Veranstaltungsprogramm

Sitzung
S06: Partizipation, Multiprofessionalität und Demokratiebildung: Der (digitalisierte) Lern- und Sozialraum Schule
Zeit:
Montag, 29.09.2025:
14:00 - 15:30

Ort: H01

Hörsaal Erdgeschoss

Präsentationen

Partizipation, Multiprofessionalität und Demokratiebildung: Der (digitalisierte) Lern- und Sozialraum Schule

Chair(s): Christian Jäntsch (Universität Potsdam, Deutschland), Aysegül Serpemen (Universität Duisburg-Essen)

Diskutant:in(nen): Isabell van Ackeren-Mindl (Universität Duisburg-Essen)

Zusammenfassung

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung und der damit einhergehenden Transformation gesellschaftlicher Kommunikations- und Interaktionsstrukturen wird auch Schule als Lern- und Sozialraum neu verhandelt. Das Symposium hat zum Ziel, die Bedeutung der räumlichen Situiertheit schulischer Bildung für individuelle und schulische Entwicklungsprozesse herauszustellen. Dafür wird aufgezeigt, wie Räume digital erschlossen und für Aushandlungsprozesse geöffnet werden können.

Die fortschreitende Digitalisierung hat maßgebliche „Auswirkungen darauf, wie Menschen leben, welche Wahrnehmungsstrukturen sie ausbilden und nutzen und wie sie ihre Umwelt gestalten“ (Autenrieth & Nickel, 2020, 2). In einer Kultur der Digitalität (Stalder, 2016) werden Orientierung und Handlungsfähigkeit zunehmend durch gemeinschaftliche Formationen (Gemeinschaftlichkeit), persönliche Bedeutungszusammenhänge (Referentialität) und die Transformation von Informationsmengen (Algorithmizität) geprägt, die neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Kommunikation schaffen und so bestehende soziale und kulturelle Strukturen verändern.

Schule als ‚etablierte Institution‘ ist vor diesem Hintergrund gefordert, „ihre internen Strukturen und Abläufe so anzupassen, dass sie die neuen Möglichkeiten für ihre jeweiligen Anliegen und Projekte nutzen“ kann (Stalder, 2017, S. 28). Mithin unterliegen die Bedeutung und die Ausgestaltung schulischer Lernräume einem maßgeblichen Wandel. Durch digitale Vernetzung entstehen neue Gemeinschaften und Formen des Austauschs, die sowohl das individuelle Lernen als auch die kollektive Wissensproduktion beeinflussen (Hauck-Thum, 2021). Diese Entwicklungen erfordern und ermöglichen, (Aus-) Handlungsräume zu eröffnen für Lernprozesse sowohl aufseiten der Lernenden als auch auf organisationaler Ebene. Im Zusammenspiel mit der digitalen Transformation entstehen nunmehr hybride Lernräume, die analoge und digitale (pädagogische) Handlungen dynamisch miteinander vernetzen und so traditionelle schulische Grenzen zu überwinden vermögen (Vogler, 2021).

Schulen sind nicht zuletzt auch Lernräume, in denen demokratische Strukturen und Praktiken gefördert und erfahrbar sein soll(t)en (Edelstein, 2005, Weisband, 2024). Die aktive Beteiligung der Lernenden an der (Um-)Gestaltung der sie unmittelbar betreffenden schulischen Räume ist vor diesem Hintergrund essenziell für die Entwicklung demokratischer Handlungskompetenz (Autenrieth und Nickel, 2020).

Die Beiträge des Symposiums diskutieren auf dieser Grundlage unterschiedliche Ansätze für die Nutzung bzw. Gestaltung des digitalisierten Lern- und Sozialraums Schule:

Der erste Beitrag stellt die Erfahrungen der Zusammenarbeit mit den Schulen in den Entwicklungswerkstätten des Projektes Sozialraumorientierte Schulentwicklung vor. Mit dem Ziel, durch multiprofessionelle Kooperation Handlungsstrategien zu entwickeln, werden digitale Wege vorgestellt, die subjektive Lebenswelt der Lernenden zu erschließen.

Der Fokus von Beitrag 2 liegt auf der Kopplung von Sozialräumen mit der Schule als Lernraum und deren Implikationen für eine digital-demokratische Schulentwicklung. Ziel des Projektes Digitale Projekttage und Projektwochen als Elemente der Schulentwicklung ist es, partizipatorische Modelle zu entwickeln, die Schüler:innen aktiv und gleichberechtigt in schulische Entwicklungsprozesse einbeziehen.

