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Sitzungsübersicht
Sitzung
S01: Über die subjektive Relevanz digitaler Beratungsräume im Bildungs- und Gesundheitswesen. Möglichkeiten und Grenzen digitaler Kollegialer Fallberatung am Beispiel von SuRe online.
Zeit:
Montag, 29.09.2025:
11:15 - 12:45

Ort: S19

Seminarraum 1. Obergeschoss

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Präsentationen

Über die subjektive Relevanz digitaler Beratungsräume im Bildungs- und Gesundheitswesen. Möglichkeiten und Grenzen digitaler Kollegialer Fallberatung am Beispiel von SuRe online.

Chair(s): Nadine Schallenkammer (Frankfurt University of Applied Sciences, Deutschland), Britta Marschke (Gesellschaft für interkulturelles Zusammenleben GIZ gGmbH, Deutschland)

Diskutant:in(nen): Edita Kurz (Frankfurt University of Applied Sciences, Deutschland)

Zusammenfassung

Im Symposium soll ein Einblick in den aktuellen Stand eines Kooperationsprojekts zwischen dem Masterstudiengang der Berufspädagogik für Pflege- und Gesundheitsberufe (MA BPG) an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) und dem Praxisprojekt „SuRe online“ der Gesellschaft für interkulturelle Zusammenarbeit (giz Berlin) zur digitalen Kollegialen Fallberatung für Lehrkräfte geboten werden.

Das Projekt wurde zuletzt an der Frankfurt UAS evaluiert und die Ergebnisse sollen gemeinsam mit einer Praxis-Vorstellung von SuRe online und einem Einblick durch die Studierenden in die Nutzer*innenperspektive vorgestellt werden. Im Rahmen des Symposiums kann damit auf allen drei Ebenen (Projektleitung – Kooperation und Evaluation – Studierende/Nutzer*innen) mit dem Publikum über Möglichkeiten und Grenzen digitaler Kollegialer Fallberatung am Beispiel von SuRe online und die subjektive Relevanz digitaler Beratungsräume im Bildungs- und Gesundheitswesen diskutiert werden.

Theoretische Einordnung: SuRe ist ein von Prof. em. Clemens Seyfried (PH Linz/ Österreich) entwickeltes und durch die giz bis März 2025 insbesondere an Berliner Schulen erfolgreich erprobtes Projekt zur kollegialen Fallberatung (Seyfried, Marschke 2021). SuRe online ist ein spezielles zugehöriges Online-Tool, mit dem kollegiale Fallberatung anonym, zeit- und ortsflexibel in einem strukturierten digitalen Rahmen stattfinden kann. Es geht darum, komplexe Anforderungen pädagogischer Praxis nach ihrer subjektiven Relevanz zu bearbeiten (ebd.). Theoretisch verortet wird SuRe v.a. in der Salutogenese Antonovskys (1979, 1998) und in der Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan (1993). Im Rahmen der Evaluation wurde sich zudem auf die Professionalisierungstheorie Oevermanns (1996, 2002) und Helspers Antinomien des Lehrerhandelns (Helsper 2002, 2021) bezogen.

Zeitrahmen: Seit 2022 wird im Studiengang erprobt, wie die digitale und kollegial angelegte Beratungsplattform im Rahmen der Lehrkräftebildung im Feld der Pflege- und Gesundheitsberufe wirken und adaptiert werden kann. Noch voraussichtlich bis Frühjahr 2026 wird das Angebot finanziert und können Studierende mithilfe der Angebote von SuRe online im Verlauf ihres Studiums und darüber hinaus die Erfahrung machen und sich darin üben, eigene und strukturell angelegte Handlungsprobleme der (schul-) pädagogischen Praxis in den Pflege- und Gesundheitsberufen reflexiv einzuordnen, zu thematisieren und zu bearbeiten.

