„Teaching on Tape“ – Entwicklung und (fächerübergreifende) Evaluation videobasierter Fortbildungsformate zur Förderung der digitalen Kompetenzen von Lehrkräften
Chair(s): Jennifer Maria Janeczko (Universität Münster, Deutschland)
Diskutant:in(nen): Manfred Holodynski (Universität Münster, Deutschland)
Zusammenfassung
Die digitale Transformation schulischer Bildung stellt Lehrkräfte vor die Herausforderung, ihre digitalen Kompetenzen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dabei ist nicht nur der Erwerb technischer Fähigkeiten zentral, sondern auch die Fähigkeit, digitale Medien und Technologien didaktisch sinnvoll, fachspezifisch reflektiert und adaptiv im Unterricht einzusetzen (Redecker, 2017). Wissenschaftlich fundierte Fortbildungsformate zum digital gestützten Unterrichten stellen folglich einen wichtigen Bestandteil der Professionalisierung in der dritten Phase der Lehrkräftebildung dar (KMK, 2020, 2021).
Die drei Beiträge dieses Symposiums eint die Orientierung am europäischen Rahmen für digitale Kompetenz von Lehrenden (DigCompEdu; Redecker, 2017) und die Fokussierung auf videobasierte Lerngelegenheiten als effektive Methode zur Förderung professioneller Unterrichtskompetenzen und der professionellen Unterrichtswahrnehmung (Sherin & van Es, 2009). Dabei verfolgen sie sich ergänzende Perspektiven auf die Entwicklung digitaler Kompetenzen von Lehrkräften. So schließt das Symposium an den aktuellen Forschungsstand an und adressiert die zentrale Fragestellung, wie digitale Kompetenzen mithilfe videobasierter Fortbildungsformate effektiv gefördert und langfristig gesichert werden können.
Der erste Beitrag von Janeczko et al. präsentiert hierfür die Entwicklung und Erprobung eines fächerübergreifenden Evaluationsrahmens für Lehrkräftefortbildungen aus dem Projekt „Videobasierte Fortbildungsmodule zum digital gestützten Unterrichten im Netzwerk bundesdeutscher Videoportale“ (ViFoNet). Dieser ermöglicht die Vergleichbarkeit zwischen Fortbildungen und berücksichtigt zeitgleich deren individuelle Unterschiede. Der Evaluationsrahmen verknüpft zentrale Wirkdimensionen von Fortbildungen (Lipowsky & Rzejak, 2019) mit digitalen Kompetenzdimensionen des DigCompEdu (operationalisiert nach Quast et al., 2023) und adressiert videobasierte Formate. Erste fortbildungsübergreifende Ergebnisse deuten auf signifikante Zuwächse digitaler Kompetenzen in mehreren Bereichen hin – besonders bei der „Stundenplanung“ und „Förderung digitaler Kompetenzen von Schüler*innen“. Damit legt der Beitrag die Grundlage für eine systematische Wirkungsanalyse digitalisierungsbezogener Fortbildungsformate.
Der zweite Beitrag von Irion et al. greift diese Grundlage auf, fokussiert als Teilprojekt von ViFoNet jedoch auf die unmittelbaren und langfristigen Wirkungen videobasierter Fortbildungsmodule zum KI-gestützten Unterrichten (speziell in den Fremdsprachen Französisch und Spanisch). Im Zentrum steht die Frage, inwiefern durch videobasierte Fortbildungen ein nachhaltiger Kompetenzaufbau gelingt – insbesondere in Bezug auf den reflektierten Einsatz von KI-Anwendungen wie ChatGPT oder DeepL im Fremdsprachenunterricht. Mittels Prä-Post-Follow-Up-Design wird der zeitliche Transfer der erworbenen digitalen Kompetenzen untersucht (Hager & Hasselhorn, 2000). So wird empirisch geprüft, inwiefern die Fortbildungen nicht nur zu kurzfristigen Zuwächsen KI-bezogener Lehrkraftkompetenzen, sondern auch langfristig zur Nutzung und kritischen Auseinandersetzung mit KI im Fremdsprachenunterricht beitragen. Zudem werden Implikationen für weitere Fortbildungen in diesem hochrelevanten Bereich diskutiert.
