bis 4 = stimme voll zu; Karbstein et al., eingereicht). Ergänzend wurden die in den PLGs entstandenen digitalen Produkte dokumentiert und leitfadengestützte Interviews zur Wahrnehmung der Zusammenarbeit geführt.

Ergebnisse

Die Auswertung der Daten weist in der Einschätzung der Teilnehmer: innen auf eine hohe Prozessqualität hin. Besonders hohe Zustimmungswerte erreichten die Bereiche Struktur und Klarheit (M = 3,65; SD = 0,30), Austauschmöglichkeiten (M = 3,47; SD = 0,50), Praxisbezug (M = 3,40; SD = 0,43) und kognitive Aktivierung (M = 3,29; SD = 0,38). Diese Ergebnisse weisen auf eine hohe Zufriedenheit mit der Konzeption und Durchführung der Fortbildung hin (Karbstein et al., eingereicht). Erste Einblicke in die qualitativen erhobenen Daten zeigen, dass die Co-Design-Phase in PLGs die aktive Auseinandersetzung mit digitalen Tools sowie deren Integration in den Unterricht befördert hat. Die systematische Auswertung der Interviews sowie der digitalen Bildungsprodukte erfolgt im Sommer 2025.

Literaturverzeichnis

Hartmann, S., Muth, M., & Schaal, S. Probleme verstehen und Bedarf erkennen: Anforderungen und Bedürfnisse von Lehrkräften zur digital gestützten Exkursionsdidaktik. Erziehung & Unterricht: Österreichische pädagogische Zeitschrift, (3–4), 244–251.

Jude, N., Klusmann, U., Selcik, F., Sichma, A., Richter, D., & Wolf, D. (2024). Deutsches Schulbarometer 2024: Befragung von Schüler:innen. Robert Bosch Stiftung.

Karbstein, R., Hartmann, S., Muth, M., & Schaal, S. (2025). Der Gemeinsame Fortbildungstag als ressourcenschonende Lösung für digitale Kompetenzförderung in der schulischen Unterrichtsgestaltung. Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik – LBzM, 25, 1–4. Manuskript eingereicht zur Veröffentlichung.

Knezek, G., & Christensen, R. (2016). Extending the will, skill, tool model of technology integration: Adding pedagogy as a new model construct. Journal of Computing in Higher Education, 28(3), 307-325. https://doi.org/10.1007/s12528-016-9120-2

Kolb, D. A. (1984). Experiential learning: Experience as the source of learning and development. Englewood Cliffs, NJ: Prentice Hall.

Lipowsky, F., & Rzejak, D. (2021). Fortbildungen für Lehrpersonen wirksam gestalten: Ein praxisorientierter und forschungsgestützter Leitfaden. Bertelsmann Stiftung.

Rolff, H. G. (2014). Professionelle Lerngemeinschaften als Königsweg von Unterrichtsentwicklung. In A. Helmke, A. Lipowsky, J. Fend, & S. Wernke (Hrsg.), Schulentwicklung und Schulwirksamkeit als Forschungsfeld: Theorieansätze und Forschungserkenntnisse zum schulischen Wandel (S. 195–217). Waxmann.

Starkey, L. (2019). A review of research exploring teacher preparation for the digital age. Cambridge Journal of Education, 50(1), 37-56. https://doi.org/10.1080/0305764X.2019.1625867



Lehrkräftebildung im Netzwerk: Implementation und Herausforderungen digitaler Innovationen im (Fremd-)Sprachenunterricht

Annika Janßen1, DigiNICs Autor:innengruppe1,2,3,4

1Goethe-Universität Frankfurt am Main; 2Eberhard Karls Universität Tübingen; 3PH Heidelberg (ehem. TU Dortmund); 4TU Chemnitz

