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Sitzungsübersicht
Sitzung
S12: Lernen mit KI im Englischunterricht anhand anonymisierter Unterrichtsvideos: Konzeption und Evaluation einer Lehrkräftefortbildung
Zeit:
Dienstag, 30.09.2025:
10:30 - 12:00

Ort: H02

Hörsaal Erdgeschoss

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Präsentationen

Lernen mit KI im Englischunterricht anhand anonymisierter Unterrichtsvideos: Konzeption und Evaluation einer Lehrkräftefortbildung

Chair(s): Subin Nijhawan (Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland), Sebastian Breitenbach (Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland), Iuliia Pliushch (Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland), Holger Horz (Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland), Britta Viebrock (Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland)

Diskutant:in(nen): Frauke Matz (Universität Münster), Marius Ritter (Universität Münster)

Zusammenfassung

Die digitale Transformation schulischer Bildung stellt nicht nur technologische, sondern insbesondere auch didaktische Herausforderungen. Unser Symposium widmet sich der Frage, wie KI-basierte Tools in der Lehrkräftebildung im Fach Englisch didaktisch fundiert, kritisch-reflexiv und wissenschaftlich begleitet eingeführt werden können. Im Fokus stehen videobasierte Online-Fortbildungsmodule, die am Standort Frankfurt im Rahmen des BMBF-geförderten ViFoNet-Verbundprojekts entwickelt und erprobt wurden. Dabei werden empirische Ergebnisse aus pädagogischer Psychologie, englischer Fachdidaktik und Informatik miteinander verzahnt.

Der erste Beitrag von Subin Nijhawan beleuchtet aus der Perspektive der englischsprachigen Fachdidaktik das inhaltliche Fortbildungskonzept sowie die qualitative Auswertung der Freitextantworten und Portfolioaufgaben der Fortbildungsteilnehmenden, um die Sicht der Lehrkräfte in den Mittelpunkt zu stellen. Dabei geht es um die Frage, wie KI-Einsatz im Englischunterricht zuerst aus fachlicher Sicht, in Einklang mit den curricularen Inhalten und Querschnittsthemen, geplant und didaktisch reflektiert wird und welche neuen Spannungsfelder sich zeigen, z. B. zwischen sprachdidaktischen Zielen, ethischen Fragen und technischer Machbarkeit. Die Analyse gibt Einblicke in die Wirkung der Module auf die professionsbezogene Haltung und das Verständnis von KI-basiertem Unterricht der Lehrkräfte. Außerdem wird der weitere Fortbildungsbedarf aus den Augen der Teilnehmenden hinsichtlich Ihrer KI-Kompetenzen für den Unterricht erkennbar.

Im zweiten Beitrag stellt Sebastian Breitenbach die Ergebnisse der quantitativen Evaluation der Fortbildungsmodule vor. Die Erhebung basiert auf Prä-Post-Messungen mit Lehrkräften der ersten beiden Fortbildungsdurchgänge (N ≈ 50). Berichtet werden deskriptivstatistische Ergebnisse (z.B. Transferklima, Nützlichkeit der Videos, Transfermotivation, Technologieakzeptanz, situationales Interesse, Ergebnisse der Endevaluation) und inferenzstatistische Prüfungen von (1) der selbsteingeschätzten KI-Kompetenz (Eigenentwicklung, Irion et al., 2025, eingereicht), (2) der AI-Literacy-Scale nach Hornberger, Bewersdorff & Nerdel (2023), (3) einem selbstentwickelten KI-Wissenstest für Lehrkräfte (auf Basis von Ng et al., 2021; Dimitriadou & Lanitis, 2023; Lorenz & Romeike 2023), (4) der Selbstwirksamkeit im Umgang mit digitalen Medien (Jerusalem & Schwarzer, 2003) und (5) den selbsteingeschätzten digitalen Kompetenzen (Quast, Rubach & Porsch, 2023), jeweils unter Berücksichtigung demographischer Faktoren (Berufserfahrung, Alter, unterrichtete Schulform, etc.). Die Ergebnisse werden in den aktuellen Forschungskontext eingeordnet (Deng & Yu, 2023; Ning et al., 2025; Lintner, 2024).