Erkenntnisinteresse: Gefragt wurde nach den Herausforderungen Studierender und Berufseinsteiger*innen in ihrer berufspädagogischen Schul- und Unterrichtspraxis und ihren Erfahrungen mit diversen Formen kollegialer Beratung, die sie in Präsenz und im Rahmen der Online Plattform SuRe online an der Hochschule machen.

Forschungsdesign: Stattgefunden hat eine Evaluationsforschung im Mixed Methods Design, die auf einem partizipativ angelegten Forschungsansatz fußt. Aufbauend auf dem Austausch und schriftlichen Rückmeldungen der Studierenden aus den vergangenen drei Jahren, zwei Masterthesen aus dem Studiengang und einer von und mit Studierenden durchgeführten Gruppendiskussion u.a. Interviewformen mit den Nutzer*innen, konnten inhaltsanalytische Fallanalysen und eine Auswertung der Online-Plattform vorgenommen werden. Im Juni 2025 findet zudem eine kommunikative Validierung mit den Studierenden im derzeitigen 3. Semester statt, die noch nicht befragt, aber SuRe online das dritte Semester nutzen können.

Ergebnisse: In der Umsetzung und Evaluation wird deutlich, dass die teilnehmenden Studierenden die Nutzung von SuRe online als sehr hilfreich für ihr Verstehen und eine Einordnung der als herausfordernd erlebten Praxiserfahrungen einschätzen und es sie in ihrem berufspädagogischen Handeln weiterbringt. Gleichzeitig lässt ihre Lebensrealität kaum Zeit und Raum, die Plattform auch außerhalb der Lehrangebote zu nutzen.

Ausblick: Es wird zu diskutieren und weiter zu bewerten sein, inwieweit das Angebot und die Begleitung auszubauen oder in der Durchführung zu verändern sind, um niedrigschwellige und passende Zugänge der Praxisreflexion und -bearbeitung zu ermöglichen, die ein (Wieder)Erlangen von Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit unterstützen helfen.

Literaturverzeichnis

Antonovsky, A. (1979). Health, stress and coping. London: Jossey‑Bass.

Antonovsky, A. (1997). Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: DGVT-Verlag.

Cordes, M., Hurrelmann, K., & Tüysüz, S. (2022). Wie belastet sind die Lehrkräfte in Berlin? Eine Studie zur Arbeitssituation und zum Bedarf an professioneller Unterstützung. FiBS-Forum.

Darius, S., Hohmann, C. B., Siegel, L., & Böckelmann, I. (2023). Zusammenhang von Belastungsfaktoren im beruflichen Setting bei Erzieherinnen in Kindertagesstätten mit dem Burnout-Risiko. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie, S. 1-8.

Deci, E. L.; Ryan, R. M.: Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik - In: Zeitschrift für Pädagogik 39 (1993) 2, S. 223-238.

Dexel, T.; Adl-Amini, K.; Katzenbach, D. & Reiss-Semmler, B. (2025): Spannungsfelder in der schulischen Inklusion – Versuch einer Systematisierung. (noch nicht veröffentlicht).

Gambaro, L., Spieß, C. K., & Westermaier, F. (2021). Erzieherinnen empfinden vielfache Belastungen und wenig Anerkennung. DIW Wochenbericht, 88(19), S. 324-332.

Helsper, W. (2002): Lehrerprofessionalität als antinomische Handlungsstruktur. In: Kraul, M.; Marotzki, W. & Schweppe, C. (Hrsg.): Biographie und Profession. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 64-102.

Helsper, W. (2021): Professionalität und Professionalisierung pädagogischen Handelns: Eine Einführung, Toronto: Verlag Barbara Budrich.

Mußmann, F., Hardwig, T., & Hochschulen, K. (2022). Forschungsstand zum Thema Arbeitszeiten und Arbeitsbelastungen von Lehrkräften in Deutschland.

Oevermann, U. (1996): Theoretische Skizze einer revidierten Theorie professionalisierten Handelns. In: Helsper, W.; Combe, A. (Hrsg.): Pädagogische Professionalität - Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 70-182.

