Veranstaltungsprogramm
Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht | |
Ort: SR 2 = Raum 1111 Seminarraum 2 Raum 1111 im ersten Stock; 30 Personen |
Datum: Mittwoch, 17.09.2025 | |
15:30 - 17:30 | Pädagogische Beziehung als organisationale Beziehung. Reformschulen im biographischen Horizont ihrer Absolvent:innen Ort: SR 2 = Raum 1111 Chair der Sitzung: Sven Pauling, Universität Kassel Symposium |
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Die Beiträge des Symposiums analysieren pädagogische Beziehungsformationen im Feld von Reform- und Alternativschulen mit explizitem Reformanspruch auf der Grundlage qualitativer und quantitativer Daten und mit Bezug auf unterschiedliche Theoretisierungsoptionen. Die gemeinsame Stoßrichtung der Beiträge ist dabei eine Verschiebung der Frage nach der pädagogischen Beziehung, die in zweifacher Weise gewendet wird. Erstens wird diese Beziehung – statt sie von der pädagogischen Tätigkeit her zu formulieren – von der Seite der Schüler:innen ausgehend – konkret aus der Perspektive von Absolvent:innen – in den Blick genommen. Diese Perspektivierung ist bei der Betrachtung der pädagogischen Beziehung nicht unbedingt üblich: Zwar existieren Forschungen zu Schüler:innen. In diesen wird allerdings eher sichtbar, wer oder was Schüler:innen in der Schule sind. Die Frage, was Schule für Schüler:innen ist, gerät erst seit kurzem in den Forschungsfokus (vgl. Bennewitz et al. 2022, S. 16f). So sind etwa die theoretischen Entwürfe professioneller Beziehungsgestaltung begrifflich auf die Tätigkeit von Lehrpersonen ausgerichtet: Konzeptionalisiert werden hier die Struktur ihres pädagogischen Handelns (z.B. Helsper 1996), der Aufbau ihrer Kompetenzen (Baumert & Kunter 2006) oder Entwicklungsaufgaben, die sie zu bewältigen haben (Hericks 2006). Und auch in der Absolvent:innenforschung wird in einem zumeist evaluativen Gestus eher die Frage der Wirkung der Schule mit Hoffnungen auf eine Weiterentwicklung entworfen als hinsichtlich etwa der Frage, wie Schüler:innen ihre Schule verbürgen. Zweitens wird im Beitrag die pädagogische Beziehung nicht enggeführt auf ein personales Verhältnis zwischen Lehrpersonen und Schüler:innen und entsprechend als situierte Interaktion entworfen (Schweer 2017). Vielmehr wird die Frage ins Zentrum gerückt, wie es sich zwischen Schüler:innen und ihrer Schule als pädagogische Organisation ausgestaltet. Ausgangspunkt unserer Argumentation sind Befunde, nach denen Schüler:innen von Reformschulen nicht lediglich ihre konkreten Lehrpersonen als besondere signifikante Andere ansehen (Nittel 1992, S. 418f.). Sie beschreiben vielmehr ihre Schulen in Differenz zu anderen als besondere Sozialräume (Harring et al. 2022, 1358), in denen sich organisierte pädagogische Beziehungen von besonderer Qualität konstituieren und zugleich andere – oft positiv empfundene – pädagogische Generationsverhältnisse möglich sind, auf die Schüler:innen reagieren (müssen) (Randoll 2013; Randoll et al. 2017; Helsper 2017). Diese reformpädagogischen Organisationen fassen wir projektübergreifend mit dem Schulkulturansatz (Helsper et al. 2001, Böhme et al. 2015) als Sinnordnungen, die inhaltlich sowohl hinsichtlich des Imaginären an z.B. öffentliche schulkritische Diskurse anschließen (Wunsch & Monecke 2022) als auch pädagogische Formen kultivieren, die einen "reformpädagogischen Code" (Idel et al. 2021) räumlich, materiell, sozial und medial ins Werk setzen. Die einzelnen Projekte decken dabei ein Spektrum an unterschiedlichen Reformschulen ab: Betrachtet werden Absolvent:innen von Waldorfschulen, einer prominenten staatliche Versuchsschule, einem staatlichen Schulversuch und einer Freien Alternativschule. Zum einen werden empirisch konkrete Figuren der Beziehungsgestaltung vorgestellt, zum anderen werden theoretische Begrifflichkeiten erprobt, mit deren Hilfe der Bezug auf die jeweilige Organisation anvisiert werden kann. Das Symposium antwortet damit auch auf das Desiderat theoretischer Perspektiven zu Schüler:innen (Bennewitz et al. 2022, S. 15). Beitrag 1 bezieht sich dabei auf den Begriff der Emotionen, die einen an Waldorfschulen vorherrschenden imaginären Anspruch einer „Erziehung der Gefühle“ (Reichenbach 2017) markieren und in narrativen Interviews mit Absolvent:innen rekonstruiert werden können. In einem Wechselspiel der Emotionen entsteht, so die These des Beitrages, das, was als „Lernkultur der Nähe“ (Adam 2023) für die reformpädagogische Schule herausgearbeitet wird. Beitrag 2 untersucht mit dokumentarisch analysierten Gruppendiskussionen den schüler:innenseitigen Umgang mit einer symbolisch partizipativ ausgestalteten Lernprozessbegleitung an einer prominenten Versuchsschule. Die Ergebnisse zeigen in Triangulation mit Ergebnissen aus der Absolvent:innenforschung der Laborschule (Gold & Zentarra 2023), dass Beziehungsgestaltung sowohl einen bedeutsamen Bedingungsfaktor für das Wohlbefinden von Schüler:innen und die gelingende Gestaltung von langfristigen Lernprozessen darstellt als auch begrifflich organisierte pädagogische Beziehungen in den Blick nimmt. In den Analysen von Interviews mit Übergänger:innen und Absolvent:innen eines Schulversuchs werden in Beitrag 3 Theoretisierungsoptionen des neueren erziehungswissenschaftlichen Sorgediskurses (Dietrich 2020, 2024) und des Bourdieu‘schen Konzepts der „Komplizenschaft“ (Bourdieu 2000; Bühler-Niederberger 2011) genutzt, um die pädagogische Beziehung als eine Beziehung zur Organisation zu fassen. In generalisierten Sorgeverhältnissen formt sich die den Schulversuch verbürgende Komplizenschaft der Schüler:innen aus. Beitrag 4 greift auf Interviewdaten einer Absolvent:innenstudie an einer Freien Alternativschule zurück, die adressierungsanalytisch ausgewertet werden (Reh & Ricken 2012). Die organisierte pädagogische Beziehung wird hier einerseits mit dem Begriff der Partizipation als imaginärer Bezugspunkt der Freien Alternativschule begriffen (Lischewski 2018), auf den Schüler:innen mit zu rekonstruierenden Modi der Verantwortungsübernahme reagieren (Kuhlmann 2023) und der andererseits einen Anlass der Selbstkonstruktion in der biographische Erzählung darstellt (Kleiner 2015). Beiträge des Symposiums Erzählte Emotionen und Affizierungen in reformpädagogischen Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehungen Der Beitrag geht der Frage nach, wie der Sozialraum Waldorfschule und die darin situierte „Lernkultur der Nähe“ (Adam 2023) einen besonderen, emotionalisierten Beziehungsraum gestalten: In biographischen Erzählungen von Absolvent*innen von Waldorfschulen, die aus meiner fallrekonstruktiv vorgehenden (Rosenthal 1995) abgeschlossenen Dissertationsstudie stammen, schlagen sich intensive emotionale Aufladungen der pädagogischen Beziehungen nieder. