60. Jahrestagung der
Sektion Sonderpädagogik der DGfE
22. - 24. September 2025 | PH Heidelberg
Veranstaltungsprogramm
Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht |
Datum: Montag, 22.09.2025 | |
10:00 - 11:00 | Check-In & Stehcafé Ort: Foyer (Tagungsbüro) |
11:00 - 11:30 | Begrüßung und Eröffnung Ort: Mehrzweckhalle (Keynotes/Plenum) Grußworte aus dem Rektorat und vom DGfE Vorstand. |
11:30 - 12:30 | Keynote: Prof. Dr. Timm Albers Ort: Mehrzweckhalle (Keynotes/Plenum) Vortrag mit anschließender Diskussion. |
12:30 - 13:30 | Mittagspause Ort: Aula (Catering) |
13:30 - 15:00 | Session 1.1 Zwischen Drop-Out und Chance: Herausforderungen in Übergängen inklusiver Bildung (Einzelbeiträge) |
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Schulische Inklusion als biographische Phase?! Explorative Analyse von Bildungsverläufen im sonderpädagogischen Schwerpunkt geistige Entwicklung Universität Regensburg Die Bildungsverläufe von Schüler:innen mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt geistige Entwicklung (sSgE) sind in Bayern von hoher Kontinuität geprägt. So verbringen die meisten Schüler:innen ihren gesamten Bildungsweg an einer Förderschule (Dworschak, 2012; Dworschak & Selmayr, 2021). Obgleich sich die Integrationsquote seit der Umsetzung von Inklusion mehr als verdoppelt hat (von 3,5 % im Schuljahr 2011/12 auf 7,8 % im Schuljahr 2022/23; KMK, 2020, 2024), liegt diese auf niedrigem Niveau. Aus der Praxis ist immer wieder zu hören, dass Schüler:innen in der Inklusion nach relativ kurzer Zeit an die Förderschule wechseln. Eine Sonderauswertung des Bayerischen StMUK bestätigt, dass in den letzten fünf Jahren jährlich zwischen 20 und 25 % der Schüler:innen mit dem sSgE aus einem inklusiven Setting (Einzelintegration, Tandemklasse) an die Förderschule (Partnerklasse, Förderzentrum geistige Entwicklung) gewechselt sind, womit man für diesen Anteil der Schüler:innen von Inklusion als biographischer Phase sprechen kann. Über den Drop-out aus inklusiven Settings liegen für den sSgE bislang keine belastbaren Befunde vor. In der SFGE II-Studie zur Beschreibung der Schülerschaft im sSgE in Bayern (Baumann et al., 2021) waren vereinzelt Schüler:innen einbezogen, die ihre Schullaufbahn in der Inklusion begonnen und zum Zeitpunkt der Erhebung an einer Förderschule gelernt haben (n = 14). Im Rahmen einer explorativen Analyse werden die Bildungsverläufe dieser Schüler:innen nachgezeichnet und deren Ausgangsbedingungen und Unterstützungsbedarfe mit Schüler:innen verglichen, die seit Beginn ihres Bildungsweges eine Förderschule besuchen. Die Ergebnisse sollen erste Hinweise auf möglicherweise strukturell bedingte Barrieren im Hinblick auf die inklusive Beschulung von Schüler:innen mit dem sSgE geben. „Hm, dann wurde das immer, immer mehr und es wurde zu viel, und dann wollte ich hierhin“ –Transition an eine Förderschule aus der Perspektive betroffener Jugendlicher PH Karlsruhe Schulische Transitionen werden in Deutschland traditionell aus der Perspektive von Lehrpersonen, Eltern oder retrospektiv untersucht. Vor allem Helsper und Kolleg*innen weiten den Blick auf Schüler*innen selbst und konstatieren eine starke Konzentration sozialwissenschaftlicher Forschung auf die (regelschulischen) Übergänge im Bildungswesen als Gelenkstellen mit weitreichenden und kummulativen Effekten auf die gesamte Bildungsbiographie. Diese Ausführungen finden in der Zeit statt, in der Deutschland die UN-BRK ratifiziert und inklusive Beschulung gesetzlich verankert „mit dem Ziel der vollständigen Integration“ bei gleichzeitiger Schaffung eines Umfeldes, „das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet“ (UN-BRK). Dabei stellt sich die Frage, was dies für Schüler*innen bedeutet, die die Ratifizierung in den Fokus rückt, da in unserem Schulsystem pädagogische wie medizinische Beurteilungen und Zuordnungspraktiken anhand bestimmter normativer Fähigkeitszuschreibungen fest verwoben sind. Hier schließt der Beitrag an, der schulische Transitionsprozesse aus der – bisher eher vernachlässigten – Perspektive 15-19jähriger Jugendlicher mit Sehbeeinträchtigung biographisch-institutionell fokussiert. Konkret werden Erzählungen Jugendlicher zu individuellen Erfahrungen mit Bezug auf Übergangsentscheidungen an eine Förderschule aus ableismuskritischer Perspektive vorgestellt. Dies geschieht vor allem vor dem Hintergrund der Fragen, wie es zu den jeweiligen Bildungsentscheidungen gekommen ist, welche Beteiligten und Gründe dafür genannt werden und wie Wirkmacht und Agency darin mitschwingen. Die Ergebnisse, die Teil einer abgeschlossenen Promotion sind, werden neben den damit verbundenen individuellen Umgangsweisen zeigen, dass es in den zuvor besuchten inklusiven Schulen oder Förderschulen eine Orientierung an der jeweils der Schule zugrundeliegenden Vorstellung einer schulischen Normalmatrix gibt, die, negativ wie positiv, zur Transition beitragen. Übergänge im Lernverlauf: Zur Verschränkung von pädagogischem Handeln mit Perspektiven (junger) Erwachsener mit Lernschwierigkeiten Leibniz Universität Hannover Risiken der Partizipation an Gesellschaft spitzen sich an Übergängen inklusiver Bildung insbesondere bei jungen Erwachsenen mit Lernschwierigkeiten (sog. geistige Behinderung) zu. Vorstrukturierte, lineare Transitionen beispielsweise von der Förderschule in das System der Werkstätten für behinderte Menschen sind für den Personenkreis etabliert, allerdings in einem auf Behinderung ausgerichteten exklusiven Setting. Übergänge etwa auf den ersten Arbeitsmarkt bzw. im Rahmen eines inklusiv orientierten Systems lebenslangen Lernens folgen hingegen – wie tendenziell in modernen Gesellschaften erkennbar – „seltener festgelegten Mustern und Phasen“ (Thielen et al. 2013, 7). Sie sind entsprechend mit einer Zunahme an selbstverantworteter Gestaltung, aber auch mit Verunsicherung aufgrund von Unvorhersehbarkeiten bei den Subjekten verbunden (ebd.). Junge Erwachsene mit Lernschwierigkeiten erhalten an diesen Übergängen vielfach in der Vorbereitung, Begleitung, Bewältigung und schließlich dem Ankommen an einem neuen Lebens-, Lern- und/oder Arbeitsort einerseits oftmals Unterstützung von Familie, Freunden und pädagogischen Fachkräften, andererseits bedarf es hierzu darüber hinaus einer multiprofessionellen Zusammenarbeit und Kooperation (Felbermayr et al. 2021, 195f.). Der Beitrag präsentiert auf dieser Grundlage Befunde des partizipativ-qualitativen Forschungsprojektes „MEIN.Profil: Ressourcenorientierte Diagnostik von Lernverläufen (junger) Erwachsener an den Übergängen inklusiver Bildung“ (BMBF, Universität Duisburg-Essen; Curdt et al. 2024). Dargelegt werden Befunde aus Gruppendiskussionen (n=4) mit pädagogischen Fachkräften (Wohnen, Berufsschule, Arbeit) und Erwachsenen mit Lernschwierigkeiten (Selbst- bzw. Interessenvertretung), welche auf Chancen und Herausforderungen an Übergängen inklusiver Bildung verweisen. Explizit soll die Verschränkung pädagogischen Handelns mit Perspektiven (junger) Erwachsener mit Lernschwierigkeiten herausgearbeitet werden. |
13:30 - 15:00 | Session 1.2 Unterstützung, Risiko- und Schutzfaktoren beim Übergang Schule-Beruf (Einzelbeiträge) |
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Early Leaving – Risiko- und Schutzfaktoren eines gelingenden Übergangs von Schule in Ausbildung und Beruf 1Carl von Ossietzky Universität Oldenburg; 2Europa Universität Flensbur Der Übergang Schule - Beruf stellt für junge Menschen einen entscheidenden Lebensabschnitt dar, der ihren weiteren Lebensweg maßgeblich prägt (Busse, 2020). Aktuelle Daten zeigen, dass in Deutschland der Anteil der sogenannten early leavers (18- bis 24-Jährige ohne Abschluss der Sekundarstufe II und nicht in Aus-/ Bildung) mit 12,2% über dem EU-Durchschnitt (9,6%) liegt (Destatis, 2025). Besonders gefährdet sind Jugendliche mit einem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf (European Agency, 2016). Andererseits bewältigen auch early leavers trotz vorhandener Risikofaktoren im weiteren Verlauf erfolgreich den Übergang. Basierend auf dem Modell der Entwicklungsaufgaben (Havighurst) ist die Identifikation von Risiko- und Schutzfaktoren in dieser Transition von besonderer Relevanz, um wirksame Maßnahmen der Prävention und Intervention abzuleiten. Der Vortrag untersucht die Frage, welche sozialen und psychologischen Faktoren early leavers, die später erfolgreich in eine Berufsausbildung übergehen, von denen unterscheiden, die dies nicht tun. Die durchgeführten Analysen greifen in einem interdisziplinären Projekt (Sonderpädagogik und Soziologie) auf das Deutsche Familienpanel (pairfam) und das Sozio-oekonomische Panels (SOEP) zurück. Die Daten einer Kohorte zu zwei Messzeitpunkten (t1: 15 – 17 Jahre; T2 19 – 21 Jahre) gehen in die Berechnungen ein. Der Übergang wird als erfolgreich definiert, wenn zum zweiten Messzeitpunkt eine Berufsausbildung aufgenommen oder abgeschlossen wurde. Mittelwertvergleiche zwischen den beiden Gruppen der early leavers zu t1 deuten auf relevante soziale Faktoren (Beziehung zu Eltern/ Peers) und vorhandene psychische Ressourcen (perceived behavior control) hin. Die differenzierten Ergebnisse fordern zur Kritik etablierter institutioneller Maßnahmen auf und bieten zugleich ressourcenorientierte Perspektiven für sonderpädagogisches Handeln in diesem Übergang. Der Einfluss individueller Lehrkraftmerkmale bei der Entwicklung von Berufswahlkompetenz von Schüler*innen mit und ohne sonderpädagogische Förderbedarfe in der schulischen Berufsorientierung 1Bergische Universität Wuppertal, Institut für Bildungsforschung; 2Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit dem Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen; 3Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Fakultät I - Bildungs- und Sozialwissenschaften, Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik Die Transitionsprozesse von der Schule in die Arbeitswelt sind für Jugendliche anspruchsvoll. Gemäß kultusministerieller Vorgaben besteht neben der Vermittlung von fachlichen Inhalten für Lehrkräfte aller deutschen Sekundarschulformen die Aufgabe, Jugendliche im Rahmen der Berufsorientierung (BO) hierauf vorzubereiten und zu begleiten (KMK 2017). Der berufliche Übergang für benachteiligte Schüler*innen (z.B. aufgrund einer Behinderungen /eines sonderpädagogischen Förderbedarfs) unter dem Anspruch inklusiver Berufsorientierung (Jochmaring et al 2022) wird in diesem Kontext als besondere Herausforderung aufgefasst. Überdies weisen Expert*innen auf strukturelle Problemlagen und Ineffizienzen in der schulischen BO – speziell mangelnde Förderung der Berufswahlkompetenz – hin, welches im besonderen Maß für Schüler*innen mit SPF gilt (SWK 2025). Mitbeeinflussend für eine gelingende BO sind individuelle Merkmale der Lehrkräfte (Nentwig 2020) – konkrete Einflussfaktoren sind Gegenstand aktueller Forschungen. Der Vortrag thematisiert, welchen Einfluss individuelle Lehrkraftmerkmale hinsichtlich der BO auf die Berufswahlkompetenz der Schüler*innen haben. Die Stichprobe stammt aus dem längsschnittlichen Projekt „INSIDE II - Schulische Inklusion und Übergänge nach der Sekundarstufe I in Deutschland“. Für die Analysen liegen insgesamt Angaben von 1768 Schüler*innen aus zwei Messzeitpunkten (Klasse 9 und 10) sowie Angaben von 396 Lehrkräften aus 89 Schulen vor. Mittels Mehrebenenregressionsanalysen wird geprüft, ob das persönliche Verantwortungsgefühl der Lehrkräfte, ihre Einstellung sowie die von ihnen verfolgten Ziele im Rahmen der schulischen BO die Berufswahlkompetenz der Schüler*innen beeinflussen. Erste Analyseergebnisse deuten darauf hin, dass insb. die Zielorientierung der Lehrkräfte die Berufswahlkompetenz der Schüler*innen positiv beeinflussen. Hingegen zeigt sich, dass Einstellungen und persönliche Verantwortung der Lehrkräfte die Berufswahlkompetenz nicht signifikant beeinflussen. Teilhabe durch Stärkung der Transitionskompetenz im Übergang Schule-Beruf – ein Vergleich der Unterstützungsangebote in Deutschland, Österreich und Schweiz 1Pädagogische Hochschule Oberösterreich, Österreich; 2Universität Fribourg, Schweiz; 3Don Bosco Berufsschule Würzburg; 4FH Nordwestschweiz, Mattuns, Schweiz; 5Julius-Keppler-Universität Würzburg; 6KOST Oberösterreich, Linz, Österreich Ein nicht-gelingender Übergang markiert eine Gefahr von Bildungsarmut und späterer geringer sozialer und beruflicher Teilhabe. Dieser Beitrag versteht es als Aufgabe von Staat und Gesellschaft, diejenigen Jugendlichen, die hinsichtlich dieser Transition gefährdet sind, im Übergang zu unterstützen (Stein & Kranert, 2022). Ziel des Beitrags ist es, einen Überblick über staatliche Angebote zum Übergang Schule-Beruf in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu geben: drei europäische Länder, in denen berufsbildende Schulen und insbesondere das duale Berufsausbildungssystem die berufliche Teilhabe von Jugendlichen stärken. Im Fokus des Ländervergleichs stehen Unterstützungs- und Brückenangebote bei nicht-gelingendem Übergang Schule-Beruf sowie Angebote des (indirekt-serviceorientierten und direkt-klientenorientierten) Case Managements (Wendt 2010). Diese werden in allen drei Ländern angeboten, allerdings unterscheiden sich der Zugang und die Ausgestaltung der Maßnahmen in den Ländern im Detail und sind im Zusammenhang mit dem staatlichen Bildungssystem zu verstehen. Positiv hervorzuheben ist ein auf freiwilliger Teilnahme basierendes Angebot des Case Managements in der CH, das für die jungen Erwachsenen individuelle Begleitung während des gesamten Übergangs ermöglicht. In D gibt es solche Angebote des direkten Case Management nur für einzelne Zielgruppen sowie maßnahmengebunden. In A ist ein österreichweites indirektes Case Management auf Basis der gesetzlich verankerten AusBildungspflicht bis 18 hervorzuheben. Das Angebot an klientenorientiertem Case Management ist in A durchaus vielfältig, allerdings ähnlich wie in D und im Unterschied zur CH maßnahmenbezogen; d.h. die Jugendlichen sind – auch wenn eine durchgehende Unterstützung gelingt – in der Regel gefordert, sich während des Übergangs unterschiedlichen Begleitpersonen anzuvertrauen. |
13:30 - 15:00 | Session 1.3 Sonderpädagogische Feststellungsdiagnostik und Diagnoseverfahren (Einzelbeiträge) |
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Lesefähigkeiten sichtbar machen – Entwicklung und Evaluation eines kostenfreien Lesescreenings für Grund- und Förderschulen (LuLeS 2–4) PH Ludwigsburg Lesekompetenz umfasst neben der Fähigkeit zum Entziffern von Buchstaben, Wörtern und Sätzen auch das Verstehen und Wiedergeben schriftlicher Inhalte – eine Fähigkeit, die als Leseverständnis bezeichnet wird (Lenhard, 2019). Eine zentrale Voraussetzung dafür ist die automatisierte Worterkennung, also das schnelle und sichere Erkennen bekannter Wörter (Schindler & Richter , 2018). In der Regel wird diese Fähigkeit im Verlauf der Grundschulzeit erworben. Ein erfolgreicher Erwerb der Lesefertigkeiten in dieser Phase ist von entscheidender Bedeutung, da hier die Grundlage für alle weiteren Bildungsprozesse gelegt wird. Je früher Schwierigkeiten im Bereich der Lesekompetenz erkannt werden, desto gezielter können Fördermaßnahmen greifen. Daher ist eine strukturierte, regelmäßige Diagnostik unerlässlich. Studien zeigen jedoch, dass Lehrkrafturteile über die Lesefähigkeit ihrer Schüler*innen häufig ungenau sind – und damit die Notwendigkeit formalisierter Diagnoseverfahren unterstreichen (Karing, Matthäi & Artelt, 2011) . Derzeit fehlen allerdings normierte, kostenfreie und niederschwellige Instrumente, die insbesondere auch den unteren Leistungsbereich differenziert erfassen.An diesem Bedarf setzt das Ludwigsburger Lesescreening für die Klassenstufen 2 bis 4 an. Die Testitems bestehen aus einem Bild als Stimulus und vier Wörtern als Antwortoptionen, aus denen das passende Wort auszuwählen ist. Ziel ist es, insbesondere bei Schüler*innen mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf im Lernen differenzierte Aussagen zur Lesefähigkeit auf Wortebene zu ermöglichen. Im Vortrag werden Ergebnisse einer Pilotstudie mit 629 Schüler*innen (davon 93 mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf Lernen) vorgestellt. Der Beitrag beleuchtet das diagnostische Potenzial des Verfahrens und liefert Impulse für die Förderung basaler Lesekompetenzen. Die Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf: Ergebnisse einer Interviewstudie zu den Perspektiven von sonderpädagogischen Lehrkräften Universität Paderborn Das Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs (SPF) stellt eine besondere Form der Transition dar (Kottmann 2022, 2024). Zwar entwickelt das Verfahren eine hohe Eigendynamik (90% führen zu einer Feststellung von SPF), gleichwohl ist es zunächst ergebnisoffen angelegt und kann zu jedem Zeitpunkt der Schullaufbahn eröffnet werden, was diese Transition von anderen unterscheidet: So ist es möglich, dass das Verfahren zwar durchgeführt, aber kein SPF festgestellt wird, dass ein SPF festgestellt wird, aber das Kind an der bisherigen Schule verbleibt, oder dass ein SPF festgestellt wird und anschließend ein Schulwechsel erfolgt. Der aktuelle Prüfauftrag des Landes NRW zeigt u. a. die enorme Varianz in der Gutachtenpraxis auf (MSB NRW, 2024). Die Feststellung eines SPF gilt als individuumszentrierte Etikettierung, die häufig auch zu einer Selektion der Kinder führt (Gasterstädt et al. 2024, Kottmann et al. 2018). In dem Beitrag wird das Feststellungsverfahren aus der Perspektive von sonderpädagogischen Lehrkräften betrachtet, die gemeinsam mit den Lehrkräften der allgemeinen Schule eine zentrale Rolle einnehmen. Sie führen verschiedene Formen von Diagnostik und Anamnesegesprächen durch und dokumentieren diese, erstellen gemeinsam mit der i.d.R. Klassenlehrkraft das jeweilige Gutachten und bereiten damit den Entscheidungsprozess der Schulaufsicht entscheidend vor. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 18 Sonderpädagog*innen mittels leitfadengestützter Interviews zu ihren Erfahrungen, Einblicken und Perspektiven sowie konkreten Abläufen im Rahmen der Feststellungsverfahren in NRW befragt. Auf der Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring, 2022) der Interviews erfolgt eine Analyse der beschriebenen (diagnostischen) Praxis sowie von darin zu identifizierenden Argumentationsmustern. Dabei geht es auch um mögliche Transitionen und deren Antizipation, wobei man sich in einem Spannungsfeld von Inklusion und Selektion befindet. |
13:30 - 15:00 | Session 1.4 Exklusionsrisiken und Handlungsspielräume bei der Gestaltung des Übergangs Schule-Beruf (Einzelbeiträge) |
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„Die laufen einfach mit?“ – Inklusive Übergänge zwischen Schule und Beruf im Spannungsfeld von Institutionen, Differenzsetzungen und gesellschaftlichen Erwartungen“ Universität Kassel Der Übergang von der Schule in den Beruf gilt als zentraler Moment für Bildungsbiografien und gesellschaftliche Teilhabe (vgl. Thielen & Katzenbach, 2013). Für Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf stellt dieser Übergang jedoch eine besonders herausfordernde Statuspassage dar, geprägt von institutionellen Zuschreibungen, normativen Erwartungen und oftmals vagen Anschlussoptionen (vgl. Fasching & Tanzer, 2022). In der inklusiven Schule wird dieser Übergang bislang kaum systematisch begleitet. Der Beitrag stellt erste Befunde aus einem laufenden Dissertationsprojekt vor, das sich mit der Herstellung und Gestaltung von Übergängen in „inklusiven“ Kontexten beschäftigt. Auf Grundlage einer qualitativ-empirischen Längsschnittstudie und der Methodologie der Situationsanalyse (Clarke 2022) werden Daten aus episodischen Interviews mit Schüler*innen, Sonder- und Förderpädagogische Lehrkräfte, Regelschullehrkräften, Übergangsmanagerinnen und Reha-Berater*innen ausgewertet. Erste Ergebnisse zeigen, dass Schüler*innen mit SPF im Übergangsprozess häufig „mitlaufen“, ohne dass ihre Bedarfe explizit adressiert werden. Übergänge verlaufen entlang institutioneller (Un-)Ordnungen, in denen schulische Differenzkategorien (z. B. Förderstatus, Schulform, Abschlussart) mit außerschulischen Zugängen zu Ausbildung und Beratung verschränkt werden und in Korrelation bis hin zur Co-Abhängigkeit von (finanziellen) Leistungsträgern stehen. Dabei werden Differenzlinien nicht nur fortgeschrieben, sondern neu verhandelt, besonders im Zusammenspiel von schulischer Erwartungsstruktur und institutioneller Anschlussfähigkeit. Der Beitrag diskutiert die Übergänge als Schauplatz von Subjektpositionierungen und Differenzsetzungen, die zugleich Exklusionsrisiken wie auch Handlungsräume eröffnen. Der Fokus liegt dabei auf den Spannungsverhältnissen zwischen schulischer „Normalität“, sonderpädagogischer Zuständigkeit und dem Übergangssystem als Ort der (Un-)Ordnung. Bewältigung der Transition von Schule in Ausbildung. Bildungsverläufe junger Erwachsener mit Hauptschulabschluss im Übergangssystem Hochschule RheinMain Die Transition junger Erwachsener von der allgemeinbildenden Schule in Ausbildung führt für zahlreiche Jugendliche mit Hauptschulabschluss in das Übergangssystem. Dieser länger und offener gewordene Übergang (vgl. Reißig 2019, S. 17)[1] erfordert Bewältigung und steht in Wechselwirkung mit dem Selbstbild (vgl. März 2025, S. 122-126)[2]. Die aus Perspektive der jungen Menschen erforschte Bewältigung sowie ein daran ausgerichtetes pädagogisches Handeln der Begleitung in diesem Übergang sind Gegenstand des Beitrags. Dabei ist die Transition geprägt von sozialer und Bildungsungleichheit sowie der Erwartung einer alten Normalität des direkten Übergangs von allgemeinbildender Schule in Ausbildung (vgl. Kühnel 2016, S. 34)[3]. So liegt der Schwerpunkt des Beitrags neben dem Verstehen der Bewältigung junger Menschen auf der Prävention von Ausgrenzung und einem Nivellieren von Ungleichheit. Hierzu werden entlang der bildungsbiografischen Untersuchung anhand episodischer Interviews (n = 20, 11/2021 bis 02/2023) Bildungsverläufe mit Bewältigungsprozessen dieser Transition nachgezeichnet. Der Beitrag kommt demnach über die Bildungsverläufe und Bewältigungsprozesse zu Implikationen pädagogischen Handelns. Über diese Möglichkeiten pädagogischen Handelns zur Prävention von Ungleichheit und Ausgrenzung dieser jungen Menschen am Übergang in Ausbildung möchte ich im Anschluss an den Beitrag in Diskussion treten. Der Einzelbeitragkann damitim Themencluster drei „Transition im jungen Erwachsenenalter“ verortet werden. Dr. phil. Renée März (renee.maerz@web.de) Lehrbeauftragte in den Studiengängen der Sozialen Arbeit, Hochschule RheinMain am Fachbereich Sozialwesen (Lehr- und Arbeitsgebiete: Lernen und Bildung, Übergang Schule und Beruf, Übergangssystem, Bildungsungleichheit, Selbstwirksamkeit) Transition im Bildungsverlauf: Wunsch und Realität. Alanus Hochschule Inklusive Schule hält nach den gängigen sonderpädagogischen Verfahren in den Bundesländern begrenzte Möglichkeiten für sog. kognitiv eingeschränkte Schüler*innen vor, um anhand eines aussagekräftigen Schulabschlusses zu zeigen, was sie wirklich können. Ohne Schulabschlüsse, die Potentiale von Schüler*innen zeigen, ist es häufig das Schulpersonal, das die Fähigkeiten der Schüler*innen einschätzt und sie in ggf. nicht zu ihnen passende Angebote hineinberät (Martick et al, 2023, S. 176). Dies ist problematisch für den Übergang ins Berufsleben, denn Berufswünsche werden sehr eingeschränkt in Planungsvorhaben, wie Berufswegekonferenzen (Schulgesetz BW § 83 Abs 7) integriert. Es gibt ein relativ enges Auswahlverfahren von Berufen an sog. Berufsschulen. Außerhalb dieses Zugangs wird oft wenig möglich. Schulische Übergänge oder Transitionen sind komplexe, ineinander übergehende Phasen (Mays et al., 2018, S. 140). Insbesondere der Übergang von Schule in einen angestrebten Beruf stellt für junge Menschen mit einer sog. kognitiven Einschränkung eine große Herausforderung dar, der wir anhand der Forschungen von Hefziba Lifshitz zu ihrer Compensation Age Theory (CAT) Möglichkeiten entgegenhalten wollen. „Festlegung[en] und Vorstellungen der Gesellschaft haben […] einen großen und machtvollen Einfluss auf das Gelingen des Übergangs [von Schule in einen erwünschten Beruf]. Dabei spielt es z. B. auch eine große Rolle was den Schüler*innen […] an Fähigkeiten zugetraut wird und was ihnen nicht zugetraut wird.“ (Martick et al., 2023, S. 174) An einem Einzelbeispiel zeigen wir auf, wie Schulabgänge und Übergänge in weitere Qualifizierung gestaltet werden können. Grundlegend ist die Erkenntnis persönlichen Könnens und eigener Vorstellungen (Lemke et al., 2024). Wichtig ist eine Kultur zu erschaffen, in der Leistungsfähigkeit neu definiert, anders befragt und überprüft wird und neue Möglichkeiten probiert werden. |
13:30 - 15:00 | Session 1.5 Unterstützung und Gestaltung von Übergängen in Arbeitsmarkt und tertiäre Bildung (Einzelbeiträge) |
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Inklusion und Transition in den tertiären Bildungsbereich - ein systematisches Review zu Startups und gemeinwohlorientierten Unternehmen RPTU Die Transition ins Arbeitsleben (Walther, 2024) birgt Exklusionsrisiken (Lenzen et al., 2023) und erfordert teilhabeorientierte Anpassungen (SWK, 2025): Strukturelle Ausgrenzung ist bezogen auf Diversitätsfacetten (z. B. Geschlecht: BpB, 2024; Kohaut & Möller, 2023; Migration: Farrokhzad, 2020; OECD, 2023; Behinderung: BA, 2025) beobachtbar. Der Arbeitsmarkt wird zwar durch zunehmende Mobilität, etwa in Form von Startups, flexibler (Roland Berger et al., 2021), zeigt aber zugleich Exklusionstendenzen (RKW et al., 2024), die soziale Mobilität einschränken (Konzett, 2021). Forschung zeigt auch allgemeines Potenzial des Gründungssektors zur Überwindung von Diskontinuitäten (Griebel & Niesel, 2011) und inklusiven Gestaltung von Transitionen (RKW et al., 2024; Yu et al., 2020). Trotz wachsender Diversitätsforschung bleibt offen, wie der Gründungssektor konkret zum Abbau gesellschaftlicher Diskontinuitäten beitragen kann (Busch-Casler et al., 2016; Mendoza, 2023; Wiepcke, 2019). Daher wird folgender Forschungsfrage nachgegangen: Wie kann der Gründungssektor für Menschen mit Behinderung zu inklusiven Transitionen in den tertiären Bildungsbereich beitragen? Die Studie folgt einem zweiphasigen systematischen Review (Schreiber & Cramer, 2022): Erst werden zentrale Konzepte wie „Inklusion im Gründungskontext“ theoriebasiert analysiert, dann erfolgt eine strukturierte Sichtung (Newman & Gough, 2020) im Zeitraum 2015-2025 von deutsch- sowie englischsprachigen Quellen. Ergebnisse zeigen, dass Startups und gemeinwohlorientierte Unternehmen zur inklusiven Transition von Menschen mit Behinderung in den tertiären Bildungsbereich beitragen können. Sichtbar werden zudem Ansätze für inklusive Förderstrukturen, barrierearme Zugänge und Empowermentformate. Die Befunde unterstreichen die Relevanz einer inklusiven Gründungskultur. Darauf aufbauend werden erste Facetten struktureller Barrieren im Gründungsprozess und das Potenzial von Startups als Inklusionsräume skizziert und diskutiert. Technologiegestütztes “Doing Transitions” junger Menschen mit Behinderung in tertiäre Bildung und Arbeitsmarkt 1FernUniversität in Hagen; 2The Open University UK Technologie ist bedeutsam für die Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderung (MmB). Als assistive Technologie (AT) unterstützt sie funktionale Fähigkeiten von MmB und ist häufig Gegenstand externe Zuweisungs- und Aushandlungsprozesse (Mills, 2015). An den Übergängen tertiärer Bildung kommen häufig Technologien als Teil institutioneller Praktiken hinzu, auf die MmB entsprechend reagieren müssen. Zugang zu und der erfolgreicher Abschluss von tertiärer Bildung sind entscheidend für den Übergang von MmB in den Arbeitsmarkt. Nach wie vor bestehen erhebliche Ungleichheiten in Studien- und Arbeitsmarktchancen. Dabei ist bekannt, dass ein Studienabschluss bei MmB zu deutlich besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt führt. Zugleich fehlen eingehende Untersuchungen dazu, wie Technologie die Übergänge von MmB unterstützen, welche technologiegestützte Übergangsprogramme entwickelt und umgesetzt wurden und inwieweit sie zu einem “Doing Transitions” als Übernahme neuer Teilhabepositionen beitragen (Andresen et al., 2022). Dieser Beitrag stellt Ergebnisse einer kritischen Literaturübersicht vor, in der wir untersucht haben, wie Technologie die Übergänge tertiärer Bildung von junger Menschen mit Behinderung unterstützt. Für den Zeitraum von 2000 bis 2023 fanden wir lediglich sechs Übergangsprogramme, die Technologie auf vier verschiedene Arten zur Erreichung von Teilhabepositionen einsetzen. Die Evaluationen berichten überwiegend positive, teils nicht‑signifikante Effekte auf individuelle Kompetenzen; institutionelle Veränderungen blieben jedoch begrenzt. Vor diesem Hintergrund ordnen wir die Übergänge junger Menschen mit Behinderung als technologisch unterstütztes “Doing Transition” aus sozialwissenschaftlicher (Andresen et al., 2022) und psychologischer Perspektive (Kyndt, 2017) neu ein. Transitionen von Schüler*innen mit intellektuellen Behinderungen in Arbeitsleben und die Rolle von Berufsvorbereitenden Einrichtungen (BVE) in Kombination mit Kooperative berufliche Bildung und Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (KoBV) Katholische Hochschule Freiburg Junge Menschen mit intellektuellen Behinderungen sehen sich mit Barrieren beim Übergang von der Schule in den allgemeinen Arbeitsmarkt konfrontiert. Häufig scheint darum als einzige Optionen der Weg in die "Werkstatt für behinderte Menschen" (WfbM). Das steht jedoch im Widerspruch zur UN-Behindertenrechtskonvention, die das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit einschließt und die "Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird" (UN 2006, Artikel 27). In Baden-Württemberg wurde darum eine Reihe von Maßnahmen implementiert, den Übergang von jungen Menschen mit intellektuellen Behinderungen aus den Schule in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dazu zählen neben der flächendeckenden Durchführung von Berufswegekonferenzen auch eine besondere Ausgestaltung von "Berufsvorbereitenden Einrichtungen" (BVE) als (berufs-)schulischer Maßnahme von anschließender "Kooperativen berufliche Bildung und Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt" (KoBV) als Maßnahme der Arbeitsagentur. In der vorliegenden Studie wurden diese Maßnahmen evaluiert, indem ergänzend zu quantitativen Angaben zu den entsprechenden Übergängen auch Akteure in beiden Maßnahmen als Expert*innen zu Chancen und Herausforderungen befragt wurden. Bei den Studienteilnehmer*innen handelte es sich um Maßnahmen-Teilnehmer*innen mit intellektuellen Behinderungen, eine Mitarbeiter*in im Integrationsfachdienst, eine KoBV-Mitarbeiter*in, eine BVE-Leitung sowie die Leitung des überörtlichen Träger der Sozialhilfe als Koordination der Maßnahmen. Im Beitrag werden die Ergebnisse der Studie vorgestellt und in das Gesamtbild der Transitionen von jungen Menschen mit intellektuellen Behinderungen ins Arbeitsleben in Baden-Württemberg eingeordnet. Implikationen für die Praxis und die Forschung werden diskutiert. |