Oevermann, U. (2002): Professionalisierungsbedürftigkeit und Professionalisiertheit pädagogischen Handelns. In: Kraul, M.; Marotzki, W. & Schweppe, C. (Hrsg.): Biographie und Profession. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 19-63.

Robert Bosch Stiftung (2022): Das Deutsche Schulbarometer: Aktuelle Herausforderungen der Schulen aus Sicht der Lehrkräfte. Ergebnisse einer Befragung von Lehrkräften allgemeinbildender und berufsbildender Schulen durchgeführt von forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH. Stuttgart.

Robert Bosch Stiftung (2024). Deutsches Schulbarometer: Befragung Lehrkräfte. Ergebnisse zur aktuellen Lage an allgemein- und berufsbildenden Schulen. Robert Bosch Stiftung.

Schallenkammer, N. (2015): Bewährung und Autonomie in einer professionalisierten (Beziehungs-) Praxis und ihre (institutionellen) Bedingungen. In: Redlich, H.; Schäfer, L.; Wachtel, G; Zehbe, K. & Moser, V. (Hrsg.): Veränderung und Beständigkeit in Zeiten der Inklusion. Perspektiven sonderpädagogischer Professionalisierung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 66-76.

Seyfried, C., Marschke, B. (2022). Kollegiale Fallberatung für Pädagogen und Pädagoginnen. Neue Wege der Onlineberatung. Transcript

Wesselborg, B., Bauknecht, J. (2022). Belastungs- und Resilienzfaktoren vor dem Hintergrund von psychischer Erschöpfung und Ansätzen der Gesundheitsförderung im Lehrerberuf. Präv Gesundheit. https://doi.org/10.1007/s11553-022-00955-z (letzter Zugriff 15.05.2025).

 

Beiträge des Symposiums

 

Kollegiale Fallberatung für Pädagogen und Pädagoginnen. Neue Wege der Onlineberatung.

Britta Marschke
Gesellschaft für interkulturelles Zusammenleben GIZ gGmbH, Deutschland

Gegenstand: Fehlende Fachkräfte. Hohe Krankheitsquoten. Reduzierung und Ausfall von pädagogischen Angeboten. Das Programm Subjektive Relevanz - SuRe setzt genau dort an, wo die größten Defizite existieren, nämlich bei der Aufrechterhaltung und Steigerung der beruflichen Kompetenz von pädagogischen Fachkräften, die bereits im täglichen beruflichen Einsatz sind durch ein Onlineangebot zur Kollegialen Fallberatung. Es wird die praktische Umsetzung der Methode und des Onlinetools vorgestellt.

Ziele: Pädagogische Fachkräfte berichten online von herausfordernden, subjektiv relevanten Situationen aus dem Berufsalltag und erhalten von ihren Kolleg*innen konkrete Handlungsempfehlungen. Diese werden dann von der/dem Fallgeber*in bewertet, um zu einer individuellen stimmigen Handlungsempfehlung zu gelangen. Ein spezielles Onlinetool basierend auf der Methode der Subjektiven Relevanz (i.S. der Selbstbestimmung nach Deci & Ryan) ermöglicht anonyme, zeit- und ortsflexible kollegiale Fallberatungen in einem strukturierten und sicheren Rahmen. Der tägliche Umgang mit unterschiedlichen Erwartungen und erforderlicher Spontaneität bei ständigen Entscheidungsfindungen erfordert persönliche Ressourcen wie psychische Stabilität und Resilienz. Die authentischen Berichte sowie eine Auswertung bezüglich Quantität und Qualität der Situationen werden vorgestellt.

Erkenntnisinteresse: SuRe online wurde bereits bundesweit in verschiedenen Bildungsprojekten eingesetzt. Bis 2025 wurde das Projekt von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie gefördert. Die Angebote im Projekt richtete sich nicht nur an Lehrkräfte, sondern an alle pädagogischen Fachkräfte in Berlin. Die Anwendung und der Austausch über die von der giz und der Frankfurt UAS darzustellenden Erfahrungen und Forschungsergebnisse im Rahmen des Symposiums könnten mehr Aufschluss über wesentliche Themenschwerpunkte und Transfermöglichkeiten für andere Berufsfelder bieten.