Der dritte Beitrag von Schultz-Pernice et al. aus dem Projekt „Lehrkräftekooperation im Kontext digitaler Schulentwicklung“ (KoKon) ergänzt das Symposium um eine diagnostisch-reflektive Perspektive auf die Entwicklung digitaler Kompetenzen mittels DigCompEduObserve (Oezsoy et al., 2024). Dieses Instrument kann zur kriteriengestützten Analyse des Einsatzes digitaler Medien in Unterrichtsvideos genutzt werden, um eine videobasierte Förderung digitaler Kompetenzen zu ermöglichen. Es wird durch den DigCompEduObserve AI erweitert, der Lehrkräfte beispielsweise KI-gestützt beim Analysieren von Unterrichtsszenen und beim Gestalten eigener Szenarien unterstützt. Dies ist nicht nur eine Alternative für verzerrungsanfällige Selbsteinschätzungen (Lachner et al., 2019), sondern zielt darauf ab, das professionelle technologiebezogene Wissen und die Kompetenzen der Lehrkräfte zu fördern, indem es ihre professionelle Wahrnehmung mit evidenzbasierten Indikatoren unterstützt und Feedback gibt. Neben einer fächerübergreifenden Förderung werden auch fachspezifische Erweiterungen thematisiert.
Die Beiträge eröffnen gemeinsam ein umfassendes Bild zur Förderung digitaler Kompetenzen von Lehrkräften mittels videobasierter Fortbildungsformate: Von der konzeptionellen und methodischen Fundierung über die (fächerübergreifende) Evaluation bis hin zu innovativen Perspektiven. Die Diskussion des Symposiums bietet eine breite Grundlage für die Zusammenführung dieser Abschnitte mit Fokus auf videobasierten Lerngelegenheiten. Somit liefert das Symposium in Zusammenarbeit der Projekte ViFoNet und KoKon Antworten auf die Fragen, wie videobasierte Fortbildungsformate zur Förderung digitaler Kompetenzen gewinnbringend konzipiert, eingesetzt und sowohl fächerübergreifend als auch fachspezifisch evaluiert werden können. Dies dient insbesondere der evidenzbasierten (Weiter-) Entwicklung videobasierter Fortbildungsformate, die Lehrkräfte in der professionellen Entwicklung ihrer digitalen Kompetenzen nachhaltig unterstützen.
Literaturverzeichnis
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Irion, M., Breitenbach, S., Korell, J. L. & Ißler, R. (in Vorbereitung). KI-bezogene Kompetenzen von Französisch- und Spanischlehrkräften – Eine empirische Untersuchung.
KMK (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland) (Hrsg.). (2020). Ländergemeinsame Eckpunkte zur Fortbildung von Lehrkräften als ein Bestandteil ihrer Professionalisierung in der dritten Phase der Lehrerbildung. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 12.03.2020. https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2020/2020_03_12-Fortbildung-Lehrkraefte.pdf
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Lachner, A., Backfisch, I., & Stürmer, K. (2019). A test-based approach of modeling and measuring technological pedagogical knowledge. Computers & Education, 142, 103645. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2019.103645
Lipowsky, F., & Rzejak, D. (2019). Was macht Fortbildungen für Lehrkräfte erfolgreich? Ein Update. In B. Groot-Wilken & R. Koerber (Hrsg.), Nachhaltige Professionalisierung für Lehrerinnen und Lehrer. Ideen, Entwicklungen, Konzepte (S. 15–56). Waxmann.
Oezsoy, M., Murbök, J., Schultz-Pernice, F., Gräsel, C., Sailer, M., & Fischer, F. (2024). DigCompEduObserve – Ein Beobachtungsinstrument zur Förderung digitaler Kompetenzen von Lehrenden (Version 1.0). Munich Center of the Learning Sciences: MCLS Reports. https://doi.org/10.13140/RG.2.2.30215.61602
Oezsoy, M., Schultz-Pernice, F., Murböck, M., Roeben, M., Bauer, E., Sailer, M., & Fischer, F. (in Vorbereitung). DigCompEduObserve: Enhancing teachers’ professional technology-related knowledge and skills in a simulation-based learning environment.
Pissarek, M., & Wild, J. (2018). Prä-/Post-/Follow-Up-Kontrollgruppendesign. In J. M. Boelmann (Hrsg.), Empirische Forschung in der Deutschdidaktik (Bd. 1, S. 215-236). Schneider Verlag Hohengehren.
