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Sonderpädagogische Feststellungsdiagnostik und Diagnoseverfahren (Einzelbeiträge)
Präsentationen
Lesefähigkeiten sichtbar machen – Entwicklung und Evaluation eines kostenfreien Lesescreenings für Grund- und Förderschulen (LuLeS 2–4)
Drinhaus - Lang, Mareike; Scheer, David
PH Ludwigsburg
Lesekompetenz umfasst neben der Fähigkeit zum Entziffern von Buchstaben, Wörtern und Sätzen auch das Verstehen und Wiedergeben schriftlicher Inhalte – eine Fähigkeit, die als Leseverständnis bezeichnet wird (Lenhard, 2019). Eine zentrale Voraussetzung dafür ist die automatisierte Worterkennung, also das schnelle und sichere Erkennen bekannter Wörter (Schindler & Richter , 2018). In der Regel wird diese Fähigkeit im Verlauf der Grundschulzeit erworben. Ein erfolgreicher Erwerb der Lesefertigkeiten in dieser Phase ist von entscheidender Bedeutung, da hier die Grundlage für alle weiteren Bildungsprozesse gelegt wird.
Je früher Schwierigkeiten im Bereich der Lesekompetenz erkannt werden, desto gezielter können Fördermaßnahmen greifen. Daher ist eine strukturierte, regelmäßige Diagnostik unerlässlich. Studien zeigen jedoch, dass Lehrkrafturteile über die Lesefähigkeit ihrer Schüler*innen häufig ungenau sind – und damit die Notwendigkeit formalisierter Diagnoseverfahren unterstreichen (Karing, Matthäi & Artelt, 2011) . Derzeit fehlen allerdings normierte, kostenfreie und niederschwellige Instrumente, die insbesondere auch den unteren Leistungsbereich differenziert erfassen.An diesem Bedarf setzt das Ludwigsburger Lesescreening für die Klassenstufen 2 bis 4 an. Die Testitems bestehen aus einem Bild als Stimulus und vier Wörtern als Antwortoptionen, aus denen das passende Wort auszuwählen ist. Ziel ist es, insbesondere bei Schüler*innen mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf im Lernen differenzierte Aussagen zur Lesefähigkeit auf Wortebene zu ermöglichen.
Im Vortrag werden Ergebnisse einer Pilotstudie mit 629 Schüler*innen (davon 93 mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf Lernen) vorgestellt. Der Beitrag beleuchtet das diagnostische Potenzial des Verfahrens und liefert Impulse für die Förderung basaler Lesekompetenzen.
Die Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf: Ergebnisse einer Interviewstudie zu den Perspektiven von sonderpädagogischen Lehrkräften
Kottmann, Prof. Dr. Brigitte
Universität Paderborn
Das Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs (SPF) stellt eine besondere Form der Transition dar (Kottmann 2022, 2024). Zwar entwickelt das Verfahren eine hohe Eigendynamik (90% führen zu einer Feststellung von SPF), gleichwohl ist es zunächst ergebnisoffen angelegt und kann zu jedem Zeitpunkt der Schullaufbahn eröffnet werden, was diese Transition von anderen unterscheidet: So ist es möglich, dass das Verfahren zwar durchgeführt, aber kein SPF festgestellt wird, dass ein SPF festgestellt wird, aber das Kind an der bisherigen Schule verbleibt, oder dass ein SPF festgestellt wird und anschließend ein Schulwechsel erfolgt. Der aktuelle Prüfauftrag des Landes NRW zeigt u. a. die enorme Varianz in der Gutachtenpraxis auf (MSB NRW, 2024). Die Feststellung eines SPF gilt als individuumszentrierte Etikettierung, die häufig auch zu einer Selektion der Kinder führt (Gasterstädt et al. 2024, Kottmann et al. 2018).
In dem Beitrag wird das Feststellungsverfahren aus der Perspektive von sonderpädagogischen Lehrkräften betrachtet, die gemeinsam mit den Lehrkräften der allgemeinen Schule eine zentrale Rolle einnehmen. Sie führen verschiedene Formen von Diagnostik und Anamnesegesprächen durch und dokumentieren diese, erstellen gemeinsam mit der i.d.R. Klassenlehrkraft das jeweilige Gutachten und bereiten damit den Entscheidungsprozess der Schulaufsicht entscheidend vor.
Im Jahr 2024 wurden insgesamt 18 Sonderpädagog*innen mittels leitfadengestützter Interviews zu ihren Erfahrungen, Einblicken und Perspektiven sowie konkreten Abläufen im Rahmen der Feststellungsverfahren in NRW befragt. Auf der Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring, 2022) der Interviews erfolgt eine Analyse der beschriebenen (diagnostischen) Praxis sowie von darin zu identifizierenden Argumentationsmustern. Dabei geht es auch um mögliche Transitionen und deren Antizipation, wobei man sich in einem Spannungsfeld von Inklusion und Selektion befindet.