Beitrag 3 untersucht das Konzept von glokalen Sozialräumen im digitalen Kontext und deren Möglichkeiten für Demokratielernen. Im Projekt Globale Perspektiven digital-demokratischer Schulentwicklung wird untersucht, wie transnationale Schulpartnerschaften als Lernräume genutzt werden können, um medienkritisches Wissen zu fördern und Partizipationserfahrungen zu ermöglichen.

Mit dem Symposium möchten wir dazu beitragen, ein tieferes Verständnis für die Dynamiken des (digitalisierten) schulischen Raums zu entwickeln und zukunftsweisende Bildungsstrategien zu fördern, die Schüler:innen befähigen, in einer digital geprägten Welt aktiv und kritisch, selbstbestimmt und kooperativ zu agieren.

Literaturverzeichnis

Autenrieth, D., & Nickel, S. (2020). Kultur der Digitalität = Kultur der Partizipation? Medienimpulse, 58(4), 32 Seiten. https://doi.org/10.21243/MI-04-20-13

Busch, M. (2018). Auf dem Weg zu einer demokratischen Schulkultur. In Mateneen: Praxishefte Demokratische Schulkultur (1, S. 5-8). https://doi.org/URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-167150; DOI: 10.25353/ubtr-made-4296-9ba0

Busch, M. (2020). Demokratiebildung in der digitalisierten Gesellschaft. In Mateneen: Praxishefte Demokratische Schulkultur (4, S. 5-13).

Edelstein, W. (2005). Demokratie lernen und leben: Demokratische Kompetenzen und einen demokratischen Habitus erwerben. Einführende Bemerkungen zum 10. Gespräch über Bildung „Demokratie lernen durch Handeln“ der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, 11. November 2005.

El-Mafaalani, A. (2023). Rassismus(kritik) in der superdiversen Klassengesellschaft. Dynamiken, Widersprüche, Perspektiven. Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung, 2(1), 23-39. https://doi.org/10.3224/zem.v2i1.03

Fattore, T., Mason, J., & Watson, E. (2016). Children’s understandings of Well-being: Towards a Child Standpoint. Springer.

Fegter, S. (2014). Räumliche Ordnungen guter Kindheit. Zum Potenzial praxeologischer Zugänge für die Child Well-being Forschung. Zeitschrift für Pädagogik, 14(4), 520-533.

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Forell, M. (2023). Zur theoretischen Verfasstheit des schulischen Sozialraums. In M. Forell, G. Bellenberg, L. Gerhards, & L. Schleenbecker (Hrsg.), Schule als Sozialraum im Sozialraum (S. 14-25). Waxmann.

Forell, M., et al. (2023). Schule als Sozialraum im Sozialraum: Theoretische und empirische Erkundung sozialräumlicher Dimensionen von Schule. Münster, New York: Waxmann.

Göhlich, M., & Zirfas, J. (2007). Lernen: Ein pädagogischer Grundbegriff. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.

Hauck-Thum, U. (2021). Grundschule und die Kultur der Digitalität. In U. Hauck-Thum & J. Noller (Hrsg.), Was ist Digitalität? (S. 73–82). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-62989-5_6

Hartung, S., Wihofszky, P., & Wright, M. T. (2020). (Hrsg.). Partizipative Forschung: Ein Forschungsansatz für Gesundheit und seine Methoden. Springer VS.

Kessl, F., & Reutlinger, C. (2022). (Hrsg.). Sozialraum: Eine elementare Einführung. Springer VS.

Krommer, A. (2021). Mediale Paradigmen, palliative Didaktik und die Kultur der Digitalität. In U. Hauck-Thum & J. Noller (Hrsg.), Was ist Digitalität? Philosophische und pädagogische Perspektiven (S. 57-72). J.B. Metzler.

Kogler, R. (2015). Zonen, Inseln, Lebenswelten, Sozialräume. Konzepte zur Raumaneignung im Alltag von Kindern. In J. Scheiner & C. Holz-Rau (Hrsg.), Räumliche Mobilität und Lebenslauf: Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung (S. 43-56). Springer Verlag.

Löw, M. (2001). Raumsoziologie. Suhrkamp.