Zusammenfassung

Das Verbundprojekt DigiNICs (Digital gestützte Networked Improvement Communities zur Stärkung digitaler Souveränität in den Fächern sprachlicher Bildung) verfolgt das Ziel, die digitale Text- und Kommunikationssouveränität (DiTeKoS) von Lehrkräften in den Fächern Deutsch und Englisch zu fördern. DiTeKoS beinhaltet hierbei die Kompetenz, digitale Texte und Kommunikationsformen in den sprachlichen Fächern selbstbestimmt, reflektiert, kritisch und fachdidaktisch fundiert analysieren, vermitteln und produktiv nutzen zu können (Janßen & Viebrock, 2024). Im Zentrum des Projekts steht die kontinuierliche Professionalisierung von Lehrkräften mithilfe von Networked Improvement Communities (NICs), die als längerfristige, praxisnahe Fortbildungsnetzwerke aus Lehrkräften, Schulleitungen, Wissenschaftler:innen, Weiterbildenden, Bildungspartner:innen und politischen Stakeholdern bestehen. NICs ermöglichen eine kollaborative Entwicklung, Erprobung, Evaluation und nachhaltige Implementation innovativer Unterrichtskonzepte für den (Fremd-)Sprachenunterricht in der digitalen Welt.

Vor dem Hintergrund einer designbasierten Implementationsforschung (DBIR; Fishman et al., 2013) untersucht DigiNICs, unter welchen Bedingungen diese Netzwerk-Communities in schulischen Settings sich (nicht) etablieren, tragfähig und verstetigbar sind. DBIR verknüpft dabei empirische Erkenntnisse aus der Wissenschaft mit partizipativen Entwicklungsprozessen in komplexen, institutionellen Praxiskontexten und fokussiert auf eine dort eigenständige Implementation. Zu diesen Bedingungen und Prozessen wurden quantitative Daten über einen im Verbundprojekt entwickelten Fragebogen, der alle NIC-Beteiligten befragte, sowie qualitative Daten in Form von Interviews mit Lehrkräften bzw. Beobachtungsprotokollen aus NIC-Treffen in den Teilprojekten erhoben.

Erste Auswertungen der Daten zeigen, dass Lehrkräfte das Potenzial der Vernetzung schätzen – insbesondere den Erfahrungsaustausch, die gemeinsame Unterrichtsentwicklung und den Perspektivwechsel zwischen Schule und Wissenschaft (Janßen et al., im Druck; Leonhardt et al., eingereicht). Zudem ergeben sich Möglichkeiten der fächerübergreifenden Auseinandersetzung mit allgemeinpädagogischen Themen, wie z.B. der Leseförderung, der Diagnostik und der Programmevaluation. Gleichzeitig weisen die Daten darauf hin, dass die Netzwerkstrukturen nur durch kontinuierliche Unterstützung aufrechterhalten werden können. Diese Herausforderungen werden verstärkt, wenn eine Ressourcenallokation nicht auch einem netzwerkbasierten Ansatz folgt. Als hinderliche Aspekte im schulischen Kontext werden – empirisch nicht unbekannt (Schrader et al., 2020) – vor allem Zeitmangel, fehlende institutionelle Anreize sowie curriculare Engführungen benannt.

Die inhaltsanalytischen und dokumentarischen Interviewanalysen zeigen zudem, dass im Hinblick auf die Professionalisierung von Lehrkräften die Dimensionen von DiTeKoS zwar als relevantes Kompetenzziel anerkannt, diese in der eigenen Unterrichtspraxis jedoch oft nur selektiv umgesetzt werden – mit Fokus auf funktionale und sprachliche Aspekte, während kritische und ästhetische Zugänge (z.B. systematische Reflexionen über algorithmische Strukturen oder das Konzept der Autor:innenschaft digitaler Texte) seltener vorkommen (vgl. Janßen et al., im Druck). Diese Diskrepanz zwischen Anspruch und gelebter Praxis verweist auf weiterhin bestehende professionelle Entwicklungsbedarfe, aber auch auf strukturelle Limitationen sowie den hierarchischen Habitus schulischer Entwicklungsprozesse (Marci-Boehncke & Blume, eingereicht).