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass Lehrer*innen durch ein hohes pädagogisches Ethos (Prengel 2020) entworfen werden, aber auch normative Erwartungen und Zuschreibungen sowie einen Anspruch auf Gesamtformung (Idel 2007) inklusive einer „Erziehung der Gefühle“ (Reichenbach 2017) an Schüler*innen herantragen (Ullrich 1015). Die für die waldorfpädagogische Schulkultur (Helsper 2012) spezifischen intimen Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehungen werden bislang als unterschiedlich ausgestaltete, aber grundsätzlich asymmetrisch, auf Autorität und personaler Nähe basierend (Grasshoff et al. 2006; Helsper 2017) und im Rahmen von schulischen Entgrenzungs- und voraussetzungsreichen Passungsverhältnissen gedeutet (Idel 2007). Im rückblickenden Sprechen der Absolvent*innen wird aber deutlich, dass diese intensiven Affizierungen durchaus wechselseitig konzipiert werden, auch Lehrer*innen werden als emotional verstrickt und in Anerkennungsbedürftigkeit (Rabenstein/Idel 2023) von Schüler*innen erzählt. Darüber zeigt sich, dass sich Schüler*innen in emotionalisierten Beziehungen zur Schule als Ganzes involvieren. Die These des Beitrags lautet, dass dieses Wechselspiel von Erwartungen, Anerkennungsansprüchen und die daraus folgenden Resonanzen zu einer Emotionalisierung des schulischen Raums beitragen, Emotionen folglich einen sozialen Charakter erhalten (Illouz 2024) und eine zentrale Grundlage der „Wir-Gemeinschaft“ an Waldorfschulen bilden. Ausgestaltung von Beziehungen im Kontext von Lernprozessbegleitung und Leistungsbeurteilung aus Schüler*innensicht Die Ausgestaltung der Begleitung und Beurteilung von Lernprozessen enthält stets auch die Gestaltung pädagogischer Beziehungen (Wilke et al. 2023), dies gilt insbesondere auch an der untersuchten prominenten Versuchsschule (Textor et al. 2020). In diesem Bezug ist insbesondere die Perspektive der Schüler*innen auf ihre Schule und den Unterricht von großer Relevanz (u.a. Biermann 2019). Entsprechend wird aktuell im Rahmen eines BMBF-geförderten Projekts mittels der dokumentarischen Analyse von Gruppendiskussionen mit Schüler*innen (Bohnsack 2017) die partizipative Ausgestaltung des schulkulturell verankerten Umgangs mit der Lernprozessbegleitung analysiert. Diese Ergebnisse sowie die Ergebnisse einer Absolvent*innenstudie der Schule (Gold & Zentarra 2023) zeigen, dass die Beziehungsgestaltung ein hochbedeutsamer Bedingungsfaktor für das Wohlbefinden und die gelingende Gestaltung von langfristigen Lernprozessen ist. Im Vortrag werden die Ergebnisse beider Studien trianguliert und der Einfluss der Beziehungsgestaltung auf die Wahrnehmung der Lernprozesse in der Schule wird dargestellt. Die Formen der Beziehungsgestaltung werden vor dem Hintergrund der Ausgestaltung pädagogischer Arbeitsbündnisse und deren antinomischen Spannungsfelder reflektiert (Helsper 2021). Sorge und Komplizenschaft. Zur Formation pädagogischer Beziehungen in einem Schulversuch Die leitende Fragestellung des Beitrags lautet, wie von Schüler:innen eines Schulversuchs im retrospektiven Sprechen über ihre Erfahrungen pädagogische Beziehungen konturiert werden. Die empirische Grundlage zur Beantwortung dieser Frage bilden Einzel- und Gruppeninterviews, die im Rahmen der zehnjährigen Begleitforschung eines Schulversuchs entstanden sind (Huf & Idel 2025). Die Schulen praktizieren eine reformpädagogische Schulkultur in jahrgangsgemischten Lerngruppen in der organisationalen Langform von Klasse 1-10 ohne äußeren Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe. Für den Beitrag werden Interviews (n=39) aus den Erhebungsjahren 2022 bis 2024 mit Übergänger:innen bzw. Absolvent:innen ausgewählt, d.h. Schüler:innen am Ende der zehnten Klasse und Ehemalige nach ihrem Wechsel in sich anschließende berufs- und allgemeinbildende Angebote der Sekundarstufe II. In ausgewählten Sequenzanalysen, die in Anlehnung an die konstruktivistische Grounded Theory Method (Charmaz 2014) erfolgten, zeigt sich die Kontur eines „Lehrer:innen-Kollektivs“ (Huf & Idel, 2024). Die Schüler:innen berichten von der gemeinsamen Erfahrung überindividueller, generalisierter Sorgeverhältnisse, in die sie eingebunden waren und die bestimmte Formen intensiver pädagogischer Beziehungsgestaltung und reziproker Verantwortungsübernahme in der Schule erwartbar werden lassen. Diese Sorgeverhältnisse können als Element der Organisiertheit des Pädagogischen bzw. des Pädagogischen der Organisation verstanden werden. Sie führen aus der Perspektive von Bourdieus Sozialtheorie zu Formen einer verbürgenden „Komplizenschaft“ (Bourdieu 2000; Bühler-Niederberger 2011) zwischen Schüler:innen und dem Schulversuch (Idel & Huf 2021). Der Vortrag gibt Einblick in das Datenmaterial und die gewonnenen Rekonstruktionen und diskutiert die Befunde schließlich in einem sorge- und schultheoretischen Kontext (Hartmann & Windheuser 2024; Dietrich 2020, 2024). Verantwortungsmodi im Anspruchshorizont von Partizipation Vielfach wird in der pädagogischen Diskussion als zentrales Moment für die Beziehungsgestaltung zur Schule die Möglichkeit zur Partizipation von Schüler:innen angesehen (Harring et al. 2022, S. 1371). Im Hinblick auf eine partizipative Beziehungsgestaltung wurde Schule allerdings in der Vergangenheit oft als defizitäres (prominent etwa Adorno 1971) und wird sie gegenwärtig als zumindest ambivalentes Projekt beschrieben (Abs & Moldenhauer 2021). Auf Grundlage dieser Diskussion beschäftigt sich der Beitrag mit der Frage, wie Schüler:innen im Modus von Verantwortungsübernahme auf den Anspruch partizipativer Beziehungsgestaltung zur Organisation reagieren. Forschungsfeld stellt eine Freie Alternativschule dar, weil an dieser Schulform zum einen der partizipative Anspruch verstärkt normativ erhoben wird und sie zum anderen über mehr formale und juristische Möglichkeiten zur Gestaltung pädagogischer Beziehungen verfügt als Regelschulen (Lischewski 2018). Auf der Datenbasis einer laufenden Interviewstudie mit Abgänger:innen einer Freien Alternativschule (n = 12) werden im Zuge rekonstruktiver Subjektivierungsanalysen (Reh & Ricken 2012), die die Relationalität der Schüler:innensubjekte im sozialen Werden akzentuieren, verschiedene Modi der Verantwortungsübernahme in Anlehnung an Kuhlmann (2023) herausgearbeitet. Mit diesen reagieren Schüler:innen einerseits auf der Eben eines erzählten Ichs auf den Partizipationsanspruch. Andererseits kann in den Interviews der Selbstkonstruktion des erzählenden Ichs als „unabgeschlossenen Prozessen der Subjektivierung nachgegangen werden“ (Kleiner 2015, S. 150f). |
Datum: Donnerstag, 18.09.2025 | |
10:15 - 12:15 | Praxeologisch-wissenssoziologische Perspektiven auf pädagogische Beziehungen in Schule und universitärer Lehrer:innenbildung: Orientierungen von Lehrpersonen, Hochschullehrenden und Lehramtsstudierenden Ort: SR 2 = Raum 1111 Chair der Sitzung: Jan-Hendrik Hinzke, Justus-Liebig-Universität Gießen Symposium |
