Veranstaltungsprogramm

Sitzung
E22: Gestaltung und Design digitaler Lernsettings
Zeit:
Dienstag, 30.09.2025:
14:45 - 16:15

Chair der Sitzung: Paulina Block
Ort: H01

Hörsaal Erdgeschoss

Präsentationen

Evidenzbasierte Gestaltung digitaler Lernaufgaben am Beispiel des Projekts FiBiWELL

Manuel Froitzheim1, Nora Veith2, Marco Vietinghoff2, Michael Weyland2

1Universität Siegen, Deutschland; 2Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

Zusammenfassung

Die digitale Transformation schulischer Bildung verändert nicht nur technische Rahmenbedingungen, sondern eröffnet neue didaktische Gestaltungsräume – insbesondere im Bereich der Lern- und Leistungsaufgaben. Im Fach Wirtschaft zeigt sich dabei ein besonderes Innovationspotenzial: Digitale Repräsentationen ermöglichen neue Aufgabentypen, adaptive Unterstützungsstrukturen sowie multimediale Kontextualisierungen, die über klassische Aufgabenformate hinausgehen. Im BMFTR-geförderten Projekt FiBiWELL (Finanzielle Bildung evidenzbasiert gestalten: Wirksamkeits- und Entwicklungsforschung zu guten Lern- und Leistungsaufgaben) wird vor diesem Hintergrund untersucht, wie digitale Aufgabenformate gestaltet sein müssen, um finanzbezogene Kompetenzen effektiv zu fördern.

Im Zentrum des Beitrags steht die fachdidaktische Entwicklungsforschung als methodologischer Rahmen zur theoriebasierten und gleichzeitig praxisnahen Gestaltung digitaler Lernaufgaben. Diese orientiert sich an einem zyklischen Vorgehen bestehend aus Konzeption, Entwicklung, Erprobung, Evaluation und Revision. Ausgangspunkt ist ein integratives Modell aufgabenbezogener Kompetenzförderung, das zentrale didaktische Prinzipien wie kognitive Aktivierung, Lebensweltorientierung, Handlungsbezug und digitale Interaktivität miteinander verknüpft. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Frage, wie diese Prinzipien durch digitale Gestaltungsmittel konkret umgesetzt werden können.
Digitale Repräsentationen bieten hier besondere Potenziale: Interaktive Simulationen, visuelle Entscheidungshilfen, eingebettete Erklärvideos oder automatisiertes Feedback eröffnen neue Zugänge zu komplexen ökonomischen Inhalten. So kann etwa eine Aufgabe zur Haushaltsplanung nicht nur durch Tabellenkalkulationen ergänzt werden, sondern durch ein interaktives Tool, das sofortige Rückmeldungen zu Einnahmen-Ausgaben-Verhältnissen liefert. Eine andere Aufgabenidee nutzt dynamische Diagramme, um Zinseszins-Effekte über Zeit darzustellen. Diese digitalen Formate erweitern die Möglichkeiten zur Differenzierung, Individualisierung und zur Förderung metakognitiver Strategien im Lernprozess.

Die bisher entwickelten Aufgabenformate wurden in enger Zusammenarbeit mit schulischen Praxispartnern gestaltet und in mehreren Zyklen pilotiert. Im Beitrag werden exemplarische Aufgabenideen vorgestellt und deren didaktische Intention sowie digitale Umsetzung erläutert. Dabei geht es um technische Funktionen, sowie eine pädagogische Rahmung, also zum Beispiel wie digitale Feedbacksysteme lernförderlich eingesetzt werden können oder wie Aufgabenformate an Kompetenzstufenmodelle anschlussfähig gestaltet werden.

Die empirische Begleitforschung folgt einem Design-Based-Research-Ansatz mit qualitativen und quantitativen Elementen. Während die Auswertung standardisierter Prä-Post-Erhebungen noch aussteht, liegen bereits qualitative Daten aus Interviews mit Lehrpersonen und Gruppendiskussionen mit Lernenden vor. Diese zeigen Hinweise auf eine hohe Anschlussfähigkeit der Aufgabenformate an den Unterrichtsalltag, jedoch auch auf notwendige Unterstützungsmaßnahmen – etwa hinsichtlich der Einbettung in schulische Curricula oder technischer Voraussetzungen.