13:30 - 15:00 | Session 1.6 (Wie) Erfüllt das berufliche Übergangssystem Aufgaben beruflicher Bildung (Diskussionsforum) |
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Das berufliche Übergangssystem vor dem Hintergrund der Inklusion junger Menschen in selbstverwirklichende Bildungsprozesse, gesellschaftliche Teilhabe und ökonomische Unabhängigkeit 1VHS Warendorf; 2University of Derby; 3Karlsruher Institut für Technologie Im geplanten Forum soll ein kritischer Blick auf das sogenannte „berufliche Übergangssystem“ geworfen werden. Zentrale Frage ist, ob und inwieweit dieses System zur Erfüllung der grundlegenden Aufgabe beruflicher Bildung beitragen kann oder soll: junge Menschen als qualifizierte Fachkräfte und mündige Staatsbürger in Ausbildung, Beruf und Gesellschaft zu integrieren (Esmond, Schmees & Wedeking, in Vorbereitung). Das Übergangssystem beruht nicht auf einem grundlegenden Konzept, sondern ist Stück für Stück an- und ausgebaut worden. Es umfasst eine Vielzahl an Maßnahmen und Bildungsgängen, die in der Literatur unter diesem Begriff zusammengefasst werden. Als „das der Berufsbildung ungeliebte Kind“ (Steib, 2020) bildet das Übergangssystem die dritte Säule der Berufsausbildung – neben dem Dualen System und dem Schulberufssystem. Anders als diese führt es jedoch nicht zu einem vollqualifizierenden Berufsabschluss, sondern bereitet lediglich darauf vor. Es richtet sich vor allem an junge Menschen ohne Ausbildungsplatz oder mit besonderen Voraussetzungen, deren Chancen auf einen direkten Übergang in Ausbildung als gering gelten. Für viele wird es faktisch zur Warteschleife, in der sie ihre Schulpflicht erfüllen, sich beruflich orientieren, Grundkenntnisse erwerben oder – im besten Fall – einen Schulabschluss nachholen (Beer, 2025). Das Forum gliedert sich in drei Teile: Im ersten Teil, moderiert von Johannes K. Schmees, werden die philosophischen Grundlagen und Ansprüche beruflicher Bildung in Deutschland beleuchtet. Anschließend stellt Christian Steib das Übergangssystem als eigenständiges Teilsystem vor und verortet dieses am Übergang Schule - Beruf. Zum Abschluss diskutiert Mareike Beer die institutionalisierte Zuweisung von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen in das System und innerhalb des Systems. Die thematisch aneinander anschließenden Inputvorträge (max. sieben Minuten) werden jeweils von rund ca. 23-minütigen Diskussionen begleitet. |
15:00 - 15:30 | Pause Ort: Aula (Catering) |
15:30 - 17:00 | Session 2.1 Wohlbefinden und Professionalisierung angehender Lehrkräfte (Einzelbeiträge) |
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Chancen, Belastungs- und Unterstützungsfaktoren im Vorbereitungsdienst aus der Perspektive von Lehramtsanwärter*innen 1Seminar Heidelberg; 2PH Heidelberg „Der Übergang in die eigenverantwortliche Berufstätigkeit stellt Lehrpersonen vor Anforderungen, die im Rahmen der Ausbildung […] nur begrenzt erfahrbar gemacht werden können“ (Keller-Schneider, 2016, 305). Auch fordert der Übergang in eine neue Berufsphase größeren Ressourceneinsatz und ist deshalb von größerer emotionaler Erschöpfung begleitet (Zimmermann et al., 2016). Der inzwischen in allen Bundesländern relevante Lehrermangel befeuert die Diskussion über eine Verkürzung der Ausbildung und einen früheren Praxiseinstieg. Auf diesem Hintergrund wurde in B.-W. eine landesweite Online-Befragung angehender Lehrkräfte des Lehramtes Sonderpädagogik am Ende ihres 18-monatigen Vorbereitungsdienstes (VD) im Juni 2024 durchgeführt. Dabei konnten die angehenden Lehrkräfte angeben, welche Faktoren sie als belastend oder unterstützend erlebt habenund welchen Gewinn sie in dieser Phase für ihre berufliche Professionalisierung sehen (Theisel, 2015). Die Befragung wird im Sommer 2025 erneut durchgeführt. Ergänzt werden die Daten durch Interviews derselben Stichprobe, die im Sommer 2025 durchgeführt werden, ein Jahr nach dem Eintritt in das Berufsleben. Transition & Professionalisierung: ein systematisches Review zur inklusiven Übergangsgestaltung vom Primar- in den Sekundarbereich Rheinland-Pfälzische Technische Universität (RPTU) Die Transition in die Sekundarstufe bildet das institutionalisierte Regulativ ableistischer Reproduktion durch fähigkeitsbezogene Vorstellungen, die Privilegien verteilen (Buchner 2022). Inklusion als krisenhafter, transformatorischer Prozess (Casale 2024) hinterfragt institutionelle Pfadabhängigkeit (Carle&Herdings 2023). Mit Perspektive des ‚doing transition‘ kann der Übergang erweitert (Wanka et al 2020), mit Fokus des ‚doing inclusion‘ (Buchner 2022) inklusionsbezogen gefasst werden. Berufsbiografische Professionalisierung (Winkler&Freisler-Mühlemann 2023) ist zentral, da Inklusion konflikthaft erlebt wird und Positionierungen erfordern (Urbanek&Rank 2024). Aus ‚doing inclusion‘ und ‚doing transition‘ bildet sich ‚doing transformation‘ für die Professionellen; der Forschungsstand dazu ist kaum konturiert. In einem systematischen Review (Willems 2024) wird gefragt: Welche Aspekte werden in deutschsprachigen empirischen Forschungsbeiträgen zum Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe untersucht? Welche Implikationen für inklusive Professionalisierungsprozesse werden aufgezeigt? Aus über 4.300 Quellen (01/15-12/24) wurden 169 qualitative wie quantitative Arbeiten aufgenommen, mit einem konsensual entwickelten Kodierschema ausgewertet und Forschungsschwerpunkte am Übergang konturiert. Er deutet sich an, dass der Übergang überwiegend auf Akteur:innen sowie Praxis und Organisation im Sinne der kulturell-institutionellen Dimension (Kessl 2022) bezogen wird. Biografische Ansätze beschränken sich eher auf Schüler:innen. Dagegen fehlt der Blick auf Professionalisierungsaspekte bei Lehrkräften weitgehend. Inklusion wird nur randständig betrachtet. Abschließend werden Implikationen für die Transitionsforschung im bearbeiteten Übergang mit Blick auf den Transformationsanspruch von Inklusion skizziert und Verbindungen zur schulartübergreifenden Professionalisierung von Lehrkräften mit dem Blickwinkel berufsbiografischer Prozesse skizziert. Perspektiven Studierendender auf Professionalisierungsprozesse in und durch diskriminierungskritische Lehre – Quantitative und qualitative Befunde aus dem Projekt „Lehrer*innenbildung diskriminierungskritisch gestalten 1Pädagogische Hochschule Freiburg; 2Universität Siegen Die Übergänge im und ins deutsche Bildungssystem sind sensible und herausfordernde Phasen für alle daran beteiligten Akteur:innen. Das gilt besonders, wenn Bildungssubjekte von Diskriminierung betroffen sind. So sind Übergangschancen ungleich verteilt, wenn Schüler:innen eine Migrations- oder Fluchtgeschichte haben (Schneider, Schlachzig & Metzner, 2020) oder ihnen aufgrund von ihrer sozialen Herkunft geringere Fähigkeiten zugeschrieben werden (Siegert & Handelmann, 2024). Die universitäre Lehrer:innenbildung trägt der Bedeutung von Diskriminierung bisher nicht ausreichend Rechnung (Geber-Knop et al. i. Ersch.). Diese Überlegungen zum Ausgangspunkt nehmend, haben sich an der Universität Siegen Dozierende aus den verschiedenen Lehrämtern zusammengefunden, um diskriminierungskritische Lehrangebote in einer intersektionalen Perspektivierung in Strukturen und Inhalten und über Fachgrenzen hinweg miteinander zu vernetzen. An dem realisierten Projekt „Lehrer*innenbildung an der Universität Siegen diskriminierungskritisch gestalten“ nehmen Lehrende und Studierende aller Lehramtsstudiengänge und der Sozialen Arbeit teil. Ziel des Lehrprojektes ist, diskriminierungskritische Lehre im Sinne einer wechselseitigen, miteinander verwobenen und studiengangsin- und externen sowie professionsübergreifenden Professionalisierung Studierender und Dozierender der beteiligten Studiengänge zu stärken. Beide Professionalisierungsperspektiven erweisen sich als Desiderate in der hochschulischen Lehre ebenso wie in Schule und in Arbeitsfeldern der (Schul-)Sozialarbeit (Gruhn & Geber-Knop, 2024). Das Lehr-Lernprojekt wurde quantitativ mit Hilfe einer Prä-Posterhebung und qualitativ mittels leitfadengestützter, narrativer Interviews evaluiert. Im Vortrag wird zunächst das Projekt skizziert. Ausgewählte Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Studien werden anschließend im Kontext einer diskriminierungssensiblen (Hoch-)Schulentwicklung mit Fokussierung auf Übergänge im Bildungssystem diskutiert. |
15:30 - 17:00 | Session 2.2 Biographische Perspektiven auf Bildungsübergänge (Einzelbeiträge) |
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Brüche im Übergang – Ausbildungsabbrüche als Aushandlungsprozesse zwischen individueller Jugendbiographie und institutionellen Strukturen Universität Rostock, Institut für Allgemeine Pädagogik und Sozialpädagogik Jugendliche Berufsausbildung ist ein Paradebeispiel, um das Spannungsverhältnis aus gesellschaftlicher Normativität und pluralistischer Normalität der sozialen Wirklichkeit abzubilden. Die Herausbildung einer berufsbiographischen Identität gehört zu den zentralen Entwicklungsaufgaben im Jugendalter (vgl. Quenzel & Hurrelmann 2022). Entsprechend gelten jugendliche Ausbildungsabbrüche als strukturelle Krisenfaktoren im Identitätsbildungsprozess, sind aber selbstverständlicher Bestandteil (spät-)moderner Jugendbiographien. Die Berufsbildungsstatistik zeigt, dass etwa jeder vierte Ausbildungsvertrag in der dualen Berufsausbildung gelöst wird (vgl. BIBB 2024). Gleichzeitig werden Ausbildungsabbrüche nicht nur individuell erlebt und verhandelt, sondern kollektiv bewertet – sei es durch Familie, Peergroups oder Berufsbildungsinstitutionen. Im Beitrag für die Sektionstagung soll die Typologie dieser (teilweise krisenhaften) Transitionserfahrungen von jugendlichen Ausbildungsabbrechern der dualen Berufsausbildung vorgestellt und die Rolle der Sozialisationsinstanzen im Übergangsprozess erörtert werden. Grundlage bildet die narrationsstrukturelle Analyse von 13 autobiographisch-narrativen Interviews mit Ausbildungsabbrechern (vgl. Schütze 1983). Die Analyse zeigt, dass der Ausbildungsabbruch nicht einfach ein Symptom jugendlichen Scheiterns am Übergang Schule-Beruf ist, sondern eine vielfältige Struktur von individuellen, jugendbiographischen Handlungsmustern und spezifische Habitusformen aufweist. Jugendliche Ausbildungsabbrüche sind nicht linear, sondern situativ-multiursächlich, die stets in spezifischer Weise an den Sozialisationshintergrund rückgebunden sind. Zudem bietet die Typologie ein praxisrelevantes Analyseinstrument, um Übergangsverläufe besser zu verstehen und institutionelle pädagogische (berufs-, sozial-, sonderpädagogische) Interventionsstrategien zielgruppensensibler auszurichten, die ebenfalls im Rahmen des Vortrages andiskutiert werden sollen. Schulbezogene Transitionen im Kontext von zugeschriebenen Lernschwierigkeiten aus der biografischen Perspektive von Eltern 1Universität Bielefeld; 2PH Freiburg Transitionen aus einer biografieanalytischen Perspektive (u.a. Dausien 2008) zu betrachten, kann nicht nur die Erfahrungsperspektive der involvierten Akteure auf etablierte Transitionen, wie den Übergang in die Schule (u.a. Griebel et al. 2017), ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken, sondern auch den Gegenstand der Transitionen aus Perspektive der Akteure neu ausleuchten. So können Konstruktionen von Transitionen zum Vorschein kommen, die in Normalbiografien eher weniger Beachtung finden. Ein Beispiel dafür wäre der mit der Zuschreibung des sonderpädagogischen Förderbedarfs verbundene Übergang in die sonderpädagogischen (Hilfe)Systeme, wobei sowohl die Schulwahl als auch die weiteren Bildungswege schwerpunktmäßig durch ableistische Ordnungen geprägt sind (u.a. Hackbarth & Köpfer 2024). In diesen können dann wiederum neue und unerwartete Transitionen, wie z.B. ein nicht geplanter Wechsel der Schulform und des Förderschwerpunktes aufgrund einer erneuten sonderpädagogischen Diagnostik, auftreten. Welche Erkenntnisse über Transitionen aus dieser Art der Forschung – vor allem für das Feld der rekonstruktiven Inklusionsforschung - gewonnen werden können, soll exemplarisch entlang von Interviewdaten mit Eltern und im Besonderen mit Blick auf Erfahrungsperspektiven im Kontext sog. Lernschwierigkeiten reflektiert werden (vgl. Hackbarth & Köpfer 2024). Die mit der dokumentarischen Methode ausgewerteten Interviews wurden v.a. mit Müttern zu mehreren Zeitpunkten der Schulbiografie ihrer Kinder geführt. Mit diesem biographischen Zugang werden im Beitrag insbesondere Entwicklungen aufgezeigt und eingeordnet, die Eltern vor dem Hintergrund von Erfahrungen in institutionellen Bildungs- und Erziehungsverhältnissen durchlaufen. Es werden neben den gegenstandsbezogenen Reflexionen auch methodologische Schlussfolgerungen einer biografieanalytischen Perspektive auf Transitionen zur Diskussion gestellt. Behinderungsbedingte Krisen in den Übergängen DIPLOMA Hochschule Auf einmal ist sie da! Wie aus dem Nichts wacht man aus der Bewusstlosigkeit auf einer Intensivstation auf. Alles ist anders. Die Bewegungen funktionieren nicht mehr so, wie das gefühlt noch einen Tag vorher der Fall war. Dieser eine Tag liegt aber dann doch schon vier Wochen zurück. Es ist die Karnevalsfete bei Andrea, mit der ich als Zwölfjähriger das siebte Schuljahr des Gymnasiums besuche. Morgen schreiben wir eine Mathearbeit. Wie auch schon im ersten Halbjahr befasst sich auch diese Mathearbeit mit der Geometrie. Geometrie kann ich nicht! Dieses Auswendiglernen von Fundamental- und Lehrsätzen, das Zeichnen geometrischer Figuren mit Geodreieck und Zirkel will mir, als umgeschulter Linkshänder, nicht gelingen (vgl. Wallon 1973, 154). Auf dem Halbjahreszeugnis hatte ich, zusätzlich zur mangelhaften Benotung in Englisch, schon ein Mangelhaft in Mathematik. Die Versetzung in die achte Klasse ist also gefährdet. Um mir das klarzumachen, brauche ich keinen blauen Brief. Und eine Nichtversetzung in die achte Klasse bedeutet dann auch ein Verlassen der Klasse, mit der ich diese tolle Karnevalsfete bei Andrea erlebt habe. Wie kann ich diesem Zustand entgehen? Eine Todessehnsucht überfällt mein Denken. Tod scheint der einzige Ausweg aus der Misere, aus den zahlreichen Traumatisierungen, aus den – wohl nie mehr wiederkehrenden - positiven Erfahrungen mit meiner Klasse. Die psychischen Traumatisierungen im Schulalltag führen zu einem Selbstmordversuch mit - später erkennbaren – untauglichen Mitteln (vgl Rensinghoff 2006). Der Selbstmordversuch scheitert und mündet zunächst in einen Bildungsverlauf unter ausschließenden Bedingungen und in der Isolation. Nach langwierigem gesellschaftlichem Ausschluss entwickelt sich final alles zum Guten (vgl. Rensinghoff (2010). Von der hirntraumatisch bedingten gesellschaftlichen Ausschließung und sich daran anschließenden gesellschaftlichen Inklusion berichtet der Beitrag (vgl. Rensinghoff 2022)! |
15:30 - 17:00 | Session 2.3 Bezugspersonen und kunstpädagogische Potenziale in Übergängen (Einzelbeiträge) |
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Die Rolle von Schlüsselpersonen am Übergang von der schulischen in die erwerbsbezogene Bildung Universität Zürich Normative Übergänge sind „soziale […] Zustandswechsel in individuellen Lebensverläufen“ (Walther, 2020, S. 63), die mit einschneidenden Veränderungen in Bezug auf individuelle Selbstkonzepte, biografische Muster, Rollen und Beziehungen – und vor allem für benachteiligte Personengruppen – mit Risiken verbunden sind (Fasching, 2023). Insbesondere für Jugendliche mit Beeinträchtigungen sind Übergänge oftmals herausfordernd (Fasching, 2023), da dort ein erhöhtes Risiko besteht, erkämpfte Zugänge wieder zu verlieren. Aufgrund begrenzter Optionen inklusiver Ausbildungsmöglichkeiten (Felbermayr, 2023, S. 248) muss im Prozess der Berufsfindung oder der Studienwahl häufig eine „Zielanpassungsstrategie“ (Pfahl & Powell, 2010, S. 33) erfolgen: Jugendliche mit Beeinträchtigungen richten sich nach verfügbaren Möglichkeiten und akzeptieren diese, statt sich spezifische Ziele zu setzen (Pfahl & Powell, 2010, S. 33-35) oder machen eine Option zweiter Wahl zur eigenen Entscheidung (Walther, 2020, S. 80). Diese und weitere Erkenntnisse aus der Übergangsforschung werden im vorliegenden Beitrag mit den Ergebnissen einer Dissertation verbunden, in der die Forschungsfrage untersucht wurde, wie Erwerbstätige mit Beeinträchtigungen ihre Teilnahme an erwerbsbezogener Bildung und Erwerbstätigkeit gestalten. Das Datenmaterial wurde mittels problemzentrierter Interviews im Rahmen eines Innosuisse-Teilprojektes in der Schweiz erhoben und mit der Grounded Theory ausgewertet. Die Ergebnisse bestätigen u. a., dass in diesem Prozess meist formale und informelle „Gate-Keeper“ (Walther, 2020) oder „wissende“ Bezugspersonen (Felbermayr, 2023, S. 147) in ihrer Rolle als Schlüsselpersonen die verfügbaren Möglichkeiten (mit)bestimmen. Das sind Bezugspersonen aus dem professionellen oder sozialen Umfeld, die „Spielregeln“– die Kernkategorie der Dissertation – kennen, bei der Gestaltung der Übergänge eine zentrale Rolle spielen und in diesem Beitrag genauer vorgestellt werden sollen. „Wie bei Mary Poppins“: Schulbegleitung als temporäre Maßnahme?! – Gestaltung schulischer Übergänge aus der Perspektive von Schulbegleiter*innen. Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Die Maßnahme Schulbegleitung ist als Maßnahme zur Teilhabe an Bildung (§ 112, SGB IX), bzw. als Eingliederungshilfe (§ 35a, SGB VII) sozialgesetzlich verankert. Ziel einer Schulbegleitung ist die Unterstützung schulischer Inklusion sowie sozialer Partizipation (Dworschak & Markowetz, 2019; Henn et al., 2022). Im Kontext sozialer Partizipation stellen Übergangsprozesse eine besonders vulnerable Phase für die begleiteten Schüler*innen dar: Als Bruch bisheriger Kontinuität markieren sie sensible Momente schulischer Teilhabe, die professioneller Begleitung bedürfen, um gezielt zu unterstützen und Ausgrenzung präventiv entgegenzuwirken (Kroll, 2011). Dass Übergänge auch aus der Perspektive der Schulbegleiter*innen selbst eine bedeutsame Rolle spielen, zeigte sich in teil-strukturierten Interviews mit N = 25 Schulbegleiter*innen zum Thema soziale Partizipation. Im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse zeichnete sich das Thema Transitionen als wichtige induktive Kategorie ab, die in vielen Interviews (n = 15) thematisiert wurde und den zentralen Fokus des Vortrags bildet. Analyseleitend ist die folgende Fragestellung: Welche Bedeutungen schreiben Schulbegleiter*innen schulischen Übergängen zu und wie reflektieren sie ihre eigene Rolle in der Gestaltung dieser Transitionsprozesse? Die Analyse der Interviewausschnitte zeigt ein breites Spektrum an Bedeutungszuschreibungen: Während einige Schulbegleiter*innen ihre kontinuierliche Begleitung als zentral für Akzeptanz und Partizipation der begleiteten Schüler*innen beschreiben, kritisierten andere Schulbegleiter*innen die institutionellen Rahmenbedingungen und betonen die temporäre Ausrichtung der Maßnahme. Diese und weitere Perspektiven auf die Rolle von Schulbegleiter*innen in Transitionsprozessen werden im Vortrag kontrastierend diskutiert. Kunstpädagogik als Zugang zu inklusiver Medienbildung im Übergang in den Berufsbereich 1Ludwig-Maximilians-Universität München; 2Ludwig-Maximilians-Universität München; 3Ludwig-Maximilians-Universität München Grundlegend für soziale und berufliche Integration sowie eine umfassende gesellschaftliche Partizipation ist die digitale Teilhabe für Menschen mit Behinderung (vgl. Lorenz & Schley 2024, S. 105). Menschen mit kognitiven Einschränkungen fehlt in vielen Fällen die nötigen Kompetenzen (vgl. Kreuder-Schock et al., 2024, S. 5). Zugang zu diesem Wissen im digitalen Bereich kann aber „ein zentraler Schlüssel für mehr Teilhabe“ sein (Borgstedt& Möller-Slawinksi 2020, S. 30). Das vom BMBF geförderte Projekt „ArtEater im Live-Test“ der Ludwig-Maximilians- Universität München (Leitung: Anja Mohr) bietet, an der oben benannten Problematik andockend, die Möglichkeit, durch gezielte Vermittlung von medienpädagogischen Inhalten einen gewinnbringenden Einstieg sowie eine Erweiterung von bereits vorhandenem Wissen für Menschen mit Behinderung im Übergang in den Berufsbereich zu leisten. Gestalterisches Handeln knüpft an früh gelernte Bild- und Handlungsschemata aus der Kindheit an, was als erster Zugang gelten kann. Als geeignetes digitales Lern- und Lernmittel in Form eines kreativen Softwaremoduls leistet es einen erheblichen Beitrag im ersten Umgang mit digitalen Programmen und deren Benutzeroberflächen und kann so als Zukunftschance gesehen werden, um gesellschaftliche sowie digitale Teilhabe sicherzustellen (vgl. Borgstedt & Möller- Slawinski 2020, S. 30). Über den Zugang der Kunst erlernen die Teilnehmenden wichtige Medienkompetenzen, die im späteren Berufsalltag notwendig sind. Vorgestellt werden empirische Ergebnisse einer Teilstudie eines Berufsvorbereitungsprogrammes der Lebenshilfe. Neben den inhaltlichen Erkenntnissen zu den Transitionserfahrungen der jungen Erwachsener werden kunstpädagogische Potenziale für den Ausdruck und die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität diskutiert. Dies baut auf der Annahme auf, dass Zeichnungen als Kommunikationsmittel dienen, um persönliche Weltbezüge sichtbar zu machen. |
15:30 - 17:00 | Session 2.4 Lernende und Lehrende im Autismus-Spektrum (Einzelbeiträge) |
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Die Bedeutung von Übergängen für das subjektive Belastungserleben von Schüler:innen im Autismus-Spektrum Universität Oldenburg Der Beitrag thematisiert Transitionen im Schulalter aus der Perspektive von Schüler:innen im Autismus-Spektrum und fragt nach der Bedeutung von Übergängen für Belastungen im schulischen Kontext, die zu Problemen beim Schulbesuch führen. Es wurden problemzentrierte Interviews mit zwanzig autistischen Schüler:innen zwischen 7 und 20 Jahren geführt, die inklusiv im gesamten Bundesgebiet beschult wurden und trotz Lernwillen Probleme beim Schulbesuch entwickelten. Die Interviews wurden mit der Grounded Theory ausgewertet. Es wurde eine Theorie entwickelt, die den Prozess der Entwicklung von Schulbesuchsproblemen abbildet. Dabei zeigte sich, dass Übergänge als kontextuelle Bedingung zu dieser Entwicklung beitragen. Anhand der Aussagen der befragten autistischen Schüler:innen wird sichtbar, wie sich eine fehlende Gestaltung dieser Übergänge, fehlendes Wissen über autismusspezifische Besonderheiten sowie eine fehlende Anpassung der Lernumgebung negativ auf das Belastungserleben auswirken können und zu einem Ausschluss aus dem inklusiven Bildungssystem führen können. Gleichzeitig geben die Schüler:innen Hinweise auf Gelingensbedingungen, die pädagogische Fachkräfte in ihrem inklusiven Handeln unterstützen können – etwa durch transparente Übergangsgestaltung, verlässliche Beziehungen, individualisierte Strukturen und Beteiligung an Entscheidungsprozessen. Der Beitrag hebt die Bedeutung der Perspektive autistischer Schüler:innen hervor und betont diese als Ressource pädagogischen Handelns. Ziel ist es, schulischen Belastungen, die zu Schulbesuchsproblemen führen können, präventiv zu begegnen, indem Übergänge bewusst pädagogisch gestaltet werden. Partizipatives Lehrforschungsprojekt Autistische Dozierende für die inklusive Lehrkräftebildung (AutDiL) – erste Ergebnisse der Prozessevaluation Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Das von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre geförderte Lehrforschungsprojekt AutDiL zielt auf die Umsetzung inklusiver Lehrkräftebildung an Hochschulen ab. Für die Umsetzung wurde der lehramtsübergreifenden Zertifikatskurses Pädagogik im Autismus-Spektrum (Z-PAS), der 2021/22 und 2022/23 bei hoher Nachfrage dreisemestrig durchgeführt wurde, strukturell und partizipativ weiterentwickelt. Die strukturelle Weiterentwicklung erfolgte durch die Umwandlung in einen Basis- und Vertiefungskurs von jeweils 2 Semestern, deren Ziel es ist, einen insg. viersemestrigen Ergänzungsstudiengang zu erproben; die partizipative Weiterentwicklung durch Einbindung autistischer Dozierender in die seminaristische Lehre. Die AutDiLs fungieren hier als externe Lehrbeauftragte, die sowohl wegen ihrer fachlichen Expertise als auch wegen ihrer Expertise in eigener Sache akquiriert wurden. Ferner fungieren sie als Mentor*innen im forschenden Lernen (Vertiefungskurs) und als gleichberechtigte Akteur*innen innerhalb der partizipativen Konzept- bzw. Curriculumsentwicklung. Das Rollenverständnis und die Perspektiven der AutDiLs auf das partizipative Lehrforschungsprojekt werden in der Prozessevaluation empirisch untersucht, ebenso die Perspektiven der Studierenden, der hauptamtlich Lehrenden und weiterer externer Lehrbeauftragter (z.B. Beratungslehrkräfte für Autismus, Lehrkräfte aus Schulen mit pädagogischem Autismuskonzept). Im Tagungsbeitrag sollen das Konzept und erste Evaluationsergebnisse vorgestellt werden, die sowohl quantitativ im Rahmen einer Längsschnittstudie als auch qualitativ, u.a. mittels leitfadengestützter Interviews, gewonnen wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass durch den partizipativen Ansatz innovative curriculare Aspekte in den Z-PAS eingeflossen sind. Seitens der Studierenden sind eine gesteigerter Diversitätssensibilität und ein Kompetenzzuwachs im pädagogischen Umgang mit autistischen Schüler:innen zu verzeichnen. |
15:30 - 17:00 | Session 2.5 Transitionen im Kontext Pädagogik bei Krankheit (Diskussionsforum) |
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Transitionen im Kontext Pädagogik bei Krankheit – Brücken und Brüche in der Übergangsgestaltung bei chronisch kranken Schüler:innen 1Universität zu Köln; 2Pädagogische Hochschule Luzern; 3Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Kinder und Jugendliche mit chronischen somatischen oder psychischen Erkrankungen stellen im Bildungssystem eine besonders vulnerable Gruppe dar. Ihre krankheitsbedingten schulischen Übergänge – etwa zwischen Regelschule, Haus- oder Krankenhausunterricht – sind komplexe, nicht-normative Transitionsprozesse, die mit Lernrückständen, sozialer Isolation und Stigmatisierung einhergehen können (Thiele et al., 2024). Diese Herausforderungen gefährden psychosoziale Entwicklung, Bildungschancen und langfristige Abschlüsse der betroffenen Schüler:innen. Trotz der Relevanz des Themas fehlt es an systematischen und evaluierten Konzepten sowie tragfähigen Strukturen im D_A_CH-Raum, um die schulische Teilhabe chronisch kranker Kinder und Jugendlicher zuverlässig zu sichern (Elbracht et al., 2025). Das geplante Forum schließt hier auf einer ersten theoretischen Ebene mit einer Auseinandersetzung mit sonderpädagogischen Transitionstheorien (Mays, 2014) sowie internationalen Modelle zur Re-Integration (Capurso et al., 2025) an, indem deren Tragfähigkeit zur Beschreibung von Übergangsprozessen im Kontext Pädagogik bei Krankheit diskutiert werden. Auf einer zweiten Ebene werden Implikationen gelingender Übergangsgestaltung als Beitrag zur schulischen Teilhabe chronisch kranken Schüler:innen (Elbracht et al. 2025) herausgearbeitet. Impulse für die zu initiierende Diskussion ergeben sich aus dem geplanten BRÜCKEN-Projekt, das übergreifend für den D_A_CH-Raum konzeptionelle Vorschläge auf Basis einer Analyse aktueller Ausgangsbedingungen sowie bestehender Transitionsansätze entwickeln möchte. So stehen folgende Fragen im Mittelpunkt:
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15:30 - 17:00 | Session 2.6 Transitionen gestalten und begleiten - Teilhabe an Ausbildung und Arbeit innerhalb des systems berufflicher Bildung (Symposium) |
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Transitionen gestalten und begleiten - Teilhabe an Ausbildung und Arbeit innerhalb des Systems beruflicher Bildung Im Rahmen des Symposiums werden drei Forschungsprojekte im Themenkomplex „Transitionen innerhalb der beruflichen Bildung und Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderungen am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt“ präsentiert. Ziel ist eine fachrichtungsübergreifende Diskussion und die Nutzung sonderpädagogischer Potenziale im Bereich Pädagogik bei Verhaltensstörungen. Beiträge des Symposiums Stay IN: Dran bleiben – statt aussteigen Das Forschungsprojekt Stay IN untersucht Ausbildungsabbrüche im Kontext beruflicher Bildung, insbesondere in Berufsbildungswerken (BBW). Ziel ist es, Dropoutrisiken frühzeitig zu erkennen und stabile Ausbildungsverläufe zu fördern. Vor dem Hintergrund hoher Abbruchquoten (2022: 29,5 %) analysiert das Projekt Ursachen auf individueller, organisationaler und systemischer Ebene. Es werden praxisnahe Präventionsstrategien entwickelt – in enger Zusammenarbeit mit BBWs und basierend auf qualitativen sowie quantitativen Daten. Durch die Verbindung von Theorie und Praxis entstehen Handlungskonzepte, die vor Ort erprobt und nachhaltig verankert werden. Stay IN stärkt Teilhabechancen junger Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf und unterstützt Einrichtungen beruflicher Rehabilitation mit wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen. DualON: Duales Onboarding in der Berufsausbildung Das Projekt DualON reagiert auf die wachsende Diversität von Auszubildenden und die damit verbundenen Herausforderungen wie Belastung, Desintegration und Dropout. Ziel ist es, die Qualität der dualen Ausbildung in der Startphase zu verbessern – besonders für Jugendliche mit schwierigen Ausgangsbedingungen. Dafür wird ein webbasiertes, duales Onboarding-Konzept entwickelt, das Auszubildende frühzeitig begleitet, individuell fördert und an Betrieb wie Berufsschule bindet. Parallel entsteht ein modulares Konzept für Ausbilder:innen und Lehrkräfte beider Lernorte. Ein etabliertes Instrument aus der Personalentwicklung wird hierfür zum praxisnahen Baukastensystem weiterentwickelt und in enger Zusammenarbeit mit Fachkräften und Auszubildenden erprobt. DiKoBenCh: Digitale Informationskompetenz, Benachteiligung ausgleichen, Chancen eröffnen Digitale Informationskompetenz (DI) ist entscheidend für die gesellschaftliche Teilhabe benachteiligter Jugendlicher im Übergangssystem. Trotz ihrer Verankerung in Lehrplänen bestehen Umsetzungsdefizite. Das Projekt entwickelt ein interdisziplinäres Konzept zur gezielten Förderung von DI, das individuelle und strukturelle Benachteiligungen berücksichtigt. In sieben digitalen Modulen werden sowohl kognitive (z. B. kritischer Umgang mit Informationen) als auch sozial-emotionale Kompetenzen (z. B. Selbstregulation, Cybermobbing) gestärkt. Die Module entstehen in Kooperation mit Jugendlichen und Fachkräften und werden praxisnah in Berufsvorbereitungsjahr-Klassen und Produktionsschulen erprobt. Ziel ist die nachhaltige Verankerung von DI in Bildungsprozessen. |