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Ausgangspunkt des Symposiums ist der sich zunehmend etablierende praxeologisch-wissenssoziologische Professionsansatz (Bohnsack 2020), der entlang empirisch fundierter meta-theoretischer Kategorien wie der konstituierenden Rahmung professionalisierte Praxis in pädagogisch ausgerichteten Institutionen konzeptualisiert. Im Symposium wird die Herstellung und Aufrechterhaltung einer pädagogischen Beziehung, grundlegend verstanden als „das wechselseitige Aufeinander-Bezug-Nehmen von Erwachsenen und Heranwachsenden“ (Häcker et al. 2022, S. 15), als ein Aspekt professionalisierter Praxis in den Blick genommen. Auch wenn Beziehung immer zweiseitig und interaktiv zu denken ist (Richey 2021; Wettstein & Scherzinger 2021), wird die Perspektive der Professionellen als diejenigen, die maßgeblich für die Beziehungsgestaltung verantwortlich sind, fokussiert. Die für den praxeologisch-wissenssoziologischen Professionsansatz zentrale Kategorie der konstituierenden Rahmung fokussiert als zentrale Herausforderung professionalisierten Handelns die interaktive Bewältigung der Spannung zwischen Normen der Organisation einerseits und Orientierungen der Klientel andererseits (Bohnsack 2020; Bohnsack et al. 2022; Bohnsack 2023). Im Symposium wird dieser Grundgedanke aufgegriffen, indem die beiden Konzepte ‚konstituierende Rahmung‘ und ‚pädagogische Beziehung‘ miteinander in Beziehung gesetzt werden. Dabei lässt die Betonung der interaktiven und kommunikativen Dimension professionalisierten Handelns die Kategorie konstituierende Rahmung für eine tiefere Durchdringung der Spezifik der (organisational eingebetteten) Beziehung zwischen Professionellen und Klientel ertragreich erscheinen. So geraten bspw. verschiedene Umgangsweisen mit strukturellen Asymmetrien und ungleich verteilter Macht zwischen Professionellen und Klientel (Bressler 2023) als Ausdruck unterschiedlicher konstituierender Rahmungen in den Blick. Dem Symposium geht es im Sinne einer praxeologisch-wissenssoziologischen Analysehaltung nicht darum, die Logik der Theorie in die Praxis hinein zu projizieren, sondern die Logik der beruflichen Praxis selbst zum Ausgangspunkt der Metatheorie zu machen. Durch die dokumentarische Rekonstruktion empirischer Daten soll primär die Kategorie pädagogische Beziehung reflektiert und weiterentwickelt werden. Aus dieser gemeinsamen grundlagen- und gegenstandstheoretischen Perspektive heraus werden im Symposium Lehrpersonen, Dozierende in der Lehrer:innenbildung und Lehramtsstudierende mit ihren jeweiligen organisationalen Einbettungen ins Zentrum gerückt. Grundlegendes Ziel ist es, pädagogische Beziehungen aus praxeologisch-wissenssoziologischer Perspektive heraus sowohl theoretisch als auch empirisch näher zu erschließen und dabei die Lehrer:innenbildung(-sforschung) zum gedanklichen Bezugspunkt zu machen. Dabei geht es im Kern um folgende Fragen: Wie lassen sich pädagogische Beziehungen empirisch rekonstruieren und welche Ausformungen derartiger Beziehungen zeigen sich in Schulen und der universitären Lehrer:innenbildung? Inwiefern lassen sich die Konzepte der pädagogischen Beziehung und der konstituierenden Rahmung relationieren und welcher gegenstandstheoretische Erkenntnisgewinn zeigt sich dabei? Inwiefern zeigen sich empirisch Ausdrucksgestalten der konstituierenden Rahmung in pädagogischen Beziehungen? Zunächst werden drei Vorträge präsentiert, die auf unterschiedlichen Forschungsprojekten basieren und mit der Dokumentarischen Methode (Bohnsack 2021; Przyborski & Wohlrab-Sahr 2021) arbeiten. Der erste Vortrag fokussiert entlang von ersten empirischen Befunden aus Einzelinterviews die Beziehung von Gymnasiallehrpersonen zu besonders leistungsstarken Schüler:innen, wobei insbesondere die Wahrnehmung der Schüler:innen durch die Lehrpersonen als Aspekt pädagogischer Beziehungen herausgearbeitet wird. Mit Fokus auf Beziehungen an der Hochschule nimmt der zweite Vortrag entlang der Rekonstruktion von Gruppendiskussionen mit Dozierenden deren Orientierungen in Bezug auf Lehramtsstudierende in den Blick. Für die Analyse werden praxeologisch-wissenssoziologische und anerkennungstheoretische Kategorien genutzt, anhand derer die Spezifik der (pädagogischen) Beziehung zwischen Studierenden und Dozierenden sowie die damit einhergehenden professionalisierungsrelevanten Implikationen herausgearbeitet werden. Stärker theoretisch perspektiviert geht der dritte Vortrag der Frage nach, wie pädagogische Beziehung aus Sicht verschiedener professionstheoretischer Ansätze und insbesondere aus der sich neu etablierenden praxeologisch-wissenssoziologischen Sicht auf Professionalisierung beschrieben werden kann. Unter Berücksichtigung empirischer Befunde aus einer Gruppendiskussionsstudie mit Lehramtsstudierenden wird dabei v.a. die Kategorie der konstituierenden Rahmung hinsichtlich ihrer Anschlussfähigkeit an universitäre Lehrer:innenbildung betrachtet. In der abschließenden übergreifenden Diskussion werden zentrale Ergebnisse der Vorträge zueinander relationiert, methodische Chancen und Grenzen angesprochen und die Ergebnisse vor dem Hintergrund diskutiert, was diese zur näheren Kennzeichnung einer pädagogischen Beziehung beitragen sowie welche Konsequenzen sich daraus für weitere Forschung zu diesem Konzept und für die Gestaltung der Lehrer:innenbildung ergeben. Beiträge des Symposiums Gestaltungsmerkmale pädagogischer Beziehungen zwischen Gymnasiallehrpersonen und besonders leistungsstarken Schüler:innen Im Beitrag wird die pädagogische Beziehung zwischen zwei speziellen Personengruppen – Gymnasiallehrpersonen und besonders leistungsstarken Schüler:innen – fokussiert. Dabei werden Erwartungshaltungen und Einstellungen der Lehrperson beleuchtet, die wiederum zentralen gestalterischen Einfluss auf die Beziehung zu entsprechender Schüler:innengruppe haben (Fischer/Richey 2021). Ausgehend vom praxeologisch-wissenssoziologischen Professionsansatz und der Annahme, dass die entsprechende Beziehung eingebettet ist in Organisation und Institution, spielen außerdem normative Anforderungen eine Rolle, die von den Lehrpersonen bearbeitet werden (Bohnsack 2020; Bohnsack et al. 2024). Im Zentrum der Promotionsstudie „Besonders leistungsstarke Schüler:innen im Blick“ steht die Frage nach Orientierungen von Gymnasiallehrpersonen bzgl. der Wahrnehmung von und dem Umgang mit besonders leistungsstarken Schüler:innen. Leistungsstärke wird dabei nach Sturm (2024) als Facette von Heterogenität verstanden, was wiederum mit Normen der Bildungsgerechtigkeit und damit auch normativen Ansprüchen an die Gestaltung einer pädagogischen Beziehung zwischen Lehrperson und Schüler:innen einhergeht. Im Rahmen des Dissertationsprojekts wurden zwölf Einzelinterviews mit Gymnasiallehrpersonen an drei Schulen geführt und mithilfe der Dokumentarischen Methode nach Bohnsack (2021) ausgewertet. Im Vortrag werden erste empirische Befunde vorgestellt, wobei der Fokus auf der Wahrnehmung besonders leistungsstarker Schüler:innen durch Lehrpersonen und die dabei zum Vorschein tretenden Normen in Bezug auf die Gestaltung der pädagogischen Beziehung im Zentrum liegt. Mit Fokussierung auf die Beziehungsgestaltung vonseiten