Luhmann, N. (1971). Die Weltgesellschaft. Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 57, 1-35.

Scheunpflug, A., & Schröck, N. (2002). Globales Lernen: Einführung in eine pädagogische Konzeption zur entwicklungsbezogenen Bildung.

Stalder, F. (2016). Kultur der Digitalität. Suhrkamp.

Stalder, F. (2017). Grundformen der Digitalität. agora42 - Das philosophische Wirtschaftsmagazin, (2), 24–29.

Stalder, F. (2021). Kultur der Digitalität. Suhrkamp.

Stiebritz, A. (2025). Demokratie als Partizipation. Drei Fallvignetten zur Schulentwicklung. In Pädagogische Rundschau, Band 83, 5/2025.

Unger, H. v. (2014). Partizipative Forschung: Einführung in die Forschungspraxis. Springer VS.

Vertovec, S. (2007). Super-diversity and its implications. Ethnic and Racial Studies, 30(6), 1024-1054.

Vogler, H.-J. (2021). Der hybride pädagogische Raum – mäandern in der Digitalität. SEMINAR, (1), 97–113.

 

Beiträge des Symposiums

 

Sozialraum Schule – Digitalgestützte Perspektiven von Schüler:innen

Melanie Ahrens1, Philipp Matthes2, Claudia Matthiesen3
1Universität Osnabrück, 2Ruhr-Universität Bochum, 3Universität Hamburg

Das Projekt Sozialraumorientierte Schulentwicklung (Projektverbund DigiSchuKuMPK) zielt darauf, die Lebenswelt von Schüler:innen sichtbar zu machen, sozialräumliche Herausforderungen zu identifizieren und adäquate Handlungsstrategien durch (multiprofessionelle) Kooperation zu entwickeln. Dafür werden in ko-konstruktiver Zusammenarbeit mit ganztägigen Grundschulen Projekte entwickelt, die durch digitale Tools unterstützt werden.

Welches Verständnis von Schule als Lern-, Lebens- und Sozialraum liegt im Projekt zugrunde?

In den vergangenen Jahrzehnten hat in der Sozialraumforschung eine Abkehr von absoluten hin zu relationalen Raumvorstellungen stattgefunden (Löw, 2001; Kessl & Reutlinger, 2022). Während absolute Raumvorstellungen von örtlich fixierten (An-)Ordnungsstrukturen ausgehen, fassen relationale Raumvorstellungen Raum als soziales Phänomen auf. Im Kontext Schule ist die Rezeption beider Raumvorstellungen relevant (Forell, 2023). Die Einzelschule wird dabei als Sozialraum im Sozialraum verstanden – ein Ort, an dem sich eine physisch-materielle Dimension (Infrastruktur), eine soziodemografische Dimension (milieuspezifische Verteilungsstruktur im Einzugsgebiet) sowie eine handlungsbezogene Dimension (Deutungsmuster, Aneignungsprozesse und Interaktionen) überlagern (ebd.).

Inwieweit und für welche Schulentwicklungsprozesse ist ein solches Raumverständnis von Bedeutung?

Ein solches Raumverständnis ist insbesondere für Schulentwicklungsprozesse bedeutsam, die sich an der Lebenswelt der Schüler:innen orientieren. In diesem Zusammenhang werden auch Konzepte wie ,Super-Diversität‘ (El-Mafaalani, 2023; Vertovec, 2007) relevant, um dem komplexen Zusammenspiel von Herkunft, Lebenslage und Erfahrung gerecht zu werden. Daraus eröffnen sich Schulentwicklungsperspektiven, die eine Orientierung an sowie die Aktivierung von standortspezifischen sozialraumbezogenen Ressourcen ermöglichen. Die schulbezogene Sozialraumforschung sowie die Sozialräumlich orientierte Kindheitsforschung liefern hier zentrale theoretische Bezüge. Letztere fragt nach dem Zusammenspiel räumlicher und sozialer Ordnungen in der Kindheit (Fegter & Andresen, 2019) und verknüpft strukturelle Bedingungen mit individuellen Aneignungsprozessen. Zu diesem Forschungsfeld gehört die soziostrukturell ausgerichtete Child-Well-being-Forschung (ebd.; Fegter, 2014). Demnach fühlen sich Kinder dann wohl, wenn das räumliche Umfeld es ihnen erlaubt, sich einbringen und mitbestimmen zu dürfen, sie sich sicher und geschützt fühlen und sie sich als wertgeschätzt und anerkannt erfahren (Fattore, Mason & Watson, 2016; Fegter & Richter, 2014). Um die Wechselbeziehung zwischen (infra-)struktureller Raumebene und individueller Deutungs- und Handlungsebene zu erfassen und Räume von Kindern verstehen zu können, empfehlen sich (digital gestützte) Sozialraumerkundungen unter Einbeziehung qualitativer und partizipativer Forschungsmethoden (Kogler, 2015; Fegter, 2014).