17:15 - 18:15 | Sitzung der Sektion Sonderpädagogik in der DGfE Ort: R018 Mitgliederversammlung der DGfE |
Datum: Dienstag, 23.09.2025 | |
8:45 - 9:00 | Stehcafé Ort: Aula (Catering) |
9:00 - 9:15 | Begrüßung und Information Ort: Mehrzweckhalle (Keynotes/Plenum) |
9:15 - 10:15 | Keynote: Prof. Dr. Simone Seitz Ort: Mehrzweckhalle (Keynotes/Plenum) Vortrag mit anschließender Diskussion. |
10:15 - 10:45 | Pause Ort: Aula (Catering) |
10:45 - 12:15 | Session 3.1 Gestaltung von Übergangsprozessen durch multiprofessionelle Kooperation in Frühförderung und Frühpädagogik (Einzelbeiträge) |
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Die Rolle der Frühförderung im Übergang zur Schule - Chancen und Herausforderungen Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport (FIBS gGmbH) Der Übergang in die Grundschule ist eine wichtige Transitionsphase, die vor allem Kinder mit Förderbedarf und ihre Familien vor große Herausforderungen stellt. Interdisziplinäre Frühförderung nimmt eine unterstützende Rolle ein, stößt aber in den vorgegebenen Strukturen an Grenzen, sowohl innerhalb des Leistungszeitraumes als auch darüber hinaus. Die Leistungen der Frühförderung enden vor dem Schuleintritt, womit die therapeutischen, psychologischen, heil- und sonderpädagogischen Angebote für die Kinder entfallen und die Familien eine ihnen vertraute professionelle Begleitung und Ansprechperson verlieren (Blatz et al. 2023). Der Fokus liegt auf kindzentrierten Angeboten. Gerade in der Transitionsphase muss das Kind jedoch im Kontext der familiären, institutionellen und gesellschaftlichen Ebenen gesehen werden (Dawal et al. 2023). Hier setzen die Projekte InBiA (Inklusive Bildung von Anfang an) und MuTig+ (Multiprofessionell Transition gestalten) an. Gemeinsames Anliegen der beteiligten Frühförderstellen ist es, als Bildungspartner:innen die Ressourcen im Familiensystem zu stärken und den Austausch mit Kitas und Schulen zu intensivieren. Risikofaktoren des Kindes sollen so einrichtungsübergreifend in den Blick genommen und minimiert werden. Die wissenschaftliche Begleitung der Projekte hat in Einzelinterviews mit Eltern, Fokusgruppen mit Vertreter:innen aus Kita, Schule und Frühförderung sowie Fragebogenerhebungen die verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass eine intensivere Zusammenarbeit mit den Familien wie auch „Runde Tische“ mit Kitas, Schulen und Frühförderung von den Eltern als besonders hilfreich wahrgenommen werden. Alle Beteiligten sehen einen hohen Austauschbedarf, der jedoch durch fehlende zeitliche Ressourcen und fehlende Abrechnungsmöglichkeiten für umfeldzentriertes Arbeiten im Rahmen von Frühförderung nicht gedeckt werden kann. Die Oase als Übergangsraum. Psychoanalytische Perspektiven auf frühe Bildung und elterliche Begleitung in der Arche Für Familien Zürich 1Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich (HfH); 2Eötvös Loránd Universität Budapest (ELTE); 3Pädagogische Hochschule Luzern; 4Pädagogische Hochschule Salzburg Stefan Zweig Die Oase in der Arche Für Familien Zürich ist ein prophylaktischer Lern- und Sozialisationsort für Kinder von null bis vier Jahren und ihre Bezugspersonen. Sie orientiert sich am Modell der Maison Verte von Françoise Dolto und bietet einen offenen und durchlässigen Übergangsraum, in dem frühe Transitionen psychoanalytisch und sozialpädagogisch begleitet werden (Ambass, & Langnickel, 2019). Die Oase fungiert dabei als intermediärer Raum im Sinne Winnicotts (Becker, 1995), in dem Kinder durch freies Spiel, Übergangsobjekte und die emotionale Präsenz der Accueillant:es Trennungserfahrungen verarbeiten und erste Schritte in Richtung Subjektwerdung machen können (Ambass, 2018). Im Zentrum steht die psychoanalytisch fundierte Unterscheidung zwischen sozialpädagogischer und psychoanalytischer Funktion, welche durch multiprofessionelle Zusammenarbeit im Setting sichtbar wird. Die Reflexion unbewusster Prozesse durch operative Gruppenarbeit (Bauleo, Pichon-Rivière) dient der Qualitätssicherung und Professionalitätsentwicklung des Teams. Fallvignetten illustrieren, wie der durchlässige, offene Charakter der Oase Übergänge ohne Pathologisierung gestaltet und dabei soziale Integration ermöglicht. Übergänge werden als biographisch bedeutsame Phasen verstanden, in denen Diskontinuitäten produktiv verarbeitet und neue pädagogische Beziehungen aufgebaut werden können. In Anlehnung an das Konzept des Übergangsobjekts wird gezeigt, wie pädagogische Settings zum Ort gelingender Triangulierung werden können – mit dem Kind als Subjekt im Mittelpunkt. Die Oase ermöglicht somit Übergänge, die nicht normierend, sondern unterstützend wirken und dabei Inklusion fördern. Die Analyse verweist auf die Relevanz psychoanalytisch informierter Frühpädagogik zur Begleitung komplexer Übergangsprozesse im Bildungssystem. Multiprofessionelle Kooperation von Kita- und Frühförderfachkräfte in der Frühförderung von Kindern mit Sehbeeinträchtigungen – Perspektiven für Transformationsprozesse der Frühförderung Universität Paderborn Die Umsetzung des KJSG 2028 impliziert Veränderungen für die interdisziplinäre Frühförderung – und somit auch für die Frühförderung von Kindern mit Sehbeeinträchtigungen. Die im Vortrag vorgestellte explorativ-qualitative Studie wurdein NRW durchgeführt und bietet im Transformationsprozess Perspektiven zur Entwicklung von Interventionsmaßnahmen, die die Kooperation von Fachkräften im Sinne einer inklusiven Jugendhilfe weiterentwickeln. Frühförderzentren sind für Kitas zentrale Kooperationseinrichtungen. Ausgangspunkte der Studie sind zunächst Gelingensbedingungen Multiprofessioneller Kooperation (u.a. nach Boehm et. al. 2016, Bischoff 2011, Arndt/Werning 2013, Austin 2001, Lütje-Klose 1997, 2008, Voß 2013, Neumann 2019, Simon & Kühl 2023), angewandte Kooperationsformen innerhalb der Frühförderung (u.a. Hensen, Lohmann & Wiedebusch, 2016) sowie Spezifika in der Frühförderung von Kindern mit Sehbeeinträchtigungen (Lang & Sarimski, 2020). Befragungen von Kita-Fachkräften (Grönke & Sarimski, 2018; Brambring, 2001) und Frühförderfachkräften (Lang, Sarimski & Hintermair, 2018) deuten auf eine Diskrepanz zwischen dem Beratungsbedarf und der in der Praxis erfolgenden Umsetzung seh- und blindenspezifischer Empfehlungen bzw. Begleitung der Kita-Fachkräfte hin. Die Studie widmet sich entsprechend den Fragen: (1) Wie nehmen Kita- und Frühförderfachkräfte die Multiprofessionelle Kooperation innerhalb der Komplexleistung der Frühförderung Sehen wahr? (2) Welche Bedarfe, Herausförderungen und Wünsche bestehen innerhalb der Kooperation? (3) Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede können aus der Darstellung von Kita- und Frühförderfachkräften zu den Bedarfen, Herausforderungen und Wünschen innerhalb dieser Kooperationsbeziehung herausgearbeitet werden? Im Vortrag werden erste Ergebnisse der inhaltsanalytischen Auswertung der durchgeführten Interviews mit Kita- und Frühförderfachkräften in NRW vorgestellt und in den Transformationsprozess eingeordnet bzw. Perspektiven entworfen. |
10:45 - 12:15 | Session 3.2 Inklusion: Einstellungen, Selbsteinschätzungen und Rückschulungspraxis (Einzelbeiträge) |
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Einstellungen der Allgemeinbevölkerung zu schulischer Inklusion – Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Der Transitionsprozess, dem Schüler*innen nach der Zuschreibung eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs ausgesetzt sind, wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst – bevor schließlich über den Ort des weiteren Schulbesuchs entschieden wird. Die Chance, dass dieser Prozess in einer inklusiven Lösung mündet, wird nicht nur von Einstellungen und Überzeugungen direkt beteiligter Akteur*innen wie Lehrpersonen, Eltern und Schuladministration beeinflusst, sondern auch von kommunalpolitischen Rahmenbedingungen, etwa der (Nicht-)Verfügbarkeit bestimmter Organisationsformen. Es darf davon ausgegangen werden, dass diese politischen Entwicklungen auf Landes-, Bundes- oder kommunaler Ebene wiederum durch die Einstellungen sowohl direkt als auch indirekt beteiligter Personen beeinflusst werden. Hierzu liegen bislang jedoch kaum empirische Forschungsdaten vor. Um einen Beitrag zu diesem Desiderat zu leisten, wurden Einstellungen der Allgemeinbevölkerung zur schulischen Inklusion erhoben. Solche Einstellungen spiegeln gesellschaftliche Werte, Überzeugungen und Prioritäten wider, die sich auf die Akzeptanz inklusiver Reformen, Gesetzgebung und lokale Bildungspolitik auswirken können (Bešić et al., 2018; Krischler et al., 2019). Der Beitrag präsentiert erste Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Onlinebefragung in Deutschland (N = 2.000). Untersucht wurden Einstellungen zum inklusiven Schulsystem sowie potenzielle Prädiktoren, darunter politische Orientierung, soziodemografische Merkmale und weitere individuelle Einflussfaktoren. Die Befunde werden vor dem Hintergrund diskutiert, inwiefern gesellschaftliche Einstellungen als kontextuelle Rahmenbedingungen politische Entwicklungen und damit auch inklusive Transitionsprozesse im Schulsystem mitprägen können. Inklusion in der beruflichen Schule: Soziale Integration von Jugendlichen und jungen Erwachsenen - erste Befunde einer dreijährigen Längsschnittsstudie 1Institut für Sonderpädagogik; PH Heidelberg; 2Fakultät für Teilhabewissenschaften, PH Ludwigsburg Ein hohes subjektives Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler kann als ein zentrales Qualitätsmerkmal schulischer Inklusion gesehen werden (Zurbriggen/ Knickenberg, 2020). Im Gegensatz zum allgemeinbildenden Bildungssektor liegen für den berufsschulischen Bereich derzeit keine empirischen Befunde vor. Im Rahmen der 3-jährigen Evaluation des Projektes „Auf dem Weg zur inklusiven beruflichen Schule – Umgang mit Heterogenität (inklusivBS)” werden Jugendliche und junge Erwachsene u.a. mit dem PIQ - Perceptions of Inclusion Questionnaire (Venetz et al., 2015) zu ihrem Wohlbefinden in der schulischen Inklusion befragt. Der PIQ ist dafür ein valides, reliables und zeitökonomisches Instrument. Erhoben werden drei zentrale Dimensionen schulischer Inklusion: das emotionale Wohlbefinden, das akademische Selbstkonzept und die soziale Inklusion in der Klasse. Den Fragebogen füllen sowohl die Schüler*innen für sich selbst als auch die Klassenlehrkräfte für jeden Schüler*in aus. Anschließend werden diese abgeglichen. Das Verfahren wurde bisher nur für den Einsatz in den Klassenstufen 3 bis 9 validiert. Der Vortrag berichtet über die notwendige Validierung des PIQ für Jugendliche und junge Erwachsene bis zum Alter von 28 Jahren, hier auf der Basis einer konfirmatorischen Faktorenanalyse. Es zeigt sich eine akzeptable bis gute Modellanpassung, d.h. der PIQ kann auch für diese Altersstufe eingesetzt werden. Damit steht ein valides Erhebungsinstrument zur Verfügung, das gerade im Längsschnitt, z.B. über die gesamte Bildungsbiografie die subjektiv erlebte schulische Inklusion abbilden kann. Zudem werden Befunde aus drei von sieben Messzeitpunkten referiert. Die Selbsteinschätzungen der Jugendlichen liegen mehrheitlich im eher positiven Bereich. Die Selbst- und Fremdeinschätzung von Jugendlichen und Lehrkräften stimmen weitgehend überein. Rückschulungspraxen in Deutschland – Ergebnisse eines systematischen Literaturreviews, einer Online-Befragung von Förderschulfachkräften und von Expert:inneninterviews zum Übergang von Förderschulen auf allgemeinbildende Schulen Pädagogische Hochschule Freiburg Seit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland konzentriert sich die Bildungsforschung stark auf inklusive Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozesse. Daneben besteht weiterhin ein exkludierendes Förderschulsystem: Mit einer Exklusionsquote von 4,2 % wurde mehr als die Hälfte der Schüler:innen mit Förderbedarfen an Förderschulen unterrichtet (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024) – nur 3,3% der Schüler:innen mit diagnostiziertem Förderbedarf wurden an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet. Vor diesem Hintergrund werden Forderungen nach Entwicklungsmaßnahmen zur Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen Förderschule und Regelschule laut (CRPD, 2023). Förderschulen sind zwar rechtlich in der Regel als Durchgangsschulen normiert (Mays, 2014), in der Realität wird diese Durchlässigkeit oft nicht erfüllt. Aktuelle Forschung dazu liegen national und international bisher nicht ausreichend vor. Aus diesem Grund wurde das Forschungsfeld Rückschulungen, d.h. dem Übergang von Förderschulen auf allgemeinbildende Schulen, als spezifische und sonderpädagogisch besonders interessante Form der Transitionen im Schulalter mit einem Mixed-Methods-Design adressiert. In einem systematischen Literaturreview wurden die vorhandenen nationalen empirischen Studien zum Forschungsfeld zusammengefasst. Darauf aufbauend wurde ein quantitativer Online-Fragebogen entwickelt und zur Befragung von Fachkräften an Förderschulen Sozial-emotionaler Entwicklung (ESE) in Nordrhein-Westfalen eingesetzt. Ergänzend wurden n = 4 qualitative Interviews mit Expert:innen an Förderschulen durchgeführt, um bedeutsame expliziten und impliziten Regularien und Rückschulungspraxen näher zu beleuchten. Im Vortrag soll zunächst die aktuelle rechtliche Situation zu Rückschulungen beleuchtet werden, bevor das Forschungsdesign des Projekts, die Ergebnisse der Reviews, der Fragebogenerhebung und der Interviews sowie weitere Forschungsfragen diskutiert werden. |
10:45 - 12:15 | Session 3.3 Perspektiven auf und Konzepte zur Förderung mathematischer, sprachlicher und sozial-emotionaler Kompetenzen in Übergängen (Einzelbeiträge) |
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Die Perspektive Lehramtsstudierender auf die Bedeutung der Transitionsgestaltung für das Lehren und Lernen von Mathematik Leibniz Universität Hannover Transitionen gestalten sich angesichts aktueller Entwicklungen der Gegenwartsgesellschaft, wie u. a. technologische Transformationen (z. B. Digitalität, Künstliche Intelligenzentwicklung) oder eine zunehmende Diversität, und daraus hervorgehenden veränderten Lebensbedingungen fluider und erfordern eine Begleitung durch pädagogische Fach- sowie Lehrkräfte (Merz-Atalik, 2018). Der Institutionswechsel stellt auch hinsichtlich der Förderung von Mathematiklernen Herausforderungen dar, bspw. aufgrund veränderter Organisationsformen der Lernangebote oder notwendig werdender bzw. neu zu erlernender Strategien und Arbeitsweisen (Bruder & Heinze, 2015). Pädagogische Fach- und Lehrkräfte sind mit der Anforderung konfrontiert, Schüler*innen unter Berücksichtigung ihrer individuellen Vorerfahrungen bestmöglich bei der Bewältigung des Übergangs zu unterstützen (Im Brahm, 2020). Die Lehrkräftebildung muss (angehende) Lehrkräfte entsprechend auf die Übernahme dieser Aufgabe vorbereiten. Der Beitrag stellt erste Ergebnisse einer qualitativ angelegten Pilotstudie vor, die Anforderungen der Professionalisierung Lehramtsstudierender in Bezug auf die Gestaltung der Transition von Mathematiklernenden erforscht. Dabei werden sowohl der Übergang vom Elementar- in den Primarbereich als auch vom Primar- in den Sekundarbereich in den Blick genommen. Im Rahmen dieser Pilotstudie wurden mittels eines aus Freitext-Fragen bestehenden Online-Fragebogens die Perspektiven Studierender, die das Lehramt für Sonderpädagogik mit und ohne das Unterrichtsfach Mathematik anstreben, auf die Bedeutung der Transitionsgestaltung für das Lehren und Lernen von Mathematik in der Primar- bzw. in der Sekundarstufe erhoben. Aufbauend auf ersten Erkenntnissen sollen sowohl Implikationen für die Lehrkräftebildung abgeleitet als auch Ansatzpunkte für die weitere Forschung aufgezeigt werden. Alltagsintegrierte Unterstützung mathematischer Kompetenzen im Übergang Kita-Schule: eine kontrollierte Einzelfallstudie zum Potential der LÜK-Kästen bei ersten Rechenschwierigkeiten Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Frühe mathematische Kompetenzen, z.B. Zählen, Zahlen-Mengen-Verknüpfung sowie einfache Additionsaufgaben, besitzen große Bedeutung für die Entwicklung weiterer mathematischer Kompetenzen in der Schullaufbahn (Krajewski & Schneider, 2009; Ruiz et al., 2024). Bereits vor Schulbeginn zeigt sich eine große Heterogenität in den mathematischen Kompetenzen sowie eine hohe Stabilität interindividueller Unterschiede über die ersten Schuljahre hinweg (Weißhaupt, Peucker & Wirtz, 2006). Schwierigkeiten in frühen mathematischen Kompetenzen stellen ein erhebliches Risiko dar (ebd.) und präventiven Maßnahmen kommt somit eine hohe Bedeutung zu. Die Potentiale der seit langem im deutschen Sprachraum bekannten LÜK-Kästen werden bisher nicht genutzt. In Form einer alltagsintegrierten Förderung könnten sie geeignete Lernmaterialien darstellen, da Prinzipien der Entlastung des Arbeitsgedächtnisses, der Aufmerksamkeitssteuerung und Selbstregulation Beachtung finden. Bislang fehlen Evaluationsstudien und somit stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit. Ziel der vorliegenden Studie ist es, diese Lücke in einer kontrollierten Einzelfallstudie zur Entwicklung früher mathematischer Kompetenzen zu schließen. Im Multiple-Baseline-Design mit 4 Schüler*innen (Jahrgangsstufe 1, Hinweise auf Rechenschwierigkeiten) erfolgt eine additive Förderung über einen Zeitraum von 6 Wochen. Aus den LÜK-Übungsheften wurden theoriegeleitet (ZGV-Modell, Krajewski & Schneider, 2009) und dem individuellen Lernstand angepasste Aufgabenblöcke identifiziert und in eine spielorientierte Lernsituation integriert. Die vorläufigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein solches Lernangebot einen moderaten bis großen positiven Effekt bei den Schüler*innen in der Lernleistung bewirkt. Die Potentiale der LÜK-Kästen wie auch die Anforderungen für den Einsatz im Rahmen einer alltagsintegrierten Förderung stellen Gegenstand der Diskussion dar. Multimo 5–7: Gestufte Förderung für gelingende Übergänge und nachhaltige Bildungsteilhabe im Grundschulalter 1Universität zu Köln, Department Heilpädagogik und Rehabilitation, Forschungs- und Lehrbereich Erziehungshilfe und Sozial-Emotionale Entwicklungsförderung; 2Universität zu Köln, Department Heilpädagogik und Rehabilitation, Psychologie und Psychotherapie in Heilpädagogik und Rehabilitation; 3Kreis Mettmann, Inklusionskoordination & -fachberatung Der Übergang in die Grundschule stellt eine bedeutsame Transition in kindlichen Bildungsverläufen dar. Insbesondere für Kinder unter erhöhten Entwicklungsrisiken birgt dieser Übergang die Gefahr einer Verschärfung eines möglichen negativen Entwicklungsverlaufs. Eine Möglichkeit Entwicklungsverläufe positiv zu unterstützen, stellen gestufte schulische Förderkonzepte nach dem MTSS-Ansatz (Multi-Tiered Systems of Support; Simonsen et al., 2021) dar. Es werden drei Stufen der Förderung unterschieden: 1. universelle, 2. zielgerichtete und 3. individuelle Stufe. Screenings und progress monitoring ermöglichen eine passgenaue Auswahl der Interventionen, welche kontinuierlich überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Anknüpfend an die positiven Erkenntnisse aus dem Vorgängerprojekt Multimo (Nitz et al., 2023) wird mit dem Projekt Multimo 5–7 das Ziel verfolgt, ein evidenzbasiertes und systematisch gestuftes Förderkonzept zur Unterstützung von Kindern im Kontext dieses Übergangs unter wissenschaftlicher Begleitung zu etablieren. Im Fokus steht die frühzeitige Identifikation von Entwicklungs- und Lernrisiken sowie die Ableitung eng verzahnter und passgenauer pädagogischer Maßnahmen in enger Kooperation mit Lehr- und schulischen Fachkräften sowie Erziehungsberechtigten. Das Projekt umfasst zwei aufeinander aufbauende Bausteine: 1. vorschulische Maßnahmen zur Förderung der Schulbereitschaft (Richard et al., im Druck) und 2. ein gestuftes schulisches Förderkonzept auf Basis des MTSS-Ansatzes. Es werden die Bereiche sozial-emotionale und sprachliche Entwicklung sowie mathematische Kompetenzen, Lese- und Schreibkompetenzen adressiert. Die wissenschaftliche Begleitung untersucht u. a. die Wirksamkeit des Konzepts hinsichtlich lern- und verhaltensbezogener Entwicklungsverläufe und die Perspektive und das Erleben der beteiligten Fachkräfte. Im Rahmen des Beitrages werden das Konzept und erste Erkenntnisse einer Bedarfsanalyse aus der Zusammenarbeit mit den Pilotschulen präsentiert. |
10:45 - 12:15 | Session 3.4 Diagnostik und Übergänge bei geistiger und komplexer Behinderung (Einzelbeiträge) |
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Teilhabeorientierte Wege in nachschulische Lebenswelten von Menschen mit komplexen Behinderungen – Einblicke in das Forschungsprojekt LINKED 1Universität Oldenburg; 2Universität zu Köln Für Menschen mit komplexen Behinderungen besteht seit Ende der 1970er ein Recht auf Bildung. Insbesondere ihre nachschulischen Biografieverläufe sind aber häufig noch von Exklusionserfahrungen geprägt, was ihre Möglichkeiten, sich nachschulisch zu bilden, erheblich einschränkt (Fornefeld 2019; Keeley 2018). Das Projekt ‚Leuchttürme der Teilhabe von Menschen mit komplexen Behinderungen‘ [LINKED] (2023 – 2025) verfolgt vor diesem Hintergrund das Ziel, teilhabeorientierte Angebote für den Personenkreis in den Bereichen Arbeit, Wohnen und Freizeit ausfindig zu machen, zu analysieren und sichtbar zu machen. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse entsteht ein Leitfaden für die Praxis, der Wege zu mehr Teilhabe aufzeigen soll. Der Vortrag zeigt die Ergebnisse aus vier Feldstudien, die orientiert an der Grounded Theory ausgewertet wurden. Teilhabe konnte in allen erhobenen Perspektiven übergeordnet als eine interaktive Herstellungspraxis zwischen den Fokuspersonen mit komplexen Behinderungen und ihren Unterstützer*innen ermittelt werden, die von verschiedenen Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen beeinflusst wird. In Anbetracht des Tagungsthemas fokussiert der Beitrag die Übergänge, die sich innerhalb und zwischen den Lebensbereichen Wohnen, Freizeit und Arbeit identifizieren lassen sowie die Bildungspotenziale, die sich aus einer teilhabeorientierten Gestaltung ergeben. Potenziale eines Dynamic Assessments bei unterstützt kommunizierenden Schüler*innen im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung Technische Universität Dortmund Herkömmliche diagnostische Ansätze sind in der Regel statisch und nur selten für Schüler*innen im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung (FS GE) konzeptioniert, weswegen beispielsweise im Bereich der Sprachdiagnostik ein adaptives Vorgehen gewählt wird (Einblicke in Neitzel & Dittmann, 2021). Einen Gegenentwurf dazu bietet das Dynamic Assessment (DA), das an der Grenze zwischen Diagnostik und (Kurz-)Intervention operiert und den Schüler*innen im diagnostischen Setting individualisierte Prompts (z.B. Abrufhilfen, visuelle Strukturierung etc.) ermöglicht. Obwohl Schüler*innen im FS GE einen besonderen Bedarf an individualisierter Diagnostik haben, gibt es bisher wenige Studien, die ein dynamisches Vorgehen für diese Zielgruppe umgesetzt haben (z.B. Prompting in einer Erzählaufgabe für Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom; Schuchardt & Neitzel, in Druck; vgl. auch Börnert & Wilbert, 2016). Ausgehend von den heterogenen verbalen Kompetenzen der Schüler*innen im FS GE stellt sich zudem die Frage, inwieweit ein vergleichbares oder angepasstes Vorgehen für Schüler*innen, die unterstützt kommunizieren, umgesetzt werden kann. Im Rahmen des DFG-geförderten Projekts „Dynamic Assessment der Perspektivübernahme bei Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen“ (DynPer, 2025-2028) wurde eine systematische Literaturrecherche zur Anwendung von DA-Ansätzen bei Personen durchgeführt, die unterstützt kommunizieren. Aus den Erkenntnissen ließ sich eine Reihe von handlungsleitenden Grundsätzen und Hinweisen ableiten, welche extrahiert und in ein UK-Konzept für das Projekt überführt wurden – beispielsweise hinsichtlich der Nutzung von visuell ausgerichteten Prompts (Gebärden, Piktogramme etc.) oder eines definierten Kernwortschatzes für jede Aufgabe, die der Schülerin/ dem Schüler kommunikativ zur Verfügung stehen müsste. Der Beitrag lotet anhand eigener Vorarbeiten und des (geplanten) Pilotierungsvorgehens das DA-Potenzial für Schüler*innen im FS GE aus und möchte entsprechende Diskussionsimpulse setzen. Zwischen Ausschluss und Anschluss: Schüler*innen mit herausforderndem Verhalten im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Universität Oldenburg In Bezug auf den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ist in den letzten Jahren eine veränderte Schüler*innenschaft beschrieben worden. Die Veränderungen wird durch das vermehrte und massive Auftreten von herausfordernden Verhaltensweisen gekennzeichnet. Gleichzeitig hat in den allgemeinen Diskurs um herausfordernde Verhaltensweisen von Schüler*innen die Bezeichnung „systemsprengendes Verhalten“ Einzug gehalten (Baumann, 2021). Gemeint ist damit nach Baumann (2021) ein Personenkreis von Kindern und Jugendlichen, die aufgrund massiver Verhaltensauffälligkeiten vermehrt Einrichtungswechsel und Beziehungsabbrüche erleben, welche die involvierten (Hilfe-)Systeme vor große Herausforderungen stellen. Das Dissertationsprojekt mit dem Arbeitstitel „Umgang von Lehrkräften mit sog. Systemprenger*innen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung“ beschäftigt sich unter anderem der Fragestellung: „Wie gestaltet sich der Umgang der Lehrkräfte mit den von ihnen als „systemsprengend“ wahrgenommenen Schüler*innen?“ Im Rahmen der Studie wurden problemzentrierte Interviews mit Lehrkräften an Förderschulen mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung geführt, die ihre Schüler*innen als systemsprengend bezeichnen. Das qualitative Forschungsvorhaben wird nach den Grundsätzen der Grounded Theory von Strauß und Corbin (Strübing, 2014) ausgewertet. In diesem Vortrag werden erste Ergebnisse präsentiert, die den Umgang von Lehrkräften mit Kindern und Jugendlichen mit herausfordernden Verhaltensweisen aufzeigen und dabei besonders Interviewausschnitte fokussieren, an denen Transitionen deutlich werden. Dies erfolgt unter Rückbezug auf professionstheoretische Grundlagen (Helsper, 2021), die sich im Umgang mit Krisen und Routinen widerspiegeln. Im Besonderen zeigen sich unterschiedliche Verläufe die einen Ausschluss aus dem System Schule entgegenwirken oder auch begünstigen und so die (schulische) Biografie der Schüler*innen prägen. |
10:45 - 12:15 | Session 3.5 Schulassistenz neu denken: Poolmodelle als Impuls für inklusive Schulentwicklung und gelingende Bildungstransitionen (Symposium) |