der Lehrpersonen soll der Vortrag eine neue Perspektive auf die Schnittstelle zwischen pädagogischen Beziehungen und Leistungsstärke eröffnen. „Pädagogische“ Beziehungen an der Hochschule? Anerkennungsformen Dozierender gegenüber Lehramtsstudierenden Während sich der Begriff der Anerkennung im Diskurs um die pädagogische Beziehung zwischen Lehrpersonen und Schüler:innen und seine macht- und adressierungsanalytischen Implikationen in den letzten beiden Jahrzehnten fest etabliert haben (z.B. Helsper et al. 2005, Kowalski 2016, Prengel 2019, Kuhlmann et al. 2023) stellen (anerkennungstheoretische) Perspektiven auf die Beziehung zwischen Hochschullehrenden und (Lehramts)studierenden ein Desiderat dar. Der Vortrag widmet sich dieser Leerstelle, indem er differierende Anerkennungsformen Dozierender gegenüber Lehramtsstudierenden als (einen) Befund der dokumentarischen Rekonstruktion (Bohnsack 2020, 2021, Przyborski 2004) von Orientierungsrahmen hochschulischer Lehrerbildner:innen vorstellt (ähnlich für den Kontext Schule, z.B. Hericks 2007). Empirische Grundlage des Beitrags sind sieben Gruppendiskussionen mit Lehrenden der Bildungswissenschaften und ausgewählter Fachdidaktiken, die im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitstudie des QLB-Projekts KALEI2 (Professionalisierung durch Heterogenitätssensibilierung) erhoben und mit einem professionstheoretischen Erkenntnisinteresse befragt wurden. Wenngleich sich durchaus kontrastreiche Verhandlungen expliziter und impliziter Wissensbeständen der Dozierenden in Bezug auf die Studierenden zeigen, so bestätigt das empirische Material in grosso modo den auch am Forschungsdiskurs ablesbaren Befund, dass Lehramtsstudierende vor der Folie idealer akademischer Praxis einen schwierigen Ruf genießen (z.B. König & Wolf 2023, Maleyka 2023, Wenzl et al. 2018). Mit der anerkennungstheoretischen Wendung dieses nun auch empirisch zeigbaren Befunds verfolgt der Beitrag das Erkenntnisinteresse, professionalisierungsrelevante Implikationen beruflicher Akteur:innen zur Diskussion zu stellen, die ihrer Klientel eine defizitäre Praxis zuschreiben. Pädagogische Beziehungen aus professionstheoretischer Perspektive: Relationierungen zum Konzept ‚konstituierende Rahmung‘ Der strukturtheoretische und der kompetenztheoretische Professionsansatz bieten unterschiedliche Antworten auf die Frage, zu welchem Zweck und wie Lehrpersonen pädagogische Beziehungen zu Schüler:innen aufbauen und gestalten sollten. Geht es aus strukturtheoretischer Perspektive im pädagogischen Arbeitsbündnis zentral um die stellvertretende Krisenlösung unter Ausbalancierung von diffusen und spezifischen Sozialbeziehungen (Helsper 2021), gilt aus kompetenztheoretischer Sicht die Gestaltung einer lern- und leistungsförderlichen Arbeitsbeziehung als Merkmal von Unterrichtsqualität (Fischer & Richey 2021). Der neu hinzugekommene praxeologisch-wissenssoziologische Professionsansatz bietet mit der Etablierung einer konstituierenden Rahmung einen weiteren Impuls, bei dem die Beziehung zwischen Lehrpersonen und Schüler:innen konsequent von ihrer Einbettung in die Institution und Organisation Schule her gedacht wird (Bohnsack 2020; Bohnsack et al. 2024). Nach einer professionstheoretischen Betrachtung des Konzepts ‚pädagogische Beziehung‘ und einer Relationierung dieses Konzepts zur ‚konstituierenden Rahmung‘ werden Daten aus dem Projekt ‚Reflexions- und Analysefähigkeit zu Studienbeginn‘ (RASt) eingebracht, in dem unter Verwendung zweier Stimuli – Videovignetten zur beruflichen Praxis und Interpretationen zu diesen Videos – Gruppendiskussionen mit Studienanfänger:innen u.a. des Lehramts geführt wurden (Hinzke & Wittek 2024). Auf Basis einer Datenauswertung mit der Dokumentarischen Methode (Bohnsack 2021; Przyborski & Wohlrab-Sahr 2021) wird im Vortrag aufgezeigt, inwiefern sich bei Studienanfänger:innen des Lehramts bereits Reflexionen auf eine konstituierende Rahmung zeigen und in welchen Wissensbeständen diese wurzeln. Diskutiert wird, wie universitäre Lehrer:innenbildung bei derartigen Reflexionen ansetzen könnte, damit sie zum Ausgangspunkt für eine sich im weiteren Studium vollziehende Professionalisierung in der Gestaltung pädagogischer Beziehungen werden können. |
13:15 - 15:15 | EB-01: Pädagogische Beziehungen: die Sicht von Schüler:innen Ort: SR 2 = Raum 1111 Chair der Sitzung: Hedda Bennewitz, Uni Kassel |
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„Da is Frau Müller, unsere Mutter. Rette mich!“ – Schüler*innen-Perspektiven auf pädagogische Beziehungen aus ethnografischer Sicht Universität Kassel, Deutschland Pädagogische Beziehungen werden als zielgerichtete, generational geordnete und asymmetrische Arbeitsbeziehungen gefasst, die vorrangig aus der Perspektive von Lehrpersonen beschrieben und beforscht werden (Honig 1996, Fischer & Richey 2021, Heinzel 2022). Jüngst haben Kuhlmann & Ricken (2022) kritisiert, dass in der Schul- und Unterrichtsforschung die Wahrnehmung sozialer Realität von den Handlungen und Belangen der Erwachsenen und des pädagogischen Personals überlagert werde und Schüler*innen lediglich als subjektiviert, adressiert und positioniert wahrgenommen werden. Ihre Belange, Perspektiven und Praktiken bleiben oft marginal (Bennewitz 2023), dabei sind Schüler*innen aus praxistheoretischer Perspektive zentral an der Herstellung von Schule und Unterricht beteiligt (Breidenstein 2006). Die Grundlage unseres empirisch ausgerichteten Beitrags bilden Beobachtungen aus einer Abschlussklasse eines Hauptschulzweigs einer integrierten Gesamtschule, die im ethnografischen DFG-Projekt „Der Schüler*innenjob im Homeworkcycle“ entstanden sind. In unserem Beitrag folgen wir der Perspektive der Schüler*innen und gehen der Frage nach, wie sich Schüler*innen an der Hervorbringung pädagogischer Beziehungen beteiligen, anhand welcher Praktiken sie Beziehungen zu Lehrer*innen aufbauen, herstellen und gestalten. Durch diese Fokussierung wird die Eigenlogik des Handelns der Schüler*innen, ebenso wie ihre Verwobenheit mit den Aktivitäten von anderen Peers und Lehrpersonen sichtbar. In einer praxistheoretischen Perspektivierung (Rabenstein & Wagener-Böck 2022, Schatzki 2016) zeigt sich insbesondere, wie Nähe-, aber auch Distanz- und Ablehnungsverhältnisse hervorgebracht werden. „Und meine Lehrerin hat dann auch noch so gesagt . du kannst Trauer zeigen“ - Pädagogische Beziehungen unter den Bedingungen nicht-privilegierter, marginalisierter Schulkontexte Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU Halle), Deutschland Der Beitrag untersucht die Fragen, wie sich pädagogische Beziehungen zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen in einem nicht-privilegierten, marginalisierten Schulkontext einer Förderschule gestalten und wie die Beziehungen von den Schüler:innen erfahren werden? Dabei interessiert auch, in welcher Rolle die Lehrpersonen und Schüler:innen konzipiert und mit welchen normativen Erwartungen adressiert werden? Diese