Aufbauend auf den Dimensionen des DiTeKoS-Kompetenzmodell werden empirische Befunde zur Frage präsentiert, wie und unter welchen Bedingungen NICs als digitale bzw. lokale Steuerungsinstrumente auf den Transfer und die Implementation von Angeboten zur Stärkung digitaler Souveränität bei Lehrpersonen wirken können. Es werden Einblicke in subjektive Orientierungen von Lehrkräften, die Gestaltung schulischer Rahmenbedingungen und Anforderungen an zukünftige Unterstützungsangebote gegeben. Dabei wird diskutiert, wie digitalisierungsbezogene Professionalisierung durch NICs wirkungsvoll verankert werden kann – jenseits punktueller Fortbildungen und unter Berücksichtigung der alltäglichen Herausforderungen schulischer Praxis. Abschließend plädiert der Beitrag für eine realitätsnahe, forschungsgestützte Weiterentwicklung der Lehrer:innenfortbildung im digitalen Wandel. Die Ergebnisse aus DigiNICs zeigen in Übereinstimmung mit vorhandenen Befunden (Rzejak & Lipowski 2019; van Ackeren et al. 2019), dass gelingende Fortbildung nicht nur fachlich fundiert, sondern auch institutionell anschlussfähig und systematisch begleitet sein muss. Damit wird ein Impuls gesetzt für zukunftsgerichtete Konzepte der Lehrer:innenbildung, die sowohl Forschungsperspektiven als auch schulische Praxis systematisch integrieren.

Literaturverzeichnis

Fishman, B. J., Penuel, W. R., Allen, A.-R., Cheng, B. H., & Sabelli, N. (2013). Design-based implementation research. Theories, methods, and exemplars. Yearbook of the National Society for the Study of Education, 112(2), 136–156.

Janßen, A., Leonhardt, J.-E., Kemmerer, A., & Viebrock, B. (im Druck). Digital Text and Communication Literacy of English Language Teachers: Insights from Reconstructive Research and Implications for Teachers’ Professional Development. Journal of Media Literacy Education, 17(3).

Janßen, A. & Viebrock, B. (2024). Digitale Text- und Kommunikationssouveränität von Englischlehrer*innen fördern: Konzeptuelle Modellierung eines Text- und Kommunikationsbegriffs im Kontext digitaler Transformation. k:ON – Kölner Journal für Lehrer*innenbildung, 8, 328–341.

Leonhardt, J.-E., Janßen, A., Kemmerer, A., & Viebrock, B. (eingereicht). Is there only so much we can do to foster digital literacy? Structural and institutional challenges in in-service language teacher education. In T. Summer, K.-H. Gerholz, & R. Kaplan-Rakowski (Hrsg.), Fostering digital competence in social sciences and language education.

Marci-Boehncke, G. & Blume, C. (eingereicht). Digital competence and discourses of power in initial and further language teacher education. In T. Summer, K.-H. Gerholz & R. Kaplan-Rakowski (Hrsg.), Fostering digital competence in social sciences and language education. Routledge.

Rzejak, D. & Lipowsky, F. (2019). Forschungsüberblick zu Merkmalen wirksamer Lehrerfortbildungen. In P. Daschner & R. Hanisch (Hrsg.), Lehrkräftefortbildung in Deutschland: Bestandsaufnahme und Orientierung. Teil 1 (S. 131–140). Beltz Juventa.

Schrader, J., Hasselhorn, M., Hetfleisch, P., & Goeze, A. (2020). Stichwortbeitrag Implementationsforschung: Wie Wissenschaft zu Verbesserungen im Bildungssystem beitragen kann. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 23(1), 9–59. https://doi.org/10.1007/s11618-020-00927-z

van Ackeren, I., Aufenanger, S., Eickelmann, B., Friedrich, S., Kammerl, R., Knopf, J., Mayrberger, K., Scheika, H., Scheiter, K. & Schiefner-Rohs, M. (2019). Digitalisierung in der Lehrerbildung. Herausforderungen, Entwicklungsfelder und Förderung von Gesamtkonzepten. DDS – Die Deutsche Schule, 111(1), 103–119.