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Schulassistenz neu denken: (Infrastrukturelle) Poolmodelle als Impuls für inklusive Schulentwicklung und gelingende Bildungstransitionen Die Übergänge in die Schule sowie in die Sekundarstufe I zählen zu den zentralen Bildungstransitionen im Lebenslauf. Besonders für Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien ist dieser Schritt mit Risiken verbunden, z.B. aufgrund mangelnder institutioneller Vorerfahrungen, sprachlicher Barrieren, prekären Lebenssituationen sowie fehlender familiärer Unterstützung im Bildungskontext. Aus diesen Gründen ist die (Bildungs-)Teilhabe von Kindern aus belasteten Lebenslagen häufiger gefährdet und sie weisen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf, im Verlauf der Schulzeit als (sonderpädagogisch) förderbedürftig eingestuft zu werden (vgl. Werning & Lütje-Klose, 2016) und ggf. eine Schulassistenz beantragen zu müssen. Infrastrukturelle, fallunabhängige Poolmodelle (IPM) stellen in diesem Kontext einen innovativen Ansatz schulischer Assistenz dar: Sie zielen nicht auf die Unterstützung einzelner Schüler:innen auf Grundlage individueller Anträge nach § 35a SGB VIII oder § 112 SGB IX, sondern setzen auf eine strukturell verankerte Präsenz von Schulassistenzen im schulischen Alltag. Diese Assistenzen sind in die multiprofessionellen Teams eingebunden und stehen grundsätzlich zur Unterstützung aller Schüler:innen im Unterricht zur Verfügung (Goldan et al., 2023). Im Kontext von Transitionen kommt IPM eine doppelte Relevanz zu: Einerseits markieren sie selbst einen institutionellen Übergang – von individuellen, rechtlich fundierten Hilfen hin zu strukturell verankerten Unterstützungsangeboten –, andererseits zielen sie darauf ab, Übergänge innerhalb der Bildungsbiografie von Schüler:innen, wie etwa den Schuleintritt oder den Wechsel in die Sekundarstufe, durch kontinuierliche, nicht-antragsgebundene Assistenzangebote inklusiv zu gestalten. Diese Verschiebung stellt nicht nur einen Paradigmenwechsel in der Organisation schulischer Hilfesysteme dar, sondern fordert auch neue Formen der Verantwortungsübernahme, Steuerung und Praxis seitens der beteiligten Akteur:innen mit Blick auf die Schul- und Unterrichtsentwicklung. Andererseits wirken IPM auch innerhalb der Bildungslaufbahn als Schnittstellen: Übergänge in das Schulsystem (Einschulung) oder zwischen Bildungsstufen (z. B. in die Sekundarstufe I) sind mit erhöhtem Risiko für Diskontinuitäten in der Unterstützungsstruktur verbunden. Das System individueller Schulassistenz kann an Übergängen zu Brüchen führen – mit potenziell negativen Folgen für die Teilhabe betroffener Schüler:innen. IPM greifen diese Herausforderung auf, indem sie den Schulen als strukturelle Unterstützung zur Verfügung stehen und eröffnen damit Perspektiven für eine Übergangs- und anschlussfähige Unterstützung. Neben den beschriebenen IPM werden auch sogenannte fallbezogene oder fallabhängige Poolmodelle umgesetzt. Hierfür existiert eine rechtliche Grundlage, die eine gemeinsame Inanspruchnahme von Schulassistenz ermöglicht, sofern die Eltern zustimmen (Goldan et al., 2023). Zwar beruhen diese Poolmodelle auf individuellen Anträgen, eröffnen jedoch durch die Bündelung der Bedarfe erste Schritte in Richtung einer weniger stigmatisierenden Unterstützungsstruktur. Damit stellen sie eine wichtige Entwicklung im Bereich Schulassistenz dar, insbesondere in Kontexten, in denen die Umstellung auf IPM rechtlich, politisch oder strukturell noch nicht realisierbar ist. Im Symposium werden verschiedene Aspekte im Kontext individueller Schulassistenz sowie fallabhängiger und fallunabhängiger Poolmodelle beleuchtet – sowohl aus inklusionspädagogischer als auch aus strukturell-organisatorischer Perspektive. Im Fokus stehen dabei zentrale Fragen inklusiver Schulentwicklung auf den verschiedenen Ebenen des Bildungssystems. Ziel des Symposiums ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiserfahrungen zusammenzuführen, und daraus Impulse für die Weiterentwicklung und Ausweitung von Poolmodellen in der Praxis abzuleiten. Beiträge des Symposiums Wer hat eine Schulassistenz? Bedarfsprofile und Analysen amtlicher Einzelfalldaten aus dem Kreis Soest und dem Land Bremen im Zeitverlauf Schüler:innen mit (drohender) seelischer Behinderung gem. § 35a SGB VIII bzw. mit (drohender) geistiger oder körperlicher Behinderung gem. §112 SGB IX haben in Deutschland einen Rechtsanspruch auf Teilhabe an Bildung. Dieser Rechtsanspruch wird im Bereich Schule u. a. dadurch erfüllt, dass die anspruchsberechtigten Schüler:innen während der Unterrichtszeit im Rahmen einer Eins-zu-eins-Maßnahme von einer individuellen Schulassistenz begleitet und unterstützt werden. Seit vielen Jahren steigt die Zahl der Inanspruchnahme von Schulassistenz deutschlandweit stark an (für NRW liegen belastbare Zahlen zur Fallzahlentwicklung seit 2014 vor: vgl. Schneider et al., 2024). Differenzierte demografische Informationen bezüglich der Frage, wie sich die Gruppe der anspruchsberechtigten Schüler:innen zusammensetzt, existieren bisher nicht. Vor dem Hintergrund eines kontinuierlichen Anstiegs der Fallzahlen individueller Schulassistenz widmet sich der Beitrag einer differenzierten Analyse amtlicher Daten aus zwei Evaluationsprojekten („ESyS-Soest“ und „ESyS-Bremen“; vgl. Goldan et al., 2023; 2024). In beiden Projekten wurde für mehrere Schuljahre ein umfangreicher Datensatz zusammengestellt, der Informationen zu allen Schüler:innen mit bewilligter Schulassistenz enthält. Für das Land Bremen wurden die Daten mit der Schüler:innenindividualstatistik verknüpft. Die Datensätze umfassen ein breites Spektrum an Variablen auf Einzelfallebene – darunter Informationen zum sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf, zur Schulform, Jahrgangsstufe, zum Alter und Geschlecht der Schüler:innen sowie zu verschiedenen Kontextmerkmalen auf Schul- und Systemebene. Ziel des Beitrags ist es zunächst, auf dieser empirischen Grundlage erstmals eine datengestützte, differenzierte Darstellung der Gruppe der Anspruchsberechtigten und ihrer schulischen Rahmenbedingungen vorzulegen. Die Analysen erlauben neben deskriptiven Darstellungen eine Typisierung häufiger Unterstützungsprofile. So entsteht das Potenzial der Identifikation struktureller Muster und möglicher Ungleichheiten in der Antrags- und Bewilligungspraxis. Darüber hinaus bilden die Datensätze eine empirische Grundlage für die evidenzbasierte Weiterentwicklung kommunaler Modelle von Schulassistenz, die derzeit in vielen Regionen erprobt und implementiert werden. Ziel ist eine präventiv ausgerichtete und bedarfsgerechte Ressourcensteuerung, die Förderbedarfe frühzeitig identifiziert und durch systemisch verankerte Unterstützungsstrukturen individualisierte Maßnahmen gezielt entlastet. Goldan, J., Grüter, S., Guth, T., Ilina-Georgescu, A., Corbach, R. & Lütje-Klose, B. (2023). Infrastrukturelle Poolmodelle im Bereich der Schulassistenz - Ziele, Rahmenbedingungen und Evaluation am Beispiel des Modellprojekts „Systemische Schulassistenz im Kreis Soest“. Zeitschrift für Heilpädagogik, 516–531. https://pub.uni-bielefeld.de/record/2983978 Goldan, J., Pollmeier, T. & Lekon, J. (2024). Abschlussbericht: Evaluation des Pilotprojekts „Systemische Schulassistenz in Bremen“. Fakultät für Erziehungswissenschaften. https://doi.org/10.4119/unibi/2994237 Schneider, K., Makles, A. M., Goldan, J. & Kozhaya, M. (2024). Fünfter Bericht zur Evaluation des Gesetzes zur Förderung kommunaler Aufwendungen für die schulische Inklusion in NRW: Abschlussbericht. Wuppertaler Institut für bildungsökonomische Forschung, Bergische Universität Wuppertal. https://www.wib.uni-wuppertal.de/fileadmin/wib/documents/publications/WIB_EvalInklF%C3%B6G_5_Bericht_final.pdf Entwicklung eines fallabhängigen Poolmodells – Designkriterien zum Übergang vom Pilot in die Verstetigung Aufgrund von sehr stark ansteigenden Zahlen im Landkreis Leipzig ist die Entscheidung getroffen worden, ein fallabhängiges Poolmodell im Bereich Schulbegleitung zunächst in Form eines Pilots zu entwickeln. Von Beginn an war die Intention des Landkreises, dieses Modell auf andere Förderschulen und insbesondere auch Allgemeine Schulen zu übertragen. Aus diesem Grund wurde mit dem Design-Based-Research-Ansatz ein in Kooperation von Schule, Träger der Schulbegleitung, Landkreis, Landesschulamt sowie Universität ein fallabhängiges Pool-Modell entwickelt und in der Pilotschule umgesetzt (Platte, Mark & Melzer, 2025). Design-Based-Research wird als Forschungsansatz definiert, der sich durch die iterative Entwicklung von Lösungen für komplexe, praktische Bildungsprobleme auszeichnet (McKenney & Reeves, 2019; Campanella & Penuel, 2021), wie es die Einführung des Poolmodells ist. Hierzu wurde nicht nur eine Projektgruppe an der Schule, sondern auch eine Steuerungsgruppe auf Landkreisebene gebildet. Während in der Projektgruppe Lehrpersonen, Schulbegleitung, Personensorgeberechtigte, Schulleitung und Vertreterinnen der Universität das Konzept entwickelten, wurden die einzelnen Schritte (iterative Zyklen) konsequent mit der Steuerungsgruppe, also dem Landkreis und dem Landesschulamt, besprochen und ggf. angepasst. Zugleich wurden alle iterativen Zyklen durchgängig wissenschaftlich begleitet. Insbesondere über (qualitativen) Interviews und (quantitativen) Tagebuchaufzeichnungen zur Umsetzung wurden Forschungsdaten mit allen Beteiligten generiert, die direkt in die Weiterentwicklung des fallabhängigen Poolmodells an der Schule eingingen. Die Erkenntnisse des Entwicklungsprozesses mündeten in Designkriterien. Designkriterien sind im DBR-Ansatz explizit für den Transfer vorgesehen und somit zur Gestaltung des Übergangs von einer Pilotprojektschule an andere Schulen, die einen ähnlichen Entwicklungsprozess anstreben. Im Beitrag werden der Prozess der Poolmodell-Entwicklung vorgestellt und insbesondere die formulierten Designkriterien mit Blick auf deren Transferpotential zur Diskussion gestellt. Campanella, M. & Penuel, W. R. (2021). Design-Based Research in Educational Settings: Motivations, Crosscutting Features, and Considerations for Design. In Z. A. Philippakos, E. Howell & A. Pellegrino (Hrsg.), Design-based research in education: Theory and applications (S. 3–22). The Guilford Press. McKenney, S. & Reeves, T. C. (2019). Conducting educational design research (2. Aufl.). Routledge. Platte, A.; Mark, J. & Melzer, C. (2025). Schulbegleitung – Entwicklung eines Konzepts zur Umsetzung des Poolmodells an einer Pilotschule. Zeitschrift für Heilpädagogik, 76 (3), 84-96. Erfolgreiche und effektive Umsetzung von infrastrukturellen Poolmodellen im Bereich Schulassistenz: Eine systematische Literaturübersicht Infrastrukturelle, fallunabhängige Poolmodelle (IPM) haben sich in den vergangenen Jahren als innovativer Ansatz im Bereich Schulassistenz etabliert. Im Unterschied zu individueller Schulassistenz, die an einen formalen Antrags- und Bewilligungsprozess gebunden ist, zielen IPM auf eine strukturelle Unterstützung im Schulalltag, unabhängig von individuellen Anträgen (vgl. Goldan et al., 2023). Schulassistenzen im IPM sind fest in das multiprofessionelle Team an den jeweiligen Schulen eingebunden und sind grundsätzlich für alle Schüler:innen zuständig. Vor dem Hintergrund steigender Fallzahlen im Bereich der Einzelfallhilfe, zunehmender personeller Engpässe sowie wachsender Anforderungen an inklusive Schulentwicklung rücken IPM zunehmend in den Fokus kommunaler Bildungsplanung. Mit der Einführung von IPM ist die bildungspolitische und fachliche Erwartung verbunden, inklusive Schul- und Unterrichtsstrukturen zu stärken, die Teilhabe der Schüler:innen zu verbessern und potenziell stigmatisierende Hilfestrukturen zu reduzieren (Dworschak & Lindmeier, 2022). Der vorliegende Beitrag präsentiert die Ergebnisse einer systematischen Literaturrecherche, die sich mit Befunden zur Wirksamkeit von IPM im schulischen Kontext befasst. Ziel der Analyse ist es, die bestehende Forschungslage systematisch zu erfassen, zu bewerten und zentrale Gelingensbedingungen sowie Spannungsfelder herauszuarbeiten. Die Literatursuche erfolgt auf Basis einschlägiger deutschsprachiger Fachdatenbanken und bezieht wissenschaftlich evaluierte Modellprojekte und Maßnahmen ein. Eingeschlossen werden Publikationen, die sich mit der Implementierung, Wirkung oder konzeptionellen Ausgestaltung von IPM im schulischen Kontext beschäftigen. Die Auswertung erfolgt entlang eines inhaltsanalytischen Kategoriensystems, das auf Merkmale wie Zielsetzung, Kontext, Wirksamkeitsindikatoren, Implementationsbedingungen und multiprofessionelle Kooperation fokussiert. Die Ergebnisse zeigen ein wachsendes Forschungsfeld mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten und Modellvarianten (z. B. „systemische Schulassistenz“, „Klassenassistenz“, „multiprofessionelle Teams mit Assistenzfunktion“). Empirische Befunde deuten darauf hin, dass IPM insbesondere in der Primarstufe Potenziale zur Entlastung des Lehrpersonals, zur Förderung von Unterrichtsqualität und zur Unterstützung von Teilhabeprozessen bieten – vorausgesetzt, es bestehen klare konzeptionelle Rahmenbedingungen, Rollenklärungen und eine koordinierte Einbindung in die schulische Organisationsstruktur. Gleichzeitig werden Herausforderungen sichtbar, etwa in Bezug auf die Anschlussfähigkeit an bestehende Systeme individueller Förderung, die Finanzierung und Zuständigkeit auf kommunaler Ebene oder die Professionalisierung der beteiligten Akteur:innen (Goldan et al., 2023; 2024). Der Beitrag schließt mit einer kritischen Einordnung der bisherigen Befundlage und einem Ausblick auf Forschungsdesiderate, u. a. im Hinblick auf belastbare Wirkungsstudien, standardisierte Evaluationsverfahren und vergleichende Analysen zwischen IPM und fallabhängigen Modellen von Schulassistenz. Dworschak, W. & Lindmeier, B. (2022). Zur Notwendigkeit der konzeptionellen Weiterentwicklung der Maßnahme Schulbegleitung. In M. Laubner; B. Lindmeier & A.Lübeck (Hrsg.), Schulbegleitung in der inklusiven Schule. Grundlagen und Praxishilfen (3. Aufl.) (S.153-163). Weinheim u.a.: Beltz. Goldan, J., Grüter, S., Guth, T., Ilina-Georgescu, A., Corbach, R. & Lütje-Klose, B. (2023). Infrastrukturelle Poolmodelle im Bereich der Schulassistenz - Ziele, Rahmenbedingungen und Evaluation am Beispiel des Modellprojekts „Systemische Schulassistenz im Kreis Soest“. Zeitschrift für Heilpädagogik, 516–531. https://pub.uni-bielefeld.de/record/2983978 Goldan, J., Pollmeier, T. & Lekon, J. (2024). Abschlussbericht: Evaluation des Pilotprojekts „Systemische Schulassistenz in Bremen“. Fakultät für Erziehungswissenschaften. https://doi.org/10.4119/unibi/2994237 Kooperationsentwicklung in infrastrukturellen Poolmodellen Infrastrukturelle Poolmodelle (IPM) werden als förderlich für die Entwicklung von Kooperation im Klassenteam angesehen, u.a. da sich durch weniger und längerfristig anwesendes Personal im Klassenraum eine Vereinfachung der Kommunikation und eine erhöhte Planungssicherheit realisieren lassen (vgl. Dworschak & Lindmeier, 2022). Die vorhandenen Forschungsergebnisse bestätigen eine positive Tendenz (vgl. Lütje-Klose et al., 2016). Anzunehmen ist allerdings, dass die teils sehr hohen Erwartungen nur teilweise eingelöst werden können, da eine systematische Teamentwicklung bisher kaum vorgenommen und nicht durch gemeinsame, arbeitsvertraglich abgesicherte Planungsstunden und gezieltes Teambuilding ermöglicht wird. Zudem bleiben strukturelle Probleme bestehen (Lübeck & Demmer, 2022), wie unterschiedliche und im Vergleich zu Lehrkräften überwiegend nicht akademische Vorbildung der Schulassistenzkräfte, niedrige Bezahlung, arbeitsrechtliche und organisatorische Einbindung in unterschiedliche Organisationen (Schule – Schulassistenzträger). Der Beitrag stellt einführend die Ergebnisse zu Kooperation im Kontext von Schulassistenz zusammen und setzt sie zu den Ergebnissen einer Befragung im Rahmen der Einführung eines Poolmodells an verschiedenen Schulen eines Landkreises in Beziehung. Dazu wurden von Tandems und Kleingruppen, bestehend aus Klassenlehrkraft und Schulassistenzkraft, mitunter zusätzlich einer Sonderpädagogin, durch Gruppendiskussionen befragt und eine inhaltsanalytische Auswertung vorgenommen. Die Ergebnisse wurden unter Rückgriff auf Reisers Theorie integrativer Prozesse (Reiser et al., 1986) ausgewertet, indem individuelle, interaktionale, institutionelle Ebene sowie die Sachebene unterschieden wurden. Es zeigt sich eine Auseinandersetzung mit den Bedingungen von Kooperation auf verschiedenen Ebenen, wobei die Resultate weit überwiegend positiv sind: So werden integrative Prozesse und mehr aktiv kooperatives Handeln auf allen drei Ebenen beschrieben. Der Schulassistenz werden mehr Kompetenzen zugeschrieben, wobei ihre Rolle weiterhin klärungsbedürftig scheint und sehr unterschiedlich erlebt und erfüllt wird, auch die Frage einer möglichen Professionalisierung scheint wenig geklärt – ist auch auf der Ebene des Klassenteams nicht lösbar! In Bezug auf Schüler*innen werden einerseits viele positive Veränderungen durch das Poolmodell genannt, andererseits auf die in manchen Fällen weiterhin vorhandene Indikation für Einzelfallhilfe verwiesen. Die erlebte Zuständigkeit der Lehrkräfte für die Schüler*innen mit Anspruch auf Schulassistenz ist weiterhin gering, auch fällt die Leerstelle in den Diskussionen bezüglich des Lernerfolgs und der curricularen Einbindung dieser Schüler*innen auf. Das Verständnis von Kooperation bleibt zudem zu einem großen Teil auf einem alltagstheoretischen Niveau; auch die Lehrkräfte beziehen gesichertes Wissen zu Kooperation oder spezifisch Kooperation im Klassenteam sowie Rollen, Aufgaben, Zielen und Werten (Villa et al., 2007) kaum ein, woraus sich die Forderung nach gezielten Fortbildungen ableiten lässt. Lütje-Klose, B., Serke, B., Hunger, S. K. & Wild, E. (2016). Gestaltung kooperativer Prozesse und Schulstrukturen als Merkmal effektiver Unterrichtung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpaedagogischem Förderbedarf im Lernen. Ergebnisse von Schulleitungsinterviews aus der BiLieF-Studie. In A. Kreis, J. Wick & C. Kosorok Labhart (Hrsg.), Kooperation im Kontext schulischer Heterogenität (S.109-126). Münster:Waxmann. Reiser, H., Klein, G., Kreie, G. & Kron, M. (1986). Integration als Prozeß. Sonderpädagogik 16, 115-122 und 154-160 Villa, J. S.; Thousand, A. I.; Nevin, R. A. (2007). Collaborative Teaching: Critique of Scientific Evidence. In Florian, L. (Hrsg.), The SAGE Handbook of special education (417-428). London: Routledge. |
10:45 - 12:15 | Session 3.6 Vom Berufsbildungswerk in den Berufseinstieg - Die Transition als (Soll-)Bruchstelle für junge Erwachsene mit Unterstützungsbedarf (Symposium) |
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Vom Berufsbildungswerk in den Berufseinstieg – Die Transition als (Soll-)Bruchstelle für junge Erwachsene mit Unterstützungsbedarf Die Transition von der Ausbildung im Berufsbildungswerk (BBW) in eine berufliche Tätigkeit markiert für junge Erwachsene mit Unterstützungsbedarf eine besonders vulnerable Phase im Lebensverlauf, denn der Übergang eröffnet Chancen auf Selbstständigkeit und Teilhabe, ist jedoch zugleich mit Unsicherheiten, Brüchen und strukturellen Hürden verbunden. Das Symposium widmet sich dieser „Sollbruchstelle“ zwischen geschütztem Lernort und weitgehend eigenverantwortlicher Lebens- und Arbeitsführung aus empirischer Perspektive. BBW bieten jungen Erwachsenen mit Behinderungen in allen sonderpädagogischen Förderschwerpunkten und psychischen Beeinträchtigungen eine eng begleitete berufliche Qualifizierung und Lebensgestaltung. Die umfangreiche institutionelle Rahmung in den BBW – mit Angeboten in den Bereichen Bildung, Wohnen, Freizeit sowie sozialpädagogischer und psychologischer Unterstützung – schafft ein vergleichsweise stabiles Umfeld, das sowohl Kompetenzerwerb als auch soziale Orientierung ermöglicht. Mit dem Abschluss der Ausbildung endet jedoch diese intensive Begleitung und der Übergang in den Arbeitsmarkt, idealerweise in eine reguläre Beschäftigung, stellt sich häufig als krisenanfällig dar. Nicht nur der Wechsel in neue Arbeitskontexte, sondern auch Herausforderungen wie Wohnraumsuche, Mobilitätsanforderungen und der Aufbau neuer sozialer Bezüge machen deutlich, dass es sich um eine komplexe, mehrdimensionale Transition handelt. An dieser Bruchstelle kumulieren individuelle, soziale und strukturelle Anforderungen – mit dem Risiko von Desintegration und Rückschritten in der Teilhabeentwicklung (vgl. Walther 2024: 272). Das Symposium fragt danach, wie diese Übergangsprozesse pädagogisch verstanden, begleitet und gestaltet werden können. Es bringt drei Beiträge zusammen, die die Transition vom BBW in die berufliche Tätigkeit als einen pädagogischen Brennpunkt rekonstruieren. Zwei empirische Beiträge basieren auf qualitativen Interviews mit Auszubildenden in der Abschlussphase (Beitrag Hübner) sowie mit pädagogischen Fachkräften in Berufsbildungswerken (Beitrag Windus). Die Perspektiven der Jugendlichen verweisen auf Ambivalenzen zwischen Vorbereitung und Realität, auf Gefühle der Überforderung, aber auch auf Strategien der Selbstermächtigung im „Doing Transition“. Die Fachkräfteperspektive wiederum zeigt strukturelle Spannungsfelder, fehlende Anschlussfähigkeit bestehender Hilfen und ein Bedürfnis nach nachhaltigerer Unterstützung. Der rahmende Beitrag von Spreer, Weiland & Wahl erweitert die empirischen Befunde um theoretische Perspektiven auf Transitionen im Kontext beruflicher Rehabilitation. Übergänge werden hier nicht nur als lineare Entwicklungsschritte, sondern als komplexe biografische Passagen verstanden, die mit Identitätsarbeit, sozialen Rollenwechseln und institutionellen Zumutungen einhergehen. In diesem Sinne wird argumentiert, dass der Übergang vom BBW in das Berufsleben als eigenständiger pädagogischer Gegenstand behandelt werden muss, der spezifische Konzepte und eine verstärkte gesellschaftliche wie institutionelle Aufmerksamkeit verlangt. Im Fokus steht dabei auch das Konzept der Lebensqualität, dass sich im Bereich der Behindertenhilfe in den letzten Jahren zu einer Zielperspektive entwickelt hat (vgl. Schäfers 2016: 132). Ziel des Symposiums ist es, Übergangsprozesse als zentrale Herausforderungen in der beruflichen Bildung für Menschen mit Unterstützungsbedarf sichtbar zu machen. In der Auseinandersetzung mit der Transition BBW – Beruf werden Impulse für eine inklusivere, lebenslagenorientierte pädagogische Praxis gegeben, die Übergänge als gestaltbare Entwicklungsräume begreift. Dabei gilt es, institutionelle Verantwortlichkeiten zu klären, Unterstützungsarchitekturen weiterzudenken und Übergangsmanagement als interdisziplinären, dauerhaft relevanten Bildungsauftrag zu begreifen. Beiträge des Symposiums Navigieren zwischen Inklusion und Exklusion – Transitionserfahrungen junger Menschen mit Beeinträchtigung im Spiegel institutioneller Logiken von Ausbildung und Arbeitsmarkt Analog zu ihren gleichaltrigen Peers ohne Beeinträchtigung durchlebt jedes Jahr ein Teil der ca. 16 000 Teilnehmer:innen von Maßnahmen an 51 Berufsbildungswerken (BAG BBW 2025) in Deutschland einen komplexen Transformationsprozess. Der Übergang in das Erwerbsleben aus diesen exklusiven Settings, die eine bedarfsgerechte Ausbildung unter der Berücksichtigung der unterschiedlichsten körperlichen, psychischen und sensorischen Unterstützungsbedarfen bieten, gestaltet sich als spannungsreiche Phase, deren Ergebnis durch individuelle, institutionelle und strukturelle Determinanten geprägt wird. Der Betrag nähert sich ausgehend von den heterogenen Perspektiven der Protagonist:innen der Logik der Transition im Wechselspiel von Inklusion und Exklusion und schlägt eine Brücke zu einer teilhabeorientierten Perspektive, die den Übergang als Neukonfiguration der gesellschaftlichen Teilhabeposition der Jugendlichen (vgl. Walther 2024: 272) konzipiert. Was sind die (soziökonomischen) Hintergründe der Jugendlichen? Was sind ihre Praxen im engmaschigen Setting der „Käseglocke BBW“ zwischen bedarfsgerechter Begleitung im geschützten Rahmen und der Vorbereitung auf das Erwerbsleben „außerhalb“. Wie navigieren sie den Übergang und letztlich: was macht ihr Doing Transition (vgl. Andresen et al. 2022: 9) aus? Empirisch wird das Phänomen Transition multiperspektivisch qualitativ beleuchtet. In fünf über Deutschland verteilten Berufsbildungswerken wurden dafür Einzelinterviews und Fokusgruppen sowohl mit Auszubildenden, die sich kurz vor dem Eintritt ins Erwerbsleben befinden, als auch ehemaligen Teilnehmer:innen, die diesen Schritt bereits gegangen sind, geführt. Der Beitrag stellt den Werkstand der Bedarfsanalyse des Verbundprojektes LeBe5: Lebensqualität von Jugendlichen mit Beeinträchtigung am Übergang von Berufsausbildung in die Berufstätigkeit - partizipative Entwicklung eines digitalen Befragungs- und Unterstützungstools dar. Er liefert aufschlussreiche Anregungen für Fachkräfte des Unterstützungssystems über Strategien und Handlungsorientierungen der Auszubildenden in BBW in Interdependenz mit den institutionellen Logiken, Determinanten von Berufsbiografien von Menschen mit Beeinträchtigungen, sowie die Chancen und Grenzen für pädagogisches Handeln innerhalb dieses Systems. Literatur: Andresen, Sabine/Bauer, Petra/Stauber, Barbara/ Walther, Andreas (2022): Doing Transitions - die Hervorbringung von Übergängen im Lebenslauf. In: Andresen, Sabine/Bauer, Petra/Stauber, Barbara/Walther, Andreas (Hrsg.): Doing Transitions – die Hervorbringung von Übergängen im Lebenslauf, Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 68, Weinheim; Basel: Beltz Juventa, S. 9-14. BAG BBW – Bundesarbeitsgemeinschaft Berufsbildungswerke (2025): Berufsbildungswerke. URL: https://www.bagbbw.de/ [08.05.2025] Walther, Andreas (2024): Inklusion und Übergänge im Lebenslauf. In: Blaha, Kathrin/Boger, Mai-Anh/Geldner-Belli, Jens/Körner, Nadja/Moser, Vera/Walgenbach, Katharina (Hrsg.): Inklusion und Grenzen: Soziale, politische und pädagogische Verhältnisse. Bielefeld: transcript Verlag, S. 271-295. Lebensrealitäten junger Menschen im Übergang von Ausbildung zum Beruf – Eine qualitative Analyse der Perspektiven pädagogischer Fachkräfte in Berufsbildungswerken Im Rahmen des Projekts LeBe:5 wurden die Erfahrungen pädagogischer Fachkräfte in Berufsbildungswerken (BBW) hinsichtlich der Lebenssituation von Auszubildenden im Übergang von der Berufsausbildung zum Beruf in Gruppeninterviews erhoben. Die Ergebnisse der inhaltsanalytischen Auswertungen bieten eine wertvolle Außenperspektive auf die Herausforderungen, denen sich die Jugendlichen beim Übergang stellen müssen. Besonders herausfordernd erscheint der Schritt aus dem geschützten Umfeld des BBW in ein eigenständiges Leben. Für viele Jugendliche bedeutet dieser Übergang eine erhebliche Belastung, die sich in verschiedenen Bereichen zeigt. Bundesarbeitsgemeinschaft Berufsbildungswerke. (2023): Die Qualität der BBW ist messbar – die aktuellen Quoten. https://www.bagbbw.de/innovationen/qualitaetssicherung/die-qualitaet-der-bbw-ist-messbar-die-aktuellen-quoten/ Rathmann, Katharina/Nellen, Cosima/Wetzel, Lorena Denise (2020): Behinderungsspezifischer Gradient in der psychischen Gesundheit und dem Gesundheitsbewusstsein: Ergebnisse der repräsentativen GEDA-Studie für Deutschland. Die Rehabilitation, 59(04), 223–230. https://doi.org/10.1055/a-1119-2905 [RKI] Robert Koch-Institut (2024): Ergebnisse zur Entwicklung verschiedener Gesundheitsindikatoren in der erwachsenen Bevölkerung bei hochfrequenter Beobachtung. Robert Koch-Institut. Stand Februar 2024. DOI: 10.25646/12492 Lebensqualität als pädagogisches Thema an der (Soll-)Bruchstelle zwischen der Ausbildung im Berufsbildungswerk und dem Berufseinstieg Die berufliche Bildung für Menschen mit Behinderungen stellt ein zentrales Handlungsfeld im Spannungsfeld zwischen Teilhabe, Selbstbestimmung und Qualifizierung dar. Sie kann in unterschiedlichen institutionellen Kontexten realisiert werden – in dualen Ausbildungssystemen, in sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen sowie in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation wie Berufsbildungswerken (BBW). Unabhängig vom Ort der Ausbildung ist die individualisierte Ausgestaltung des Bildungsprozesses wesentlich: Bildungsangebote sollen nicht nur auf den Erwerb eines Berufsabschlusses abzielen, sondern ebenso Kompetenzen fördern, die ein selbstbestimmtes Leben – etwa in Form eines eigenständigen Wohnens oder einer aktiven Freizeitgestaltung – ermöglichen. Zunehmend gewinnt in diesem Kontext das Konzept der Lebensqualität (LQ) an Relevanz. Es fungiert nicht nur als analytisches Instrument, sondern zunehmend als normative Zielperspektive in der (sonder-)pädagogischen Praxis (vgl. Schäfers 2016: 132). |
12:15 - 13:00 | Postersession Ort: Aula Postersession in der Aula. |
13:00 - 14:00 | Mittagspause Ort: Aula (Catering) |
14:00 - 15:30 | Session 4.1 Herausforderungen, Belastungen und Unterstützung in Übergängen (Einzelbeiträge) |
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Belastungserleben von Schüler:innen im Übergang von der Förderschule in die inklusive Sekundarstufe I 1Universität Bielefeld; 2Universität zu Köln Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule stellt für Schüler:innen mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf (SPU) u.a. aufgrund der zunehmenden Leistungsorientierung eine besondere Herausforderung dar (Mays et al., 2018). Insbesondere für Schüler:innen, die in der Primarstufe an einer Förderschule unterrichtet wurden, bietet der Übergang zwar einerseits eine Chance, andererseits kann für sie der Übergang in das Regelschulsystem, das sich durch strukturell stark abweichende Rahmenbedingungen (Schüler:innenzahl, personelle Ausstattung etc.) auszeichnet, ein Entwicklungsrisiko darstellen. Bisherige Befunde zur Übergangsbewältigung belegen die Relevanz individueller (u.a. emotionaler und familiärer) Ressourcen, allerdings liegen zu den Perspektiven von Schüler:innen mit SPU auf den Übergang bislang nur vereinzelt Studien vor (z.B. Kottmann, 2022). Im Beitrag werden Unterschiede im Belastungserleben sowie bzgl. sozial-emotionaler Aspekte des Lernens (u.a. schulisches Wohlbefinden, Einschätzung des Klassenklimas) untersucht. Im Fokus des Vergleichs stehen Schüler:innen, die von inklusiven Grundschulen und von Förderschulen an Sekundar- und Gesamtschulen gewechselt sind. Analysiert werden die im Rahmen der BiFoKi-Studie (Lütje-Klose et al., 2023) erhobenen Fragebogendaten von 2.012 Schüler:innen (davon 157 mit SPU, 46 davon von Förderschulen) und 1.157 Eltern an inklusiven Sekundar- und Gesamtschulen. Deskriptive Analysen deuten auf Unterschiede im Belastungserleben im Übergang sowie im schulischen Wohlbefinden zu Ungunsten der Schüler:innen hin, die von Förderschulen ins Regelschulsystem übergegangenen sind. Im Beitrag wird zudem untersucht, ob die Unterschiede auch unter Kontrolle relevanter Kontextmerkmale (u.a. sozioökonomischer Status, Migration) bestehen bleiben. Implikationen für besondere Risikofaktoren sowie die Gestaltung von Übergängen werden diskutiert. Schulische Selbstkonzepte am Übergang von der vierten in die fünfte Klasse Pädagogische Hochschule Weingarten In Baden-Württemberg endet das gemeinsame Lernen aller Schüler:innen bereits nach der vierten Klasse. Die Transition erfolgt im Bundesvergleich sehr früh und stellt für viele Kinder eine besondere Herausforderung dar (Kramer & Helsper, 2013, S. 591). Auch wenn das Bildungssystem spätere Schulwechsel zulässt, ist die Wahl der weiterführenden Schule in den meisten Fällen für die weitere Bildungsbiografie entscheidend. Der Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft von Schüler:innen und deren Bildungswegen konnte in den letzten Jahrzehnten immer wieder nachgewiesen werden (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018). Kinder aus sozial schwächer gestellten Familien erreichen deutlich seltener das Abitur. Das Mentoring-Programm WEICHENSTELLUNG adressiert Schüler:innen aus dieser Zielgruppe insbesondere an Übergängen. Im Rahmen eines Bausteins begleiten studentische Mentor:innen ausgewählte Viertklässler:innen, die aus ihrem persönlichen Umfeld aus diversen Gründen in schulischer Hinsicht wenig Unterstützung zu erwarten haben. Die Mentees werden bis zu drei Jahre lang betreut und von den Studierenden individuell gefördert. Die Ziele können von Mentee zu Mentee unterschiedlich aussehen, solange sie dem übergeordneten Ziel dienen, dass die Kinder von ihren Mentor:innen gut auf den Übergang vorbereitet werden und zuversichtlich an der neuen Schule ankommen. Themen, die adressiert werden, sind daher bspw. Selbstregulation, Selbstwirksamkeit, Selbstkonzept, (meta)kognitive Strategien und/oder Konzentration. Im Rahmen der Begleitforschung wurde unter anderem das akademische Selbstkonzept der Mentees in den Fokus genommen, denn ein positives schulisches Selbstkonzept wirkt sich auf das Bewältigen zukünftiger Leistungssituationen und damit den Bildungsweg positiv aus (Schöne et al., 2012). Mentor:innen und Mentees eines Jahrgangs wurden intensiv begleitet und in einem mulitperspektivischen mixed-methods Ansatz mit Fragebogen und Interviews vor und nach dem Übergang befragt. Lernen unter psychosozial erschwerten Bedingungen. Ermutigung im kindlichen Spiel zur Stärkung bei Fragen der Transition 1PH Freiburg; 2Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik, Zürich Wenn Lernen von Kindern ins Stocken gerät und heilpädagogische Maßnahmen relevant werden, kann der psychoanalytisch-pädagogische Blick (Fatke, 2024) hilfreich sein: Denn wer Kindern helfen will, muss sie verstehen und sie ermutigen (Kreuzer, 2025) können, damit auch Transitionsprozesse gelingend bewältigt werden können. Die „Heilenden Kräfte im kindlichen Spiel“ (Zulliger, 2023) stellen hierbei ein wegweisendes Momentum im sozialen Lernen des Kindes in Gruppen dar und unterstützen Kinder in ihrem Streben nach Zugehörigkeit zu diesen, bspw. in Gestalt der Klasse in der Schule. Liegt ein Lernen unter psychosozial erschwerten Bedingungen vor, können bspw. angehende Lehrpersonen anhand von literarischen, biographischen oder von der KI-generierten Fallgeschichten für einen gelingenden Aufbau von Arbeitsbeziehungen sensibilisiert werden. Fallarbeit an sich ist noch immer bedeutsam und ermöglicht (auch angehenden) Lehrpersonen eine Metaperspektive einzunehmen. Aus dieser können verschiedene Ansätze im psychoanalytisch-pädagogischen Denken gemeinsam formuliert und diskutiert werden. Dabei kann das Spiel eine zentrale Bedeutung innehaben, da es vom meritokratischen Leistungsprinzip abzulenken vermag. „Richtig“ angewandt können entmutigte Kinder ermutigt werden. Transitionsprozesse können gestützt und das menschliche Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit zur Gemeinschaft nach Alfred Adler gefördert werden. So wird im Beitrag 1) auf die Ermutigung entmutigter Kinder 2) unter psychosozial erschwerten Bedingungen des Aufwachsens anhand 3) eines Fallbeispiels eingegangen, um die 4) Bedeutsamkeit eines gelingenden Arbeitsbündnisses zu verdeutlichen. Dabei wird 5) besonders auf die „Heilenden Kräfte im kindlichen Spiel“ eingegangen, die zu einem gelingenden Transitionsprozess beitragen können. |