Fragen werden auf der empirischen Grundlage biographisch-narrativer Interviews mit Schüler:innen mit einem zugeschriebenen sonderpädagogischen Förderschwerpunkt Lernen bearbeitet. Die Schüler:innen besuchten bis zur 8./9. Klasse eine Förderschule und sind zum Interviewzeitpunkt an eine Regelschule in Sachsen-Anhalt gewechselt. Die prozessanalytisch rekonstruierten (Schütze 2016), biographischen Erzählungen deuten auf eine durch emotionale Anerkennung gekennzeichnete, diffuse Beziehung zwischen den Lehrpersonen und Schüler:innen, die die Grundlage für die Auseinandersetzung mit schulischen Bildungsinhalten und Lernprozessen bildet. Die Ergebnisse schließen an das von Helsper (2019) beschriebene Arbeitsbündnis als personen- und näheorientierte Beziehung an im Kontrast zur stark sachorientierten Beziehung in gymnasialen Kontexten und weisen Gemeinsamkeiten mit den von Wigger (2009) skizzierten Arbeitsbündnissen in sozialpädagogischen Zwangsrahmungen auf. Mit dem Fokus auf Förderschulen und Schüler:innen, die im Zuge ihrer zugeschriebenen „Lernschwäche“ (zumindest) schuladministrativ als behindert adressiert werden, werden ein Bildungsort und eine Schüler:innengruppe untersucht, zu den sich in der Schul- und Schüler:innen- sowie Lehrer:innenbildungsforschung bislang ein Desiderat formulieren lässt (Schneider/Helsper 2022; Sturm 2022). Die Ergebnisse werden abschließend auf ihre Relevanz in Hinblick auf die Gestaltung pädagogischer Beziehungen in inklusiven Schulsettings diskutiert und welche professionalisierungsrelevanten Implikationen sich daraus ableiten lassen. Beziehungsqualität aus Lehrpersonen- und Schüler:innen-Sicht 1Pädagogische Hochschule Zürich, Schweiz; 2Pädagogische Hochschule Freiburg, Schweiz Die Beziehungsqualität zwischen Lehrpersonen (LP) und ihren Schülerinnen und Schülern (SuS) hat großen Einfluss auf ihre Entwicklung. Durch Beziehung kann die LP nicht nur auf die Entwicklung einzelner SuS, sondern auch auf das Klassenklima einwirken (Endedijk et al., 2022). Für SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SFB) ist die Beziehung zu den LP besonders wichtig (Sankalaite et al., 2021). In diesem Beitrag werden die Resultate aus qualitativen Interviews mit 93 LP der Schweizer Sekundarstufe I und 54 ihren SuS mit SFB vorgestellt, die ihre Sicht auf diese pädagogische Beziehung darlegen. Um die qualitativen Ergebnisse zu ergänzen, wurden diese mit quantitativen SuS-Daten trianguliert. Dabei wurden 807 SuS zur Beziehung zu ihrer LP mit dem Instrument der „Skala Beziehungsqualität“ (Pastore et al., 2024) befragt. Aus den Aussagen der SuS wurden drei Beziehungstypen (positiv, ambivalent und negativ) herausgearbeitet, die entsprechend die Qualität des schulischen Alltags dieser SuS bezüglich Leistung, Wohlbefinden und Klassenklima prägen. Bei der Gegenüberstellung mit der LP-Perspektiven fällt auf, dass die positiv-eingeschätzten LP (SuS-Fragebogendaten „Beziehungsqualität“, aggregiert auf Klassenebene, oberstes Quartil) sich um ein ruhiges und fokussiertes Klassenklima und um eine nicht-sanktionierende Fehlerkultur bemühen. Integration wird von diesen LP als positiv für das Klassenklima eingeschätzt, Ausgrenzungsprozesse als klimaverschlechternd. SuS mit SFB gehören für sie selbstverständlich dazu. Im Vergleich dazu sagen LP, deren SuS die Qualität der Beziehung als durchschnittlich bis tief einschätzten (unterstes Quartil), zwar auch, dass das Klassenklima für das Wohlbefinden und das Lernen wichtig sei, betrachten dieses aber als «Glückssache». Der Ausschluss von „störenden“ Jugendlichen wurde als notwendige Maßnahme genannt. Bei sehr großer curricularer Distanz wurde die Arbeit mit SuS mit SFB als schwierig bis unmöglich eingeschätzt. Beitrag wurde zurückgezogen! Interaktionen in pädagogischen Beziehungen: die Perspektiven von Viertklässler*innen 1Universität Münster, Deutschland; 2Universität Bielefeld, Deutschland Theoretischer Hintergrund Pädagogische Beziehungen sind u.a. entscheidend für Lernerfolg, Lernmotivation, Sozialverhalten, emotionales Wohlbefinden und Peer-Beziehungen (Endedijk et al., 2022; Hamre et al., 2013; Schübel & Winkelhofer, 2021). Die Lehrkraft-Schüler*innen-Beziehung ergeben sich aus regelmäßig stattfindenden Interaktionen von Lehrenden und Lernenden, die durch individuelle Merkmale der beteiligten Akteure und Umweltfaktoren bedingt werden (Leideig et al., 2021; Pianta, 1999; Spilles et al., 2024). Es lassen sich anerkennende (z.B. loben, Trost) und verletzende Interaktionsformen (z.B. schimpfen, ignorieren) finden (Winkelhofer & Prengel, 2018). Bisherige Befunde zeigen, dass nicht alle Schüler*innen dieselben Lehrkraftinteraktionen erleben (z.B. Huber, 2021; McGrath & Van Bergen, 2014; Schwab et al., 2022). Es fehlen empirische Befunde zur Perspektive der Schüler*innen auf die Interaktionsformen. Dieses Desiderat greift der vorliegende Beitrag auf. Fragestellung
Methode Die Perspektive der Schüler*innen auf die Interaktionsformen wurde anhand von Einzelinterviews untersucht. Befragt wurden N=21 Viertklässler*innen. Die Interviews wurden mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet (Kuckartz & Rädiker, 2024). Ergebnisse Erste inhaltliche Analysen zeigen, dass sich die Schüler*innen in ihren Definitionen ähneln, die Wahrnehmungen der Interaktionen sich jedoch unterscheiden. Im Vortrag werden die Ergebnisse vorgestellt und Implikationen für die schulische Praxis und Anschlussforschung diskutiert. |
15:45 - 17:45 | EB-06: Pädagogische Beziehungen: Herausforderungen für die Professionalität Ort: SR 2 = Raum 1111 Chair der Sitzung: André Epp, PH Karlsruhe |
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Beitrag wurde zurückgezogen! Pädagogische Beziehungen im Vertretungsunterricht. Professionstheoretische Überlegungen und empirische Befunde Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland Vertretungsunterricht, also Unterricht, in dem sich Schulklasse und Lehrperson nicht oder nur wenig kennen, ist bislang kaum erforscht. Zwar geraten (studentische) Vertretungslehrkräfte zunehmend in den Blick der Forschung (Winter et al. 2023), doch die Erforschung der Interaktionspraxis von Vertretungsunterricht stellt empirisch wie theoretisch ein Desiderat dar, weil sich bisher nur vereinzelt damit befasst wird (Breidenstein 2006: 123–137; Breidenstein & Jergus 2005; Lischka-Schmidt 2024). Vertretungsunterricht ist jedoch ein erkenntnisbringender ‚(Ausnahme-)Fall‘ von Unterricht, weil er „die Bedingungen der ‚Normalität‘ von Unterricht in deutlicherer Weise hervortreten“ (Breidenstein & Jergus 2005: 182) lässt. So kann am Beispiel des Vertretungsunterrichts untersucht werden, wie elementar konkrete Personen und nicht nur Rollen für die Konstitution von Unterricht bzw. professionellen Lehrer:innenhandelns sind, inwiefern also eine zeitliche und soziale Kontinuität eine Konstitutionsbedingung professionellen Unterrichts darstellt. Der Vortrag untersucht daher die Frage, wie im Vertretungsunterricht