Der Beitrag versteht sich als Impuls zur Diskussion über die systematische, evidenzbasierte Gestaltung digitaler Lernaufgaben im wirtschaftsbezogenen Unterricht. Er adressiert damit gleichermaßen Bildungsforscher:innen, Fachdidaktiker:innen und Akteur:innen der Lehrkräftebildung. Abschließend werden Perspektiven für die weitere Forschungsarbeit im Projekt FiBiWELL skizziert.

Langfristig zielt das Projekt darauf, durch die Verbindung von wissenschaftlicher Fundierung, digitaler Innovation und schulischer Praxis einen Beitrag zur Qualitätssicherung im digitalen Lernen zu leisten. Dabei steht sowohl die technische Umsetzung als auch die pädagogisch-didaktische Qualität im Vordergrund – insbesondere im Sinne einer Bildung für ein reflektiertes, kompetenzorientiertes ökonomisches Handeln in einer digital geprägten Gesellschaft.

Literaturverzeichnis

Dohmen, T., Pickard, H., Landeghem, B. (2022), Inequality and Risk Preference. IZA Discussion Paper No. 15854.

Leufer, N. (2016), Kontextwechsel als implizite Hürden realitätsbezogenerAufgaben, Dortmunder Beiträge zur Entwicklung und Erforschung des Mathematikunterrichts 26, DOI 10.1007/978-3-658-13928-5_2

Retzmann, T., Seeber, G., Remmele, B., Jongebloed, H.-C. (2010), Ökonomische Bildung an allgemeinbildenden Schulen. Essen/ Landau/ Lahr/ Kiel.

Sutter, M., Weyland, M., Untertrifaller, A., Froitzheim, M., Schneider, S. O. (2023), Financial literacy, experimental preference measures and field behavior: A randomized educational intervention. ECONtribute Discussion Paper No. 229/2023. https://www.econtribute.de/RePEc/ajk/ajkdps/ECONtribute_229_2023.pdf, Abruf 03.03.2024.



Designprinzipien für hybride Lehr-/Lernsettings in der fremdsprachendidaktischen Lehrkräftebildung

Diana Feick, Laura Koebis

Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland

Zusammenfassung

Hybride Lehr-/Lernsettings beschreiben blended-learning Formate, die in Webkonferenzen die synchron-physische Teilnahme in Präsenz mit der ortsunabhängigen Teilnahme im virtuellen Raum verbinden (Rachbauer & Hanke 2022). Spätestens seit der Covid-19-Pandemie nutzen Universitäten vermehrt webkonferenzbasierte hybride Kurssettings (z.B. Gudoniene et al. 2025, Reinmann 2022). Erste Studien zeigen, dass besonders das Engagement der virtuellen Lernenden geringer ausgeprägt ist, als das der physisch präsenten (Raes 2022, Raes et al. 2020). Jedoch existieren zur Ausgestaltung und Gelingensbedingungen hybrider Settings insbesondere in mehrsprachigen Teilnehmendengruppen bzw. sprachsensiblen Kursarrangements bisher kaum empirische Befunde. Sowohl für die Internationalisierung der Lehrkräftebildung als auch für international ausgerichtete Studiengänge ergeben sich durch hybride Settings vielfältige und bisher wenig erforschte Möglichkeiten der Partizipation und Kollaboration sowie der Inklusion physisch nicht präsenter Personen (Feick & Schmidt 2024, Wolbergs & Ketzer-Nöltge 2022). Die Relevanz solcher Formate wird beispielsweise in Projekten wie den vom DAAD geförderten Germanistischen Institutspartnerschaften weltweit” (GIP) und den dabei durchgeführten internationalen Lehrkooperationen oder virtuellen Mobilitäten sichtbar.