Im dritten Beitrag werden von Iuliia Pliushch die informatischen Grundlagen und forschungspraktischen Implikationen des eingesetzten Anonymisierungsverfahrens für Unterrichtsvideos diskutiert. Da eine manuelle Anonymisierung äußerst zeitaufwändig wäre, bietet der Einsatz von machine learning-basierter bilderkennender und –verarbeitender Verfahren eine praktikable Alternative, eine anonymisierte Version der authentischen Unterrichtsvideos zu produzieren. Ausgehend von den didaktischen und rechtlichen Anforderungen an eine Anonymisierung in einem Unterrichtsszenario wird die Implementierung eines konkreten machine learning-basierten Ansatzes (basierend u.a. auf Li. et al., 2019, Deng et al., 2019 und Wojke et. al., 2017) vorgestellt und dessen Wirkung auf die Fortbildungsteilnehmenden präsentiert. Ziel ist es, den Transfer komplexer digitaler Konzepte in der Lehrkräftebildung greifbar zu machen.

Die Diskutant:innen Prof. Dr. Frauke Matz und Marius Ritter (Universität Münster) bringen Expertise aus ihrer aktuellen Forschung zu digitalem Lehren und Lernen im Fremdsprachenunterricht ein. Die Verbindung von videobasierten Lehr-/Lernmodulen zum Zwecke der Theorie-Praxis-Integration wird im Kontext des hier vorgestellten Projekts thematisiert. Sie setzen die Beiträge in Beziehung zueinander, diskutieren diese kritisch und öffnen den Blick für Anschlussfragen im Plenum hinsichtlich des Transfers, der Dissemination, der Professionalisierung und der institutionellen Verankerung in der digitalen Lehrkräftebildung.

Das Symposium zeigt, wie interdisziplinär entwickelte Fortbildungsformate die digitale Transformation im Fachunterricht nicht nur technisch, sondern bildungstheoretisch und ethisch begleiten können. Es adressiert zentrale Herausforderungen der aktuellen Lehrkräftebildung – etwa die Förderung von critical digital literacy, den reflektierten Einsatz von KI sowie den Schutz personenbezogener Daten – und verbindet diese mit konkreten didaktischen Handlungsperspektiven für den Englischunterricht.

Literaturverzeichnis

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Deng, X., & Yu, Z. (2023). A meta-analysis and systematic review of the effect of chatbot technology use in sustainable education. Sustainability, 15(4), 2940. https://doi.org/10.3390/su15042940

Deng, Y., Yang, J., Xu, S., Chen, D., Jia, Y., & Tong, X. (2019). Accurate 3d face reconstruction with weakly-supervised learning: From single image to image set. IEEE/CVF Conference on Computer Vision and Pattern Recognition workshops (CVPR). https://github.com/sicxu/Deep3DFaceRecon_pytorch.

Dimitriadou, E. & Lanitis, A. (2023). A critical evaluation, challenges, and future perspectives of using artificial intelligence and emerging technologies in smart classrooms. Smart Learning Environments, 10, 12. https://doi.org/10.1186/s40561-023-00231-3

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Gegenfurtner, A. (2020). Testing the gender similarities hypothesis: differences in subjective task value and motivation to transfer training. Human Resource Development International, 23(3), 309–320. https://doi.org/10.1080/13678868.2018.1449547

Hornberger, M., Bewersdorff, A. & Nerdel, C. (2023). What do university students know about Artificial Intelligence? Development and validation of an AI literacy test. Computers and Education: Artificial Intelligence, 5, 100165. https://doi.org/10.1016/j.caeai.2023.100165

Hwang, Y., Lee, J. H., & Shin, D. (2023). What is prompt literacy? An exploratory study of language learners' development of new literacy skill using generative AI. arXiv preprint arXiv:2311.05373.

Irion, M.; Breitenbach, S.; Korell, J. L. & Ißler, R. (2025, eingereicht): KI-bezogene Kompetenzen von Französisch- und Spanischlehrkräften - eine empirische Untersuchung.