Quast, J., Rubach, C., & Porsch, R. (2023). Professional digital competence beliefs of student teachers, pre-service teachers and teachers: Validating an instrument based on the DigCompEdu framework. European Journal of Teacher Education, 1–24. https://doi.org/10.1080/02619768.2023.2251663
Redecker, C. (2017). European framework for the digital competence of educators: DigCompEdu (Y. Punie, Hrsg.). Publications Office of the European Union. https://doi.org/10.2760/159770
Roeben, M., Oezsoy, M., Lütge, C., Fischer, F., Schultz-Pernice, F., Erdemgil, Y., & Zhang, X. (unter Begutachtung). Foreign language teachers’ professional technology-related knowledge and skills – A subject-specific extension to the DigCompEdu Observe. In T. Summer, K. H. Gerholz & R. Kaplan-Rakowski (Hrsg.), Fostering Digital Competences in Social Sciences and Language Education. Taylor & Francis.
Rubach, C., & Lazarides, R. (2021). Addressing 21st-century digital skills in schools – Development and validation of an instrument to measure teachers’ basic ICT competence beliefs. Computers in Human Behavior, 118, 106636. https://doi.org/10.1016/j.chb.2020.106636
Seidel, T., & Stürmer, K. (2014). Modeling and measuring the structure of professional vision in preservice teachers. American Educational Research Journal, 51(4), 739–771. https://doi.org/10.3102/0002831214531321
Sherin, M. G., & van Es, E. A. (2009). Effects of video club participation on teachers’ professional vision. Journal of Teacher Education, 60(1), 20–37. https://doi.org/10.1177/0022487108328155
Strasser, T. (2020). Künstliche Intelligenz im Sprachunterricht. Ein Überblick. Revista Lengua y Cultura, 1(2), 1-6. https://doi.org/10.29057/lc.v1i2.5533
Wekerle, C., & Kollar, I. (2021). Fostering pre-service teachers’ situation-specific technological pedagogical knowledge – Does learning by mapping and learning from worked examples help? Computers in Human Behavior, 115, 106617. https://doi.org/10.1016/j.chb.2020.106617
Beiträge des Symposiums
Zur Förderung digitaler Kompetenzen mithilfe videobasierter Lehrkräftefortbildungen – Einsatz eines fächerübergreifenden Evaluationsrahmens
Jennifer Maria Janeczko1, Benjamin Heinitz2, Habiba Mohtadi1, Sylvia Gabel3, Johanna Lea Korell4, Andreas Gegenfurtner3, Nicola Meschede1 1Universität Münster, Deutschland, 2Universität Osnabrück, Deutschland, 3Universität Augsburg, Deutschland, 4Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland
Die (Weiter-)Entwicklung digitaler Kompetenzen wird für Lehrkräfte zunehmend wichtiger, um den Anforderungen der Digitalisierung im Unterrichtsalltag gerecht zu werden (Redecker, 2017). Abweichende Definitionen von digitaler Kompetenz erschweren Lehrkräften allerdings den Vergleich sowie die Auswahl geeigneter Fortbildungen (Ilomäki et al., 2016) und auch die Entwicklung neuer Fortbildungsangebote wird dadurch erschwert. Der europäische Rahmen für digitale Kompetenz von Lehrenden (DigCompEdu; Redecker, 2017) bietet ein breites Spektrum zur Definition digitaler Kompetenzen. Fortbildungen fokussieren jedoch meist auf spezifische digitale Tools/Medien (Eickelmann & Drossel, 2020), während Studien zu digitalen Kompetenzen oft allgemein gehalten sind (Rubach & Lazarides, 2021).
Das Projekt „Videobasierte Fortbildungsmodule zum digital gestützten Unterrichten im Netzwerk bundesdeutscher Videoportale“ (ViFoNet) nutzt videobasierte Formate. Diese gelten als effektiv zur Förderung von Unterrichtskompetenzen und der professionellen Unterrichtswahrnehmung (Sherin & van Es, 2009), die als Voraussetzung zur Verbesserung des (technologiegestützten) Unterrichtens gilt (Blömeke et al., 2015; Wekerle & Kollar, 2021). ViFoNet vereint verschiedene Fachrichtungen und generiert zahlreiche Fortbildungsangebote, die auf unterschiedliche digitale Tools/Medien fokussieren. Die Entwicklung eines fächerübergreifenden Evaluationsrahmens war daher bedeutsam, um eine Vergleichbarkeit für Lehrkräfte und Fortbildner*innen sicherzustellen – sowohl medienspezifisch als auch mit Blick auf allgemeinere digitale Kompetenzen.