14:00 - 15:30 | Session 4.2 Perspektiven von Eltern, Kindern und Fachpersonen auf den Übergang Kita-Schule (Einzelbeiträge) |
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Kreative qualitative Forschungsansätze am Übergang in die Grundschule – die Perspektiven von Vorschulkindern auf den Übergang Pädagogische Hochschule Freiburg Der Übergang von der Kindertagesstätte (Kita) zur Grundschule markiert eine zentrale biografisch-institutionelle Schwelle im Bildungsverlauf und ist entscheidend für die Entwicklung und den Bildungserfolg sowie die -teilhabe von Kindern. Dieser Übergang ist als Übergang ins formale Bildungssystem gleichzeitig herausfordernd. Der vorgeschlagene Beitrag präsentiert eine explorative Studie, in der kreative qualitative Methoden entwickelt und erprobt wurden, um kindliche Perspektiven auf diesen Übergang sichtbar zu machen. Im Rahmen zweier aufeinander aufbauender Forschungsprojekte wurden unter Anwendung kreativer, kindzentrierter Methoden im Rahmen eines sozialkonstruktivistischen Paradigmas und unter Verwendung des Mosaik-Ansatzes (vgl. Clark, 2017) mittlerweile vier Forschungsmethoden entwickelt, die Kinder als Expert:innen ihres Lebens aktiv in den Mittelpunkt des Forschungsprozess stellen. Die Analyse der erhobenen Datensets zeigt, dass Kinder dem Übergang als bedeutsames Lebensereignis wahrnehmen, auf das sie mit Verunsicherungen, Ängste und Befürchtungen blicken, dass sie ganz bestimmte Erwartungen und Hoffnungen mit der Schule verbinden und dass sie ihre Bedürfnisse für diesen Übergang klar artikulieren können. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, kindliche Perspektiven ernst zu nehmen und in Forschung sowie in pädagogische Gestaltungsprozesse an Übergängen einzubeziehen, um den Übergang zu gestalten und die Teilhabe sowie den Bildungserfolg der Kinder zu fördern. Fähigkeitsnormen in Übergängen vom Elementarbereich in die Primarstufe – (Re)Konstruktionen von Schulfähigkeit aus Perspektiven von Erziehungsberechtigten Universität Siegen Schulbezogene Fähigkeiten bestimmen Praktiken schon im Elementarbereich und werden in der Schuleingangsphase in die Grundschule in besonderer Weise aufgerufen. Gerade bei der Her- und Feststellung von Schulfähigkeit spielen entwicklungsbezogene Normalisierungen und Normierungen im Übergang von Kitas zur Grundschule eine vorrangige Rolle (Kelle 2011). Schulfähigkeit fest- und herzustellen erweist sich als komplexes, interaktionales Geschehen, das sich zwischen Akteur*innen in pädagogischen Organisationen (u.a. Lehrkräfte, Erzieher*innen) und Akteur*innen außerhalb dieser (u.a. Fachärzt*innen, Erziehungsberechtigte) entspannt. Ableismuskritische Auseinandersetzungen mit Schulfähigkeit kritisieren Konstrukte von Schulfähigkeit als Reproduktion von Bildern von un_fähige(re)n und ‚normalen‘ Kindern und verweisen auf intersektionale Anknüpfungspunkte (Petrik & Pokitsch, 2022). Der Einzelbeitrag fokussiert die Perspektiven von Erziehungsberechtigten in den Übergangsprozessen vom Elementar- in den Primarbereich. Der Forschungsstand in dieser (bildungs-)biografisch relevanten Phase zeigt u.a. auf, dass der Übergang in die Grundschule ein zentraler Berührungspunkt mit einem vermeintlich meritokratischen Schulsystem ist. Hier wird von den Erziehungsberechtigten eine „gute Elternschaft“ mit Verantwortung für eine erfolgreiche Bildungsbiografie ihrer Kinder gefordert (u.a. Hunner-Kreisel & Steinbeck, 2018). Der Beitrag stellt Ergebnisse einer dokumentarischen Analyse von narrativ angelegten Interviews mit Erziehungsberechtigten vor. An exemplarischen Transkriptausschnitten wird rekonstruiert, wie die Interviewten diffuse und erfahrungsbasierte Narrative bezüglich Fähigkeitsnormen in antizipierten schulischen Kontexten decodieren. Zudem wird aus einer diskriminierungskritischen Perspektive herausgearbeitet, wie die Interviewten in einer ungewissen Phase des Über- und Eingangs in schulische Strukturen Handlungsfähigkeit (nicht) herstellen. Bewegung als Medium im Übergang Kita–Schule: Perspektiven auf potenzialorientierte Entwicklungsförderung bei Kindern mit Entwicklungserschwernissen Universität Duisburg Essen Der Übergang von der Kita in die Grundschule stellt einen biographisch-institutionellen Einschnitt im Lebenslauf von Kindern dar, der besonders für Kinder mit Entwicklungserschwernissen herausfordernd sein kann (Filipp und Aymanns 2018). Das Transitionsmodell nach Griebel und Niesel (2020) versteht Transitionen als mehrdimensionale Prozesse auf individueller, interaktionaler und kontextueller Ebene und entwicklungspsychologischen Konzepte zu Entwicklungsaufgaben gekennzeichnet. Das theoretische Konstrukt „Ein bewegter Übergang“ baut auf dem Konzept der Transitionskompetenz auf und beschreibt Bewegung als Medium, das Kinder in diesen Prozessen unterstützen kann. Trotz dieser Potenziale wird Bewegung in Übergangsprozessen bislang wenig berücksichtigt (Bahr et al. 2024). Daher fokussiert sich der Vortrag auf die Frage, welche Chancen und Grenzen die beteiligten Akteure in Bewegung als Medium zur potenzialorientierten Entwicklungsförderung im Übergang Kita–Schule sehen. Die empirische Arbeit ist dem Themencluster „Transitionen im Kleinkindalter und der frühen Kindheit“ zuzuordnen und knüpft an den Inklusionsgedanken sowie an aktuelle Diskurse über transinstitutionelle Kooperation in Übergangsprozessen an. Die bislang durchgeführten 12 leitfadengestützten Interviews mit Eltern, Fach- und Lehrkräften in einem regionalen Netzwerks aus Kitas und Grundschulen im Ruhrgebiet wurden mittels Qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Erste Ergebnisse deuten auf divigierende Perspektiven seitens der Akteure hin. Im Beitrag werden ausgewählte Ergebnisse vorgestellt und es wird diskutiert, inwiefern Bewegung im Übergang genutzt werden kann, um kindliche Potenziale zu stärken und Exklusionsrisiken zu begegnen. |
14:00 - 15:30 | Session 4.3 Grenzen und Möglichkeiten des Übergangs in den allgemeinen Arbeitsmarkt durch Qualifizierung zur Bildungsfachkraft (Einzelbeiträge) |
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(erfolgreiche) Transitionen von Menschen mit Lernschwierigkeiten in den tertiären Bildungsbereich – Missachtung inklusive? Hochschule Neubrandenburg - University of Applied Sciences Der Beitrag analysiert Gelingensbedingungen und strukturelle Barrieren beim Übergang von Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen in hochqualifizierte Tätigkeitsbereiche am Beispiel eines Modellprojekts an der Hochschule Neubrandenburg (Finning et. al., 2024). Im Fokus steht die Transition von fünf Menschen mit Lernschwierigkeiten, die im Rahmen einer Qualifizierung zur "Bildungsfachkraft für Inklusion" eigenständige Bildungsangebote in der Hochschullehre entwickeln und durchführen. Die Evaluationsergebnisse des Wintersemesters 2024/2025 der Angebote belegen individuelle Kompetenzentwicklung und verbesserte Teilhabechancen. Bemerkenswert ist die Änderung der beruflichen Identität: Von der Werkstattbeschäftigung zur Expertisenvermittlung in eigener Sache im tertiären Bildungsbereich und somit zur Lehrperson mit eigenem Kompetenzprofil und thematischer Fokussierung. Der Beitrag diskutiert zentrale Gelingensbedingungen: personenzentrierte Unterstützungsstrukturen, barrierefreie Lernumgebungen, partizipative Gestaltungsprozesse und die Anerkennung der Expertise von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Gleichzeitig werden strukturelle Barrieren und institutionelle Widerstände thematisiert. Besondere Aufmerksamkeit gilt den institutionellen Veränderungsprozessen: Das Projekt knüpfte an Organisationsentwicklung hin zu einer inklusiven Hochschule an, die Diversität als Ressource begreift (Kampmeier et. al. 2022, Ostermann 2021). Diskutiert werden so Strategien zur nachhaltigen Verankerung inklusiver Strukturen und die Transformation von Hochschulen zu inklusiven Lern- und Forschungsorten. Die Ergebnisse zeigen, dass erfolgreiche Transitionen sowohl individuelle Empowerment-Prozesse als auch systemische Veränderungen erfordern und damit einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung inklusiver Bildungslandschaften leisten könnten. Bildungsfachkräfte BNE: Modell für die Transition ins Arbeitsleben? Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Menschen mit Behinderungserfahrungen finden selten qualifizierte Arbeitsplätze jenseits traditioneller Werkstattstrukturen. Ein innovativer Ansatz entwickelt sich hingegen in Projekten für „Bildungsfachkräfte“ (Mechler et al., 2023) mit anspruchsvollen Tätigkeiten im Bildungsbereich (Albrecht et al., 2022). Bisher fehlen allerdings solche Projekte für außerschulische Lernstandorte zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) (Schöps et al., 2018). Das geplante Projekt stellt sich daher die Aufgabe der Qualifizierung von "Bildungsfachkräften BNE". Die Entwicklung eines speziellen, barrierearmen Lehrgangs mit Erprobung der Maßnahme erfolgt in wissenschaftlicher Begleitforschung (Design Based Research). Die Frage lautet, inwiefern die entwickelte Maßnahme erfolgreich befähigt, eigenständig BNE Schwerpunkt Biodiversität für die Öffentlichkeit durchzuführen. Das Vorhaben erfolgt in Kooperation mit dem bestehenden "Immenhuus". Hier arbeiten Menschen mit Behinderungserfahrungen in der Imkerei. Das Projekt errichtet einen Lernstandort im direkt anschließenden Naturschutzgebiet und erweitert das Berufsfeld deutlich, indem es BNE Schwerpunkt Biodiversität in Verbindung mit digitalen Technologien integriert. Der Lernstandort bietet inklusive Bildungsangebote und nutzt zudem digitale Technologien in Kooperation mit der Wirtschaftsinformatik. Neben digitalen Bildungsmedien soll ein KI-gestütztes System zur Erfassung von Insekten als Beitrag zum Naturschutz so barrierefrei gestaltet werden, dass die Bildungsfachkräfte dieses System bedienen können und einen Zugang zu digitalen Arbeitsfeldern finden. Die qualifizierten Bildungsfachkräfte BNE vermitteln Kompetenzen im Kontext nachhaltiger Entwicklung und zeigen so innovative Perspektiven für die Transition in das Arbeitsleben. Die Projektergebnisse (Bildungsmaterialien, Qualifizierungsprozesse) werden systematisch dokumentiert und demonstrieren Potentiale interdisziplinärer Zusammenarbeit. |
14:00 - 15:30 | Session 4.4 Übergänge und Ungleichheiten: Soziale Herausforderungen und Habitus (Einzelbeiträge) |
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Habitustransformation als Zugang zur Bewältigung von Übergangsprozessen junger Menschen im Kontext sozialer Benachteiligung 1Universität Rostock; 2RPTU Kaiserslautern Landau Übergänge nach der Schule markieren eine zentrale biografische Schnittstelle im Lebenslauf junger Menschen, die mit hohen gesellschaftlichen Erwartungen an ihre erfolgreiche Bewältigung verbunden ist. Für Jugendliche in sozial benachteiligten Lebenslagen stellt der nachschulische Übergang eine besondere Herausforderung dar, da strukturelle Barrieren - wie ein eingeschränkter Zugang zu beruflicher Bildung oder begrenzte materielle, soziale und/oder kulturelle Ressourcen - ihre Handlungsspielräume erheblich einschränken (vgl. Basendowski/Hank-Raab 2022). Hinzu kommt, dass die institutionellen Erwartungen an Selbststeuerung und Zukunftsplanung häufig nicht mit dem durch die soziale Herkunft geprägten Habitus dieser Jugendlichen vereinbar sind (El-Mafaalani 2014). Bestehende Unterstützungsangebote greifen hier oft zu kurz, da sie primär auf individuelle Defizite abzielen und die tiefer liegenden Passungsprobleme zwischen biografischem Erfahrungsraum und institutionellen Logiken nicht ausreichend berücksichtigen. Trotz dieser auch sonderpädagogischen Relevanz liegen bislang nur wenige empirische Erkenntnisse darüber vor, wie diese Personengruppe Übergänge habituell erlebt und interpretiert. Vor diesem Hintergrund verfolgt unser Forschungsprojekt das Ziel, die Theorie der Habitustransformation zu erweitern. In einer ersten explorativen Studie haben wir ein episodisches Interviewdesign entwickelt, um Orientierungen, Deutungsmuster und Bewältigungsstrategien von jungen Menschen im Kontext sozialer Benachteiligung vor allem im Spiegel der (nach-)schulischen Biographie zu thematisieren. Die Auswertung der Interviews erfolgt auf der Grundlage der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018). Eine kollegiale Validierung im Forschungsteam dient der Absicherung der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit. Im Einzelnen werden in Anlehnung an El-Mafaalani (2014) Prozesse der Habitustransformation anhand von einzelnen Fällen exemplarisch rekonstruiert (ebd.). Übergang von Studierenden mit Behinderung an die Universität Universität Wien Der Übergang in den tertiären Bereich stellt für alle Studierende einen Wandel und häufig eine Herausforderung dar, besonders für die Gruppe der nicht-traditionellen Studierenden. Darunter fallen auch Studierende mit Behinderungen (Horn & Carroll, 1996; Quinn, 2013). Studierende mit Behinderungen sind nachweislich mit zusätzlichen akademischen Barrieren konfrontiert (Reed & Kenneth, 2017). Vor diesem Hintergrund wird in diesem Beitrag zum Themencluster 3 die Frage gestellt „wie erleben Studierende mit Behinderungen den Übergang an die Universität?“ Weitere Fragen beschäftigen sich mit der Kapitalausstattung der Studierenden und welche Faktoren unterstützend wirken. Ebenso sollen Barrieren verschiedener Natur (baulich, kulturell, sozial) erforscht werden. In diesem Beitrag soll der Übergang von Studierenden mit Behinderungen mit der Bourdieuschen Reproduktionstheorie untersucht werden. Nur wenige Studien verbinden die Themen Hochschulbildung und Behinderung aus dieser theoretischen Perspektive. Es wäre jedoch informativ die Spannungen zwischen Habitus und universitärem Feld (Bourdieu 1971, 1977, 1990, 1992) sowie das Zusammenspiel von Agency und Reproduktion zu analysieren (Trainor, 2017, S.56). Das qualitative Datenmaterial soll aus 12 problem-zentrierten Interviews mit Studierenden mit Behinderung bestehen, ein Probeinterview wurde bereits geführt und weitere folgen im Sommer 2025. Die Interviews werden mit der Constructivist Grounded Theory nach Kathy Charmaz (2006) ausgewertet. Erste Einblicke eröffnen Blickwinkel in ableistische universitäre Praktiken und, dass Inklusion weitergedacht werden sollte als bauliche Maßnahmen. Weitere Anregungen wären Mensen mit geeignetem Menü für Allergiker:innen, Liegeflächen in Pausenräumen, und generell Rahmenbedingungen in der Lehre an unterschiedliche Bedürfnisse anzupassen (mehr Pausen, Lehreinheiten an unterschiedlichen Tageszeiten etc.). Berufsbezogene Orientierungen von Sportlehrkräften für sonderpädagogische Förderung im Kontext bildungs- und sportbezogener Transitionen Technische Universität Dortmund Gemäß dem Doppelauftrag des Schulsports sollen Sportlehrkräfte ihre Schüler*innen zur Teilhabe an der außerschulischen Sport- und Bewegungskultur befähigen (MSB NRW, 2022). Im weiteren Sinne spielen diese somit eine wichtige Rolle in der Begleitung von sportbezogenen Transitionen, beispielsweise beim Übergang vom Schul- in den Vereinssport. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass „Lehrer/innen […] stets als ganze Person in ihr berufliches Tun eingestrickt sind“ (Bonnet & Hericks, 2014, S.4). Sie agieren somit nicht nur im Rahmen institutioneller Normen, sondern auch als Individuen mit eigenen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern. Dieser Ansatz knüpft an Bourdieus Habituskonzept an; demzufolge formen sozialisationsbedingte Erfahrungen im Bildungs- und Sportsystem den eigenen (Lehrkraft-)Habitus und strukturieren diesen durch spezifische schul-, bildungs- und unterrichtsbezogene Orientierungen (Helsper, 2018, S.126-128). In der Gestaltung sportbezogener Übergänge durch Sportlehrkräfte wirken, vorsichtig formuliert, eben diese Orientierungen implizit mit und tragen in unterschiedlichem Maße zu den Partizipationschancen von Schüler*innen im Bildungs- sowie Sportsystem bei. Bislang fehlt jedoch eine (fach-)spezifische Betrachtung dieser Orientierungen, sodass dieses Projekt eine bestehende Leerstelle in der Forschung schließen und die Frage, welche schul-, bildungs- und unterrichtsbezogenen Orientierungen für das berufliche Handeln Lehrkräfte für sonderpädagogische Förderung im Fach Sport aufweisen, beantworten soll. Ziel ist es, zur Professionalisierung des beruflichen Handelns von Lehrkräften in der Gestaltung und Begleitung von Transitionen beizutragen. Der Forschungsgegenstand wird aus einer praxeologisch-wissenssoziologischen Perspektive beleuchtet. Die Datengrundlage bilden narrativ-episodische Interviews, die mithilfe der Dokumentarischen Methode ausgewertet werden. Erste Ergebnisse sollen im Rahmen des Vortrags vorgestellt werden. |
14:00 - 15:30 | Session 4.5 Autistische Perspektiven auf zentrale Übergänge im Bildungsverlauf – Erfahrungen, Chancen und Herausforderungen (Symposium) |
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Autistische Perspektiven auf zentrale Übergänge im Bildungsverlauf – Erfahrungen, Chancen und Herausforderungen Übergänge sind zentrale Stationen im Lebenslauf eines jeden Menschen. Für autistische Personen jedoch sind sie von besonderer Relevanz, da sie nicht nur mit Veränderungen und Strukturbrüchen einhergehen, sondern häufig auch mit erheblichem Stress verbunden sind – insbesondere angesichts des oft ausgeprägten Bedürfnisses nach Vorhersehbarkeit, Routinen und Stabilität. Schon scheinbar kleine Veränderungen im Alltag – wie ein Wechsel der Begleitperson oder der Arbeitsumgebung – können zu Überforderungserleben führen. Größere Übergänge, etwa von der Schule in das Berufsleben, stellen komplexe Herausforderungen dar, die gezielte Vorbereitung und Unterstützung erfordern. Für viele nichtautistische Menschen lassen sich solche Übergänge mit einer gewissen Anpassungsfähigkeit und Flexibilität bewältigen. Für Autist:innen hingegen bergen sie ein hohes Krisenpotenzial: Der Verlust vertrauter Strukturen, das Konfrontiertsein mit neuen sozialen Anforderungen und der Druck zur Selbstregulation können zu massivem Stress führen. Besonders deutlich wird dies bei sogenannten Krisenübergängen – etwa dem Eintritt in Bildungseinrichtungen, einem Schulwechsel, familiären Veränderungen oder dem Ablösungsprozess vom Elternhaus. Gleichzeitig sollten Übergänge jedoch nicht ausschließlich als Belastung verstanden werden. Sie bieten – gut begleitet – auch Potenziale für persönliche Entwicklung, neue Erfahrungen und die Möglichkeit, eigene Wege zu finden. Gerade im Kontext von Inklusion und Selbstbestimmung können Übergänge als Neuanfänge gestaltet werden, die Raum für Teilhabe, Autonomie und individuelle Stärken eröffnen. Voraussetzung hierfür ist eine pädagogisch durchdachte, sensible und partizipative Begleitung, die die Perspektiven autistischer Menschen ernst nimmt. Ein Blick in die Forschung zeigt, dass gerade die Erlebensperspektive autistischer Menschen in Bezug auf Übergänge bisher kaum berücksichtigt wird. Der Forschungsstand ist dominiert von klinischen Zugängen, vorwiegend aus dem englischsprachigen Raum. Dort wird dokumentiert, dass autistische Jugendliche beim Übergang ins Erwachsenenleben vergleichsweise schlechtere Ergebnisse in den Bereichen Selbstständigkeit, Beschäftigung und weiterführender Bildung erzielen (Wehman et al., 2014). Sie nehmen seltener an Übergangsplanungen teil (Shogren & Plotner, 2012), sind häufiger in sonderpädagogischen Strukturen verortet und ihre schulischen Inhalte unterscheiden sich teils erheblich von denen Gleichaltriger ohne oder mit anderen Behinderungen (Newman et al., 2011). Zugleich weisen sie häufig höhere schulische Leistungen auf – ein Hinweis auf ungenutzte Potenziale. Angesichts dieser Diskrepanzen bedarf es dringend weiterer Forschung zu Übergängen im Lebensverlauf von Autist:innen, insbesondere aus pädagogischer Perspektive und unter Berücksichtigung ihrer subjektiven Wahrnehmungen. Übergänge müssen nicht nur als Risiko, sondern auch als Chance gedacht und gestaltet werden. Sie sollten als fortlaufender Schwerpunkt in Forschung und Praxis etabliert werden, um Bedingungen für gelingende Bildungsbiographien zu schaffen. Im Rahmen dieses Symposiums folgen drei Beiträge, die zentrale Übergänge im Bildungsverlauf autistischer Menschen beleuchten. Die Perspektiven der Personen im Autismus-Spektrum werden dabei im Vordergrund stehen. So wird im ersten Beitrag der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I thematisiert. Der zweite Beitrag wird sowohl den Übergang von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II in den Blick nehmen, als auch Schulwechsel innerhalb der Sekundarstufe. Im dritten Beitrag wird sodann der Übergang von der Schule in das Berufs- und Arbeitsleben fokussiert. Beiträge des Symposiums “Ich fühle mich besser” - Autistische Schüler:innen im Übergang von der Grundschule auf die weiterführende Schule Der erste Beitrag befasst sich mit dem Übergang von der Grundschule auf die weiterführende Schule bei autistischen Kindern. Basierend auf einem Datensatz aus Frankreich zu dieser Frage, wird deutlich, dass sich die Perspektive der Schüler:innen auf den von ihnen bewältigten Übergang deutlich unterscheidet von der der Eltern und Lehrkräfte, die auf denselben Übergang schauen. Im Beitrag soll überlegt werden, welche Parallelen es zum deutschen Bildungssystem gibt und wie Unterschiede den Übergang beeinflussen können. Interviews mit autistischen Schüler:innen in Frankreich haben gezeigt, dass diese den Übergang normalisieren: als Bildungsereignis, das im Laufe der Schulkarriere für alle Schüler:innen ansteht. Sie erleben sich als kompetente Gestalter:innen dieses Übergangs und differenzieren zwischen Schwierigkeiten, die sie überwinden müssen und Strategien, die ihnen den Übergang erleichtert haben. Es lässt sich vermuten, dass diese positive Selbsteinschätzung möglich ist, weil Eltern, Lehrkräfte und andere Personen aus dem Umfeld der Kinder den Übergang früh antizipieren, umfassend planen und koordinieren (Richter, 2022). Die Interviews mit Eltern und Lehrkräften zeigen eine von Unsicherheit und Angst geprägte Sicht auf den Übergang, dem besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Trotz aller Schwierigkeiten und Barrieren, die ihnen im Übergangsprozess begegnet sind, ziehen viele Eltern überrascht ein überwiegend positives Fazit und reflektieren, dass sie sich mehr an den Kindern hätten orientieren sollen. Das erste Schuljahr an der weiterführenden Schule wird als Auf und Ab beschrieben, in dem es immer wieder zu Herausforderungen kommt, die identifiziert und mit verschiedenen Akteuren ausgehandelt werden müssen und Anpassungen nach sich ziehen (Richter, 2019). Der hier beschriebene Übergang bezieht sich auf das französische Schulsystem, in dem alle Schüler:innen nach der 5. Klasse von der Grundschule auf dieselbe weiterführende Schulform wechseln. Im mehrgliedrigen deutschen Schulsystem, wo der Übergang auf die weiterführende Schule auch über zukünftige Bildungs- und Berufswege entscheiden kann, ergibt sich eine größere Bedeutung dieses Übergangs; nicht nur, aber gerade auch für autistische Schüler:innen und ihr Umfeld. Die Multiple and Multi-dimensional Transitions Theory geht davon aus, dass Übergänge dynamische, multidimensionale Prozesse auf verschiedenen Ebenen bei verschiedenen Akteuren bedeuten (Jindal-Snape et al., 2021). Im Vortrag soll so analysiert werden, welche Akteure bei Übergangsentscheidungen und -prozessen in Deutschland eine Rolle spielen und wie Schüler:innen begleitet werden können um den Übergang als gewöhnliches Ereignis in ihrer Schullaufbahn erleben und kompetent mitgestalten können. “Ja und dann habe ich halt gesagt: Okay, tschüss.“ – Perspektiven autistischer Jugendlicher auf Schulwechsel und den Bildungsübergang von der Sekundarstufe I zur Sekundarstufe II Der zweite Beitrag ist innerhalb des Forschungsprojekt Schüler:innenperspektiven von Jugendlichen im Autismus-Spektrum (Lindmeier & Sagrauske 2024) situiert, welches die Erfahrungen von autistischen Jugendlichen in inklusiven Schulsettings mittels der Qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz & Rädiker 2022) untersucht. Die erhobenen Daten wurden u. a. im Rahmen einer wissenschaftlichen Hausarbeit (Proft) zum Übergang von der Sekundarstufe I zur Sekundarstufe II ausgewertet. Ferner wurden auch Erfahrungen der autistischen Schüler:innen mit Transitionen erhoben, die sich zwischen den im System vorgesehenen Übergängen befinden bspw. Schulwechsel von einer Sekundarschule in die andere. Diese Schulwechsel scheinen aufgrund nicht passender Schulsettings besonders oft bei autistischen Schüler:innen vorzukommen. In einer Umfrage von autismus Deutschland e.V. gaben 42% der Befragten Eltern an, dass ihr Kind mindestens einmal aufgrund des Autismus die Schule wechseln musste und sogar 2% der Schüler:innen im Autismus-Spektrum die Bildungseinrichtung vier- oder fünfmal außerhalb der im System vorgesehenen Übergänge gewechselt haben (Grummt et al. 2022). In den Interviews beschreiben die autistischen Schüler:innen vielfältige Gründe für diese Schulwechsel, wie fehlende Unterstützung und Schwierigkeiten mit Lehrkräften, Mobbing oder eine unzureichend inklusive Schule. Der Schulwechsel ist dabei immer mit der Hoffnung auf einen Neustart verbunden. Der Übergang von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II ist nach Lustenberger und ihrem Team (2023) für Jugendliche eine wichtige Entwicklungsaufgabe, verlangt weitreichende Entscheidungen und legt außerdem auch den Grundstein für den kommenden Lebens- und Karriereweg. Welche Erfahrungen autistische Jugendliche mit diesem Übergang machen und welche Herausforderungen oder Chancen sie erleben, stellt aktuell noch eine Lücke in der wissenschaftlichen Forschung dar. Die Jugendlichen in der PerSAS-Studie beschreiben diese Übergangserfahrungen als ambivalent. Einerseits werden die Freiheiten und der veränderte Bildungsauftrag in der Sekundarstufe II sehr genossen. Die Jugendlichen müssen andererseits neue Routinen und Strukturen aufbauen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Diese herausfordernde Aufgabe muss von den autistischen Schüler:innen bewältigt werden und bedarf manchmal eine angemessene spezifische Unterstützung. Die individuellen Erfahrungen zu beiden schulischen Übergängen werden in diesem Symposium vorgestellt und mit Zitaten der autistischen Schüler:innen aus den Interviews gestützt, um den Betroffenen selbst eine Stimme zu geben. Außerdem werden anschließend die in der Teilstudie herausgearbeiteten unterstützenden und hinderlichen Faktoren für einen gelungenen Übergang der autistischen Jugendlichen vorgestellt. “Irgendwie stolpere ich von einer Station zur nächsten und gar nichts funktioniert” – Eine autistische Perspektive auf den Weg von der Schule ins Berufsleben Der dritte Beitrag nimmt den Übergang von der Schule in das Arbeits- und Berufsleben autistischer Menschen in den Blick. Trotz meist hoher formaler Qualifikationen ist ihre Beschäftigungssituation in Deutschland nach wie vor prekär. So erreichen beispielsweise überdurchschnittlich viele Schüler:innen im Autismus-Spektrum die allgemeine Hochschulreife (ca. 50 %; Frank et al., 2018), ihre Erwerbsbiographien verlaufen jedoch häufig diskontinuierlich und sind von Brüchen, Umwegen und wiederholten Neuanfängen geprägt. Die Datenlage und das Wissen über den Beschäftigungsstatus sind keineswegs zufriedenstellend (Lindmeier & Schipp, 2025), so weisen Autist:innen im Vergleich zu Menschen mit Sprachbeeinträchtigungen, Lernbeeinträchtigungen oder kognitiven Beeinträchtigungen, die niedrigste Erwerbsquote (50 %; Kirchner & Dziobek, 2014) auf. An der Schnittstelle Schule–Beruf zeigt sich ein deutlicher Mangel an spezifischen Unterstützungsangeboten, die sowohl inhaltlich als auch strukturell häufig unzureichend sind. Auch die Vorbereitung auf den Berufseinstieg sowie die Sensibilisierung von Arbeitgeber:innen bleiben oft aus. Insgesamt stellt das Übergangssystem für autistische Menschen ein unübersichtliches und teils ungeeignetes Gefüge dar, das der Komplexität individueller Bedarfe nicht gerecht wird. Trotz der Relevanz dieses Übergangs existieren im deutschsprachigen Raum bislang kaum empirische Studien zu den Erfahrungen autistischer Menschen an dieser Schnittstelle. Neben dem Fehlen spezialisierter Programme mangelt es an Forschung zur Wirksamkeit bestehender Maßnahmen. Auch Autist:innen selbst benennen einen Bedarf an stärkerer Beratung und individueller Unterstützung in den Bereichen Schule, Studium und Beruf. Interessanterweise beginnt die in der Forschung üblicherweise erst ab dem Berufseintritt diskutierte Diskontinuität in den Erwerbsverläufen oft bereits direkt nach dem Schulabschluss. Biographische Interviewaussagen aus einem partizipativ-rekonstruktiven Dissertationsprojekt zeigen zudem, dass dieser Übergangsprozess auch im Erwachsenenalter vielfach nicht abgeschlossen ist. Die Übergangserfahrungen sind nicht selten mit der (späten) Diagnosestellung selbst verknüpft, die für viele ein einschneidendes Lebensereignis darstellt. Ausgehend von einer biographieanalytischen Perspektive wird in diesem Beitrag das subjektive Erleben einer autistischen Biographin in den Mittelpunkt gestellt, um das Bewältigungshandeln im Übergang Schule–Berufsleben sichtbar zu machen. Die Innensicht bietet dabei wertvolle Einblicke in die Dynamiken und Herausforderungen dieses oft langwierigen und fragmentierten Prozesses. |
14:00 - 15:30 | Session 4.6 Diversität und Übergang als Thema der Lehrkräftebildungsforschung (Symposium) |