Welche Bedeutung hat Digitalität für den Lern-, Lebens- und Sozialraum Schule?

Digitalität kommt in diesem Projekt somit eine zweifache Funktion zu: Einerseits wird sie zur Sichtbarmachung subjektiver Perspektiven eingesetzt, etwa durch digitale Tools (App #stadtsache*) für die dokumentierende Erkundung von Sozialräumen. Andererseits wird die subjektive Betrachtung durch eine kartenbasierte Sozialraumanalyse ergänzt, die den Blick auf den Sozialraum der Schule und ihrer Schüler:innen objektiv erweitert und somit Lehrkräften einen diversitäts- sowie habitussensibleren Einblick ins Einzugsgebiet und die damit verbundene Schüler:innenschaft ermöglicht.

Im Beitrag wird es primär um die Erfassung der subjektiven Perspektiven von Schüler:innen gehen: Im Rahmen des Projekts Sozialraumorientierte Schulentwicklung werden gemeinsam mit Lehrkräften und weiterem pädagogischen Personal Projekte geplant und durchgeführt, in denen Kinder ihre Lebenswelt – einschließlich Fragen nach ihrem Wohlbefinden – erkunden und somit sichtbar machen (z.B. Projekte zur Sicherheit auf dem Schulweg, zu Freundschaftsorten, zu Vielfalt oder zur Orientierung im Stadtteil). Dies geschieht mit Unterstützung der App #stadtsache, die es Kindern ermöglicht, Fotos, Videos und Tonaufnahmen zu sammeln und auf vielfältige Art und Weise zu kommentieren. Ausgewählte Aufnahmen der Kinder werden den Beitrag ergänzen.

* Bei der App #stadtsache handelt es sich um ein digitales Tool, mit dem Bildmaterial von Schüler:innen zu schul- und stadtteilbezogenen Fragen gesammelt und kommentiert werden kann. Die Standorte des aufgenommenen Materials werden dabei aufgezeichnet und erscheinen auf einer digitalen Karte, die die Schüler:innen als Schul- und Stadtteilexpert:innen sichtbar machen soll (www.stadtsache.de).

 

Hybride Sozialräume im Lernraum Schule. Schulpraktische Erfahrungen als Impuls für eine digital-demokratische Schulentwicklung

Anne Stiebritz
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Der Beitrag beruht auf schulpraktischen Erfahrungen des Entwicklungsprojekts DigiPro (Digitale Projekttage und Projektwochen als Elemente der Schulentwicklung) und den von dieser empirischen Basis abgeleiteten Erkenntnissen. In DigiPro wird gemeinsam mit Schüler:innen zu ihren Sozialräumen gearbeitet, um ihre hybriden Erfahrungen in Unterricht und Schulleben (vgl. Busch, 2020:6) sichtbar und bearbeitbar zu machen – und um im zweiten Schritt diese Erfahrungen als Expertise und Position in die jeweils schulspezifischen Entwicklungsprozesse einzubringen (vgl. Busch, 2018). Im Kern geht es also um die Erkundung von Möglichkeitsräumen und die Entwicklung von Modellen für eine partizipatorische Praxis von Schüler:innen in innerschulischen Verständigungs- und Aushandlungsprozessen zum Umgang mit Digitalisierung und Digitalität (vgl. Stalder 2021). Die digitale Transformation wird hierbei als Anlass und inhaltlicher Gegenstand für mehr Partizipation (im Sinne eines gemeinsamen Entwicklungs- und Gestaltungsauftrags für alle schulischen Akteure) und damit Demokratiebildung verstanden. Erprobt werden Formate, die niedrigschwellig sind und damit auch Erfahrungen, Expertisen und Perspektiven von Schüler:innen sicht- und hörbar machen, die in etablierten Repräsentationsformen wie der Schüler:innenmitverwaltung nicht oder wenig vertreten sind. Projektziel ist es, aus den beispielhaften Erprobungen adaptierbare Modelle und Fortbildungsmodule zu entwickeln, um die Mitarbeit von Schüler:innen konzeptionell, praktisch und nachhaltig in Schule zu verankern. Die forschungsstrategische Orientierung am Design-Based-Research-Ansatz ermöglicht dabei eine Haltung des Miteinanders von Wissenschaft und Schulgemeinschaft: Schulen sind nicht Objekte, die beforscht werden, sondern Partner in einem gemeinsamen Prozess, in dem von- und miteinander gelernt werden kann (vgl. Unger 2014; Stiebritz 2025).