Für einen gemeinsamen Evaluationsrahmen mussten die verschiedenen Konzeptionen der Fortbildungsangebote berücksichtigt werden. Dabei wurden drei Forschungsfragen untersucht:
1. Welche Aspekte müssen bei einem interdisziplinären Evaluationsrahmen für videobasierte Lehrkräftefortbildungen berücksichtigt werden?
2. Inwieweit können Zusammenhänge zwischen den Voraussetzungen der Teilnehmenden und ihren selbstberichteten digitalen Kompetenzen fortbildungsübergreifend verglichen werden?
3. Inwieweit kann der Evaluationsrahmen durch den Vergleich verschiedener Fortbildungen Einblicke in die Entwicklung digitaler Kompetenzen liefern?
Methode
Der Evaluationsrahmen basiert auf einem etablierten Modell für Lehrkräftefortbildungen (Lipowsky & Rzejak, 2019) und wurde für videobasierte Fortbildungen zur digitalen Kompetenz angepasst. Die Operationalisierung des Evaluationsrahmens erfolgte in einem iterativen Prozess durch Expert:innen unterschiedlicher Fachbereiche. Dieser umfasst bestehende Skalen zu: (1) Selbstwirksamkeit von Lehrkräften beim Einsatz digitaler Medien, (2) Transferklima, (3) Qualität der Lerngelegenheiten, (4) Wahrnehmung und Nutzung der Fortbildungsinhalte, (5) Akzeptanz und Zufriedenheit der Lehrkräfte, (6) digitale Kompetenzen, (7) Anwendung erworbener Fähigkeiten. Digitale Kompetenzen (nach DigCompEdu) werden mittels Selbsteinschätzungsinstrument erfasst, welches vier Bereiche des 7-Faktorenmodells umfasst (Quast et al., 2023): „Stundenplanung“, „Lehren und Lernen“, „Lernendenorientierung“ und „Förderung digitaler Kompetenzen von Schüler*innen“. Der Evaluationsrahmen wurde in alle ViFoNet-Fortbildungen integriert. Die Datenerhebung erfolgt im Prä-Post-Follow-Up-Design, wobei die Fortbildungen zeitversetzt starteten, sodass einige Erhebungen noch laufen.
Ergebnisse
Forschungsfrage 1 wurde durch Entwicklung des theoriegeleiteten Evaluationsrahmens adressiert, der etablierte Skalen für jeden Modellabschnitt (Lipowsky & Rzejak, 2019) beinhaltet. Dabei wurde eine spezielle Skalenrahmung vorgenommen, um fach- und medienspezifische Fortbildungsunterschiede zu berücksichtigen. Forschungsfrage 2 wird mithilfe der Prätest-Daten beantwortet (N=472), die auf signifikante Zusammenhänge zwischen selbstberichteten digitalen Kompetenzen und wahrgenommener Selbstwirksamkeit (r=.43 bis r=.53) sowie dem schulischen Transferklima hinweisen (r=.22 bis r=.26). Aktuelle Prätest-Daten zeigen keine signifikanten Fortbildungsunterschiede, wodurch eine übergreifende Evaluation ermöglicht wird. Erste Prä-Post-Vergleiche (n=18) bestätigen die Wirksamkeit der Fortbildungen anhand der signifikanten Verbesserungen digitaler Kompetenzen:
• „Stundenplanung“: t(17)=-4.03, p<0.05 (M1=0.53, SD1=0.21; M2=0.73, SD2=0.12)
• „Lehren und Lernen“: t(17)=-4.73, p<0.05 (M1=0.44, SD1=0.24; M2=0.66, SD2=0.13)
• „Förderung digitaler Kompetenzen von Schüler*innen“: t(17)=-4.01, p<0.05 (M1=0.44, SD1=0.17; M2=0.63, SD2=0.14)
• [Ausnahme „Lernendenorientierung“]: t(17)=2.03, p=0.06 (M1=0.49, SD1=0.22; M2=0.62, SD2=0.12)
Weitere Erkenntnisse folgen, sobald alle Posttests abgeschlossen wurden (Forschungsfrage 3).