Jerusalem, M., & Schwarzer, R. (2003). SWE - Skala zur Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung. https://doi.org/10.23668/PSYCHARCHIVES.307

Jerusalem, M., Drössler, S., Kleine, D., Klein-Heßling, J., Mittag, W. & Röder, B. (2009). Skalenbuch. Förderung von Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung im Unterricht. Skalen zur Erfassung von Lehrer und Schülermerkmalen. Humboldt-Universität.

Korell, J. L., Nijhawan, S., Ißler, R., & Viebrock, B. (2025). Fremdsprachenlernende und Künstliche Intelligenz – Eine empirische Untersuchung zu Kenntnissen, Meinungen und Nutzungsweisen von Englisch-, Französisch- und Spanischschüler:innen der Sekundarstufen I und II. Zeitschrift für Fremdsprachenforschung (ZFF), 36(1), 135–156.

Kuckartz, U. (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (3 ed.). Beltz Juventa.

Li et al. (2019). DSFD: dual shot face detector. IEEE/CVF Conference on Computer Vision and Pattern Recognition (CVPR). https://doi.org/10.1109/CVPR.2019.00520, https://github.com/hukkelas/DSFD-Pytorch-Inference.

Linnenbrink-Garcia, L., Durik, A. M., Conley, A. M., Barron, K. E., Tauer, J. M., Karabenick, S. A., & Harackiewicz, J. M. (2010). Measuring situational interest in academic domains. Educational and Psychological Measurement, 70(4), 647–671. https://doi.org/10.1177/0013164409355699

Lintner, T. (2024) A systematic review of AI literacy scales. npj Science of Learning, 9, 50. https://doi.org/10.1038/s41539-024-00264-4

Lorenz, U. & Romeike, R. (2023). What Is AI-PACK? – Outline of AI Competencies for Teaching with DPACK. In J.-P. Pellet & G. Parriaux (Hrsg.), Informatics in Schools. Beyond Bits and Bytes: Nurturing Informatics Intelligence in Education (S. 13-25). Springer.

Meudt, S.-I., Zeuch, N., Neuber, L., & Souvignier, E. (2020). Kurzskalen zur Erfassung des Transfererfolgs von Leseförderkonzepten in der Schulpraxis. https://doi.org/10.25656/01:20148

Nazaretsky, T., Ariely, M., Cukurova, M. & Alexandron, G. (2022). Teachers' trust in AI-powered educational technology and a professional development program to improve it. British Journal of Educational Technology, 53(4), 914-931. https://doi.org/10.1111/bjet.13232

Ng, D. T. K., Leung, J. K. L., Chu, S. K. W. & Qiao, M. S. (2021). Conceptualizing AI literacy: An exploratory review. Computers and Education: Artificial Intelligence, 2, 100041. https://doi.org/10.1016/j.caeai.2021.100041

Ning, Y., Zhang, W., Yao, D., Fang, B., Xu, B., & Wijaya, T. T. (2025). Development and validation of the artificial intelligence literacy scale for teachers (AILST). Education and Information Technologies. https://doi.org/10.1007/s10639-025-13347-5

Pekrun, R., Marsh, H. W., Elliot, A. J., Stockinger, K., Perry, R. P., Vogl, E., Goetz, T., van Tilburg, W. A. P., Lüdtke, O., & Vispoel, W. P. (2023). A Three-Dimensional Taxonomy of Achievement Emotions. Journal of Personality and Social Psychology, 124(1), 145-178.

Quast, J., Rubach, C., & Porsch, R. (2023). Professional digital competence beliefs of student teachers, pre-service teachers and teachers: Validating an instrument based on the DigCompEdu framework. European Journal of Teacher Education, 1–24. https://doi.org/10.1080/02619768.2023.2251663

Schmidt, T., & Strasser, T. (2022). Artificial Intelligence in Foreign Language Learning and Teaching: A CALL for Intelligent Practice. Anglistik, 33(1). https://doi.org/10.33675/ANGL/2022/1/14

Strasser, T. (2023). Schwache KIs, starke Performanz? Form und Wirkung von KI-gestützten Erklärvideos im Englischgrammatikunterricht der Sekundarstufe I. Zeitschrift für Fremdsprachenforschung (ZFF), 34(1), 75–101.