Im Fokus des Beitrags steht die Frage nach der Kopplung von hybriden Sozialräumen (z.B. Lebenswelt von Schüler:innen, Schule als Sozialraum und im Sozialraum, digitale Sozialräume) mit Schule als Lernraum. Die These ist, wenn Schule zugleich als Sozial- und Lernraum begriffen wird, dann hat dies das Potenzial zu einer digital-demokratischen Schulentwicklung beizutragen. Anhand eines schulpraktischen Beispiels von DigiPro wird diese Kopplung mit Fokussierung auf zwei Dimensionen entfaltet: die fundamentalen Verschiebungen in allen Sozialräumen durch Digitalität (vgl. Krommer 2021) in Verbindung mit einer Erkundung von Möglichkeitsräumen für Partizipationserfahrungen von Schüler:innen. Sozialraum wird dabei in Anschluss an Kessl und Reutlinger verstanden „als ständig (re-)produziertes Gewebe sozialer Praktiken“ (2022:7). Ein solches Begriffskonzept „rückt so ein relationales Raumverständnis in den Vordergrund, das das Doppelspiel von physischem (territorialem/geographischem) und sozialem Raum fokussiert“ (Kessl/Reutlinger 2022:7). Angesichts der digitalen Transformation, die alle Lebensbereiche fundamental verändert und durch die die Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen bspw. in Form ihres Smartphones in Schule allgegenwärtig sind, ermöglichen „Perspektiven auf Schule als Sozialraum sowie auf Schule im Sozialraum […] vielfältige Anknüpfungspunkte an lebensweltliche Perspektiven sowie Schulentwicklungsprozesse, die vor allem auf soziale und kulturelle Praxen fokussieren“ (Forell, M. et. al. 2023:9; Hervorhebg.i.O.). Lernraum wird einer ersten Begriffsannäherung als „Raum, der zum Zwecke des Lernens bzw. zu dessen Anregung und Förderung gestaltet wird […]“ (Göhlich/Zirfas 2007:100) verstanden.

Anhand des Praxisbeispiels wird exemplarisch gezeigt und diskutiert, wie Lehrkräfte im Unterricht Möglichkeitsräume für ein Sichtbarwerden der Erfahrungen von Schüler:innen mit Digitalität (u.a. mit dem Einsatz der partizipatorischen Methode PhotoVoice; vgl. Hartung et. al. 2020) und für eine gemeinsame partizipatorische Unterrichtsentwicklung ermöglichen können. Die Öffnung von Schule als Lernraum für unterschiedliche sozialräumliche, hybride Erfahrungen, Herausforderungen und Gestaltungsaufgaben verbindet dabei die Entwicklung von medienkompetentem Handeln mit Partizipationserfahrungen und kann so demokratische Bildung ermöglichen und befördern (vgl. Busch 2018:8). Von diesen Praxen einer demokratischen Schulkultur ausgehend, werden Impulse für eine digital-demokratische Schulentwicklung (vgl. Busch 2018:7) abgeleitet. Eine solche „kooperative Schulentwicklung [kann; A.S.] als gemeinsamer Lernprozess wahrgenommen werden, in dem Schulpersonal, Eltern und Schüler*innen gemeinsam Verantwortung für das Schulleben übernehmen und gerade Kinder und Jugendliche sich als Expert*innen ihrer Lebenswelt anerkannt und gehört fühlen“ (Busch 2018: 8).