Der Evaluationsrahmen liefert Erkenntnisse zur Entwicklung digitaler Kompetenzen und erlaubt den Vergleich verschiedener Fortbildungsangebote. Aufgrund der Anlehnung an DigCompEdu können Lehrkräfte transparent über die Ziele unterschiedlicher Angebote informiert werden. Aktuelle Daten zeigen, dass die Fortbildungen zur Entwicklung digitaler Kompetenzen beitragen. Als Nächstes werden fach-, medien- und designspezifische Fortbildungsunterschiede betrachtet. Langfristig sollen die Ergebnisse zur Ableitung evidenzbasierter Empfehlungen für die Entwicklung digitalisierungsbezogener Lehrkräftefortbildungen beitragen, die spezifischen Anforderungen unterschiedlicher Fächer gerecht werden. Der Vortrag wird näher auf die Wirkung verschiedener Videoformate und fachspezifische Unterschiede bei der Entwicklung digitaler Kompetenzen eingehen.
Unmittelbare und längerfristige Effekte von videobasierten Fortbildungsmodulen zum KI-gestützten Unterrichten in den Fächern Französisch und Spanisch – Empirische Befunde aus Messwiederholungsanalysen
Maximilian Irion, Johanna Lea Korell, Roland Ißler Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland
Durch den rasanten technologischen Fortschritt stellen Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) ein allgegenwärtiges Phänomen fremdsprachlichen Unterrichts dar (Strasser, 2020). Allerdings ist zu beobachten, dass Lehrkräfte in diesem Zusammenhang nicht nur Potentiale sehen, sondern auch Skepsis gegenüber KI-Anwendungen schildern, beispielsweise in Hinblick auf fundamentale Veränderungen des Fremdsprachenunterrichts oder einen möglichen Übergebrauch von Technologie (Al-khresheh, 2024). Zugleich zeichnet sich ab, dass Französisch- und Spanischlehrkräfte nur bedingt über KI-bezogene Kompetenzen verfügen, welche die Grundlage eines effektiven KI-gestützten Fremdsprachenunterrichts darstellen (Irion et al., eingereicht). Zwar lässt sich aufseiten der Lehrkräfte in der Regel ein grundsätzliches Interesse am Themenfeld des KI-gestützten Fremdsprachenunterrichts erkennen, jedoch bestehen vor allem in Hinblick auf KI-bezogenes Wissen und KI-bezogene Verwendungsweisen erhebliche Weiterbildungspotentiale.
Um diesem Bedarf zu begegnen, wurden im Rahmen des BMBF-geförderten Verbundprojekts ViFoNet an der Universität Frankfurt videobasierte Online-Fortbildungsmodule zum KI-gestützten Unterrichten für Lehrkräfte der Fächer Französisch und Spanisch entwickelt, durchgeführt und evaluiert. Ziel dieser Module ist es, KI-bezogene Kompetenzen der Lehrkräfte zu stärken und Szenarien des kritisch-reflexiven Einsatzes von KI-Anwendungen im Fremdsprachenunterricht aufzuzeigen, beispielsweise mithilfe von authentischen Unterrichtsvideos.
Der Beitrag präsentiert die Ergebnisse von Messwiederholungsanalysen und untersucht in diesem Zusammenhang den Effekt der Fortbildungsmodule auf den lehrkraftseitigen Wissens- und Kompetenzerwerb (s. Ebene 2 des Angebot-Nutzungs-Modells nach Lipowsky & Rzejak, 2019). Um neben unmittelbaren Effekten der Fortbildungsmodule auch längerfristig verfügbare Zuwächse der KI-bezogenen Kompetenzen der teilnehmenden Lehrkräfte untersuchen zu können (Hager & Hasselhorn, 2000), nahmen diese nicht nur unmittelbar nach Abschluss der Fortbildung an einem Post-Test (N = 122), sondern auch drei Monate danach an einer Follow-Up-Erhebung unter Einsatz des im Verbundprojekt ViFoNet entwickelten Evaluationsrahmens teil (Stichprobenumfang noch ausstehend).