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Diversität und Übergang als Thema der Lehrkräftebildungsforschung: Studienerfolgsbedingungen und bildungsbiografische Erfahrungen von Lehramtsstudierenden In Bezug auf (angehende) Lehrkräfte schließt das Thema „Transitionen im Bildungsverlauf“ an die Forschung zur Studien- und Berufswahl (Cramer & Neugebauer 2023) an. Zudem rückt seit einiger Zeit die Diversität von (angehenden) Lehrkräften in den Blick, z.B. in Bezug auf sog. nicht-traditionelle Studierende (Klomfaß & Epp 2021) und migrantisch gelesene Studierende (Gülen 2021). Im Kontext der Diskussion um eine inklusionsorientierte Hochschule (Lindmeier & Meyer 2016) stellen sich Fragen zu Normalitätserwartungen, z.B. zum Übergang vom Gymnasium in die Hochschule als „Königsweg“ (Wolter 2016). Heinz et al. (2022) verweisen in Bezug auf die internationale Diskussion um die (fehlende) Diversität im Lehramtsberuf auf die Barrieren beim Studienzugang in Bezug auf die (fehlenden) Möglichkeit, sich selbst als Lehrkraft sehen zu können. Vor diesem Hintergrund fokussiert das Symposium in drei Beiträgen übergreifend die Fragen: Wer geht überhaupt ins Lehramt? Welche bildungsbiografischen Erfahrungen im Zusammenhang mit Übergängen im Bildungsverlauf bringen die Lehramtsstudierenden mit? Welche Erfahrungen machen die Lehramtsstudierenden in der Transition an die Universität? Studienberechtigte mit sog. Migrationshintergrund entscheiden sich seltener für das Lehramt (Gülen 2021). Im Lehramtsstudium bzw. im Beruf sind sie zudem mit Defizitzuschreibungen, und Diskriminierung konfrontiert (Ackermann et al. 2011). Der erste Beitrag untersucht anhand der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS-Netzwerk, 2024), welche Studierenden ins Lehramt gehen und welche studienrelevanten Merkmale Lehramtsstudentinnen mit Migrationshintergrund auszeichnen. Durch bivariate Analysen werden Unterschiede im Studienzugang und in den Studienbedingungen im Vergleich zu Lehramtsstudentinnen ohne Migrationshintergrund untersucht. Dies zeigt, dass bei dieser Gruppe die klassischen Erklärungsfaktoren für Studienerfolgsbedingungen – möglicherweise im Kontext von Praxisbezug und antizipiertem erhöhten Diskriminierungspotenzials – nur bedingt zutreffen. Diese Ergebnisse legen einen Perspektivwechsel hin zum biografischen Erleben der Transition ins Studium sowie bisheriger Transitionen im Bildungsverlauf von Lehramtsstudierenden nahe. Die beiden folgenden Beiträge präsentieren biografieanalytische Ergebnisse. In beiden wird ohne einen Fokus auf bestimmte Diversitätsdimensionen im Sampling nach den Lebenswegen und biographischen Erfahrungen von Lehramtsstudierenden gefragt. Im zweiten Beitrag werden Ergebnisse des Lehrforschungsprojektes „Wege ins Lehramt“ präsentiert, in dem biografisch-narrative Interviews mit Lehramtsstudierenden verschiedener Studiengänge und -orte geführt. Die Auswertung orientiert sich an der biografischen Fallrekonstruktion nach Rosenthal (2015) und nutzt Intersektionalität als Heuristik (Lutz 2018). Dies umfasst eine kritische Reflexion der Interviewsituation, z.B. in Bezug auf (implizit) wirksame Normalitätserwartungen zu Bildungsverläufen und Schulerfahrungen. Der dritte Beitrag basiert auf einem laufenden Promotionsprojekt und fokussiert (Bildungs-)Biografien von Studierenden des sonderpädagogischen Lehramts. Die erhobenen biografisch-narrativen Interviews werden mit der objektiven Hermeneutik (Wernet 2021) analysiert. Der Beitrag fokussiert einen Fall eines migrantisch gelesenen Lehramtsstudenten. In den letzten beiden Beiträgen geraten verschiedene bildungsbiografische Übergänge der Lehramtsstudierende in den Blick. Dies trägt auch zur verstärkten Aufmerksamkeit für individualisierte Übergänge und dem Verstehen von „Auf-, Ab- und Umstiegen“ (Thiersch et al. 2020, 1) bei. Zudem stellen sich, anschließend an die Perspektive auf Studium als biografischer Übergang (Henrich 2024), Fragen zum Lehramtstudium und dem antizipierten Übergang in den Beruf, die sich mit den Ergebnissen des erst Beitrags in Verbindung setzen lassen. Die abschließende Diskussion fokussiert Implikationen für die Lehrkräftebildungsforschung und Professionalisierung. Beiträge des Symposiums Studienzugang und Studienerfolgsbedingungen von Lehramtsstudentinnen mit und ohne sog. Migrationshintergrund – Ergebnisse auf Basis der NEPS-Daten Studienberechtigte mit sog. Migrationshintergrund entscheiden sich seltener für das Lehramt (Gülen 2021). Außerdem sind sie im Rahmen eines Lehramtsstudiums bzw. im Beruf mit Defizitzuschreibungen, der Aberkennung von Qualifikationen und anderen Formen der Diskriminierung konfrontiert (Ackermann et al., 2011). Zugleich wird von der Bildungspolitik häufig angenommen, dass Lehrkräfte mit Migrationshintergrund für das deutsche Schulsystem und seine Weiterentwicklung besonders wichtig seien, da sie Schüler*innen mit Migrationshintergrund besonders gut unterstützen und eine Vorbildfunktion einnehmen könnten. Dies wird durch (vorrangig qualitative) Forschungsergebnisse bestätigt, die u.a. eine tendenziell aufgeschlossenere Haltung gegenüber kultureller Vielfalt und eine stärker positive Einstellung gegenüber sprachlicher Diversität im Schulalltag nachweisen. Andere Befunde weisen allerdings auch eine bewusste Distanzierung der Lehrkräfte mit Migrationshintergrund von diesen Zuschreibungen nach, weshalb diese Positivzuschreibungen nicht generalisiert werden können (Gülen, 2021). Wenig ist dagegen darüber bekannt, welche Studierenden mit Migrationshintergrund dennoch ins Lehramt gehen und welche studienrelevanten Merkmale Lehramtsstudentinnen mit Migrationshintergrund auszeichnen. Der Beitrag untersucht daher anhand der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS-Netzwerk, 2024) durch bivariate Analysen Unterschiede im Studienzugang und in den Studienbedingungen im Vergleich zu Lehramtsstudentinnen ohne Migrationshintergrund untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass bei dieser Gruppe die klassischen Erklärungsfaktoren für Studienerfolgsbedingungen nur bedingt zutreffen. Obwohl Studierende mit Migrationshintergrund beispielsweise vergleichsweise häufiger aus Familien mit niedrigerem sozioökonomischem Status stammen, besitzen die Eltern der Lehramtsstudentinnen mit Migrationshintergrund genauso häufig einen akademischen Abschluss wie die Eltern der Vergleichsgruppe. Möglicherweise wirken hier der Praxisbezug des Lehramts und die Antizipation eines höheren Diskriminierungspotenzials im Referendariat und in der Schule. Während im Lehramt im Allgemeinen eine Negativselektion dahingehend wirkt, dass Studierende ins Lehramt gehen, wenn sie sich das reine Fachstudium nicht zutrauen (Neugebauer 2013), trauen sich unter den Studienberechtigten mit Migrationshintergrund anscheinend eher diejenigen Studierenden das Lehramtsstudium zu, die über gute Eingangsbedingungen verfügen. Wege ins Lehramt – Biografieanalytische, intersektionale Perspektiven In den letzten Jahren erfolgt eine verstärkte Auseinandersetzung mit der Diversität von Studierenden (z.B. Padilla-Carmona et al., 2020, Przytulla, 2021) sowie der Fragen der Gestaltung inklusiver, diversitätssensibler Hochschule (Danz 2020; Lindmeier & Meyer 2016). Hiermit rücken, auch mit Blick auf die Übergänge in die Hochschule, auf analytischer Ebene die zugrunde liegenden gesellschaftliche Macht- und Ungleichheitsstrukturen in den Fokus (Sievers et al. 2013). Anschließend an biografieanalytische Studien zu Lehramtsstudierenden (z.B. Wojciechowicz 2017) präsentiert der Beitrag Ergebnisse des Lehrforschungsprojektes „Wege ins Lehramt – (Bildungs-)Biographien von Lehramtsstudierenden“. Hierbei wird Intersektionalität als Heuristik (Lutz 2018) herangezogen. In Verbindung mit der grundlegenden Aufmerksamkeit der Biografieforschung für Komplexität und Ambiguität (Dausien 2009), regt Intersektionalität z.B. dazu an, Zugehörigkeiten in ihrer Vielschichtigkeit auch jenseits binärer Zuordnungen zu analysieren (Demmer 2018). Dies umfasst eine kritische Reflexion der Interviewsituation, z.B. in Bezug auf (implizit) wirksame Normalitätserwartungen zu Bildungsverläufen und Schulerfahrungen. In dem Lehrforschungsprojekt wurden biografisch-narrative Interviews mit Lehramtsstudierenden verschiedener Studiengänge und -orte geführt. Im Sampling erfolgte – z.B. in der Adressierung potenzieller Teilnehmenden für die Interviews – keine Schwerpunktsetzung auf bestimmte Diversitätsdimensionen. Die Auswertung orientiert sich an der biografischen Fallrekonstruktion nach Rosenthal (2015). Diese analysiert die biografische Bedeutung in der Vergangenheit sowie die Selbstpräsentation in der Gegenwart. Über die charakteristische Offenheit der narrativen Interviews geraten verschiedene bildungsbiografische Übergänge der Lehramtsstudierenden in den Blick. Hierbei können „Auf-, Ab- und Umstiegen“ (Thiersch et al. 2020, 1) auf dem Weg ins Lehramtsstudium relevant werden. (Bildungs-)Biografien von Studierenden des sonderpädagogischen Lehramts Hinsichtlich der Transition in das Studium des sonderpädagogischen Lehramts rücken in den letzten Jahren z.B. Fragen der Studien- und Berufswahl (Laubner & Lindmeier 2016) verstärkt in den Blick. Da dieses Lehramt nicht aus der eigenen Schulzeit bekannt ist und zudem als pädagogisch anspruchsvoller gilt, bietet sich die Frage nach biographischen Erfahrungen besonders an. In der rekonstruktiven Studie zu Lehramtsstudierenden der Sonderpädagogik von Junge (2021, 5) geht „Sonderpädagog*in werden“ u.a. mit der Frage nach der zukünftigen „Anerkennung als ‚echte‘ Lehrkraft“ einher, ebenso mit der Frage, ob die antizipierten pädagogischen Anforderungen bewältigt werden können. Vor diesem Hintergrund stehen in dem Beitrag (Bildungs-)Biografien von Studierenden des sonderpädagogischen Lehramts im Fokus. Der Beitrag basiert auf einem laufenden Promotionsprojekt zu (Bildungs-)Biografien von Studierenden des Lehramts für Sonderpädagogik. Diese interessiert sich übergeordnet für die motivationalen Orientierungen, den Habitus der Studierenden der Sonderpädagogik, den Wegen ins Studium und den verschiedenen Wegen, sich das Studium anzueignen. Hierzu wurden biografisch-narrative Interviews mit Studierenden des sonderpädagogischen Lehramts geführt. Diese werden mittels der der objektiven Hermeneutik (Wernet 2021) ausgewertet. Im Mittelpunkt des in diesem Beitrag analysierten Falles steht ein migrantisch gelesener Lehramtsstudent, der sich in spezifischer Weise mit dem intergenerationalen Auftrag auseinandersetzt, im Aufnahmeland ‚anzukommen‘ und erfolgreich zu sein. |
15:30 - 16:00 | Pause Ort: Aula (Catering) |
16:00 - 17:30 | Session 5.1 Lehrkräftebildung für Diagnostik, Unterrichtsplanung und inklusive Übergangsprozesse (Einzelbeiträge) |
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Risiko- und Schutzfaktoren in Bildungsverläufen von Kindern und Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten erkennen Universität Regensburg Bildungsverläufe von Kindern und Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten sind selten geradlinig. Ein sozioökonomisch oder soziokulturell benachteiligendes Umfeld sowie ein Aufwachsen in Risikolagen, wie es häufig für Kinder und Jugendliche an Förderschulen der Fall ist, können sich negativ auf die Entwicklung und den Kompetenzerwerb auswirken (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024). Die Lern- und Lebenssituation nimmt dabei auch maßgeblich Einfluss auf die schulischen Übergänge dieser Kinder und Jugendlichen, die häufig erschwert sind. Um Lehramtsstudierende für verschiedene Risiko- und Schutzfaktoren (Werner, 2020) in Bezug auf das Kind/Jugendlichen sowie die Familie und das schulische Umfeld zu sensibilisieren, wurden drei realistische Darstellungen von Kindern und Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten entwickelt und als digitale Fallbeispiele präsentiert. Im Rahmen der Studie werden folgende Fragestellungen untersucht: 1. Können die Studierenden fallbezogene Schutz- und Risikofaktoren identifizieren? 2. Welche zusätzlichen Informationen erfragen sie über das Kind/Jugendlichen und sein Umfeld? Im Zeitraum von Mai bis Juli 2024 nahmen 33 Studierende der Sonderpädagogik in Bayern im zweiten Semester an einem Kasuistikseminar teil. Unter Anwendung des Einzelfallrasters für pädagogische Diagnostik (Lutz, 2023) stellten die Studierenden individuelle, familiäre und umweltbezogene Risiko- und Schutzfaktoren in strukturierter und objektiver Form dar. Zudem sammelten sie zusätzliche relevante Informationen und entwickelten Ansätze sowie Strategien, um in den Fallbeispielen bevorstehende Übergänge vorzubereiten und zu unterstützen. Der Fokus der vorliegenden Studie liegt auf der Untersuchung der diagnostischen Kompetenzen von Lehramtsstudierenden hinsichtlich sozial-systemischer sowie individueller, kindbezogener Faktoren, die Einfluss auf den Bildungsverlauf von Kindern und Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten nehmen. Prospektive Mikroadaption als Teil adaptiver Unterrichtsplanung für inklusiven Unterricht Pädagogische Hochschule Heidelberg Bildungsprozesse, die sich auch an den Bedürfnissen der Schüler:innen orientieren, tragen dazu bei, dass Übergänge von der Primarstufe in die weiterführende Schule und dann auch in den berufsbildenden Bereich gelingen können. Die in diesem Beitrag vorgestellte Studie untersucht den Zusammenhang von förderbezogener Diagnostik und Folgen für die Unterrichtsplanung und das Handeln von Lehrkräften im Unterricht. Konzepte des adaptiven Unterrichts, konkretisiert mit Makro- und Mikroadaption (Corno, 2008; Corno & Snow, 1986; Beck et al., 2008), bilden den theoretischen Hintergrund. Forschung zur Wirksamkeit adaptiven Unterrichts (Dumont et al., 2024), auch bspw. zum Zusammenhang von Diagnostik und Unterrichtsplanung (Skribbe et al., 2024; Overbeck et al. 2024) markieren aktuelle Kontexte. In der vom BMBF geförderten Studie (Greiten et al., 2023) wurden u.a. Interviews, Planungs- und Reflexionsgespräche von Lehrkräften dahingehend untersucht, inwiefern Lehrkräfte während makroadaptiver Prozesse auch Optionen für mikroadaptives Handeln adaptieren und daraufhin gezielt entsprechende Lernsituationen planen. Diese Prozesse wurden unter dem Begriff der prospektiven Mikroadaption gefasst (Publikation i.V.). Das Fallsampling bestand aus 8 Interviews mit im inklusiven Unterricht kooperierenden Lehrkräften. Zur Datenerhebung wurden Leifadeninterviews (Helfferich 2022) genutzt, zur Datenauswertung die inhaltlich-strukturierende Qualitative Inhaltsanalyse (Kuckartz & Rädiker 2022). Die Ergebnisse dokumentieren, dass, wenn Lehrkräfte über mikroadaptive Strategien verfügen und ihnen die Zusammenhänge zwischen Lernsituationen und mikroadaptiven Strategien bewusst sind, sie dann auch förderbezogene, binnendifferenzierte Lernsituationen prospektiv so planen, um mikroadaptiv handeln zu können. An Interviewausschnitten und Kommentierungen von Lehrkräften und mit Bezug auf Dokumentationen zu Planungsprozessen werden diese Zusammenhänge aufgezeigt. Inklusive berufliche Orientierung als zentraler Bestandteil gelingender Transition: Entwicklung eines Seminarkonzepts in der Lehrkräfteausbildung. Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Wenn Übergänge scheitern, droht Exklusion – besonders für Jugendliche mit Beeinträchtigungen an der Schwelle zwischen Schule und Beruf (vgl. Thielen 2019, S. 150 ff.). Trotz gesetzlicher Verankerung der Inklusion bleibt ihre Umsetzung in der beruflichen Orientierung bislang weitgehend unberücksichtigt – sowohl bildungspolitisch als auch in der Lehrkräftebildung. So fehlen bislang verbindliche Konzepte zur Qualifizierung von Lehrkräften für diesen Bereich, obwohl gerade die Lehrkräfte eine zentrale Rolle in der Begleitung gelingender Transitionen einnehmen. Das Promotionsvorhaben setzt an der bestehenden Forschungslücke an und ist dem Themencluster „Transitionen im jungen Erwachsenenalter“ zuzuordnen. Ziel ist die theoriebasierte Entwicklung eines Seminarkonzepts, das sich am Qualifikationstableau nach Bienengräber et al. (2022) orientiert und angehenden Lehrkräften grundlegende Kompetenzen für die inklusive berufliche Orientierung vermittelt. Es zielt darauf ab, die Lehrkräftebildung systematisch auf inklusive Übergangsprozesse auszurichten und weiterzuentwickeln. Ausgangspunkt hierfür bildet eine quantitative Vorstudie mit schulischen Expert(inn)en, auf deren Grundlage zentrale Kompetenzanforderungen identifiziert wurden. Diese fließen nicht nur in die inhaltliche Ausgestaltung des Seminars ein, sondern bilden zugleich die Basis für die spätere Evaluation. Der Beitrag gibt Einblick in Konzeption, Zielsetzung und inhaltliche Ausrichtung des Seminarkonzepts sowie in den zugrunde liegenden Forschungszugang. Darauf aufbauend werden Potenziale für eine weiterentwickelte Lehrkräftebildung mit Blick auf inklusive Übergangsprozesse diskutiert – mit dem Ziel, angehende Lehrkräfte gezielter auf diese Anforderungen vorzubereiten und langfristig zur Stärkung inklusiver Bildungspraxis beizutragen. Das Vorhaben trägt damit zur Stärkung der professionellen Handlungssicherheit von Lehrkräften und zur nachhaltigen Verbesserung von Teilhabechancen am Übergang Schule und Beruf bei. |
16:00 - 17:30 | Session 5.2 Reproduktion von Behinderung und Selektion an Übergängen (Einzelbeiträge) |
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Auf Eierschalen gehen: Behinderung & das Versprechen von Zugehörigkeit zu Beginn der Sekundarstufe 1 mit Inklusionsanspruch SIBUZ Berlin Treptow-Köpenick Fragen von Zugehörigkeit stehen im Zentrum inklusiver Pädagogik (Slee, 2019). Zugehörigkeit ist relational und interaktional (Antonsich, 2010): Sie muss in sozialen Interaktionen kontinuierlich ausgehandelt werden – in Beziehungen, die junge Menschen in Schule erkunden und aufbauen. Besonders zu Beginn der Sekundarstufe I mit Inklusionsanspruch stellen sich Fragen der Zugehörigkeit neu: Mit dem Übergang in die weiterführende Schule stehen Pädagoginnen vor der Aufgabe, neue Schüler*innen in eine als heterogen verstandene Schulgemeinschaft zu integrieren, die allen normativ gleichwertige Zugehörigkeit verspricht. Zugleich stehen Schüler*innen vor der Herausforderung, ihren Platz in ihrer neuen Klasse zu finden. In dieser Phase des Heranwachsens müssen sie ihre Identität im Verhältnis zu Gleichaltrigen aushandeln. In Schulen mit Inklusionsanspruch stellen sich diese Fragen von Zugehörigkeit im besonderen Maße. Basierend auf ethnografischer Forschung analysiert dieser Beitrag: Wie wird Behinderung in sozialen Interaktionen als Frage von Zugehörigkeit in inklusiven Mittelschulklassen (re-) produziert? Grundlage sind 40 Tage teilnehmende Beobachtung während der ersten Wochen der Sekundarstufe 1, Interviews mit Schüler*innen und Lehrkräften sowie Schuldokumentanalysen. Ich zeige empirisch, dass Behinderung für inklusive Pädagogik in der Mittelstufe zentral ist – und dass es dennoch schwerfällt, offen darüber zu sprechen. Klassenzimmerinteraktionen fungieren als Arenen, in denen die Sichtbarkeit von Behinderung schwankt und Zugehörigkeit ausgehandelt wird. Das Ziel, Stigmatisierung durch Unsichtbarmachung von Alterität zu vermeiden, erzeugt eine „Phantomgleichheit“. Diese behindert empathische Auseinandersetzung zwischen behinderten und nicht behinderten Jugendlichen. Der Vortrag zeigt, wie Behinderung und Ableismus am Übergang in Schulen der Sekundarstufe 1, die Inklusion anstreben, (re)produziert werden. Selektionsrisiken am Übergang in die Arbeitswelt: Exklusion als unausgesprochene Norm? PH Weingarten Der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt stellt für viele junge Menschen eine zentrale und potenziell kritische Bildungsphase dar. Für Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen ist dieser Übergang häufig durch strukturelle Selektionsmechanismen erschwert, die im Bildungssystem selbst verankert sind (Laur, 2021). Trotz schulischer Inklusion verbleiben Barrieren in der beruflichen Orientierung, die sich auf institutioneller, personeller und curricularer Ebene manifestieren (Laur, 2021). Empirische Daten belegen, dass Menschen mit Behinderungen deutlich geringere Chancen auf reguläre Beschäftigung haben (BA, 2024). Auch schulische Übergangsprozesse tragen zu dieser Ungleichheit bei: Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden seltener in reguläre Ausbildung vermittelt und häufiger auf Sonderwege verwiesen (Blanck et al., 2024). Die berufliche Orientierung in vielen inklusiven Schulen bleibt für diese Zielgruppe oft defizitorientiert, wenig individualisiert und reproduziert stereotype Berufsbilder (Laur, 2021). Die qualitative Studie basiert auf leitfadengestützten Interviews mit 21 Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen, davon zehn zum Erhebungszeitpunkt an Regelschulen und elf in Ausbildung nach Regelschulbesuch. Ergänzend wurden 24 Expertinnen und Experten befragt, darunter 18 schulinterne Fachkräfte – überwiegend Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen – sowie fünf Vertreterinnen und Vertreter des Integrationsfachdienstes. Die Auswertung erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2002, 2015). Auf Grundlage dieser empirischen Ergebnisse analysiert der Beitrag institutionalisierte Selektionsmechanismen im Übergang Schule–Beruf und diskutiert abschließend zentrale Implikationen für eine inklusionsorientierte Gestaltung dieses Übergangs. |
16:00 - 17:30 | Session 5.3 Transitionsprogramme, Wahrnehmungen und Perspektiven auf sonderpädagogische Feststellungsdiagnostik (Einzelbeiträge) |
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Soziale Konstruktionsprozesse im Vorfeld der Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs in der Grundschule Bergische Universität Wuppertal Die Vergabe diagnostischer Label wie die Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs hat nicht nur auf den Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe, sondern auf die gesamte nachschulische Entwicklung betroffener Individuen bis ins Erwachsenenalter erhebliche Auswirkungen (z. B. Farley et al. 2023). Dabei zeigt die Tatsache, dass 95% aller in Nordrhein-Westfalen initiierten Fördergutachten zur Feststellung eines Förderbedarfs führen (Amrhein & Badstieber 2025) die weitreichende Relevanz lehrerseitiger Wahrnehmung bei der Vergabe diagnostischer Label. Der vorliegende Beitrag analysiert soziale Konstruktionsprozesse im Vorfeld der Feststellung verhaltensbezogener sonderpädagogischer Förderbedarfe in der Grundschule. Theoretisch stützt sich die Analyse auf den Labeling-Ansatz sowie auf sonderpädagogische Forschungsergebnisse, die auf die stigmatisierenden Folgen diagnostischer Label sowie die zum Teil geringe Qualität diagnostischer Verfahren hinweisen (z.B. Wolf & Dietze 2022). Im Zentrum steht die Frage, wie Schüler*innen im Vorfeld der Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs von ihren Lehrkräften wahrgenommen werden und wie sich diese Wahrnehmung bis hin zur formalen Diagnose entwickelt. Grundlage ist eine qualitative Längsschnittstudie, im Rahmen derer 270 Kinder aus 11 Klassen über 3 Schuljahre begleitet wurden. Mittels kriteriengeleiteter Fallauswahl wurde die Gesamtstichprobe auf 12 diagnostisch gelabelte Schüler*innen eingegrenzt, zu denen ihre Lehrkräfte über den Erhebungszeitraum in 45 Interviews befragt wurden. Ausgewertet wurden die Interviews mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Die Auswertung zeigt frühe und konstante Zuschreibungen problematischen Verhaltens, wachsende Intensität der Maßnahmen sowie eine fortschreitende Ausweitung von Zuständigkeiten, die sich als zentrale Elemente des langfristigen, interaktiven Konstruktionsprozesses im Vorfeld der Vergabe sonderpädagogischen Förderbedarfs darstellen. Eltern und Sorgeberechtigte in Transitionsprozessen: Wünsche und Alternativen zu sonderpädagogischer Feststellungsdiagnostik 1Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd; 2Humboldt-Universität zu Berlin Nach Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs bei Schüler:innen folgt zumeist eine Entscheidung über den Beschulungsort. Für viele resultiert daraus ein Wechsel in eine Förderschule. Die Ergebnisse der teilweise intransparenten Feststellungsverfahren beeinflussen so schulische Bildungsbiographien maßgeblich (Haas et al., 2025). Demgegenüber belegen (inter-)nationale Untersuchungen die seit Jahrzehnten bestehende Kritik an sonderpädagogischer Feststellungsdiagnostik und die dadurch initiierten Zuweisungsprozesse, die vor allem Schüler:innen aus sozial benachteiligten Familien in ihren Bildungschancen einschränken und deren familiäres Umfeld als nicht passend zu schulischen Erwartungen charakterisiert. (FePrax, InDivers, Blasse & Haas, 2024). Dabei sollen Eltern und Sorgeberechtigte in allen deutschen Bundesländern in das Verfahren der Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs einbezogen werden (vgl. Wolf & Dietze, 2022) und die Entscheidung über die Schullaufbahn ihres Kindes durch die Beteiligung am Verwaltungsakt der sonderpädagogischen Überprüfung treffen (Haas et al., 2025). Aufgrund ihrer fehlenden Zugängigkeit zu Informationen und Wissen bzgl. der Bedeutung und den Folgen sonderpädagogischer Diagnosen kann hier jedoch nicht von einer Beteiligung im Sinne tatsächlicher Partizipation (Lundy, 2007), gesprochen werden. Partizipation wird dabei eher als Zugeständnis strategisch inszeniert, da der Ausgang der Entscheidungsfindung nicht offen gestaltet ist (Rieker et al., 2016). Auf Grundlage der Analyse von Abschlussgesprächen mit Eltern und Sorgeberechtigten in sonderpädagogischen Überprüfungsverfahren (N=50) in fünf Bundesländern (Datengrundlage ist das BMBF-geförderte Projekt FePrax, 2021-2024) wird inhaltsanalytisch herausgearbeitet, wie Eltern in diese Transitionsprozesse einbezogen werden. Ziel der Analyse ist es, Sorgen und Wünsche von Eltern und Sorgeberechtigten in diesen Transitionsprozessen aufzuzeigen und Alternativen zu den bestehenden Praktiken zu formulieren. |
16:00 - 17:30 | Session 5.4 Emotionswissen, Emotionen und Emotionsregulation in früher Kindheit und Schulalter (Einzelbeiträge) |
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Emotionswissen von Kindern in Vorklassen: Ergebnisse einer sprachintegrierten Emotionsintervention 1Universität Siegen; 2PH Freiburg; 3Goethe-Universität Frankfurt a.M. Theoretischer Hintergrund: Für eine erfolgreiche Bewältigung des Übergangs in die Grundschule sind sprachliche und emotionale Kompetenzen von zentraler Bedeutung (Kuchartz, 2021; Mays et al., 2023, Petermann & Wiedebusch, 2016). In Hessen können Kinder, die aufgrund von Entwicklungsverzögerungen von der Einschulung zurückgestellt wurden, eine Vorklasse besuchen. Bisher gibt es kaum Forschung über die Lernentwicklung der Kinder. Das vom BMBF geförderte interdisziplinäre Projekt SEM hat zum Ziel, Kinder in Vorklassen mit einer sprachintegrierte Emotionsförderung zu fördern. Fragestellung: Wie entwickelt sich das Emotionswissen von Kindern der hessischen Vorklasse nach einer sprachintegrierten Emotionsintervention? Methode: Es wurde eine sprachintegrierte Emotionsförderung im Cross-Over Design in 17 hessischen Vorklassen durchgeführt. Das Emotionswissen der Kinder wurde zu drei Messzeitpunkten mit dem ATEM 3-9 erhoben. Aufgrund von Unterschieden der Interventionsgruppen zum MZP1 erfolgte eine Parallelisierung der Stichprobe mit dem Propensity Score Matching (N = 120 Kinder). Zur Bewertung der Wirksamkeit der sprachintegrierten Emotionsförderung wurde eine Mixed ANOVA berechnet. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen ein unterdurchschnittliches Emotionswissen der Kinder zu Beginn der Vorklasse sowie signifikante Verbesserungen nach Teilnahme an der sprachintegrierten Emotionsförderung. Diskussion: Die Studie liefert Erkenntnisse über das Emotionswissen von Kindern in Vorklassen und weist die Wirksamkeit einer sprachintegrierten Emotionsförderung nach. Die Ergebnisse verdeutlichen die Bedeutsamkeit einer sprachintegrierter Emotionsförderung am Übergang in die Grundschule. Zwischen Stillstand und Aufbruch: Die sozial-emotionale, motorische und schulische Entwicklung von Vorschulkindern am Übergang von der Kita in die Grundschule unter erschwerten Bedingungen am Beispiel der COVID-19-Pandemie PH Freiburg Übergänge im Bildungslauf gelten als zentrale biographische Schlüsselsituationen, da sie Diskontinuitäten im Lebenslauf markieren und intensive Lern- und Entwicklungsprozesse anstoßen (Griebel & Niesel, 2011; Walther, 2024). Der Übergang von der Kita in die Grundschule stellt dabei eine besonders sensible Phase dar, die durch gesellschaftliche Krisen wie die COVID-19-Pandemie erheblich belastet werden kann. Im vorgeschlagenen Beitrag wird eine DFG-geförderte Studie vorgestellt, die untersucht, wie sich Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auf die Entwicklung schulrelevanter Kompetenzen bei Vorschulkindern auswirkten – mit besonderem Fokus auf Kinder mit erhöhtem Unterstützungsbedarf. Im Rahmen eines Mixed-Methods-Längsschnitts wurden 52 Kinder (Alter: 5;2–6;3 Jahre) aus vier Kitas in NRW mit standardisierten Verfahren (IDS-2) vor und nach den vorübergehenden Schließungen der Einrichtung erfasst. Analysiert wurden motorische Fähigkeiten, Emotionsregulation, soziale Kompetenzen sowie kognitive Basiskompetenzen. Ergänzend wurden Gruppengespräche mit Kindern, sowie Interviews mit Eltern und Fachkräften geführt. Signifikante Rückgänge zeigten sich in visuomotorischen Fertigkeiten (p < .001), Emotionsregulation (p < .05) und sozial kompetentem Verhalten (p < .001), ebenso in frühen schulischen Basiskompetenzen. Die qualitativen Daten betonen vermehrte Unsicherheiten und Rückzugstendenzen. Die Ergebnisse zeigen, wie politische Krisenmaßnahmen Transitionen erschweren und Selektionsmechanismen verschärfen können. Für eine inklusive Ausgestaltung von Bildungsübergängen ergeben sich daraus wesentliche sonderpädagogische Implikationen: Es bedarf präventiver Konzepte, die individuelle Entwicklungen stärken, soziale Teilhabe sichern und Exklusionsrisiken im Übergang systematisch abbauen. Emotionen im Umbruch – Emotionsregulationsstrategien als Risiko- und Resilienzfaktoren beim Schulübergang Universität Siegen
Der Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule stellt eine zentrale Entwicklungsaufgabe dar, die mit erheblichen Veränderungen in der Lebenswelt der SchülerInnen einhergeht. Neue Anforderungen, veränderte soziale Strukturen und steigende Leistungsansprüche erfordern eine erfolgreiche Bewältigung dieser Transition, da sie einen nachhaltigen Einfluss auf die Identitätsentwicklung haben kann (Mays et al., 2018). Während protektive Faktoren wie ein stabiles akademisches Selbstkonzept und unterstützende soziale Ressourcen zur erfolgreichen Anpassung beitragen (Niemack, 2019), zeigen Studien, dass bereits zu Beginn der Sekundarstufe I verschiedene Risiken messbar sind, insbesondere bei SchülerInnen an Hauptschulen (Hennemann et al., 2010). Die Art und Weise, wie SchülerInnen mit diesen Herausforderungen umgehen, kann langfristige Auswirkungen auf ihre schulische und persönliche Entwicklung haben.
