Ausgangspunkt des Symposiums ist der sich zunehmend etablierende praxeologisch-wissenssoziologische Professionsansatz (Bohnsack 2020), der entlang empirisch fundierter meta-theoretischer Kategorien wie der konstituierenden Rahmung professionalisierte Praxis in pädagogisch ausgerichteten Institutionen konzeptualisiert. Im Symposium wird die Herstellung und Aufrechterhaltung einer pädagogischen Beziehung, grundlegend verstanden als „das wechselseitige Aufeinander-Bezug-Nehmen von Erwachsenen und Heranwachsenden“ (Häcker et al. 2022, S. 15), als ein Aspekt professionalisierter Praxis in den Blick genommen. Auch wenn Beziehung immer zweiseitig und interaktiv zu denken ist (Richey 2021; Wettstein & Scherzinger 2021), wird die Perspektive der Professionellen als diejenigen, die maßgeblich für die Beziehungsgestaltung verantwortlich sind, fokussiert.
Die für den praxeologisch-wissenssoziologischen Professionsansatz zentrale Kategorie der konstituierenden Rahmung fokussiert als zentrale Herausforderung professionalisierten Handelns die interaktive Bewältigung der Spannung zwischen Normen der Organisation einerseits und Orientierungen der Klientel andererseits (Bohnsack 2020; Bohnsack et al. 2022; Bohnsack 2023). Im Symposium wird dieser Grundgedanke aufgegriffen, indem die beiden Konzepte ‚konstituierende Rahmung‘ und ‚pädagogische Beziehung‘ miteinander in Beziehung gesetzt werden. Dabei lässt die Betonung der interaktiven und kommunikativen Dimension professionalisierten Handelns die Kategorie konstituierende Rahmung für eine tiefere Durchdringung der Spezifik der (organisational eingebetteten) Beziehung zwischen Professionellen und Klientel ertragreich erscheinen. So geraten bspw. verschiedene Umgangsweisen mit strukturellen Asymmetrien und ungleich verteilter Macht zwischen Professionellen und Klientel (Bressler 2023) als Ausdruck unterschiedlicher konstituierender Rahmungen in den Blick.
Dem Symposium geht es im Sinne einer praxeologisch-wissenssoziologischen Analysehaltung nicht darum, die Logik der Theorie in die Praxis hinein zu projizieren, sondern die Logik der beruflichen Praxis selbst zum Ausgangspunkt der Metatheorie zu machen. Durch die dokumentarische Rekonstruktion empirischer Daten soll primär die Kategorie pädagogische Beziehung reflektiert und weiterentwickelt werden.
Aus dieser gemeinsamen grundlagen- und gegenstandstheoretischen Perspektive heraus werden im Symposium Lehrpersonen, Dozierende in der Lehrer:innenbildung und Lehramtsstudierende mit ihren jeweiligen organisationalen Einbettungen ins Zentrum gerückt. Grundlegendes Ziel ist es, pädagogische Beziehungen aus praxeologisch-wissenssoziologischer Perspektive heraus sowohl theoretisch als auch empirisch näher zu erschließen und dabei die Lehrer:innenbildung(-sforschung) zum gedanklichen Bezugspunkt zu machen. Dabei geht es im Kern um folgende Fragen:
Wie lassen sich pädagogische Beziehungen empirisch rekonstruieren und welche Ausformungen derartiger Beziehungen zeigen sich in Schulen und der universitären Lehrer:innenbildung? Inwiefern lassen sich die Konzepte der pädagogischen Beziehung und der konstituierenden Rahmung relationieren und welcher gegenstandstheoretische Erkenntnisgewinn zeigt sich dabei? Inwiefern zeigen sich empirisch Ausdrucksgestalten der konstituierenden Rahmung in pädagogischen Beziehungen?
Zunächst werden drei Vorträge präsentiert, die auf unterschiedlichen Forschungsprojekten basieren und mit der Dokumentarischen Methode (Bohnsack 2021; Przyborski & Wohlrab-Sahr 2021) arbeiten.
Der erste Vortrag fokussiert entlang von ersten empirischen Befunden aus Einzelinterviews die Beziehung von Gymnasiallehrpersonen zu besonders leistungsstarken Schüler:innen, wobei insbesondere die Wahrnehmung der Schüler:innen durch die Lehrpersonen als Aspekt pädagogischer Beziehungen herausgearbeitet wird.
Mit Fokus auf Beziehungen an der Hochschule nimmt der zweite Vortrag entlang der Rekonstruktion von Gruppendiskussionen mit Dozierenden deren Orientierungen in Bezug auf Lehramtsstudierende in den Blick. Für die Analyse werden praxeologisch-wissenssoziologische und anerkennungstheoretische Kategorien genutzt, anhand derer die Spezifik der (pädagogischen) Beziehung zwischen Studierenden und Dozierenden sowie die damit einhergehenden professionalisierungsrelevanten Implikationen herausgearbeitet werden.
Stärker theoretisch perspektiviert geht der dritte Vortrag der Frage nach, wie pädagogische Beziehung aus Sicht verschiedener professionstheoretischer Ansätze und insbesondere aus der sich neu etablierenden praxeologisch-wissenssoziologischen Sicht auf Professionalisierung beschrieben werden kann. Unter Berücksichtigung empirischer Befunde aus einer Gruppendiskussionsstudie mit Lehramtsstudierenden wird dabei v.a. die Kategorie der konstituierenden Rahmung hinsichtlich ihrer Anschlussfähigkeit an universitäre Lehrer:innenbildung betrachtet.
In der abschließenden übergreifenden Diskussion werden zentrale Ergebnisse der Vorträge zueinander relationiert, methodische Chancen und Grenzen angesprochen und die Ergebnisse vor dem Hintergrund diskutiert, was diese zur näheren Kennzeichnung einer pädagogischen Beziehung beitragen sowie welche Konsequenzen sich daraus für weitere Forschung zu diesem Konzept und für die Gestaltung der Lehrer:innenbildung ergeben.