pädagogische Beziehungen hergestellt werden und was sich dadurch über die Bedingungen pädagogischer Professionalität aussagen lässt. Im ersten Teil des Vortrags werden strukturtheoretische (Helsper 2023) und praxeologisch-wissenssoziologische Konzeptualisierungen (Bohnsack 2024) pädagogischer Beziehungen als Element pädagogischer Professionalität diskutiert. Dies führt zu Frage, wie im Vertretungsunterricht Arbeitsbündnisse (z.B. Helsper et al. 2007) und konstituierende Rahmungen (z.B. Tesch & Grein 2024) hergestellt werden. Im zweiten Teil des Vortrags werden diese Fragen an empirischen Beispielen untersucht (studentische Beobachtungsprotokolle, in Fallportalen dokumentierte Vertretungsstunden, eigene ethnographische Beobachtungen), die zurzeit im Rahmen einer explorativen Vorstudie in Anlehnung an die Grounded Theory (Corbin & Strauss 2015) ausgewertet werden. Desintegrative Inklusion. Empirische Erkundungen und strukturtheoretische Adjustierungen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland Mit seinem Theorem der pädagogischen Permissivität und Entgrenzung hat Wernet (2003) nicht nur eine Kritik am strukturtheoretischen Ansatz pädagogischer Professionalität (Oevermann 1996, Helsper 2021) formuliert, sondern implizit auch an emphatischen Konzepten eines pädagogischen Bezugs (z.B. Nohl 1929, Prengel 2020). Bender und Dietrich (2019: 47) haben daran anknüpfend angesichts „systematisch integritätsverletzende[r] Entgrenzungsdynamiken“ im inklusiven Unterricht der sich im „Spannungsfeld von Meritokratie und Inklusion [als] Normkonflikt“ (Hummrich/Meseth 2022) vollzieht, nach den Aktualisierungsnotwendigkeiten der Theoretisierung schulischer Inklusion gefragt. Wir greifen dies auf, indem wir anhand der Rekonstruktion einer exemplarischen Unterrichtssequenz und entlang der Prämisse einer konstitutiven Gleichzeitigkeit sozialer In- und Exklusionsprozesse der Paradoxie nachspüren, wieso gerade der mit gesteigerten normativen Ansprüchen belegte Vollzug ‚inklusiven‘ Unterrichts, empirisch in verschärfter Weise entgrenzte Beziehungsfigurationen hervorbringt. Die Szene dokumentiert – analog zur Befundlage (z.B. Cafantaris/Meseth 2023, Herzmann/Merl 2017) – zwar die Intention (inter)aktiven Einbezugs einer als zu inkludierend geltenden Schülerin in das unterrichtliche Geschehen. Der beziehungslogische Preis hierfür ist allerdings eine Umdeutung der Rollenförmigkeit: ‚Inklusion‘ begegnet uns hier nicht etwa in einer besonderen und besondernden Adressierung der Schülerin als Schülerin, sondern vielmehr in einer dezidiert desintegrativen Gestalt pädagogischer Entgrenzung, in der die Schülerin als Assistentin der Lehrperson inszeniert wird. Hiervon ausgehend wollen wir nach rollen- und differenzierungstheoretischen Implikationen fragen. Die asymmetrische Struktur der Lehrer:innen-Schüler:innen-Beziehung. Heuristische Überlegungen zu ihrer Mehrdimensionalität und empirische Befunde zu ihrer habituellen Ausgestaltung Universität Duisburg-Essen, Deutschland Ein Merkmal der Lehrer:innen-Schüler:innen-Beziehung ist ihre vielgestaltige Asymmetrie hinsichtlich Wissen, Können, Erfahrung, Abhängigkeit, Befugnisse etc. Diese asymmetrische Beziehungsstruktur gilt als ein zentraler Aspekt der „grammar of schooling“ (Vanderstraeten & Biesta, 2006) und als konstitutiv für die pädagogische Beziehung in der unterrichtlichen Interaktion (z.B. Asbrand & Martens, 2018; Helsper & Reh, 2012; Herzog, 2002). Gleichzeitig wird jedoch auch dafür argumentiert, dass zur Unterstützung von Lern- und Bildungsprozessen die pädagogische Beziehung immer wieder ‚kommunikativ symmetrisiert‘ werden müsse (z.B. Helsper, 2016; Misamer & Thies, 2014). Dies verweist auf die zentrale, aber auch ambivalente Bedeutung, die der Asymmetrie der pädagogischen Beziehung für die Handlungspraxis von Lehrkräften zugewiesen wird. Die asymmetrische Beziehungsstruktur lässt sich in verschiedene Facetten ausdifferenzieren. Anders als beim verwandten, aber zu unterscheidenden Begriff pädagogischer Autorität (Schäfer & Thompson, 2009) liegen bisher jedoch kaum theoretische Konzeptualisierungen dieses komplexen Merkmals pädagogischer Beziehungen vor. Hier setzt der Vortrag an und schlägt in einem ersten Schritt ausgehend von struktur- und systemtheoretischen Überlegungen zu pädagogischer Professionalität und Kommunikation eine heuristische Konzeption vor, die die Mehrdimensionalität der Asymmetrie systematisch auffächert. Ausgehend von dieser Heuristik präsentiert der Vortrag Befunde einer rekonstruktiven Studie zum Umgang von Lehrkräften mit der asymmetrischen Beziehungsstruktur. Anhand dokumentarisch ausgewerteter Gruppendiskussionen mit Lehrkräften wurde eine Typologie habitualisierter Asymmetriegestaltung rekonstruiert. Der Vortrag zeigt exemplarisch die Bedeutung habitueller Orientierungen bezüglich Asymmetriegestaltung für eine auf Lernen ausgerichtete pädagogische Beziehung bzw. die Entwicklung und Aufrechterhaltung eines pädagogischen Arbeitsbündnisses. Pädagogische Beziehung in der Kontroverse – eine qualitativ empirische Exploration TU Dortmund, Deutschland Konflikt ist konstitutiv für die pädagogische Beziehung in einem (inter-)generationalen und antinomischen Verhältnis (Helsper 2021). Die zentrale pädagogische Frage ist, wie Beziehung im Konflikt gelingen kann (Jergus & Bünger 2024). In einer superdiversen Gesellschaft (Vertovec 2024) mit einer Pluralität an Religionen, Lebensformen und intersektionalen Positionierungen treten Kontroversen u.a. zu Race, Gender und Islam in Schulen geplant oder ungeplant auf (Cassar et al. 2023) und fordern pädagogische Beziehungen heraus (Drerup et al. 2021). In dem Vortrag wird auf der Grundlage einer qualitativ rekonstruktiven Studie „Der Islam“ in der Kontroverse, die durch das MKW NRW und Core NRW gefördert wird, der Frage nachgegangen, welche Relationen sich zwischen pädagogischen Beziehungen und Kontroversen rekonstruieren lassen (Zulaica & Wigger 2024). In dieser Studie wurden anhand zweier Gruppendiskussionsformaten (statusgruppenheterogen und -homogen) die Performanz von Kontroversen des Islamdiskurses im schulischen Kontext erhoben. Auf der Basis einer konflikt- und affektsoziologischen Ergänzung (Mau et al. 2023; Diefenbach 2022) der dokumentarischen Methode (Bohnsack 2014) werden in der Auswertung Kontroversen als Diskurseffekte beschreibbar, die aufgrund affektiv-diskursiver Register der Teilnehmenden hervorgebracht werden und in Bezug auf Beziehungsmomente analysierbar sind. Entlang des Materials sollen drei Relationen im Vortrag exploriert werden: (1) Pädagogische Beziehungen als Hindernis für Kontroversen; (2) Kontroversen als Gefährdung von pädagogischer Beziehung und (3) pädagogische Beziehung als Bedingung für Kontroversen. Mit dieser Exploration sollen Einsichten in die Konstitution von pädagogischen Beziehungen, der Gestaltung von (Generations-)Beziehungen in Kontroversen sowie der Wahrnehmung der schulischen Akteur:innen dieser Beziehungen gewonnen werden. |
