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Reproduktion von Behinderung und Selektion an Übergängen (Einzelbeiträge)
Präsentationen
Auf Eierschalen gehen: Behinderung & das Versprechen von Zugehörigkeit zu Beginn der Sekundarstufe 1 mit Inklusionsanspruch
Brehme, David
SIBUZ Berlin Treptow-Köpenick
Fragen von Zugehörigkeit stehen im Zentrum inklusiver Pädagogik (Slee, 2019). Zugehörigkeit ist relational und interaktional (Antonsich, 2010): Sie muss in sozialen Interaktionen kontinuierlich ausgehandelt werden – in Beziehungen, die junge Menschen in Schule erkunden und aufbauen.
Besonders zu Beginn der Sekundarstufe I mit Inklusionsanspruch stellen sich Fragen der Zugehörigkeit neu: Mit dem Übergang in die weiterführende Schule stehen Pädagoginnen vor der Aufgabe, neue Schüler*innen in eine als heterogen verstandene Schulgemeinschaft zu integrieren, die allen normativ gleichwertige Zugehörigkeit verspricht. Zugleich stehen Schüler*innen vor der Herausforderung, ihren Platz in ihrer neuen Klasse zu finden. In dieser Phase des Heranwachsens müssen sie ihre Identität im Verhältnis zu Gleichaltrigen aushandeln. In Schulen mit Inklusionsanspruch stellen sich diese Fragen von Zugehörigkeit im besonderen Maße.
Basierend auf ethnografischer Forschung analysiert dieser Beitrag: Wie wird Behinderung in sozialen Interaktionen als Frage von Zugehörigkeit in inklusiven Mittelschulklassen (re-) produziert? Grundlage sind 40 Tage teilnehmende Beobachtung während der ersten Wochen der Sekundarstufe 1, Interviews mit Schüler*innen und Lehrkräften sowie Schuldokumentanalysen.
Ich zeige empirisch, dass Behinderung für inklusive Pädagogik in der Mittelstufe zentral ist – und dass es dennoch schwerfällt, offen darüber zu sprechen. Klassenzimmerinteraktionen fungieren als Arenen, in denen die Sichtbarkeit von Behinderung schwankt und Zugehörigkeit ausgehandelt wird. Das Ziel, Stigmatisierung durch Unsichtbarmachung von Alterität zu vermeiden, erzeugt eine „Phantomgleichheit“. Diese behindert empathische Auseinandersetzung zwischen behinderten und nicht behinderten Jugendlichen. Der Vortrag zeigt, wie Behinderung und Ableismus am Übergang in Schulen der Sekundarstufe 1, die Inklusion anstreben, (re)produziert werden.
Selektionsrisiken am Übergang in die Arbeitswelt: Exklusion als unausgesprochene Norm?
Kimmerle, Dr. Lisa
PH Weingarten
Der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt stellt für viele junge Menschen eine zentrale und potenziell kritische Bildungsphase dar. Für Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen ist dieser Übergang häufig durch strukturelle Selektionsmechanismen erschwert, die im Bildungssystem selbst verankert sind (Laur, 2021). Trotz schulischer Inklusion verbleiben Barrieren in der beruflichen Orientierung, die sich auf institutioneller, personeller und curricularer Ebene manifestieren (Laur, 2021).
Empirische Daten belegen, dass Menschen mit Behinderungen deutlich geringere Chancen auf reguläre Beschäftigung haben (BA, 2024). Auch schulische Übergangsprozesse tragen zu dieser Ungleichheit bei: Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden seltener in reguläre Ausbildung vermittelt und häufiger auf Sonderwege verwiesen (Blanck et al., 2024). Die berufliche Orientierung in vielen inklusiven Schulen bleibt für diese Zielgruppe oft defizitorientiert, wenig individualisiert und reproduziert stereotype Berufsbilder (Laur, 2021).
Die qualitative Studie basiert auf leitfadengestützten Interviews mit 21 Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen, davon zehn zum Erhebungszeitpunkt an Regelschulen und elf in Ausbildung nach Regelschulbesuch. Ergänzend wurden 24 Expertinnen und Experten befragt, darunter 18 schulinterne Fachkräfte – überwiegend Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen – sowie fünf Vertreterinnen und Vertreter des Integrationsfachdienstes. Die Auswertung erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2002, 2015).
Auf Grundlage dieser empirischen Ergebnisse analysiert der Beitrag institutionalisierte Selektionsmechanismen im Übergang Schule–Beruf und diskutiert abschließend zentrale Implikationen für eine inklusionsorientierte Gestaltung dieses Übergangs.