Forschungsdesign: SuRe online wurde 2019 von der Camino - Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH evaluiert. Von 2020 bis 2021 wurde das Projekt vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie FIBS wissenschaftlich begleitet. Seit 2022 wird die wissenschaftliche Evaluation intern fortgeführt.

Ergebnisse: Die Anonymität des Tools fördert offenes Feedback, was von den Teilnehmenden ebenso geschätzt wird wie die Möglichkeit, anonym Meinungen zu äußern, zusammenzuarbeiten und zielgerichtet zu diskutieren. Auch die Möglichkeit, eigene Lösungen zu entwickeln, wird als Stärkung der Eigenverantwortung empfunden. Die flexible Teilnahme zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten wird ebenfalls positiv bewertet. Die Ergebnisse einer Kurzbefragung von Lehrkräften an Berliner Schulen zeigen zudem, dass das Tool nicht nur Handlungsmöglichkeiten aufzeigt, sondern auch dazu dient, Probleme zu verstehen, zu bewerten und Lösungen umzusetzen. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass Personen, die bereits Erfahrung mit SuRe online gesammelt haben, die Arbeit mit SuRe online als unterstützend und stärkend für die Kompetenzentwicklung und die Gesundheit bewerten.

Ausblick: Die SuRe-Methode und insbesondere das Onlinetool können innovativ zur Förderung der Professionalisierung und Psychohygiene in verschiedenen Bereichen pädagogischer und sozialer Fachkräfte beitragen. Zudem bieten die authentischen Situationen und Handlungsempfehlungen einen Schatz an Informationen für den Überblick aktueller Bestandsaufnahme und möglicher Präventionsangebote.

 

Pädagogische Herausforderungen im Rahmen der in SuRe online beschrieben Situationen und Handlungsempfehlungen und deren Einordnungen in die Berufspädagogik für Pflege- und Gesundheitsberufe.

Nadine Schallenkammer
Frankfurt University of Applied Sciences

Gegenstand: In diesem Beitrag wird Einblick in die Auswertung der Fälle der Berufspädagogik innerhalb der Online-Plattform gegeben. Die Praxis im berufspädagogischen Alltag offenbart hier ein vielschichtiges Spannungsfeld zwischen fest vorgegebenen Lehrplänen und Curricula, heterogenen Lerngruppen und den sozialen, emotionalen und institutionellen Dynamiken des Lehrerhandelns.

Die vorliegenden und analysierten Situationen zeigen, wie angehende Lehrkräfte immer wieder mit Herausforderungen konfrontiert werden, die sowohl ihrer beruflichen Identitätsentwicklung als auch der Gestaltung eines lernförderlichen Klimas abträglich sein können. Um diese Konfliktfelder theoretisch zu beleuchten und Ansatzpunkte für die Unterstützung und weitere Professionalisierung pädagogischer Praxis aufzuzeigen, wird sich v.a. auf die Salutogenese (Antonovsky), die Selbstbestimmungstheorie (Deci und Ryan), die Professionalisierungstheorie (Oevermann) und die Antinomien des Lehrerhandelns (Helsper) bezogen.

Ziele: Neben der Evaluation dieses die Berufspraxis der Studierenden begleitenden und dabei möglichst niedrigschwelligen und passgenauen Online-Beratungsangebots, werden aus den darin generierten Fällen heraus relevante Fragen, Themen und Problemstellungen und damit wichtige Impulse und Erkenntnisgewinne aus der Praxis generierbar, die in die an Professionalisierung orientierte Lehre und Forschung des MA BPG wieder einfließen sollen, ggf. auch im Rahmen der Re-Akkreditierung des Studiengangs.