Datum: Freitag, 19.09.2025 | |
10:10 - 12:10 | EB-03: Pädagogische Beziehungen zwischen Erwachsenen? Ort: SR 2 = Raum 1111 Chair der Sitzung: Anna Grabosch, Universität Kassel |
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Können Hochschullehrende Vorbilder pädagogischer Beziehungsgestaltung sein? Von ungenutzten Potentialen und Grenzen der Vergleichbarkeit zweier Beziehungskonstellationen. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland Der Einzelbeitrag verfolgt das Erkenntnisinteresse, die Analogien der (pädagogischen) Beziehungen zwischen Schüler:innen und Lehrpersonen sowie Studierenden und Dozierenden theoretisch-konzeptionell zu fundieren. Auf Basis eines Literaturreviews werden einschlägige Befunde der Forschung zur LSB (z.B. Oevermann 1996, Helsper & Hummrich 2014, Bressler 2023) sowie der Hochschul- und Erwachsenenbildungsforschung (z.B. Dinkelaker 2018, 2021, Wenzl 2018, König 2024, Cursio 2024) gebündelt sowie zentrale Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Beziehungskonstellationen herausgearbeitet. Als wesentlich kann u.a. die Differenz in Bezug auf Autonomie und Freiwilligkeit der Klientel und deren Bedeutungsimplikationen diskutiert werden. Aufbauend auf dieser Analyse zielt der Beitrag zum zweiten auf eine kritische Auseinandersetzung mit der im Call angeregten Frage, welchen Stellenwert die pädagogische Beziehung in der universitären Lehrer:innenbildung einnimmt. Anstatt Hochschullehre dabei (einseitig) als Ort zu begreifen, der pädagogische Beziehungsgestaltung als inhaltlichen Gegenstand thematisieren kann, wird vor dem Hintergrund des praxeologisch-wissenssoziologischen Professionsansatzes Lehrpraxis als Sozialisationsraum argumentiert (Bohnsack 2020, 2024), dessen Implikationen und Potentiale für Lehrer:innenbildung bisweilen völlig unausgeleuchtet sind. Die vergleichende Analyse empirischer Befunde der dokumentarischen Forschung zur Professionalisierung von Lehrpersonen bestätigt immer wieder die These einer Primordialität impliziter (sozialisatorisch erworbener) gegenüber expliziten Wissensbeständen (z.B. im Studium erworbenen schulpädagogischen Wissens) für das Handeln von Lehrpersonen (Bonnet et al. 2025, Wittek et al. 2025). Die Hypothese, als Konsequenz nicht nur dem was, sondern vor allem dem wie der Lehrer:innenbildung eine besondere Aufmerksamkeit einzuräumen, soll am Exempel der Vorbildfunktion Hochschullehrender für das Erlernen pädagogischer Beziehungsgestaltung diskutiert werden. „So, und jetzt überlegen wir mal“ – Interaktionspraktiken in Unterrichtsnachbesprechungen des Referendariats als pädagogische Beziehung? TU Dortmund, Deutschland Wird das Verhältnis zwischen Lehramtsanwärter*innen (LAAs) und Seminarausbildenden (SABs) in der zweiten Phase der Lehrer*innenbildung in den Blick genommen, ergibt sich ein differentes Bild. Den SABs komme zum einen eine große Bedeutung für die fachliche und persönliche Entwicklung der LAAs zu (Wolf et al. 2021) und dies könne insbesondere als unterstützend (Kärner et al. 2022) erfahren werden. Deren wechselseitige Bezugnahme lasse sich aber zum anderen auch als Ausdruck einer asymmetrischen, hierarchischen sowie von Unterwerfungspraktiken strukturierten Beziehung verstehen (Wernet 2006; 2009). Die wenigen empirischen Studien, die sich etwa mit der Praxis der obligatorischen Nachbesprechungen im Referendariat befassen (Bührig-Hollmann 2022; Küper 2022; Pereira Kastens et al. 2020), weisen vornehmlich auf einen Zwiespalt zwischen Beratung und Bewertung hin (Wernet 2009; Dzengel 2016; Lenhard 2004). Der Vortrag fokussiert angesichts eines laufenden rekonstruktiven Projekts die Nachbesprechungen mit empirischem Interesse (Geier et al. 2025 i. Dr.) und fragt in diesem Zusammenhang nach der spezifischen Qualität, welche die wechselseitige Bezugnahme zwischen LAAs und SABs annehmen kann: Mit welchen Konzepten lässt sie sich angemessen beschreiben? Handelt es sich bei den Nachbesprechungen um eine Form pädagogischer Beziehung (Kärner et al. 2022) und wenn ja, in welcher Weise? Erste Ergebnisse aus den Projektinterviews weisen darauf hin, dass schon allein der Begriff „Beziehung“ unter den SABs keineswegs selbstverständlich ist und stattdessen von „Begleitung“, „Austausch“ oder „Ausbildungszusammenhang“ gesprochen wird. Gleichzeitig tritt in den Rekonstruktionen der Charakter der Gespräche als Lern- und Prüfungssituation in den Vordergrund, in der sowohl rollenspezifische Asymmetrien als auch machtvolle Hierarchien zwischen den Akteur*innen deutlich werden. Der Beitrag beleuchtet diese ausgewählten sowie weitere Befunde aus dem Projekt und diskutiert sie im Kontext der aufgeworfenen Fragen. Wenn Lehrer*innen und Eltern Beziehungen gestalten – Modi (pädagogischer) Beziehungen am Elternsprechtag Universität Kassel, Deutschland Definitionen des Begriffs pädagogische Beziehung zielen in erster Linie auf generational geordnete Beziehungen zwischen Lernenden und Lehrenden (Prengel 2013; Fi-scher/Richey 2021). Innerhalb dieses dyadischen Arbeitsbündnisses, in dem Wissens-vorsprünge herrschen und damit eine asymmetrische pädagogische Figur (Helsper 2016) angelegt ist, finden die Beziehungen zwischen Eltern und Lehrer*innen keinen Platz: Rein formal fällt die Beziehung zwischen Lehrpersonal und Eltern nicht unter die Kategorie der pädagogischen Beziehung, obwohl beide Erziehungsinstanzen jeweils auf das gleiche Ziel – die Erziehung des Kindes/der Schüler*in – verweisen. Der Eltern-sprechtag ist eines der wenigen Formate schulisch-familiärer Interaktion, an denen El-tern und Lehrer*innen aufeinandertreffen. Zwar sind Elternsprechtagsgespräche bereits beforscht (Wegner 2015; Bennewitz/Wegner 2017; Führer 2020; Röhrs 2023), eine eth-nografische Perspektive auf die Verschränkungen familiärer und schulischer Beziehun-gen und Praktiken ist jedoch noch ausstehend und damit Anliegen des Vortrags. Der empirisch ausgerichtete Beitrag nimmt die Interaktionen von Eltern, Schüler*innen und Lehrer*innen in Elternsprechtagsgesprächen praxistheoretisch (Reckwitz 2003, Schatzki 2016) in den Blick. Anhand ethnografischer Daten werden die an den Eltern-sprechtagen hervorgebrachten Arbeitsbündnisse und Modi der (pädagogischen) Bezie-hungen zwischen Schüler*innen und Erwachsenen fokussiert. Ziel ist es aus einer sozi-omateriellen Perspektive zu zeigen, wie die Akteur*innen ihre Ansprüche an das Ge-genüber einbringen und ihre (pädagogischen) Beziehungen zwischen Schule und Fami-lie miteinander verweben. Zur Ausgestaltung der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft – Eine pädagogische Beziehung zwischen Lehrkräften und Eltern? Universität Kassel, Deutschland Im Forschungsdiskurs ist bekannt, dass eine gelingende Zusammenarbeit von Schule und Eltern, insbesondere mit Blick auf die schulischen Leistungen von Schüler:innen, relevant ist (z. B. Frank & Sliwka 2016). Vergleichsweise wenig Wissen liegt hingegen über Bedürfnisse hinsichtlich der Ausgestaltung der und Ansprüche an eine gelingende Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Schule und Eltern, vor allem aus Elternperspektive, vor (Killus & Paseka 2021). Bisherige Befunde zeigen z. B., dass Eltern die Entwicklung von Vertrauen in die Schule wichtig ist (Peters 2016) und dass sie in der Beziehung zur Schule |