Die Querschnittsstudie erfasst die Emotionsregulationsstrategien (FEEL-KJ) von SchülerInnen der Jahrgangsstufe 5 sowie deren schulisches Selbstkonzept (SESSKO). Die Online-Fragebogenerhebung umfasst die Perspektiven von SchülerInnen, Lehrkräften und Eltern. Lehrkräfte und Eltern geben eine äußere Beurteilung der Umbruchsituation ab, indem sie diese subjektiv bewerten. Zusätzlich erfassen Lehrkräfte mittels der Lehrereinschätzliste für Sozial- und Lernverhalten (LSL) die schulisch-soziale Anpassung, während Eltern eigene Emotionsregulationsstrategien beschreiben (FEEL-E). Die Studie liefert eine Bestandserhebung dieser Faktoren und bietet praxisrelevante Erkenntnisse für die gezielte Unterstützung in der Übergangsphase.
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16:00 - 17:30 | Session 5.5 Herausforderungen der Berufsvorbereitung am Beispiel der Plattform "Planet Beruf" (Symposium) |
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Herausforderungen der Berufsvorbereitung am Beispiel der Plattform „Planet Beruf“ Aus der Perspektive einer Allgemeinen Sonderpädagogik ist die Transition Schule-Beruf ein Kristallisationspunkt des disziplinären und professionellen Selbstverständnisses. So zeigt sich am Übergang von der Schule zum Beruf mit besonderer Klarheit, ob und in welcher Form die (Förder-)Schule ihren gesellschaftlichen Funktionen (sensu Fend) nachgekommen ist und wie dies (selbstkritisch) reflektiert wird: Hat Schule denn nun wirklich qualifiziert, Integration ermöglicht usw.? Forschungen zu Berufsvorbereitung im schulischen Kontext erlauben es daher, das Verhältnis von Schule und Gesellschaft insgesamt wie unter einem Brennglas zu betrachten: Welches Bild von Gesellschaft und Arbeit wird vermittelt? Wie wird Behinderung dabei (nicht) thematisiert? Wie wird über soziale Ungleichheit (Gehaltsunterschiede, Arbeitslosigkeit, Armut) gesprochen oder geschwiegen? Welche Emotionen werden dabei ausgelöst und berücksichtigt? Um diesen Fragen nachzugehen, widmet sich das Symposium exemplarisch einer kritischen Analyse der Spiele-Plattform abenteuer-berufe.planet-beruf.de. Das Lernspiel wird aus vier theoretischen Perspektiven beleuchtet, die jeweils eine praktische Leitfrage an diesem Material illustrieren. Beiträge des Symposiums Cruel Optimism – oder: Das Versprechen eines aufregenden Abenteuers In der scheinbar mächtigen Position der Entdecker*in erhalten die Spielenden den Ruf ins Abenteuer. Die Suche nach einem Beruf wird zur Schatzsuche. Die Verknüpfung von Abenteuer und Glücksaussichten in Abwesenheit einer differenzierten Betrachtung von möglichen Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten ergibt ein verhängnisvolles Versprechen. Mithilfe der Überlegungen von Sara Ahmed und Lauren Berlant lässt sich dieses in seiner Komplexität betrachten. Im Allgemeinen lautet die praktische Herausforderung hier: Wie kann das Wirken von Emotionen in sozialen Gefügen der Berufssuche und -beratung reflektiert werden? Richtig mitspielen? – Anerkennungstheoretische Perspektiven auf eine gamifizierte Berufsvorbereitung In spielerischer Kaschierung der Ambivalenz von (instrumentalisierter) Wertschätzung und Bewährungserwartung werden extrinsisch zu motivierende EinzelakteurInnen bei normgerechter Leistung in den magischen Kreis fiktiver Mitspielender aufgenommen. Kritisch an schulische Verkennungs- und Zuschreibungsproblematiken anknüpfend, sollten Lernende mit Behinderung hingegen in pädagogisch gestalteten Anerkennungsszenarien Reflexionsangebote zu ihren (zukünftigen) Herausforderungen des ‚Mitspielens‘ erhalten. Im Allgemeinen lautet die praktische Herausforderung hier: Wie kann eine kritische Reflexion auf Anerkennungsverhältnisse angeregt werden? Mitspielen und nicht nach dem Sinn des Ganzen fragen – die Spielregeln als heimlicher Lehrplan Zudem spielen gesellschaftliche Verhältnisse, etwa Lohn, Hierarchien innerhalb der Arbeitsteilung und damit verbundene soziale Ungleichheiten kaum eine Rolle. Auch die Auswahl der im Spiel dargestellten Arbeitstätigkeiten wird nicht begründet. Auf eine übergeordnete, die verschiedenen Tätigkeiten miteinander verbindende Reflexion gesellschaftlicher Arbeit wird vielmehr verzichtet. An ihre Stelle tritt die Rahmenerzählung des Spiels. Sie versetzt die Spieler:in in eine im Ganzen undurchdringliche Zauberwelt, deren Spielregeln (mitspielen und nicht nach dem Sinn des Ganzen fragen) aus der Perspektive kritischer Schultheorie als heimlicher Lehrplan gelesen werden können. Im Allgemeinen lautet die praktische Herausforderung hier: Wie kann Sinn (inmitten der Sinnlosigkeit) vermittelt werden? Das Erwachsen-Werden durch Infantilisierung fördern? - Psychoanalytische Perspektiven Zuletzt scheint an dem Lernspiel interessant, dass es einen harschen Kontrast zwischen Form und Inhalt darbietet: Während es inhaltlich um den Berufseinstieg, also das Erwachsen-Werden geht, gleicht die Plattform graphisch eher einem Kinderbuch als einem Jugendroman — mitsamt niedlichem Begleit-Tier und kindlichem Animismus/magischem Denken. In psychoanalytisch-pädagogischen Begriffen (Übergangsobjekt, Regression, Identitätsbildung) wird daher zuletzt die für das Spiel handlungsleitende Paradoxie der Infantilisierung im Namen eines Reifungsprozesses analysiert. Im Allgemeinen lautet die praktische Herausforderung hier: Wie kann das Erwachsen-Werden begleitet werden? |
16:00 - 17:30 | Session 5.6 SprachnNetz - Potenziale für die digitale interdisziplinäre Vernetzung außerhalb des Förderschwerpunktes Sprache? (Forschungswerkstatt) |
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SprachNetz – Potentiale für die digitale interdisziplinäre Vernetzung außerhalb des Förderschwerpunktes Sprache? Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Die Forschungswerkstatt fokussiert Möglichkeiten der transdisziplinären digitalen Zusammenarbeit in der Förderdiagnostik. Mit SprachNetz wurde im Rahmen eines BMBF-Projektes eine digitale Plattform entwickelt, welche die Zusammenarbeit der professionellen Akteur:innen aus Pädagogik, Therapie, Medizin und anderen Fachdisziplinen mit den Eltern ermöglicht. Die Potentiale für die Förderdiagnostik und Versorgung von Kindern mit Förderschwerpunkt Sprache – beispielsweise durch die einheitliche Betrachtung diagnostischer Informationen und Entwicklungsdokumentationen sowie durch virtuelle Runde Tische (ViRuTi) – konnte im Projekt mittels Fokusgruppeninterviews, Exptert:innenfragebögen, Usability-Analysen etc. aufgezeigt werden. Aktuell erfolgt eine Erweiterung des Forschungs- und Einsatzspektrums auf Kinder mit selektivem Mutismus. Aktuell beginnen die Erhebungen zur Vorstudie (Fokusgruppeninterviews), die ersten Ergebnisse werden präsentiert. Bezogen auf den partizipativen Ansatz der Plattform mit dem Einbezug der Eltern und der professionellen Akteur:innen bietet SprachNetz an der Schnittstelle der Förderschwerpunkte Sprache sowie soziale und emotionale Entwicklung Möglichkeiten zur fallbezogenen Kooperation. In der Forschungswerkstatt sollen mit den interdisziplinären Wissenschaftler:innen der Sektionstagung darüber hinaus Möglichkeiten für andere sonderpädagogische Förder- und Praxisbereiche diskutiert und notwendige strukturelle und methodische Notwendigkeiten abgeleitet werden. |
17:45 - 18:30 | Tagesabschluss Ort: Mehrzweckhalle (Keynotes/Plenum) Verleihung des Sektionspreises und Posterpreises. |
19:00 - 23:59 | Gesellschaftsabend Gesellschaftsabend im BräuStadel Heidelberg (Berliner Str. 41, 69120 Heidelberg). |
Datum: Mittwoch, 24.09.2025 | |
8:45 - 9:00 | Stehcafé Ort: Aula (Catering) |
9:00 - 9:15 | Begrüßung und Information Ort: Mehrzweckhalle (Keynotes/Plenum) |
9:15 - 10:15 | Keynote: Prof. Dr. Helga Fasching Ort: Mehrzweckhalle (Keynotes/Plenum) Vortrag mit anschließender Diskussion. |
10:15 - 10:45 | Pause Ort: Aula (Catering) |
10:45 - 12:15 | Session 6.1 Soziale Ungleichheit und Selektion bei Schulübergängen (Einzelbeiträge) |
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Schulische Übergänge als Selektionsarenen. Ethnografische Einblicke in die Praktiken der Platzanweisung beim Übertritt in die Sekundarstufe I Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich Mein Beitrag fokussiert Übergänge im Bildungssystem als zentrale Momente sozialer Selektion. Am Beispiel des Übergangs von der Primarstufe in die Sekundarstufe I analysiere ich, wie Selektionsprozesse nicht einfach auf gerechte Weise durch Leistung erfolgen, sondern durch situative Aushandlungen zwischen Lehrpersonen, Eltern und schulischer Organisation geprägt sind. In einer dreijährigen ethnografischen Feldstudie habe ich schulische Selektionsverfahren in der Schweiz beobachtet, insbesondere Gespräche, Bewertungen und schulinterne Entscheidungspraktiken (Hofstetter 2017). Die Ergebnisse zeigen, wie in diesen Übergangssituationen Leistung als soziale Praxis erzeugt, legitimiert und naturalisiert wird. Dabei geraten Normalitätsstandards, institutionelle Routinen sowie implizite Klassifizierungslogiken in den Blick, die Kinder je unterschiedlich adressieren und reproduktiv auf soziale Herkunft reagieren. Diese Analyse knüpft an bildungssoziologische Grundüberlegungen zur Reproduktion sozialer Ungleichheit durch schulische Auslese an (Bourdieu & Passeron 1971) und verbindet sie mit aktuellen Debatten um meritokratische Logiken, Bildungsungleichheit und Inklusion. Sie macht sichtbar, wie sogenannte „unsichere Fälle“ in organisationalen Kontexten zu Manövriermasse werden und wie Übertrittsentscheidungen im Schulalltag zustande kommen und legitimiert werden. Mit Blick auf das Tagungsthema verstehe ich schulische Übergänge als performative Arenen, in denen soziale Ungleichheit im Spannungsfeld zwischen pädagogischem Anspruch, struktureller Erwartung und organisationaler Zweckmässigkeit aktiv hervorgebracht wird. Mein Beitrag gehört zum Themencluster „Transitionen im Schulalter“ und unterstreicht die Notwendigkeit einer professionellen Reflexion pädagogischer Praxis im Umgang mit Übergängen (Meuth, Hof & Walther 2014). Anerkennung im Übergang: Didaktische Strategien zur Teilhabe von Kindern aus prekären Lebenslagen Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Transitionsprozesse im Bildungssystem – etwa beim Wechsel vom Kindergarten in die Grundschule – sind nicht nur administrative Schnittstellen, sondern zentrale biographisch-institutionelle Übergänge mit hoher Strukturierungsdichte, Selektionskraft und Bedeutung für Identitätsbildung (Griebel & Niesel, 2011; Walther, 2024). Für Kinder und Jugendliche aus prekären Lebenslagen sind insbesondere die Übergänge zwischen schulischen Anforderungen und ihren sozialen Lebensrealitäten kritisch: sie sind überdurchschnittlich häufig von Exklusionsrisiken betroffen. Theoretisch lässt sich dies mit der sozialen Passung und der Reproduktion sozialer Ungleichheit über habituelle Dispositionen im Sinne Bourdieus (Bourdieu, 1982) und empirisch mit zahlreichen Studien zu Bildungsungleichheiten mit Blick auf den sozialen Hintergrund (z. B. Menze et al., 2023; Böttcher et al.; 2022) begründen. Der Beitrag fragt, wie Transitionsprozesse zwischen Schule und familiären bzw. sozialräumlichen Erfahrungswelten im Sinne inklusiver Didaktik als pädagogisch gestaltbare Möglichkeitsräume gefasst werden können. Im Zentrum steht die Idee einer „Didaktik der Anerkennung“, die strukturelle Übergangsbegleitung, unterrichtliche Gestaltung und soziale Anerkennung zusammenführt. Der Fokus liegt auf Statusmaßnahmen nach Elizabeth G. Cohen als praxiserprobtem Zugang zur Förderung gleichwertiger Teilhabe. Statusarbeit wird als ein Beitrag zur Bearbeitung von Diskontinuitäten, Selbstpositionierung und Zugehörigkeit im Transitionsprozess Schule- und Herkunftsmilieu verstanden. Durch gezielte Zuschreibung verdeckter Kompetenzen und differenzierte Rollen können Schüler:innen, denen ein niedriger sozialer Status zugeschrieben wird, in ihrem schulischen Lernen gestärkt werden. Ziel des Beitrags ist es, Übergänge nicht nur als individuelle Herausforderung, sondern als alltägliche, strukturell verortete Brennpunkte bildungsbezogener Ungleichheit zu verstehen – und gleichzeitig didaktische Handlungsoptionen sichtbar zu machen. Responsibilisierung im selektiven Übergang? Biografische Aneignungsweisen der Norm der Eigenverantwortung am Ende der inklusionsorientierten Sekundarstufe I Leibniz Universität Hannover Schulische Übergänge stellen zentrale Selektionsmechanismen der Re-Produktion sozialer Ungleichheit dar. Die Integrierte Gesamtschule wird als Sekundarschulform herausgestellt, die über mehrjähriges gemeinsames Lernen sogenannte chancengerechte Teilhabe ermöglichen soll. Leistungsbezogene Selektionsprozesse hinsichtlich differenter Ab- und Anschlüsse finden vergleichsweise später, am Ende der inklusionsorientierten Sekundarstufe I statt. Bezogen auf das bildungspolitische Ziel der „Chancenerweiterung“ wurde bereits im Zuge der Einführung erster Gesamtschulen die Förderung von Eigenverantwortung postuliert (Hollen 2023, S. 236). Spätestens seit dem wohlfahrtsstaatlichen Umbau mittels des Aktivierungsparadigmas etablierte sich Eigenverantwortung als gesamtgesellschaftliche Norm (Kessl 2023). In pädagogischen Kontexten lassen sich Praktiken der Responsibilisierung seither als relevante Subjektivierungstechnik beobachten (z.B. Dahmen 2024). Im Rahmen eines Einzelbeitrags sollen erste Ergebnisse eines Dissertationsprojekts vorgestellt werden, das danach fragt, wie Schüler*innen Integrierter Gesamtschulen den selektiven Übergang nach der Sekundarstufe I im Kontext sozialer Ungleichheit, Prekarität und Sorgepraktiken hervorbringen und mitgestalten. Die narrationsanalytisch ausgewerteten, biografischen Fallporträts verweisen auf unterschiedliche Modi der biografischen Gestaltung des selektiven Übergangs. Im Rahmen des Vortrags sollen zwei kontrastive Fälle vorgestellt und dabei erkundet werden, wie Anrufungen zu Eigenverantwortung im Spannungsfeld schulischer Teilhabe und Leistungsselektion im Übergang vollzogen werden. Anhand der Kontrastierung soll diskutiert werden, wie die Schüler*innen die Norm der Eigenverantwortung in Bezug auf ihre unterschiedlichen biografischen Erfahrungen von Prekarität und Sorge je eigensinnig verhandeln und sich diese hinsichtlich bildungs- und arbeitsweltbezogener Selbstpositionierungen im Übergang aneignen. |
10:45 - 12:15 | Session 6.2 Sprachkompetenzen, Sprachförderung und Förderdiagnostik im Kindergarten- und Schulalter (Einzelbeiträge) |
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Sprachkompetenzen und Bindungserfahrungen von Vorschulkindern als wesentliche Faktoren für eine erfolgreiche Transition vom Elementarbereich in die Schule Universität Rostock Vorschulkinder verfügen zum Schuleintritt über sehr heterogene sprachliche Fähigkeiten und Bindungserfahrungen. In der vorliegenden Studie wurden der Sprachentwicklungsstand von N = 49 Vorschulkindern im Alter zwischen 5;0 und 6;9 Jahren mit den Sprachstandserhebungstests für Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren (SET 3-5, Petermann et al., 2016) und von fünf bis zehn Jahren (SET 5-10, Petermann, 2018) sowie die Bindungsrepräsentationen mit dem Geschichtenergänzungsverfahren zur Bindung 5- bis 8-jähriger Kinder (Gloger-Tippelt & König, 2016) erfasst. Die Berechnung der Häufigkeitsverteilungen zeigen, dass 11 der 49 Vorschulkinder (22,5%) sprachlich auffällig sind und mehr als die Hälfte der untersuchten Proband:innen eine unsichere (n = 15) oder desorganisierte (n = 11) Bindungsrepräsentation entwickelt haben. Die Konsequenzen für die Transition in die Schule sind äußerst weitreichend, da die lautsprachlichen Fähigkeiten Basis für den Erwerb der Schrift- und Bildungssprache sind und somit von großer Wichtigkeit für die Verbesserung der Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit (Kultusministerkonferenz, 2019, S. 2). Auch die Bindungserfahrungen haben eine entscheidende Bedeutung für die kindlichen Lern- und Entwicklungsprozesse (u. a. Butzkamm & Butzkamm, 2019). Kinder mit unsicherer oder desorganisierter Bindung verfügen im Vergleich zu sicher gebundenen Kindern u. a. über geringere soziale Kompetenzen, eine eingeschränkte Aufmerksamkeitsspanne und einen niedrigeren IQ (u. a. Eisfeld, 2014). Der Start in das Schulleben, das Lernen, aber auch der schulische Alltag sind infolgedessen erschwert, was Auswirkungen auf den Schulerfolg hat. Weitere Ergebnisse der aktuellen Studie werden präsentiert und Implikationen für die Praxis abgeleitet, um die benachteiligten Kinder zu inkludieren und ihre schulische Entwicklung optimal zu fördern. Sprachförderliche Begleitung mehrsprachiger Kinder rund um die Transition in den Elementarbereich. Erkenntnisse aus dem DoSETÜ-Projekt Technische Universität Dortmund Der Wechsel von einer Bildungsinstitution in die andere stellt für Kinder im (beginnenden) Zweitspracherwerb eine Herausforderung dar. Aus Sicht der Sprachförderung und -therapie ist es wichtig, Kinder, die von Einschränkungen der sprachlichen Teilhabe bedroht sind, auf die sprachlichen Anforderungen der Schule gezielt vorzubereiten. Kinder im frühen Deutscherwerb werden mit einem Schulsystem konfrontiert, in dem ausgereifte sprachliche Fähigkeiten und spezifisch das Erzählen eine Basis für den Schulerfolg bilden (u.a. O’Neill et al., 2004). Eine Sprachförderung auf Wort- und Satzebene, wie sie typischerweise im institutionellen Kontext angeboten wird, reicht zum Erwerb der sogenannten narrativen Sprachebene nicht aus. Das Projekt „Dortmunder Sprach- und Erzähltraining am Übergang (DoSETÜ)“ (gefördert durch die Wübben-Stiftung, 01/2024-12/2025) zielt auf eine systemische Optimierung der Fördersituation von Kindern im Zweitspracherwerb rund um den Übergang von der frühkindlichen Bildungseinrichtung (Kindertagesstätte/ Brückenprojekt) zur Grundschule ab. Nach Abschluss einer ersten Förderphase in Kindertageseinrichtungen im Sommerhalbjahr 2024 wurden die neu eingeschulten Erstklässler*innen über ihr gesamtes erstes Schuljahr 2024/25 sprachförderlich begleitet. Die Förderung wurde an vier Kooperationsschulen in der Dortmunder Nordstadt in Gruppen à 6-8 Kindern durchgeführt (Details zur Erzählförderung in in Hetz et al., 2025). Eine Teilstichprobe von 14 Kindern (n = 11 verschiedene Erstsprachen) wurde über alle Förderphasen des Projektes hinweg 1,5 Jahre lang begleitet. Die sprachliche Entwicklung dieser durchgehend geförderten Kinder wird im vorliegenden Beitrag in den Fokus gestellt und mit Daten abschnittweise geförderter peers in Beziehung gesetzt. Implikationen für die schulische Sprachförderung rund um den Zeitpunkt des Schulübergangs sowie hinsichtlich der Sensibilisierung für (implizite) sprachliche Anforderungen in der ersten Klassenstufe werden diskutiert. Digital-interdisziplinäre Zusammenarbeit mit SprachNetz auch für Kinder mit selektivem Mutismus an der Schnittstelle Förderdiagnostik - Kinder-& Jugendlichenpsychotherapie und -psychiatrie Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Aufbauend auf einer Darstellung der digitalen Vernetzungsplattform für die Förderdiagnostik SprachNetz sowie von Vorteilen und Hürden inter- und transdisziplinärer Zusammenarbeit in der kindlichen Sprachentwicklung wird ein aktuelles Teilprojekt an der Schnittstelle vom Förderschwerpunkt Sprache zu kiju-psychotherapeutischen/-psychiatrischen Versorgung mit Blick auf Patient:innen mit Selektivem Mutismus vorgestellt (Zielsetzung, Forschungsdesign, Präsentation und Diskussion erster Ergebnisse der Vorstudie, Fazit für Gesamtstudie). Interdisziplinäre Zusammenarbeit wird immer stärker gefordert, jedoch in der Umsetzung oft als herausfordernd beschrieben. Digitale Vernetzung bietet hierfür Lösungen. In der Studie soll daher die für Vernetzung und Unterstützung der Förderdiagnostik entwickelte SprachNetz-Plattform an der Schnittstelle zur ambulanten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie sowie zur (teil-)stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie für Familien und interdisziplinär arbeitende Fachkräfte neue Möglichkeiten bieten. Beispielhaft liegt der Fokus auf dem interdisziplinär zu adressierenden Phänomen Selektiver Mutismus, in dem vor allem räumlich-zeitliche Distanzen der beteiligten Akteur:innen eine besondere Herausforderung sind. Der Mehrwert der Arbeit mit SprachNetz für die Förderdiagnostik und Versorgung von Kindern mit der Diagnose Selektiver Mutismus soll mittels eines mixed-methods-Forschungsansatzes herausgearbeitet werden. Dafür werden in einer Vorstudie zunächst Fokusgruppeninterviews mit Expert:innen geführt und mittels qualitativer Datenanalyse systematisch analysiert. In einem Prä-Post-Design werden anschließend Eltern mit einem Kind mit der Diagnose Selektiver Mutismus sowie Fachkräfte mittels eines strukturierten Interviews zu 2 Messzeitpunkten (einmal vor Behandlungsbeginn, einmal nach Nutzung von SprachNetz für 1 Jahr) zu ihrer jeweiligen Zufriedenheit als Akteur:in in der interdisziplinären therapeutischen Zusammenarbeit befragt. |
10:45 - 12:15 | Session 6.3 (Nicht)legitime und (nicht)normative Übergänge in Bildungsverläufen (Einzelbeiträge) |
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Übergänge verstehend gestalten bei Kindern mit herausforderndem Verhalten in der frühkindlichen Bildung Deutsch-polnisches Kinderhaus Zwergenhaus Nicht-legitime Übergänge, wie die Kündigung des Kita-Platzes aufgrund von herausforderndem Verhalten, gefährden das Recht auf Bildung und Teilhabe. Sie resultieren häufig aus struktureller Verantwortungslosigkeit (von Freyberg/Wolff 2005), die durch Ressourcenmangel, starre institutionelle Vorgaben und fehlende Kooperationsmöglichkeiten gekennzeichnet ist. Dies schränkt verantwortliches Handeln von Fachkräften ein oder verhindert es. Gleichzeitig tragen diese selbst zur Reproduktion struktureller Verantwortungslosigkeit bei, indem sie herausforderndes Verhalten kategorisieren, institutionelle Bedingungen unzureichend hinterfragen oder das Problem delegieren – was eine Kündigung und damit einen Einrichtungswechsel provozieren kann. Der Beitrag beleuchtet die Potenziale eines übergangssensiblen verstehenden diagnostischen Zugangs, der verantwortliches pädagogisches Handeln bei Einrichtungswechseln nach Kündigungen unterstützt. Leitlinien des verstehenden Diagnostizierens (Fischer 2025) werden mit Erkenntnissen der reflexiven Übergangsforschung (Andresen et al. 2022) verknüpft, um den diagnostischen Blick auf Übergänge zu schärfen. Dabei stehen diskursive, institutionelle und individuelle Praktiken sowie interpersonale Beziehungen, zeitliche Rhythmisierungen und räumliche Arrangements und Artefakte, die Übergängen mit hervorbringen und gestalten, im Fokus der diagnostischen Auseinandersetzung. Ein übergangssensibler verstehender Zugang soll Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung dabei unterstützen, herausfordernde Verhaltensweisen entwicklungslogisch zu erklären und empathisch zu verstehen. Gleichzeitig können Impulse aus der reflexiven Übergangsforschung die Möglichkeit eröffnen, Übergangssituationen analytisch zu beleuchten, praxisbezogene Reflexionsmöglichkeiten aufzuzeigen und damit Übergänge inklusionsorientiert zu begleiten. So lassen sich nicht-legitime Übergänge, wie die erneute Kündigung des Kita-Platzes, zudem präventiv vermeiden. Qualitative Analyse des Aufnahmeprozesses in eine schulische intensivpädagogische Maßnahme 1Universität zu Köln; 2Carl von Ossietzky Universität Oldenburg; 3Europa-Universität Flensburg Der Kreis Kleve in Nordrhein-Westfalen hat die von der Herkunftsschule separierte intensivpädagogische Maßnahme U-turn entwickelt, die Schülerinnen und Schüler (Schüler:innen), die neben dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung (FSP EsE) einen deutlich erhöhten Unterstützungsbedarf gemäß § 15 der Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung aufweisen, in ihrer sozial-emotionalen und schulischen Entwicklung unterstützt (Schulamt für den Kreis Kleve, 2018). Die mit dem Aufnahmeprozess in U-turn einhergehende schulische Transition kann zu sozialen, persönlichen und räumlichen Veränderungen führen, die eine Bewältigung auf emotionaler, sozialer und kognitiver Ebene erfordert (Graalmann, 2016). Insbesondere für Schüler:innen mit dem FSP EsE sind schulische Wechsel als vulnerable Phasen zu betrachten (Mays, 2014). Als Gelingensbedingungen im Rahmen des Aufnahmeprozesses gelten u.a. umfangreiche Hilfebedarfseinschätzungen sowie gelingende Kommunikation, Partizipation und Kooperation im Netzwerk der Hilfen (Koß, Wagner & Baumann, 2018). Der vorliegende Beitrag geht den Fragestellungen zum Ablauf des Aufnahmeprozesses in der intensivpädagogischen Maßnahme U-turn, zur Einbindung der Beteiligten sowie zu Herausforderungen und Gelingensbedingungen nach. Dazu wurden leitfadengestützte Expert:inneninterviews mit am Aufnahmeprozess beteiligten Stakeholdern durchgeführt. Die Stichprobe umfasst Lehrkräfte, Fachkräfte, Schulleitungen von U-turn sowie Vertretende der Jugendhilfeträger, Schulaufsicht und abgebenden Schulsysteme im Kreis Kleve. Die Auswertung erfolgte mit der inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz & Rädiker, 2024). Die Ergebnisse heben insbesondere die Relevanz einer umfassenden Diagnostik vor Aufnahme sowie engen Netzwerkarbeit und klarer Zuständigkeiten der Beteiligten vor und während des Prozesses hervor. Auf Basis dessen werden Implikationen für Forschung und Praxis zur Unterstützung des Aufnahmeprozesses diskutiert. Systemwechsel? Übergänge von Regelschulen an reformpädagogische Schulen in historischer Perspektive Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin Der geplante Vortrag untersucht Übergänge von Schüler*innen an reformpädagogische Schulen in den 1940er und 1950er Jahren am Beispiel einer Schule besonderer pädagogischer Prägung unter der Fragestellung, als wie bedeutsam die Passung zwischen Herkunftsmilieu und Schulkultur für erfolgreiche Transitionen eingeschätzt werden kann. In Anschluss an neuere biografische Studien zu reformpädagogischen Schulen (vgl. exemplarisch Idel 2007) wird die Hypothese formuliert, dass das Gelingen von Übergängen schulspezifisch u. a. auf die jeweilige sozialräumliche Verortung der Einzelschule, aber auch auf habituelle Prägungen der Lehrer*innenschaft zurückgeführt werden kann (Helsper 2018). Unter Rückgriff auf praxistheoretische Perspektivierungen, die Übergänge als Wechselspiel der Herstellung bzw. Hervorbringung der Institutionen bzw. Organisationen sowie der in den Strukturen handelnden Individuen auffassen (exemplarisch Andresen et al. 2022), werden zudem die transitierenden Individuen im Vollzug des Doing Transitions beobachtet. Dabei werden sowohl normative Übergänge, d.h. reguläre Schulwechsel als auch nichtnormative Übergänge, d.h. biografisch notwendig gewordene Wechsel, in den Blick genommen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Bewältigung von Anforderungen, die sich aus der spezifischen pädagogischen Konzeption der reformpädagogischen Schule in Abgrenzung zur vormaligen Grund- oder Oberschule ergaben, gelegt. Als Quellen dienen vornehmlich Verbaleinschätzungen der Schule im zeitlichen Verlauf der Schüler*innenlaufbahn, aus denen die schulischen Bedingungen für erfolgreiche Transitionen in einer vergleichenden Perspektive inhaltsanalytisch herausgearbeitet werden. Die Analyse zeigt auf, welche Herausforderungen Schüler*innen bei transversalen Übergängen zwischen Schulen unterschiedlicher pädagogischer Konzeption zu bewältigen haben und inwiefern auch vermeintlich sozial inklusive Schulkonzepte die Privilegierung spezifischer Herkunftsmilieus perpetuieren. |
10:45 - 12:15 | Session 6.4 Berufliche Teilhabe und Übergänge ins Arbeitsleben bei Menschen mit Behinderungen (Einzelbeiträge) |