Erkenntnisinteresse: Gefragt wird nach den pädagogischen Herausforderungen, die sich im Rahmen der in SuRe Online beschrieben Situationen und Handlungsempfehlungen Studierender und Berufseinsteiger*innen herausarbeiten lassen.

Forschungsdesign: Untersucht wurden im Rahmen eines Mixed-Methods-Designs die Inhalte, Themen und Problemstellungen der Fallbearbeitungen mithilfe inhaltsanalytischer Auswertungen der studentischen Beiträge auf der Plattform SuRe online.

Ergebnisse: In der Analyse zeigen sich diverse berufspädagogische Herausforderungen, die auch in Helspers Antinomien pädagogischen Handelns beschrieben werden. So handeln die Nutzer*innen z.B. im Spannungsfeld festgelegter institutioneller Vorgaben und der Notwendigkeit, auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden einzugehen, wenn die Ausgangslagen der Lerngruppen diverser werden. Neben der fachlichen und methodischen Gestaltung des Unterrichts rückt die emotionale Kompetenz der Lehrenden – von der konstruktiven Konfliktbewältigung über partizipative Unterrichtsplanung bis hin zur professionellen Selbstreflexion – zunehmend in den Vordergrund. Diese Vielfalt an Herausforderungen verlangt nach einem pädagogischen Verständnis, das sowohl die Lernenden, ihre Lehrkräfte als auch die institutionellen Rahmenbedingungen berücksichtigt. In der Diskussion gilt es dieses Zusammenspiel nicht in Gegensätzen zu betrachten, sondern in sich bedingenden Faktoren, die in einem dynamischen Prozess der Professionalisierung immer wieder neu verhandelt werden müssen.

Ausblick: Es lässt sich festhalten, dass ein Transfer von SuRe online in andere Bildungs- und Gesundheitskontexte den Prinzipien der Salutogenese und Selbstbestimmung entsprechen würde. Ein solches Angebot kann eine gesundheitsförderliche Ressource darstellen, indem es Berufsangehörigen ermöglicht, Belastungen durch sozialen Rückhalt und geteiltes Wissen besser zu bewältigen. Eine Erhöhung von Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit ihrer Arbeitssituation liegt dann nahe. Gleichzeitig fördert es die Autonomie und Kompetenz der Beteiligten, weil sie eigeninitiativ Lösungen erarbeiten und voneinander lernen – ein Ausdruck von Selbstbestimmung und lebenslangem Lernen. Damit könnte digitale kollegiale Beratung perspektivisch auch zur Professionalisierung in den Pflege- und Gesundheitsberufen beitragen, denn die gemeinsame Reflexion realer Fälle in einer Community of Practice würde als kontinuierliche Fortbildung dienen und helfen können, die in der Theorie beschriebenen Antinomien und Paradoxien professionellen Handelns im pädagogischen und gesundheitsbezogenen Praxisalltag besser auszubalancieren. Die hier ausgewerteten Stimmen der Studierenden liefern dafür wichtige Impulse und zeigen, dass – unter den richtigen Rahmenbedingungen – sowohl sie selbst als auch andere Akteur*innen im Bildungs- und Gesundheitswesen – wie in der Befragung der Alumnis deutlich wurde – bereit sind, neue digitale Beratungswege zu beschreiten, um professionelle Handlungskompetenz und Wohlbefinden gleichermaßen zu steigern.

 

Nutzer*innenperspektiven auf Möglichkeiten und Grenzen kollegialer Beratung im Rahmen von SuRe online. Erfahrungen der Reflexion in Präsenz und mit digitalen Formaten im Studiengang Berufspädagogik für Pflege- und Gesundheitsberufe (MA BPG).

Nadine Schallenkammer
Frankfurt University of Applied Sciences

Gegenstand: Geboten wird in diesem Beitrag ein Einblick in den zweiten Teil der Evaluation des hier vorgestellten Kooperationsprojekts. Im Vordergrund stehen die subjektiven Perspektiven der beteiligten Studierenden und Berufseinsteiger*innen. Theoretische Bezugspunkte – etwa Antonovskys Salutogenese, die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan, Professionalisierungstheorie nach Ulrich Oevermann sowie Antinomien pädagogischen Handelns nach Helsper – dienen auch hier als Deutungsrahmen für die Aussagen der Befragten.