13:00 - 15:00 | EB-02: Pädagogische Beziehungen: Die Sicht von (angehenden) Lehrer:innen Ort: SR 2 = Raum 1111 Chair der Sitzung: Janina Bernshausen, Universität Hildesheim |
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Pädagogische Beziehungen und Biographie – Empirische Analysen zu reflexiven Prozessen (angehender) Lehrkräfte in Studium und Berufseinstieg 1Universität Hildesheim; 2Pädagogische Hochschule Karlsruhe Aus Warte des biographischen Professionsansatzes (vgl. Fabel-Lamla 2018) richten wir unseren Blick in der Deutung pädagogischen Beziehungshandelns von (angehenden) Lehrkräften auf deren „biografische Erfahrungen, Bindungen und Sinnzusammenhänge“ (Fabel-Lamla 2006: 60f.) in Familie, Herkunftsmilieu und bisheriger Berufs-/Biographie. Ausgehend von biographisch-narrativen Interviews (vgl. Schütze 1983) aus zwei Studien legen wir hierbei einen besonderen Schwerpunkt auf die Frage, welche Bedeutung der Reflexion des eigenen biographischen Gewordenseins – im Sinne biographischer Arbeit – mit Blick auf das pädagogische Beziehungshandeln zukommt. Mit den Daten der ersten Studie nehmen wir in den Blick, wie Studierende zukünftige pädagogische Beziehungen zu Schüler:innen antizipieren. Im Fokus der zweiten Studie stehen hingegen Berufseinsteigende mit ihren Erfahrungen zu pädagogischen Beziehungen in der eigenen Biographie und als Lehrkräfte. Die Bedeutung pädagogischer Beziehungen und Ethos in der Lehrer:innenbildung: Erste Erkenntnisse aus dem PEtaL-Projekt Universität Innsbruck, Österreich An Universitäten wird das Thema Beziehung meist interdisziplinär und selten in einem Fach behandelt (Müller-Christ et al., 2018). In der Lehrer:innenbildung ist dies aber auch fachspezifisch relevant. Dies zeigt sich in Curricula der österreichischen Lehrer:innenbildung, indem der Begriff (pädagogische) Beziehung explizit beschrieben wird (z. B. vertrauensvoll) sowie durch die Formulierung von Themen wie Interaktionsprozesse und Konflikte darin (Schauer, 2024, 2023). Jedoch gilt es auch einen Blick auf die Umsetzung der Thematik pädagogische Beziehungen in der Lehrer:innenbildung zu werfen. Dies soll mit dem TNF-geförderten Projekt „PEtaL - Pädagogisches Ethos angehender Lehrpersonen“ (2024–2025) versucht werden. Hierbei werden Dimensionen und Veränderungen pädagogischen Ethos, normativer Ansprüche und Beziehungsgestaltung in einem eigens konzipierten Seminar mit einem speziellen didaktischen Vorgehen (ELBE-Manual, Erläuterungen bei Rödel et al., 2022) in der Lehramtsausbildung thematisiert und beforscht. Zu Beginn und am Ende des Seminars werden von Lehramtsstudierenden Reflexionsberichte (n= 102) zu Perspektiven des pädagogischen Ethos und Beziehungsgestaltung geschrieben und mittels qualitativem Textanalyseverfahren nach Gabek® (Zelger, 2000) analysiert, um der Frage nachzugehen: Welche Sichtweisen zeigen sich nach der Anwendung des ELBE-Manuals bei Studierenden zu pädagogischem Ethos und pädagogischer Beziehung? Erste Ergebnisse verweisen darauf, dass Beziehung nach Thematisierung pädagogischen Ethos an Bedeutung gewonnen hat. Diese beeinflusst laut Studierenden die Motivation und das Wohlbefinden der Schüler:innen. Dafür sind Fairness oder Vertrauen sowie pädagogisches Ethos und professionelles Handeln wichtig. Diese und weitere Ergebnisse sowie das methodische Vorgehen gilt es nach der Klärung der Konzepte von päd. Beziehung und päd. Ethos ebenso zu diskutieren wie die Überlegung, ob sich päd. Beziehungen und päd. Ethos in der Lehrer:innenbildung üben lassen. Orientierungen von Lehramtsstudierenden zu pädagogischen Beziehungen 1Hochschule Fulda, Deutschland; 2Universität Kassel Aus der Forschung zur Berufswahlmotivation (zum Überblick vgl. Rothland, 2025) ist bekannt, dass pädagogische Motive, verstanden als Interesse an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bei vielen Student*innen dominant sind. Wie Student*innen Schüler*innen wahrnehmen, bzw. welche Schüler*innenbilder und welche Vorstellungen zu pädagogischen Beziehungen sie haben, ist jedoch selten theoretisch (vgl. Helsper, 2019) und empirisch (vgl. te Poel, 2022) nachgegangen und betrachtet worden. Ausgangspunkt unseres empirischen Beitrags sind drei selbstgefertigte Bilder von Studentinnen, die während ihres Praktikums entstanden sind und pädagogische Situationen zeigen. In diesen Selbstbildnissen stellen sich die Studentinnen in einer spezifischen Lehrerin-Schüler*in-Beziehung dar. In unserer Forschung (vgl. Trumpa, et al. 2023) gehen wir davon aus, dass sich in diesen Bildern professions- und unterrichtsbezogene studentische Orientierungen dokumentieren. Unsere Analysen, bei denen wir uns an der Dokumentarischen Bildinterpretation (Bohnsack et al., 2015) orientieren, zielen auf die Frage, welche Orientierungen Lehramtsstudent*innen im Hinblick auf Schüler*innen und die pädagogische Beziehung haben. Die Befunde dokumentieren Vorstellungen vom Beziehungszusammenhang zwischen Schüler*in(nen), Lehrperson und Sache unter den institutionellen Rahmenbedingungen. Hierbei zeigen sich unterschiedliche Orientierungen, die es mit Student*innen zu betrachten lohnt, um bereits in der ersten Phase der Lehrer*innenbildung einen bewussten Zugang zur Beziehungsgestaltung anzubahnen. Vom inneren zum äußeren Kind: Wie Selbstreflexion die Lehrer:innenprofessionalisierung fördert“ 1PH Freiburg, Deutschland; 2Universität Klagenfurt, Österreich Dieser Beitrag untersucht die Bedeutung der intrapsychischen Beziehung der Lehrperson zum inneren und äußeren Kind (Bernfeld 1925; Kreuzer 2013) für die Professionalisierung sowie die Gestaltung gelingender Lern-Lehr-Beziehungen. Im Fokus steht die (selbst-)reflexive Auseinandersetzung mit (bspw. schambehafteten) Lernerfahrungen aus Kindheit und Studium (Kreuzer, Turner, 2024), da diese die Grundlage für die Entwicklung von reflexiver pädagogischer Haltung bilden. Die Analyse von empirischem Material – Narrationen aus Seminaren und der Lehrer:innenausbildung – zeigt, wie intrapsychische Herausforderungen im multiprofessionellen Kontext (Fabel-Lamla, 2024) bewältigt werden können und welche Hilfestellungen jungen Erwachsenen (Studierenden und angehenden Lehrkräften) angeboten werden sollten. Der Prozess des effektiven Mentalisierens (Kirsch, Nolte & Gingelmaier, 2022) wird als wichtige Kompetenz hervorgehoben. Die Ergebnisse dieser Analyse verdeutlichen die komplexen Wechselwirkungen zwischen intrapsychischen Prozessen, professioneller Handlungsfähigkeit und der Gestaltung von Lern-Lehr-Beziehungen. Ausgehend von einer psychoanalytisch-pädagogischen Perspektive wird folgend ein Konzept für die Lehrer:innenbildung zur Diskussion gestellt. |