Strasser, T. (2020). Künstliche Intelligenz im Sprachunterricht. Ein Überblick. Revista Lengua y Cultura, 1(2), 1–6. https://doi.org/10.29057/lc.v1i2.5533

Wojke, N., Bewley, A., & Paulus, D. (2017). Simple online and realtime tracking with a deep association metric. IEEE International Conference on Image Processing (ICIP). https://doi.org/10.1109/ICIP.2017.8296962, https://pypi.org/project/deep-sort-realtime/.

 

Beiträge des Symposiums

 

KI-Einsatz im Englischunterricht zur Förderung von critical digital literacy: Konzeption und qualitative Evaluation eines videobasierten Fortbildungskonzepts

Subin Nijhawan, Britta Viebrock
Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland

Der Beitrag stellt ein videobasiertes Fortbildungskonzept mit digitalen Selbstlerneinheiten vor, das Englischlehrkräfte dazu befähigen soll, KI-gestützte Tools fachdidaktisch fundiert und ethisch verantwortungsvoll einzusetzen und in den Unterricht zu integrieren. Die Module wurden im Rahmen des BMBF-Verbundprojekts ViFoNet am Standort Frankfurt entwickelt und bearbeiten aktuelle fremdsprachendidaktische Fragestellungen mittels einer videografiebasierten Forschung. Ziel ist es, Lehrkräfte nicht nur technisch-funktional und mit allgemeinen bzw. fachübergreifenden KI-Kompetenzen zu qualifizieren. Insbesondere soll auch ihre fachspezifische digitale Kompetenz im Sinne einer critical digital literacy (#CDL) (Korell et al., 2025) auf Basis des curricularen Unterrichtsinhalts sowie ihre professionsbezogenen Haltungen im Umgang mit KI gestärkt werden. Für den englischsprachigen Unterricht gibt es einige wenige Vorarbeiten (z.B. De Florio-Hansen, 2024; Schmidt & Strasser, 2022; Strasser, 2020, 2023), wenn auch entweder konzeptueller oder rein evaluativer Natur. Die hier vorgestellten Module hingegen wurden theoriegeleitet entwickelt und im Rahmen der videografischen Forschung erprobt, empirisch beforscht und ausgewertet.

Das modulare Konzept orientiert sich am europäischen DigCompEdu-Framework (European Commission Joint Research Centre et al., 2017) und besteht aus aufeinander aufbauenden digitalen Selbstlerneinheiten, die mit anonymisierten Unterrichtsvideos und interaktiven Reflexionsaufgaben kombiniert sind. Die Fortbildung gliedert sich in vier inhaltliche Abschnitte:

- Modul 1 eröffnet eine persönliche Standortbestimmung und stellt empirische Befunde zu Einstellungen, Meinungen und Nutzungsweisen von Schüler:innen mit KI vor (Korell et al., 2025). Diese Erkenntnisse sollen Lehrkräfte darin unterstützen, den Gegenstand von der Seite der Lernenden mitzudenken.

- Modul 2 vermittelt technische Grundlagen und fördert gezielt prompt literacy als neue Teilkompetenz KI-basierter Lehr- und Lernkulturen (z.B. Gattupalli et al., 2023; Hwang et al., 2023).

- Modul 3a diskutiert Kriterien für KI-gestützte Lernaufgaben im Englischunterricht.

- Modul 3b bietet als Wahlpflichtmodul vier thematische Vertiefungen, die sprachdidaktische Anschlussfähigkeit mit curricularen bzw. gesellschaftlich relevanten Themenfeldern verknüpfen. Damit soll hinsichtlich eines humanistischen Bildungsbegriffs eine cognitive academic language proficiency (CALP), jenseits alltäglicher basic interpersonal communication skills (BICS) sowie Grammatikwissen und der Akquise basaler sprachlicher Werkzeuge gefördert werden:

(1) Bildung für nachhaltige Entwicklung,

(2) politische Kommunikation und Kampagnenarbeit,

(3) internationale Konflikte,

(4) Gendergerechtigkeit.