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Zukunftsfähige Gestaltung von Übergängen ins Arbeitsleben: Entwicklungsprozesse in der beruflichen Rehabilitation Universität zu Köln Bildungsverläufe sind selten gradlinig – Krankheitsphasen und gesundheitliche Beeinträchtigungen können zu Veränderungs- und Weiterbildungsphasen führen, in deren Verlauf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben unterstützen. Damit dieser Übergang gelingt, müssen Rehabilitationsprozesse passgenau und zukunftsfähig gestaltet werden. Wie auch die Arbeitswelt befindet sich die berufliche Rehabilitation im Wandel, etwa durch die digitale Transformation von Dienstleistungen und Lernprozessen (Heide et al., 2023; Pfannstiel et al., 2019). Es stellt sich die Frage, wie der Übergang zurück ins Arbeitsleben zukunftsfähig gestaltet werden kann. Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen eines Projekts zur flexiblen Gestaltung beruflicher Rehabilitation 57 leitfadengestützte Telefoninterviews mit Akteur*innen aus der ambulanten Rehabilitation durchgeführt. Die Auswertung erfolgte mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018). Anschließend wurden die Aussagen innerhalb der Kategorien dahingehend bewertet, ob sie Stärken, Schwächen, Chancen oder Risiken in Bezug auf eine zukunftsfähige Gestaltung der beruflichen Rehabilitation thematisieren (SWOT-Analyse). Die Ergebnisse verdeutlichen, dass eine stärkere Verzahnung von operativer und struktureller Ebene erforderlich ist, um vernetzte Strukturen, individualisierte Leistungen sowie kontinuierliche Lern- und Entwicklungsprozesse zu fördern. Interdisziplinäre Arbeitsgruppen und Allianzen können helfen, Veränderungsimpulse zu diskutieren und umzusetzen. Solche Transformationsprozesse sind als dynamische Lernprozesse zu verstehen, die durch gezielte Austausch- und Weiterbildungsmöglichkeiten gestützt werden sollten. Dabei kommt der Förderung digitaler Kompetenzen von Rehabilitand*innen sowie Mitarbeitenden der Leistungserbringer und Kostenträger eine zentrale Rolle zu. Teilhabe an Arbeit durch berufliche Bildung - arbeitsbezogene Bedürfnisse von Menschen mit komplexen Behinderungen als Grundlage einer arbeitsbezogenen Bildung Universität zu Köln Teilhabe an Arbeit kann als ein grundlegender Bestandteil eines erwachsenen Lebens angesehen werden. Insbesondere für Menschen mit komplexen Behinderungen stellen dabei Übergänge in arbeitsweltbezogene Kontexte biografische Bruchstellen dar, an denen Exklusionsrisiken deutlich sichtbar werden, da sie dazu (noch) wenig bzw. keinen Zugang haben. Der Beitrag stellt das Forschungsvorhaben „Gemeinsam Perspektiven Schaffen - Ein Projekt zur Teilhabe von Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf an beruflicher Bildung und Arbeit (GPS)“ vor, in dem eine Annäherung an die arbeitsbezogenen Bedürfnisse von Menschen mit komplexen Behinderungen unternommen wird, um auf dieser Basis subjektiv sinnvolle Angebote zur arbeitsbezogenen Bildung und Teilhabe an Arbeit zu entwickeln (Keeley et al., 2025). Die Bedürfnisse von Menschen mit komplexen Behinderungen werden oft nicht (an-)erkannt (Dins et al., 2022), zudem bedarf es der Eröffnung und Gestaltung von Erfahrungs- und Erlebensräumen, um überhaupt Möglichkeiten zu schaffen, Bedürfnisse auszubilden oder wahrzunehmen. Dieserart gestaltete Räumen können an sich bereits Möglichkeiten zur Bildung darstellen, darüber hinaus aber auch Grundlage und Vehikel zur Gestaltung arbeitsbezogener Bildungsangebote sein (Keeley, 2024) und damit pädagogisch gestaltete Transitionsmöglichkeiten zur personzentrierten Teilhabe an Arbeit darstellen. Neben einem Überblick über das Forschungsvorhaben werden erste Erkenntnisse zur Konstituierung arbeitsbezogener Bedürfnisse und möglichen Erlebens- und Erfahrungsräumen im Kontext einer arbeitsbezogenen Bildung vorgestellt, die im Rahmen eines teilhabeorientierten Forschungsprozesses identifiziert werden. Passung von Arbeitsvorstellungen und -anforderungen? Perspektiven von jungen Menschen mit Behinderung und Arbeitgebenden beim Übergang von der Schule ins Berufsleben Universität Fribourg, Schweiz Während der Zugang zu Bildung für junge Menschen in Form von unentgeltlicher, obligatorischen Schulbildung gewährleistet ist, wird der Zugang zu Arbeitsstellen nach marktorientierten Prinzipien geregelt und ist an Nachfrage sowie den Nachweis von Leistungsfähigkeit gebunden (Tschanz & Powell, 2020). Junge Menschen mit Behinderung sind beim Übergang von der Schule in den Arbeitsmarkt besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt und ihre Arbeitsmarktfähigkeit wird in Frage gestellt. So zeigen bisherige Studien, dass Hinweise auf eine Behinderung zu geringeren Einstellungschancen führen (z.B. Berre, 2023). Im vorliegenden Beitrag soll die Passung zwischen Vorstellungen von jungen Menschen mit Behinderung zum Übergang in den Arbeitsmarkt und den Entscheidungsprozessen der Arbeitgebenden hinsichtlich ihrer Beschäftigungsfähigkeit untersucht werden. Basierend auf biographischen Interviews mit jungen Menschen mit Behinderung werden anhand von zwei komplementären Fallstudien die biographischen Verläufe, ihr Leistungsverständnis und ihre Erfolgserwartungen in Bezug auf den Eintritt ins Arbeitsleben dargestellt. Diesen Interviewergebnissen werden erste Befunde einer kürzlich durchgeführten Arbeitgebendenbefragung gegenübergestellt, bei der anhand eines Factorial Survey Experiments die Einstellungschancen von jungen Bewerbenden mit Behinderung untersucht wurden. Die biographischen Erzählungen verdeutlichen Spannungsfelder zwischen Behindertsein und -werden sowie zwischen eigenen Ambitionen und den erwarteten Anforderungen der Arbeitswelt. Die Arbeitgebendenbefragung zeigt konkrete Muster zu den Einstellungsabsichten nach Behinderungsart, Berufsfeldern und Arbeitsplatzmerkmalen auf. Eine Verknüpfung der Perspektiven von jungen Menschen und Arbeitgebenden soll zu einem besseren Verständnis für Ambivalenzen hinsichtlich Erwartungen zwischen der Angebots- und der Nachfrageseite beitragen. |
10:45 - 12:15 | Session 6.5 Perspektiven von Lernenden und Lehrenden auf die Transition von der Regel- an die Klinikschule (Einzelbeiträge) |
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Krankheitsbedingte schulische Transitionsprozesse bei onkologischen Erkrankungen: Möglichkeiten und Grenzen für Krankenhauslehrkräfte Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Schulische Transitionsprozesse onkologisch erkrankter Schüler*innen stellen in mehrfacher Hinsicht eine besondere Herausforderung dar: Neben krankheitsbedingten Belastungen treten psychosoziale Probleme und familiäre Krisen auf. Oft wird ein Wechsel von der Herkunftsschule in den Unterricht einer Akut- oder Rehaklinik und/oder in den Hausunterricht notwendig. Am Beispiel onkologischer Erkrankungen zeigt der Beitrag die Relevanz gesundheitsbedingter schulischer Übergänge. Ausgehend von einem erweiterten Transitionsverständnis (vgl. Thiele et al. 2024), das nicht-normative, krankheitsbedingte und sektorenübergreifende Übergänge zwischen medizinischen, familiären und schulischen Systemen einbezieht, wird zunächst der internationale Forschungsstand zur pädagogischen Unterstützung dieser Prozesse dargestellt. Ergänzend skizziert der Beitrag Ergebnisse einer qualitativen Studie (Thiele, Heinze 2019, Thiele in press), die Perspektiven von Kliniklehrkräften beleuchtet. Diese verdeutlichen, wie pädagogisches Handeln unter besonderen Bedingungen organisiert wird – von der Kontaktaufnahme bis zur Nachsorge. Abschließend werden Implikationen für Professionalisierung sowie Aus- und Weiterbildung im Sinne einer Pädagogik bei Krankheit formuliert und Anregungen für eine strukturell verankerte Begleitung krankheitsbedingter Transitionen im inklusiven Schulsystem gegeben. Psychische Grundbedürfnisse im schulischen Transitionsprozess – Subjektives Wohlbefinden Jugendlicher beim Wechsel von der Regel- zur Klinikschule 1Universität Siegen; 2Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Klinikum Lüdenscheid; 3Hochschule Niederrhein Der Beitrag fokussiert die Transition von Jugendlichen von der Regel- in die Klinikschule, einem oftmals biografisch tiefgreifenden und pädagogisch herausfordernden Übergang. Ausgehend von Grawes Konsistenztheorie, in der die Befriedigung der vier psychischen Grundbedürfnisse nach Orientierung/Kontrolle, Bindung, Lustgewinn/Unlustvermeidung sowie Selbstwerterhöhung und -schutz angestrebt wird, untersucht die Studie, wie aktuelle Klinikschüler*innen ihre psychische Grundbedürfnisbefriedigung sowohl in ihrer früheren Stammschule als auch in der derzeit besuchten Klinikschule einschätzen. Die quantitative Erhebung basiert auf einer Stichprobe von N = 55 Klinik- und N = 100 Regelschüler*innen. Zum Einsatz kam der eigens entwickelte Fragebogen MYNEEDZ, dessen psychometrische Güte durch CFA und Reliabilitätskennwerte bestätigt wurde. Analysiert wurde mittels Mann-Whitney-U-Tests, Kovarianzanalysen mit dem Faktor Geschlecht sowie univariaten Varianzanalysen für das Alter. Die Ergebnisse zeigen, dass Klinikschüler*innen eine signifikant höhere Bedürfnisbefriedigung in der Klinikschule als in ihrer früheren Stammschule berichten. Darüber hinaus weisen Vergleiche mit Regelschüler*innen darauf hin, dass die Bedürfnisbefriedigung der Klinikschüler*innen in ihren früheren Stammschulen signifikant niedriger ausfiel. Zudem konnten signifikante Interaktionseffekte zwischen Schulform und Alter festgestellt werden, die auf entwicklungsbedingte Unterschiede in der Bedürfnislage hindeuten. Im Beitrag werden diese Ergebnisse im Hinblick auf pädagogisch-therapeutische Implikationen diskutiert. Dabei wird insbesondere für eine stärkere Berücksichtigung individueller Entwicklungsbedarfe bei der Gestaltung schulischer Transitionen plädiert, vor allem im Umgang mit vulnerablen Schüler*innen. Für die Rückkehr aus dem klinischen Setting in die Regelschule lassen sich aus den Befunden konkrete Anregungen für die schulische Praxis und den Unterrichtsalltag ableiten. |
10:45 - 12:15 | Session 6.6 Inklusive Berufsorientierung im Übergang von der Förderschule in die berufliche Bildung (Symposium) |
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Inklusive Berufsorientierung im Übergang von der Förderschule in die berufliche Bildung Seit Unterzeichnung der UN-BRK befinden wir uns auch im Bildungssystem in einem Prozess der Transformation hin zu einer inklusiven Gesellschaft. Eine bedeutsame Rolle in der Vorbereitung der Jugendlichen auf die Ausbildungsplatzsuche und die Berufswelt spielt die (inklusive) schulische Berufsorientierung. In Vorbereitung des Transitionsprozesses Schule-Beruf gilt die schulische Berufsorientierung als wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Übergang in die weitere berufliche Bildung und in das Beschäftigungssystem. Trotz rechtlicher und curricularer Vorgaben und dem Wissen um die Berufsorientierung als Entwicklungsaufgabe (KMK 2017) ist die Umsetzung inklusiver Berufsorientierung in Schulen und demzufolge manche Zuständigkeit unklar (Greiten, Hübner & Bienengräber, 2024). Zudem fällt auf, dass der Terminus der inklusiven Berufsorientierung nahezu ungeklärt und in der Literatur mit unterschiedlichen Bedeutungen versehen ist. Dies wirkt sich auf die Umsetzung der Berufsorientierungsangebote in den Schulsystemen und die Vorbereitung des Transitionsprozesses aus, insbesondere auf die Gestaltung und damit die Wirksamkeit der obligatorischen Betriebspraktika. Das Symposium wird von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe ausgerichtet. Es befasst sich u.a. mit der Begriffsdefinition von inklusiver Berufsorientierung, den Berufsorientierungskonzepten von Förderschulen und berufsbildenden Schulen und dem Berufsorientierungsprozess junger Menschen mit einem (ehemaligen) sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf. Im Symposium werden die Ergebnisse einer qualitativen Studie vorgestellt. Im Rahmen eines Projektes hat die Arbeitsgruppe 14 Interviews mit ehemaligen Förderschüler:innen mit dem Schwerpunkt LERNEN durchgeführt. Die Interviews wurden mit der inhaltlich-strukturierenden Qualitativen Inhaltsanalyse mehrperspektivisch ausgewertet: (1) Wertesensible Berufsorientierung, (2) Bedeutung des Schülerbetriebspraktikums, (3) Pädagogische Begleitung in der Berufsorientierung im Übergang von der Förderschule in das berufsbildende System. Die Befunde zeigen hochindividualisierte, gelungene und unerwartete Bildungswege. Sie markieren dadurch die Bedeutung der Dimensionen Zeit, Berufsorientierung und Inklusion, die auf den Ebenen von Ethik, Gesetz, Individuum und Gesellschaft miteinander verbunden sind und damit an jenes Modell inklusiver Berufsorientierung angebunden sind, das von der Arbeitsgruppe entwickelt wurde (Bienengräber, Greiten & Hübner, in Begutachtung). Die Befunde und die Verläufe der Bildungsprozesse weisen zudem darauf hin, dass in der inklusiven beruflichen Bildung, bezogen auf die pädagogische Begleitung von Betriebspraktika, deutlich mehr Aufmerksamkeit auf individuelle Ressourcen, Optionen des Elternhauses, des Bildungssystems und der Bildungspartner:innen in der Berufs- und Arbeitswelt gerichtet werden müssen, um die Individuen zu unterstützen. Zudem ist die pädagogische Begleitung von Lehrkräften an Förderschulen und in berufbildenden Schulen bedeutsam, Lehrkräfte können in Transitionsprozessen als Unterstützende aber auch Verhindernde wahrgenommen werden. Im Anschluss an die Beiträge wird sich die Diskussion auf die Begriffsbildung und Definitionsversuche zur inklusiven Berufsorientierung, auf den forschungsmethodischen Zugang und mehrperspektivische Auswertung von Interviews sowie Herausforderungen in Transitionsprozessen von Förderschulschüler:innen richten. Beiträge des Symposiums Wertesensible Berufsorientierung Bezogen auf den Terminus der inklusiven Berufsorientierung ist eine zweifache Unschärfe im Umgang mit dem Inklusionsbegriff in der beruflichen Bildung zu konstatieren (Zoyke & Vollmer 2016; Hinz 2018): Einerseits ist es nicht vollständig klar, ob Inklusion oder Integration gemeint ist (Wocken 2011), andererseits bezieht sich das entsprechende Bemühen vorrangig auf Menschen mit Behinderung (Hinz 2018). Noch problematischer wird der Inklusionsbegriff, wenn man ihn mit Berufsorientierung verbindet, da auch dieser Begriff nicht klar definiert ist. Um in diesem Gemenge definitorischer Unschärfen einen Ansatzpunkt für die Arbeit an einem inklusiven Berufsbildungssystem zu schaffen, wurde eine Definition des Begriffs der inklusiven Berufsorientierung entwickelt, die den Begriff auf drei Dimensionen und vier Ebenen verortet (Bienengräber, Greiten & Hübner, in Begutachtung). Anhand von qualitativen Interviews, die mit ehemaligen Schüler:innen mit dem Schwerpunkt LERNEN wurde der theoretisch erarbeitete Begriff inklusiver Berufsorientierung auf empirische Belege hin untersucht. Eine bedeutsame Rolle im Übergang Schule - Beruf spielt die (inklusive) Berufsorientierung (iBO). Trotz rechtlicher und curricularer Vorgaben ist ihre Umsetzung in Schulen unklar (Greiten, Hübner & Bienengräber, 2024), u.a. weil der Terminus der iBO nahezu ungeklärt ist (Zoyke & Vollmer 2016). Um den Begriff zu schärfen wurde eine Definition von iBO entwickelt, die ihn auf drei Dimensionen und vier Ebenen verortet (Bienengräber, Greiten & Hübner, in Begutachtung) – eine davon sind Werte. Anhand von qualitativen Interviews, die mit ehemaligen Schüler:innen mit dem Schwerpunkt LERNEN geführt wurden, wird der theoretisch erarbeitete Begriff auf Aussagen zur Wertorientierung und Werteerfahrung in der iBO dahingehend untersucht, welche Wertschätzung die Interviewten auf individueller und systemischer Seite für ihre Person und ihre Leistung erfahren. Dazu wurde die Werteebene der o.a. Definition zunächst theoretisch fundiert kategorisiert und die Interviews dann dahingend deduktiv und induktiv analysiert. Die Ergebnisse zeigen u.a., dass der Kontext des "Förderschüler-Seins" und erlebte oder fehlende Wertschätzung, Diskriminierung, wenig oder viel Zutrauen im Übergang von der Schule in die berufliche Bildung den Transitionsprozess ehemaliger Schüler:innen von Förderschulen mit dem Schwerpunkt LERNEN nachhaltig beeinflusst. Daraus ergeben sich Diskussionsanlässe für wertesensible Berufsorientierung. Bienengräber, T., Greiten, S. & Hübner, C. (in Begutachtung). Inklusive Berufsorientierung – zur Bestimmung eines unterbestimmten Begriffs. Greiten, S., Hübner, C. & Bienengräber, Th. (2024). Research on Website-Based Information from Ministries in the Field of Education on the Topic of “Inclusive Vocational Orientation” - Results of a Structured Search, Journal of Vocational Education and Human Development, 13(2), 14–25. DOI: 10.15640/jehd.v13n2a3 Hinz, A. (2018). Inklusion und ihre Bedeutung für die berufliche Bildung. In I. Arndt, F. Neises, & K. Weber (Hg.), Inklusion im Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf (16-27). Bundesinstitut für Berufsbildung. Wocken, H. (2011). Inklusion & Integration. Ein Versuch, die Integration vor der Abwertung und die Inklusion vor Träumereien zu bewahren. In H. Wocken (Hg.), Das Haus der inklusiven Schule. Baustellen – Baupläne – Bausteine (59–90). Feldhaus. Zoyke, A. & Vollmer, K. (Hg.), (2016). Inklusion in der Berufsbildung: Befunde – Konzepte – Diskussionen. Bundesinstitut für Berufsbildung. Bertelsmann. Das Schülerbetriebspraktikum als Chance für Empowerment und Erfahrung von Selbstbestimmung aus der Perspektive ehemaliger Schüler*innen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt Lernen Der Transitionsprozess Schule-Beruf ist vor allem für Schüler*innen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt mit Herausforderungen verbunden. Aufgrund des schulischen Status oder unzureichender Qualifikationen sind ihre nachschulischen Anschlussperspektiven eingeschränkt (z. B. Hübner, 2023; Rosenberger, 2012). Die Praktika der Berufsorientierung bergen die Möglichkeit, den Berufsalltag kennenzulernen und offerieren einen Raum der persönlichen Entwicklung und Orientierung (KMK, 2017). In der vorliegenden qualitativen Studie wurden ehemalige Schüler*innen von Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen zum Erleben ihres Sonderpädagogischen Schwerpunktes im Prozess der Berufsorientierung befragt. Die inhaltsanalytisch ausgewerteten Aussagen dokumentieren, dass das Betriebspraktikum als zentrales Element der Berufsorientierung, als Chance für Empowerment und Erfahrung von Selbstbestimmung erlebt wurde. Im Vortrag werden die Ergebnisse zum Empowerment und den Selbstbestimmungserfahrungen aus der Sicht ehemaliger Schüler*innen im Schwerpunkt im LERNEN vorgestellt und die Bedeutung von Praxiselementen als zentrale Angebote im BO-Prozess von Schüler*innen mit Sonderpädagogischem Schwerpunkt diskutiert. Hübner, C. (2023). The assessment of different types of student work experience for vocational orientation from the perspective of students with learning difficulties. International Journal of Educational and Life Transitions, 2(1): 7, pp. 1–15. DOI: https://doi.org/10.5334/ijelt.37 Rosenberger, H. (2012). Wahl-lose Berufswahl. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Lernen am Übergang Schule – Beruf. Unveröffentlichte Dissertation, Universität Erfurt. Ständige Konferenz der Kultusminister: Empfehlung zur Beruflichen Orientierung an Schulen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.12.2017. 2017. https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2017/2017_12_07-Empfehlung-Berufliche-Orientierung-an-Schulen.pdf Pädagogische Begleitung durch Lehrkräfte im Übergang von der Förderschule zur beruflichen Bildung aus Sicht ehemaliger Schüler:innen der Förderschule Lernen Pädagogische Begleitung der Berufsorientierung ist ein bedeutender Aufgabenbereich vor allem an Förderschulen, da der Übergang von Schüler:innen mit spezifischen Bedarfen in weitere Schulen und oder in berufliche Ausbildungsprozesse als schwierig gilt. Insofern haben die Schule als System und die Lehrkräfte als pädagogische Begleiter:innen in der Biografie der Schüler:innen eine hohe Verantwortung. Zur Durchführung inklusiver Berufsorientierung bedarf es diesbezüglich differenzierter Kenntnisse der Lehrkräfte, schulischer Konzepte zur Berufsorientierung sowie außer- und überschulischer Kooperationen (Bylinski 2016; Greiten et al. 2019). Im Beitrag werden Ergebnisse aus einer Interviewstudie mit 14 ehemaligen Schüler:innen der Förderschule Lernen vorgestellt, ausgewertet mit der qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz & Rädiker 2024). Ergebnisse: Ein Großteil der Schüler:innen konnte in Schulen der beruflichen Bildung weitere Schulabschlüsse erreichen und ebenso berufliche Anschlüsse. Auch nach dem Verlassen der Förderschule bleibt die Berufliche Orientierung bedeutsam. Irritierend und überraschend erscheinen die Einschätzungen der Befragten zur Rolle von Lehrkräften an Förderschulen und berufsbildenden Schulen, die in einem Spektrum als Verhinderer von Leistungsmotivation und echten beruflichen Erfahrungen bis hin zu Förderern individueller Laufbahnen wahrgenommen wurden (Greiten, Bienengräber & Hübner, in Begutachtung). Abschließend wird diskutiert, welche systemischen Bedingungen in Förderschulen und in Folge in Schulen des berufsbildenden Bereichs als förderlich oder hinderlich für Berufsorientierung betrachtet und welche Konsequenzen sich für berufliche Orientierung in Schulen ergeben können. Bylinski, U. (2016). Begleitung individueller Wege in den Beruf: Professionalisierung für eine inklusive Berufsbildung. In: U. Bylinski & J. Rützel (Hrsg.), Inklusion als Chance und Gewinn für eine differenzierte Berufsausbildung (S. 215-231). Bertelsmann. Greiten, S., Bienengräber, T., Retzmann, T., Turhan, L. & Schröder, M. (2019). Competences of teachers and other educational professionals as condition for the success of inclusive vocational guidance in general and vocational schools, exemplified on organizing work placements for students. In: Journal für Psychologie 2 (2019), S. 313–335. Greiten, S., Bienengräber, T. & Hübner, C. (in Begutachtung). Pädagogische Begleitung durch Lehrkräfte im Übergang ins berufsbildende System - Exemplarische Falldarstellung zu Einschätzungen ehemaliger Schüler:innen von Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen Kuckartz, U. & Rädiker, S. (2024). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Umsetzung mit Software und künstlicher Intelligenz. Weinheim. |
10:45 - 12:15 | Session 6.7 Herausforderungen und Möglchkeiten inklusiver Transitionen von der Schule auf den ersten Arbeitsmarkt (Symposium) |
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Herausforderungen und Möglichkeiten inklusiver Transitionen von der Schule auf den ersten Arbeitsmarkt Das Symposium „Herausforderungen und Möglichkeiten inklusiver Transitionen von der Schule auf den ersten Arbeitsmarkt“ befasst sich im Rahmen von drei Vorträgen mit Transitionen in den Arbeitsmarkt von Schüler*innen mit sonderpädagogischer Förderung. Beiträge des Symposiums Barrieren und Möglichkeiten beim Übergang Schule-Beruf von Schüler*innen des Förderschwerpunktes Geistige Entwicklung Beitrag I von Philine Zölls-Kaser und Jan Jochmaring beschäftigt sich mit Schüler*innen im Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung (GE)“ und ihren strukturell benachteiligten Übergangsmöglichkeiten in die Arbeitswelt. Im Fokus steht eine explorative Fallstudie, welche die Herausforderungen am Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt exemplarisch darstellt. Die Frage nach der Entstehung und Umsetzung von Berufswünschen von Schüler*innen mit geistiger Behinderung werden nur selten eruiert (Zölls-Kaser 2022). Behindernde Übergänge in die Arbeitswelt zeichnen sich durch verschiedenartige Herausforderungen auf mehreren Ebenen aus (Jochmaring 2022) und werden in dem geplanten Vortrag kurz thematisiert. Dazu gehören u.a. Cooling-Out Effekte, die Informations- und Umsetzungsmöglichkeiten für Erziehungsberechtigte und Schüler*innen in Bezug auf alternative Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten jenseits der WfbM, sowie die Rolle der beteiligten Akteur*innen wie Reha-Berater, Lehrkräfte, Erziehungsberechtigte. Fokussiert wird im Beitrag auf die subjektive Sichtweise einer Förderschüler*in im FS GE, der begrenzende Handlungsrahmen und die Partizipationsmöglichkeiten im Transitionsprozess Schule-Beruf. Weitere Perspektiven der Eltern und der Lehrkraft werden vorgestellt um anhand dessen Barrieren und Möglichkeiten im Übergang zu explizieren. Inklusive Übergänge als Ambivalenzraum: Zwischen Anspruch und Ausschluss Der zweite Beitrag von Roxana Hank-Raab und Rahel Schowalter (Universität Kaiserslautern-Landau) befasst sich mit dem Ambivalenzraum Inklusiver Übergänge zwischen Anspruch und Ausschluss am Übergang von der Schule in den allgemeinen Arbeitsmarkt und in den Wohnbereich von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung. Übergänge im Kontext Behinderung sind durch strukturelle Benachteiligung gekennzeichnet (Fasching 2017) und vielfach von Fremdbestimmung und Fremdpositionierungen geprägt – selbst dann, wenn sie als inklusiv bezeichnet werden. Die Perspektiven der beteiligten Personen finden nur selten systematische Berücksichtigung, Mitgestaltungsmöglichkeiten bleiben oftmals begrenzt. Wie zentral aktive Mitwirkung und Selbstbestimmung gerade für sogenannte inklusive Übergänge sind, demonstriert der Beitrag unter Bezugnahme auf zwei qualitative Studien (Hank-Raab 2023; Schowalter 2024). Zum einen werden die subjektiven Erfahrungen von Schulabsolvent*innen mit geistiger Beeinträchtigung beim Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt dargestellt, die zeigen, dass Teilhabe selbst in formal geöffneten Strukturen häufig eingeschränkt bleibt. Zum anderen werden Ergebnisse in einem teilhabeorientierten Dezentralisierungsprojekt der Eingliederungshilfe für den Bereich des Wohnens vorgestellt, die zeigen wie durch Differenzierungs- und Naturalisierungspraktiken Fremdpositionierungen fortgeschrieben und Partizipationschancen begrenzt werden. Die Referent*innen verdeutlichen, dass auch inklusive Übergänge nicht automatisch zu gleichberechtigter Teilhabe führen, sondern die konsequente Einbindung subjektiver Perspektiven und echte Mitgestaltungsmöglichkeiten erfordern. Erste Einblicke in das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „MOSAIK – Menschen, Orientierung, Schule, Arbeit, Inklusion, Kompetenzen“ Im dritten Beitrag stellen Natalie Pape und Jan Kuhl ein Projekt zur Gestaltung inklusiver Übergänge vor. Das Forschungsvorhaben befasst sich mit der Teilhabe junger Menschen mit kognitiven sowie kognitiven und körperlichen Beeinträchtigungen an Erwerbsarbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (Thielen 2019). Die Finanzierung erfolgt seit Mai 2025 an den beiden Standorten durch den Landschaftsverband Rheinland und das Integrationsamt Niedersachsen. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines kompetenzorientierten Diagnose- und Fördermodells zur Gestaltung eben dieser inklusiven Übergänge. Dafür werden mithilfe eines Mixed-Methods-Designs zunächst Arbeitsprozessanalysen in Form qualitativer Fallstudien (Beobachtungen, Interviews, Dokumentenanalysen) und Betriebsbefragungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchgeführt. Im Rahmen des Symposiums werden die Ergebnisse der ersten Projektphase präsentiert und mit den Teilnehmenden diskutiert. Im Fokus stehen dabei das Vorgehen bei der Identifikation relevanter Branchen und Betriebe für die Erhebungen und erste Felderfahrungen. |
12:15 - 13:30 | Mittagessen und Tagungsausklang Ort: Aula (Catering) Tagungsausklang mit Verpflegung "to go" oder zum Verzehr vor Ort. |
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