Konkret untersucht werden
- das KI-bezogene Wissen,
- die Selbsteinschätzung digitaler und KI-bezogener Kompetenzen,
- die Selbstwirksamkeit bei der Nutzung von KI-Tools im Unterricht,
- die Nutzung von ChatGPT und DeepL im Unterricht sowie
- die Wahrnehmung, Verarbeitung und Nutzung der Fortbildungsinhalte,
mit Ausnahme des KI-bezogenen Wissens jeweils erfasst durch Selbstberichte der befragten Lehrkräfte. Gemäß gängiger Evaluationspraxis (Hager & Hasselhorn, 2000; Pissarek & Wild, 2018) werden im Rahmen der Messwiederholungsanalysen die Werte von Post-Test sowie Follow-Up-Erhebung inferenzstatistisch mit den Werten des Prä-Tests, welcher zu Beginn der Fortbildung bearbeitet wurde, verglichen. Für die Wahrnehmung, Verarbeitung und Nutzung der Fortbildungsinhalte werden die Werte von Follow-Up-Erhebung und Post-Test inferenzstatistisch verglichen.
Die Ergebnisse liefern einerseits wertvolle Erkenntnisse darüber, inwieweit die durchgeführten Fortbildungen nicht nur einen unmittelbaren, sondern zugleich auch einen längerfristigen Effekt erzielen, Lehrkräfte über die Fortbildung hinaus von den dargebotenen Inhalten profitieren und diese beispielsweise im Unterricht umsetzen. Andererseits zielt der Beitrag auf ein Gütekriterium pädagogisch-psychologischer Interventionsmaßnahmen ab, indem er Auskunft über den zeitlichen Transfer der erworbenen Kompetenzen zu liefern sucht (Hager & Hasselhorn, 2000). Nicht zuletzt werden Implikationen für weitere (videobasierte) Fortbildungsangebote im Feld des KI-gestützten Fremdsprachenunterrichts diskutiert.
DigCompEdu Observe: Förderung fächerübergreifender und fachspezifischer digitaler Kompetenzen von Lehrkräften durch die Arbeit mit Unterrichtsvideos in einer simulationsbasierten Lernumgebung
Florian Schultz-Pernice1, Meral Roeben1, Melissa Oezsoy1, Julia Murböck1, Elisabeth Bauer2, Yasemin Erdemgil3, Xiao Zhang3, Michelle Stannard3, Claudia Mustroph3, Christiane Lütge3, Michael Sailer2, Frank Fischer1 1Ludwig-Maximilians-Universität München, Department für Psychologie, 2Universität Augsburg, Learning Analytics and Educational Data Mining, 3Ludwig-Maximilians-Universität München, Department für Anglistik und Amerikanistik
Für den lernförderlichen Einsatz digitaler Technologien im Unterricht benötigen Lehrkräfte medien- und digitalisierungsbezogene Kompetenzen, wie sie der DigCompEdu aufführt (Redecker, 2017). Derartige Modelle konzeptualisieren und systematisieren Dimensionen von Kompetenzen und bieten eine wichtige Orientierung für die Beobachtung, Messung und Förderung der digitalen Kompetenzen von Lehrkräften. Sie sind jedoch in mehrerlei Hinsicht ergänzungsbedürftig.
Erstens spezifizieren derartige Modelle zumeist keine konkreten Indikatoren, die eine präzise Einschätzung über die erreichte Niveaustufe bei einer bestimmten Kompetenz erlauben würden. So dient der DigCompEdu aktuell lediglich der Selbsteinschätzung, was jedoch zu unzuverlässigen Ergebnissen führen kann. Im Vergleich dazu bieten objektive Testinstrumente zuverlässige Einschätzungen und ermöglichen damit ein präzises konstruktives Feedback auf die erreichte Niveaustufe sowie die Entwicklung von Maßnahmen zur systematischen Förderung der jeweiligen Kompetenz.
Zweitens leistet der DigCompEdu eine fächerübergreifende Konzeptualisierung und kann damit mögliche fächerspezifische Dimensionen digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrkräften nicht angemessen abbilden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass je nach Unterrichtsfach spezifische Kriterien des kompetenten Einsatzes digitaler Medien im Unterricht eine Rolle spielen (Backfisch et al., 2021) – etwa in Form zusätzlicher Kriterien (Erweiterung) oder aber in Form einer spezifischen Gewichtung der Dimensionen des DigCompEdu (Modifikation).