- Modul 4 thematisiert ethisch-moralische Aspekte wie Urheberrecht, Ownership, algorithmische Verzerrung und Datensicherheit und bindet die Module zu einem kohärenten #CDL-Kompetenzprofil zusammen.

Im Mittelpunkt aller Module stehen didaktisch aufbereitete Unterrichtsausschnitte, in denen Lehrkräfte und Lernende generative KI (insb. ChatGPT) im authentischen Unterricht einsetzen – etwa zur Textproduktion, Visualisierung oder Urteilsbildung. Die Möglichkeiten zur Bildgenerierung erhalten ein besonderes Augenmerk, da hier ein neuartiges und noch weiter zu erforschendes didaktisches Potential für den produktorientierten englischsprachigen Unterricht besteht. Die in der Fortbildung präsentierten Unterrichtsausschnitte wurden mittels eines datenschutzkonformen Verfahrens anonymisiert (siehe 3. Beitrag) und ermöglichen eine realitätsnahe, ethisch reflektierte Auseinandersetzung mit KI im Klassenzimmer unter strikter Einhaltung forschungsethischer Gesichtspunkte.

Der Beitrag fokussiert die konzeptuelle Gestaltung sowie die qualitative Auswertung der begleitenden Reflexionsaufgaben und Portfolios von etwa 120 Lehrkräften. Die Analyse erfolgte mit der Analysesoftware MAXQDA (vgl. Kuckartz, 2016) entlang von Kategorien jenseits der #CDL. Die Ergebnisse zeigen, dass die Module mehrheitlich als praxisnah, differenziert und unterrichtsrelevant wahrgenommen werden. Gleichzeitig äußerten Teilnehmende deutliche Unsicherheiten in Bezug auf verschiedene Dimensionen im Kontext KI. Dies unterstreicht den Bedarf an Fortbildungen, die über technische Grundlagen hinausgehen und gezielt ethische, didaktische und professionsbezogene Dimensionen adressieren und digitale Kompetenten fördern, ohne die Fachinhalte aus den Augen zu verlieren. Der Vortrag leistet somit einen theoriegeleiteten und empirisch fundierten Beitrag zur Professionalisierung von Englischlehrkräften im digitalen Wandel und zur Integration von KI als Gegenstand sprachlich-kultureller Bildung.

 

Lernen mit KI im Englischunterricht anhand anonymisierter Unterrichtsvideos: Evaluation einer Lehrkräftefortbildung –Auswertungen

Sebastian Breitenbach, Holger Horz
Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland

In diesem Beitrag werden, die quantitativen Veränderungen der Prä- und Posterhebungen nach zwei Online-Englischfortbildungen (siehe Beitrag 1) zum Thema Lernen mit KI im Englischunterricht berichtet. Insgesamt liegen vollständige Daten von N ≈ 50 Lehrkräften vor (insgesamt N=237 teilvollständige Datensätze), die sich aus allen Bundesländern rekrutierten. Die Fortbildungen wurden über die Goethe Lehrkräfteakademie (GLA) beworben und akkreditiert.