Ziele: Es werden Möglichkeiten, Herausforderungen und Grenzen der im Rahmen des Studiengangs angebotenen Formate kollegialer Beratung in Präsenz und digitaler Form ins Zentrum gerückt. Es gilt, ihre Relevanz und ihren Einsatz auch mit Blick auf eine Ausweitung auf andere Gruppen im Gesundheitswesen durch die Nutzer*innen kritisch be- und hinterfragen zu lassen.

Erkenntnisinteresse: Gefragt werden (auch ehemalige) Studierende nach den Erfahrungen mit diversen Formen kollegialer Beratung, welche sie in Präsenz und im Rahmen der Online Plattform SuRe online an der Hochschule machen.

Forschungsdesign: Untersucht wurde im Rahmen eines Mixed-Methods-Designs die Nutzung der digitalen Plattform zur kollegialen Fallberatung namens SuRe online im Vergleich zur klassischen kollegialen Beratung in Präsenz im Rahmen des MA BPG Studiums. Dies anhand von Inhaltsanalysen einer Gruppendiskussion mit Studierenden, fünf leitfadengestützter Interviews mit Alumnis und den schriftlichen Rückmeldungen der vergangenen drei Jahre durch Studierende im Rahmen der praxisbegleitenden Module. Im Juni 2025 findet zudem eine kommunikative Validierung mit den Studierenden im derzeitigen 3. Semester statt, die noch nicht befragt wurden, aber SuRe online das dritte Semester nutzen können.

Ergebnisse: Vergleicht man die Erfahrungen in Präsenz und online, so erkennen die beteiligten Studierenden und Berufseinsteiger*innen jeweils spezifische Stärken und erkennen auch, dass kollegiale Fallberatung – egal ob in Präsenz oder online – nicht jede Situation ideal abdecken kann. Bestimmte Probleme erfordern eventuell andere Lösungsformate, wie z.B. Supervision durch Externe, Mediationsgespräch mit Leitung etc. Zugleich machen die Befragten die teils eindrückliche (Selbst-)Erfahrung, dass beide Formate sinnvoll und hilfreich sein können – abhängig von der Art des Falls und den Bedürfnissen der ratsuchenden Person. Diese reflektierte Abwägung verweist auf die selbstbestimmte Kompetenz der Studierenden, wenn sie sich in der Lage zeigen, situationsangemessen zu entscheiden, welche Beratungsform ihnen mehr Nutzen bringt und damit die Autonomie und Fähigkeit, das für sie passende Lern- und Unterstützungstool zu wählen.

Ausblick: Insgesamt sehen die Studierenden SuRe online als sinnvolle Ergänzung zur Präsenzberatung, keineswegs als Konkurrenz. Beide Formen haben je nach Kontext ihre Berechtigung. Diese flexible Haltung zeigt einen reflektierten Umgang mit den Möglichkeiten und Grenzen kollegialer Beratung. Zu lernen, das Instrument situativ einzuschätzen und einzusetzen erweist sich als ein wichtiger Schritt in Richtung professionelle Handlungsfähigkeit.

Letztlich erweist sich die Kosten-Nutzen-Abwägung als entscheidend. Im Gruppengespräch kam die Frage auf, ob der Nutzen einer solchen Online-Beratung den Aufwand rechtfertigt. Um diese Frage positiv zu beantworten, sollten die Plattformen laut der Befragten in anderen Kontexten idealerweise institutionell unterstützt werden, so z.B. als Teil der Arbeitszeit anerkannt werden. Gelänge dies, würde die kollegiale Online-Beratung einen wertvollen Beitrag leisten können, um pädagogische u.a. Fachkräfte im Gesundheitswesen nachhaltig zu entlasten und zu professionalisieren.