Um vor diesem Hintergrund eine systematische Förderung der digitalen Kompetenzen von Lehrenden zu ermöglichen, wurde der DigCompEdu Observe entwickelt (Oezsoy et al., 2024). Es handelt sich dabei um ein Instrument, mit dem Lehrende darin unterstützt werden, digital gestützten Unterricht zu beobachten, im Hinblick auf die Qualität des darin gezeigten Medieneinsatzes mithilfe der Kategorien des DigCompEdu zu analysieren und ihre Analyse schließlich im Rahmen von Peer Feedback an Kolleg:innen zu artikulieren. Bei diesem Prozess werden die Lehrkräfte durch die Bereitstellung konkreter Beobachtungsindikatoren unterstützt, die eine Einschätzung auf der Basis empirischer Evidenzen der Lehr-Lernforschung sowie der fachdidaktischen Forschung ermöglichen.
Hierzu wurden 89 fächerübergreifende evidenzbasierte Indikatoren entwickelt, welche die 22 Dimensionen des DigCompEdu operationalisieren. Diese Indikatoren spezifizieren konkrete Aspekte für die Beobachtung und Einschätzung der repräsentierten Unterrichtsszenarien. Damit unterstützen sie die Wahrnehmung von für den unterrichtlichen Medieneinsatz relevanten Ereignissen (noticing) sowie deren Analyse, Interpretation und Beurteilung (reasoning) im Hinblick auf Qualitätsmerkmale digital gestützten Unterrichts bzw. den daraus ableitbaren digitalen Kompetenzen der Lehrenden gemäß dem Professional Vision-Ansatz (Seidel & Stürmer, 2014).
Bieten diese 89 Indikatoren eine Unterstützung bei der Analyse fächerübergreifender Dimensionen digitaler Kompetenzen von Lehrkräften, so leistet die für mehrere Fächer in Kokon entwickelte Erweiterung bzw. Modifizierung des DigCompEdu Unterstützung beim Erwerb fachspezifischer digitaler Kompetenzen. Dabei werden fachspezifische Indikatoren für die allgemeinbildenden Schulfächer Englisch, Mathematik, Biologie der Sekundarstufe sowie, im Kontext der beruflichen Schulen, die beruflichen Fachrichtungen Ernährung und Hauswirtschaft sowie Gesundheit und Pflege entwickelt.
Der DigCompEdu Observe stellt für Beobachtung, Analyse, Einschätzung sowie Feedback zur Qualität des Einsatzes digitaler Technologien bzw. der daraus ableitbaren digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte ein Online-Instrument bereit, das die Arbeit mit Praxisrepräsentationen – insbesondere Unterrichtsvideos, aber auch andere Repräsentationsformen wie z.B. Stundenverlaufspläne – in einer simulationsbasierten Lernplattform ermöglicht. Unterstützt wird diese Arbeit durch unterschiedliche, in die Plattform integrierte Komponenten wie insbesondere Expert:innen-Feedback sowie die AI-Komponente “DigCompEdu Observe AI” (Oezsoy et al., in Vorbereitung). Diese basiert auf einem customized GPT-Modell und leistet zusätzliche Unterstützung für die User:innen in vier Bereichen: Tutorielle Unterstützung, Analyse der Praxisrepräsentationen, Feedback auf das Feedback der User:innen zu den Unterrichtsrepräsentationen und zu eigenen Unterrichtsentwürfen sowie Ko-Design von digital gestützten Lehr-Lernszenarien.
Der geplante Beitrag zum Symposium skizziert die allgemeinen konzeptuellen Überlegungen und Weichenstellungen, die der Entwicklung des DigCompEdu Observe (AI) zugrunde liegen, und zeigt exemplarisch die Entwicklung einer fachspezifischen Erweiterung des DigCompEdu (Englisch; Roeben et al., unter Begutachtung) auf. Dabei wird insbesondere auch dargestellt, wie mittels eines systematischen Design-Prozesses das Instrument durch empirische Forschungsarbeit einerseits, durch die Überprüfung seiner Anschlussfähigkeit an die schulische Praxis im Rahmen von Lehrkräftefortbildungen andererseits iterativ optimiert wird.
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