Als Instrumente kamen zwei Wissenstests zum Einsatz: (1) Die AI Literacy Scale (Hornberger et al., 2023) als ein 31-Items umfassender und validierter single-choice Wissenstest mit jeweils vier Auswahlmöglichkeiten, und (2) ein eigens entwickelter KI-Wissenstest, der an die Konzeption von AI-Literacy (Ng et al., 2021; Dimitriadou & Lanitis, 2023) und das AI-PACK-Modell (Lorenz & Romeike 2023) angelehnt ist. Dieser Wissenstest ist im Gegensatz zur allgemeinen AI Literacy Scale spezifisch auf die benötigten KI-Kompetenzen von Lehrkräften zugeschnitten, weswegen es als nötig erachtet wurde, diesen flankierend zur allgemeinen AI-Literacy Scale einzusetzen. Der Test beinhaltet 15 multiple-choice Fragen mit unterschiedlich großen Auswahlmöglichkeiten. Neben dem Wissenstest wurde auch die selbsteingeschätzte KI-Kompetenz mit einem selbst entwickelten Instrument gemessen (Irion et al., 2025, eingereicht), das im Gegensatz zu den Wissenstests auch prozedurale Komponenten beinhaltet und ebenfalls spezifisch auf Lehrkräfte ausgerichtet ist. Das Instrument beinhaltet 46 Items auf einer vierstufigen Likert-Skala. Weiterhin wurden demographische Faktoren (Geschlecht, Alter, Berufserfahrung, unterrichtete Schulform, unterrichtete Fächer), 12 meinungsbezogene KI-Einzelitems und KI-Nutzungsszenarien und -zeiten erfragt. In der Posterhebung wurde zudem eine Abschlussevaluation (vierstufige Likertskala) durchgeführt. Diese erfragt zum einen die wahrgenommene Qualität der Fortbildung (20 Items) und dokumentiert zum anderen den Umgang, die Nützlichkeit und die Einstellungen zur Arbeit mit anonymisierten Unterrichtsvideos (4 Items). Nach der Abschlussevaluation wurden die Teilnehmenden über die korrekten Antworten aus den Wissenstests informiert, z.T. mit weiteren Erklärungen. Alle Teilnehmenden haben zudem SCORM-kompatible Lernbar-Lerneinheiten bearbeitet, in denen sowohl qualitative Daten in Form von thematischen Freitextfragen als quantitative Daten in Form von single- und multiple-choice Fragen erhoben wurden (Beitrag 1). Die Teilnehmenden bearbeiteten zudem verschiedene schriftliche Aufgaben zu verschiedenen KI-spezifischen Themen.

Zusätzlich zu diesen teilprojektspezifischen Variablen wurden folgende verbundübergreifende Skalen Pre- und Post erhoben: (1) selbsteingeschätzte Selbstwirksamkeit im Umgang mit digitalen Medien (Jerusalem & Schwarzer, 2003) und (2) selbsteingeschätzte digitale Kompetenzen (Quast et al., 2023). In der Post-Erhebung wurden (3) Transferklima (Jerusalem et al., 2009), (4) Nützlichkeit der Videos (angelehnt an Beuße & Hartz, 2021), (5) Transfermotivation (Gegenfurtner, 2022), (6) Technologieakzeptanz (Meudt et al., 2020) und (7) situationales Interesse (Linnenbrink-Garcia, 2010) erhoben. Beide Fragebögen orientieren sich konzeptuell am DigCompEdu-Modell (European Commission Joint Research Centre et al., 2017). Insgesamt waren alle Teilnehmenden somit angehalten vier Fragebögen auszufüllen (Pre- und Posttest teilprojektintern, Pre- und Posttest verbundübergreifend). Die Fragebögen wurden via Personencode aggregiert.

Der Vortrag beinhaltet sowohl eine Vorstellung relevanter deskriptiver Statistiken, als auch eine inferenzstatistische Pre/Post-Prüfung von AI-Literacy-Scale, KI-Wissenstest für Lehrkräfte, selbsteingeschätze KI-Kompetenz, Selbstwirksamkeit im Umgang mit digitalen Medien und digitale Kompetenz unter Berücksichtigung der demographischen Faktoren. Die Ergebnisse werden letztlich in den aktuellen Forschungskontext eingeordnet (Deng & Yu, 2023; Ning et al., 2025; Lintner, 2024).

 

Anonymisierung authentischer Unterrichtsvideos: Anforderungen, Implementierung, Evaluation

Iuliia Pliushch, Holger Horz
Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland

Authentische Unterrichtsvideos unterliegen in der Regel dem Datenschutz und können daher oft nur eingeschränkt in Forschung und Lehre benutzt werden. Eine Möglichkeit, diesen datenschutzrechtlichen Restriktionen zu genügen, besteht in der Anonymisierung der im Video audiovisuell identifizierbaren Personen. Da eine manuelle Anonymisierung äußerst zeitaufwändig wäre, bietet der Einsatz von machine-learning-basierter bilderkennender und -verarbeitender Verfahren eine praktikable Alternative, eine visuell anonymisierte Version der authentischen Unterrichtsvideos zu produzieren. Dies geschieht durch die Überlagerung der zu anonymisierenden Gesichter durch ein anderes, künstlich generiertes Gesicht.