 

Glokale Sozialräume im Digitalen: Perspektiven des Demokratielernens in Schulpartnerschaften

Susanne Timm
Universität Bamberg

In diesem Beitrag wird in Ergebnisse des Projektes DiGiGlob (Globale Perspektiven digital-demokratischer Schulentwicklung) auf drei Ebenen eingeführt und dadurch der glokale Sozialraum als demokratiebezogener Lernraum konturiert. Theoretisch stützt sich das Vorhaben auf ein systemtheoretisches Verständnis des Sozialraumes, demnach in der Weltgesellschaft kein Außen der Beobachtung aufzufinden ist (Luhmann, 1971). Vielmehr ist von einer weltgesellschaftlichen Verschränkung des Konkreten und des Abstrakten in den vier Sinndimensionen des Sozialen, Räumlichen, Zeitlichen und Sachlichen auszugehen (Luhmann, 1971).

1. In konzeptioneller Hinsicht werden die Diskurse aufgerufen, an die wir anschließen und zu denen wir auch beitragen.

Im Blick auf Demokratiebildung schließen wir an Voten an, die sich auf eine demokratische Kultur beziehen und mit einem demokratischen Habitus verbinden (Edelstein, 2005), der jenseits von spezifischen Fachkulturen verortet ist (Busch, 2018).

Konzeptionierungen des Globalen Lernens zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf die Tatsache der Globalisierung reagieren und insbesondere dimensionale, also auch räumliche Verschränkungen und mit ihnen einher gehende Komplexitätssteigerungen in den Blick nehmen (Scheunpflug & Schröck, 2002). Globales Lernen ist auf didaktischer Ebene für das Projekt zielführend, weil in diesem Kontext die Bedeutung herausgearbeitet wurde, die Partizipation als Erfahrungsraum der Selbstwirksamkeit für die Entwicklung globaler Handlungskompetenzen innehat.

In Diskurslinien zu digital orientierter Schulentwicklung wird die Schule als Gesamtkorpus adressiert, wodurch verschiedene Formen der Digitalisierung und des Umgangs mit Digitalität in eine Gesamtstrategie zusammengeführt werden (Forum Bildung Digitalisierung, 2021).

2. In empirischer Hinsicht werden Kernpunkte aus unseren Forschungsergebnissen präsentiert, die – zusammen mit bereits vorliegender Forschung – die Reflexionsofferten für die Praxis grundieren.

Unsere Ergebnisse verweisen auf die Glokalalität der Ausprägung demokratischer Kulturen. Ihre Pluralität zu verstehen und zu erfahren kann als genuines demokratisches Lernfeld beschrieben werden.

Es zeigt sich, dass grenzüberschreitende Partizipationserfahrungen einen Lernraum konstituieren, der für eine Demokratiebildung in der Weltgesellschaft ernst genommen werden muss.

Die Digitalität erweist sich als Brennglas der Kommunikation: In ihr ist Kommunikation erleichtert, Teilhabe pluralisiert – sie ist aber aufgrund der Nähe in der Distanz zugleich ein herausfordernder, weil zumeist impliziter Anlass, über Kommunikationsstrukturen, -strategien und soziale Gerechtigkeit im digitalen Sozialraum zu reflektieren.

3. In praktischer Hinsicht werden exemplarisch praxisunterstützende Bausteine für die Weiterbildung von Lehrkräften demonstriert.

Zum Themenfeld der Kommunikation befassen wir uns dabei u.a. mit Fragen: Wie kann Mehr- und Fremdsprachigkeit in der Schulpartnerschaft produktiv gemacht werden? Wie verändert sich Kommunikation durch Digitalität?

Ein Impuls fokussiert geteilte Verantwortung im Kontext globaler Schulpartnerschaften: Welche Formen der Verantwortung und wofür können ge- oder aufgeteilt werden? Wie kann eine Partnerschaft auf Augenhöhe entwickelt und gestaltet werden? Welche Strukturen sind einer geteilten Verantwortung dienlich?

Demokratielernen: Jenseits der Grenzen nationalstaatlicher Demokratiebildung wird der Lernraum in seiner Glokalität umrissen, und auf Perspektivenwechsel, Empathie, Diskursivität als Lernanlässe bezogen.

Resümierend stellen wir fest, dass in glokalen Sozialräumen des Digitalen Verwobenheiten analoger und digitaler Dimensionen prägnant sichtbar werden. Dadurch werden Schulpartnerschaften zu einem Lernraum, in welchem medienkritisches Wissen und Partizipationserfahrungen zu demokratiebildenden Elementen verbunden werden können.