Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
EB-04: Pädagogische Beziehungen: kompensierende und ergänzende Akteur:innen
Zeit:
Freitag, 19.09.2025:
10:10 - 12:10

Chair der Sitzung: Ralf Parade, Universität Innsbruck
Ort: SR 1 = Raum 1110

Seminarraum 1 Raum 1110 im ersten Stock; 20 Personen

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Präsentationen

Mehr als „5 weg oder Geld zurück“?! – Beziehungen zwischen Schüler:innen und Lehrkräften in Schule und Nachhilfeunterricht

Melanie Schubsky

Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland

Mit der in Leistungsgesellschaften zunehmenden Bedeutung von Bildung geht eine vermehrte Inanspruchnahme nachhilfeunterrichtlicher Angebote einher (vgl. z.B. Birkelbach, Dobischat & Dobischat 2017, S. 162). Zentrales Motiv für die Nutzung von Nachhilfeunterricht, der zusätzlich zum Schul-Unterricht stattfindet, ist die Verbesserung schulischer Leistungen im Sinne von Notensteigerungen (vgl. ebd., S. 41). In einem qualitativ-empirischen Forschungsprojekt konnte anhand dokumentarisch ausgewerteter narrativer Interviews und Gruppendiskussionen rekonstruiert werden, dass sich die kompensatorische Funktion der Nachhilfe aber nicht auf das fachliche Lernen beschränkt, sondern über dieses hinaus geht: In nachhilfeunterrichtlichen Angeboten können Schüler:innen erlebte Missachtungserfahrungen durch Lehrkräfte in der Schule über die Beziehung zur Nachhilfelehrkraft kompensieren. Der Beitrag geht so der Frage nach, welchen Einfluss die Art und Weise der erlebten Beziehungen zu Lehrkräften in Schule und Nachhilfe auf die Subjektkonstitution ehemaliger Nachhilfeschüler:innen hat. Anhand eines empirischen Fallvergleichs wird aufgezeigt, wie Schüler:innen in der Schule und im Nachhilfeunterricht jeweils von (Nachhilfe-)Lehrkräften adressiert bzw. anerkannt werden und was dies für ihr Erleben von Zugehörigkeit und Leistungs(un)fähigkeit bedeutet. Hieraus werden professionsbezogene Schlussfolgerungen unter Berücksichtigung der Verwobenheit von Schule und Nachhilfeunterricht abgeleitet. Die Nachhilfeschüler:innen werden dabei aus einer subjektivierungstheoretischen Perspektive als relationale Subjekte verstanden, deren Möglichkeiten zur Subjektwerdung grundsätzlich an die Beziehung zu anderen Subjekten wie den (Nachhilfe-)Lehrkräften gebunden bleiben (vgl. Butler 2001).



Pädagogische Beziehungen jenseits des Unterrichts – Beziehungsgestaltung und Kompetenzerwerb in außerunterrichtlichen Angeboten

Desirée Rosenberger

Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland

Die Anforderungen an die Gestaltung pädagogischer Beziehungen im schulischen Kontext sind stets abhängig vom jeweiligen Rahmen, in dem diese Beziehungen stattfinden. Der Beitrag widmet sich dem Bereich der außerunterrichtlichen, aber schulisch organisierten Angebote. Dieser hat in den letzten Jahren durch eine „Konjunktur des Außerschulischen in der Schule“ (Budde und Hummrich 2016), die auch den Ganztagsschulausbau einschließt, an Bedeutung gewonnen hat.
Im Rahmen eines qualitativ-rekonstruktiven Forschungsprojekts wurden Gruppendiskussionen mit Jugendlichen, die an verschiedenen Formaten außerunterrichtlicher Angebote (u.a. Service Learning-Projekte, Herausforderungsprojekte, Mentoring-Programme) teilgenommen haben, durchgeführt und dokumentarisch ausgewertet (Bohnsack 2021). Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass für das Erleben der Angebote durch die Jugendlichen und ihren Kompetenzerwerb darin entscheidend ist, wie die Jugendlichen die Beziehungsgestaltung zu den Angebotsleitungen, darunter sowohl Lehrkräfte als auch außerschulisches Personal, wahrnehmen. Anhand von Fallvergleichen wird aufgezeigt, welche Art der Beziehungsgestaltung Kompetenzerwerb ermöglichen, aber auch verhindern kann. Darüber hinaus werden die Herausforderungen diskutiert, die sich ergeben, wenn pädagogische Beziehungen im schulischen Kontext nach dem Vorbild des außerschulischen Bereichs gestaltet werden sollen.



Beziehungsaufbau digital - Telepräsenzroboter als Unterstützung pädagogischer Beziehungen bei (chronisch) erkrankten Schüler:innen

Lisa Neumann

Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, Deutschland

Digitale Transformationsprozesse eröffnen zunehmend neue Möglichkeiten, schulische Lernumgebungen an die Bedürfnisse von Schüler:innen anzupassen. Chronisch erkrankte Kinder sind häufig vom regulären Schulbesuch ausgeschlossen, was ihre Bildung und soziale Teilhabe beeinträchtigt (1). Der Einsatz von Telepräsenzrobotern stellt in diesem Kontext eine innovative Möglichkeit dar, pädagogische Beziehungen trotz physischer Abwesenheit aufrechtzuerhalten und zu stärken (2; 3).

Die Studie Keep in Contact (KiC) untersucht den Einsatz des AV1 Telepräsenzroboters an deutschen Schulen, von dem nach Angaben des Herstellers bereits 1.000 Systeme in Deutschland im Einsatz sind (4). Ziel der (Online) Fragebogenerhebung ist es, als Grundlage weiterer Forschung einen Überblick über aktuelle Kontextbedingungen der Nutzung zu schaffen. An der Studie nahmen 175 Personen teil, darunter chronisch erkrankte Kinder, ihre Eltern und Lehrkräfte. Erfasst wurden u.a. die Nutzungsmuster des AV1, demographische Daten und Kontextbedingungen der SuS sowie qualitative und quantitative Daten zur sozialen Eingebundenheit und Wahrnehmung des AV1. Auch wurden vorteilhafte Faktoren und potenzielle Schwächen erhoben.

Die Ergebnisse zeigen, dass der AV1 direkte Interaktionen mit Lehrkräften und Mitschüler:innen ermöglicht. Lehrkräfte berichten von einer verbesserten Integration betroffener Kinder in den Unterrichtsalltag, während Eltern und Kinder die emotionale Bedeutung des Systems betonen, das Isolation reduziert und alltägliche Routinen stärkt. Die Ergebnisse verweisen jedoch auch auf Herausforderungen: Die Lehrkräfte müssen sich nicht nur intensiv mit der neuen Technologie auseinandersetzen, auch verlangt der Einsatz von ihnen neue Kompetenzen der didaktischen und sozialen Gestaltung des Unterrichts sowie Schulalltags.

Der Beitrag verdeutlicht das Potenzial des AV1, pädagogische Beziehungen zu fördern, zeigt Herausforderungen für die Lehrkräftebildung auf und eröffnet Perspektiven diesen zu begegnen.