Dieser Symposiumsbeitrag fokussiert sich aus diesem Grund auf

1. die Diskussion videobasierter gesichtsbezogener Faktoren, die in der Lehrkräftebildung wichtig sind, z.B. Emotion (Mimik) und Blickrichtung, unter Einbeziehung der rechtlichen Rahmenbedingungen.

So gibt es generell z.B. vier unterschiedliche Komponenten einer Emotion – kognitive, motivationale, physiologische und expressive (Pekrun, 2023), von welchen primär die expressive Komponente den Videodaten direkt entnommen werden kann und auch darf. Denn die neue EU-Richtlinie 2024/1689 (European Commission, 2024) verbietet Emotionserkennungssysteme, erlaubt jedoch die Erkennung von „readily apparent expressions, gestures or movements“ (S. 18).

2. die Betrachtung des gewählten generativen Anonymisierungsansatzes, der darauf basiert, unterschiedliche Gesichtsparameter wie Gesichtsform, -textur und -ausdruck (mittels des Verfahrens von Deng et al., 2019) zu schätzen.

Diese Schätzung der Parameter eines Gesichtsmodells erlaubt daraufhin eine gezielte Änderung identitätsbezogener Gesichtsparameter.

a. Grundsätzlich ist hierbei zu beachten, dass die Anonymisierung eines einzelnen Gesichts nur eine Teilaufgabe des komplexen Videounterrichts-Anonymisierungsvorgangs darstellt. Denn ein solches Unterrichtsvideo enthält in der Regel mehrere teils von der Kamera abgewandte Gesichter, von denen jedes erkannt und auf eine einheitliche Art und Weise abgewandelt werden muss (Li et al., 2019, Wojke et al., 2017). Es ist nämlich wünschenswert, dass die Anonymisierung eines bestimmten Gesichts über die Zeit konstant bleibt.

b. Hinzu kommt die Frage nach dem Grad der notwendigen Präzision der Anonymisierung. Der vorgestellte Modellierungsansatz könnte in der Zukunft durch eine verbesserte Schätzung unterrichtsrelevanter Emotionsausdrucksparameter oder durch zusätzliche Modellierung weiterer Parameter wie Blickrichtung z.B. erweitert werden.

c. Als letztes ist hervorzuheben, dass auch der Haarbereich von zu anonymisierenden Personen in spezifischen Fällen Identitätshinweise geben kann und von daher auch in unserem Ansatz durch Blurring abgewandelt wird. Während die Gesichtsanonymisierung in Unterrichtsvideos also ein erster notwendiger Schritt ist, könnte die Anonymisierung auf weitere Elemente der Unterrichtsszene wie Ganzkörperanonymisierung in der Zukunft ausgedehnt werden.

3. die Analyse der Postdaten der Endevaluation zu anonymisierten Unterrichtsvideos.

Die Wirkung der Anonymisierung auf die Fortbildungsteilnehmer – im Spezifischen wie störend sie die Anonymisierung empfanden – wurde erfragt und wird abschließend in diesem Beitrag präsentiert. Die Teilnehmenden wurden gebeten zu beurteilen, ob sie die Form der (a) visuellen Anonymisierung und (b) Audio-Anonymisierung gestört hat, ob sie (c) Verständnis dafür haben, dass Anonymisierungsverfahren bei Unterrichtsvideos eingesetzt werden und (d) ob die relevanten Inhalte der Fortbildung trotz Anonymisierung transportiert werden konnten. Zudem konnten die Teilnehmenden in Form einer Freitextantwort auf die Anonymisierungsverfahren Bezug nehmen. Diese qualitativen und quantitativen Daten werden in diesem Beitrag diskutiert und damit ein Einblick in den praktischen Einsatz der Anonymisierung gewährt.