Im Rahmen einer solchen GIP wird im Sommersemester 2025 ein virtuelles Austauschseminar der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSUJ) hybrid durchgeführt, in welchem neun Lehrpersonen und 19 Studierende aussieben lateinamerikanischen und ostasiatischen Ländern sowie Deutschland zusammenarbeiten. Das Seminar für zukünftige Deutsch als Fremd- und Zweitsprache-Lehrkräfte wird explorativ beforscht, wobei im Fokus des Forschungsinteresses technologische sowie didaktisch-methodische, evidenzbasierten Chancen und Grenzen der Gestaltung hybrider Kursformate und damit verbundene Interaktions- und (Sprach-)Lerngelegenheiten stehen.

Im methodologischen Rahmen des Design Based Research (DBR) wurden für die erste Phase der Exploration (Caspari et al. 2022, McKenney & Reeves 2012) sieben Lehrveranstaltungen (ca. 16 Stunden) im Präsenzraum der FSUJ videographiert sowie gleichzeitig auf Zoom aufgezeichnet. Zusätzlich wurden Beobachtungsprotokolle von drei internationalen Kooperationspartnern sowie von zwei Jenaer Dozentinnen erstellt sowie vier leitfadenbasierte Interviews mit Studierenden durchgeführt. Alle erhobenen Daten wurdenmithilfe der Software Amberscript transkribiert und anschließend inhaltsanalytisch mit der Software MAXQDA ausgewertet. Mithilfe der erhobenen Daten sollen insbesondere die Konzepte Partizipation, Engagement und Multimodalität eines hybriden Kurssettings exploriert werden. Dieser Beitrag stellt die daraus abgeleitetenersten evidenzbasierten Designprinzipien für hybride Lehr-/Lernsettings vor, die in den folgenden Iterationen erprobt und evaluiert werden.

Literaturverzeichnis

Caspari, D. & Grünewald A. (2022). Prototypische Forschungsdesigns. In: Caspari et al. (2022): Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik. Ein Handbuch. Tübingen: Narr, 69-84.

Feick, D., & Schmidt, M. (2024). Geographical and spatial inclusion in language teaching during the COVID-19 pandemic. Studies in Self-Access Learning Journal, 15(3), 345–366. https://doi.org/10.37237/150303

Gudoniene, D., Staneviciene, E., Huet, I., Dickel, J., Dieng, D., Degroote, J., Rocio, V., Butkiene, R., & Casanova, D. (2025). Hybrid Teaching and Learning in Higher Education: A Systematic Literature Review. Sustainability, 17(2), 756.

McKenney, S., & Reeves, T. C. (2012). Conducting educational design research. Routledge.

Rachbauer, T., & Hanke, U. (2022). Hybride, blended synchronous und Hyflex-Lehre–Chancen, Risiken und Gelingensbedingungen. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 17(2), 43-60.

Raes, A. (2022). Exploring student and teacher experiences in hybrid learning environments: Does presence matter?. Postdigital Science and Education, 4(1), 138-159.

Raes, A., Vanneste, P., Pieters, M., Windey, I., Van Den Noortgate, W., & Depaepe, F. (2020). Learning and instruction in the hybrid virtual classroom: An investigation of students’ engagement and the effect of quizzes. Computers & Education, 143, 103682.

Reinmann, G. (2022). Präsenz-, Online-oder Hybrid-Lehre? Auf dem Weg zum post-pandemischen „Teaching as Design “. In Hybrid, flexibel und vernetzt? Möglichkeiten, Bedingungen und Grenzen von digitalen Lernumgebungen in der wissenschaftlichen Weiterbildung (pp. 1-16). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Wolbergs, J., & Ketzer-Nöltge, A. (2022). Hybride Lehre meistern. Anforderungen an Lehrende beim 360°-Videostreaming aus dem Seminarraum. In: Will, Leo (Hrsg.); Kurtz, Jürgen (Hrsg.); Zeyer, Tamara (Hrsg.); Martinez, Hélène (Hrsg.): Dimensionen digitaler Lehre in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung. - Tübingen: Narr, 119-134.