Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Ort: HS 3 = Raum 1135
Hörsaal 3 Raum 1135 im ersten Stock
Datum: Mittwoch, 17.09.2025
15:30 - 17:30INTAKT-Verbund: Soziale Interaktionen in pädagogischen Arbeitsfeldern
Ort: HS 3 = Raum 1135
Chair der Sitzung: Annedore Prengel
Chair der Sitzung: Alexander Wettstein, PHBern
Forschungsforum
 

Chair(s): Annedore Prengel (Universität Potsdam), Alexander Wettstein (PHBern, Schweiz)

Gelingende soziale Interaktionen und tragfähige Beziehungen zwischen Lehrpersonen und Lernenden stellen eine wichtige Grundlage für erfolgreiche Lehr- und Lernprozesse, eine positive Entwicklung und die Gesundheit aller Interaktionsteilnehmenden dar. Zahlreiche Studien belegen (vgl. dazu für eine Übersicht Scherzinger und Wettstein, 2022), dass positive Beziehungen zu den Lehrpersonen mit der Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler, ihren schulischen Leistungen, der sozialen Entwicklung wie auch weniger Verhaltensproblemen einhergehen. Schülerinnen und Schüler verhalten sich prosozialer und weniger aggressiv, wenn sie gute Beziehungen zu ihren Lehrpersonen haben. Zudem mindern positive Beziehungen Unterrichtsstörungen und beugen diesen vor. Auch für Lehrpersonen zeigen sich positive Effekte, so sind Lehrpersonen mit positiven Beziehungen zu ihren Schülerinnen und Schülern zufriedener mit ihrem Beruf und haben weniger Burnout.

Gleichzeitig zeigt die Studie „Soziale Interaktionen in pädagogischen Arbeitsfeldern“, kurz INTAKT-Studie, von Prengel und Kolleginnen (2016), dass rund ein Viertel der beobachteten Interaktionen zwischen Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern verletzend oder ambivalent sind (Prengel, Tellisch, Wohne & Zapf, 2016). Verletzende Interaktionen haben weitreichende Folgen. Es stellt sich deshalb die Frage, wie es Lehrpersonen gelingen kann, eine tragfähige Beziehung zu ihren Schülerinnen und Schülern aufzubauen und ein soziales Klima zu schaffen, in welchem sich idealerweise alle in ihrer Individualität erkannt und anerkannt fühlen? Wie können Lehrpersonen für anerkennungsrelevante Merkmale sozialer Interaktionen sensibilisiert werden?

Im INTAKT-Verbund (Soziale Interaktionen in pädagogischen Arbeitsfeldern) kooperieren unterschiedliche Forschungsvorhaben, die sich der Qualität pädagogischer Beziehungen widmen. Die beteiligten Vorhaben untersuchen pädagogische Interaktionen empirisch und tragen zur Theoriebildung bei. Sie streben an wissenschaftlich begründete Vorschläge zur Verbesserung interaktiv gestalteter pädagogischer Beziehungen in Schulen (und anderen Bildungsinstitutionen) vorzulegen, die als relevant erachtet werden für emotional-soziale sowie kognitive Entwicklungen und demokratische Sozialisation.

In der Schulforschung lassen sich wechselhafte Konjunkturen der Aufmerksamkeit für Vorgänge auf der Beziehungsebene rekonstruieren. Studien aus dem INTAKT-Verbund, die vorgestellt werden, widmen sich – u.a. anerkennungs- und vulnerabilitätstheoretisch fundiert - Fragen nach den Erscheinungsformen angemessener und unangemessener pädagogischer Interaktionen in Schulklassen, ihren Ursachen, ihren Auswirkungen auf Lernende und Lehrende sowie nach Interventionsmöglichkeiten.

Im Forschungsforum wird aus den Studien berichtet und die Projektentwicklung, Methodenwahl, Befunde, Limitationen, pädagogische Konsequenzen und offene Fragen zur Diskussion gestellt. Dabei werden insbesondere auch die normativen Komponenten, die in jedem Forschungsvorhaben und jedem Bildungsvorhaben enthalten sind, aufgedeckt und der Zusammenhang zwischen Theorie und Empirie diskutiert.

 

Beiträge des Symposiums

 

Das Projektnetz INTAKT: Studien zu Anerkennung und Verletzung in pädagogischen Beziehungen

Annedore Prengel1, Friederike Heinzel2, Christin Tellisch3, Janine Röschinger4
1Universität Potsdam, 2Universität Kassel, 3Hochschule f. Soziale Arbeit und Pädagogik Berlin, 4Goethe Universität Frankfurt/Main

Ausgehend von alltäglichen Beobachtungen zu erstaunlich verletzendem unprofessionellem Handeln von Lehrpersonen im Unterricht, wurde vor 25 Jahren das Projektnetz INTAKT initiiert. Die Forschungsfrage der INTAKT-Studien lautet: Wie und wie häufig sind relationale pädagogische Interaktionen von Anerkennung und Verletzung bestimmt? In den Teilprojekten (v.a. Lehr-Forschungs-Projekte und Dissertationen) wurden durch teilnehmende Beobachtungen insgesamt über 30 000 schriftlich protokollierte Feldvignetten gesammelt und anhand qualitativ-quantitativer Inhaltsanalysen mehrschrittig ausgewertet. Die Datensätze von Projektnetz INTAKT werden im von Friederike Heinzel an der Universität Kassel gegründeten Fallarchiv archiviert. Der Beitrag informiert über theoretische Grundlagen, Methodenwahl, numerische Befunde, exemplarische Szenen und daraus folgende schultheoretische Hypothesen. Stärken und Limitierungen werden reflektiert. Konsequenzen wie die «Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen» und Prinzipien einer «Pädagogikethik» werden zur Diskussion gestellt.

Literatur

Hehn-Oldiges, M., Prengel, A. (2022). Anerkennung in pädagogischen Beziehungen. Zum Zusammenhang von Forschungsbefunden, normativen Orientierungen und Entwicklungen in pädagogischen Arbeitsfeldern. In: Richter, S., Bitzer, A. (Hrsg.): In Beziehung sein. Erziehungswissenschaftliche Reflexionen zur Bedeutung von Beziehung in Forschung, Lehre und Praxis. Beltz Juventa, S. 78–94.

Prengel, A., Tellisch, C., Wohne, A., Zapf, A. (2016). Lehr-Forschungsprojekte zur Qualität pädagogischer Beziehungen. In: Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Jg. 34, Nr. 2/2016, S. 150–157.

 

Pädagogische Interaktionsqualität – INTAKT

Alexander Wettstein1, Laura Schwitter1, Boris Eckstein2, Urs Grob3, Benjamin Fauth4
1PHBern, 2PH Zürich, 3Universität Zürich, 4Universität Tübingen

Pädagogische Interaktionen sind vital für die kognitive, emotionale und soziale Entwicklung der Schüler:innen sowie für die Gesundheit von Lehrpersonen. Dabei ist nicht nur entscheidend, welche Verhaltensweisen Lehrpersonen und Schüler:innen objektiv zeigen, sondern auch wie sie die Interaktionen subjektiv erleben. Die INTAKT-Studie entflicht Qualitätsmerkmale pädagogischer Interaktionen anhand eines neuen theoretischen interaktionalen Rahmenmodells und einer innovativen Systematik und untersucht pädagogische Interaktionen mehrperspektivisch mit Beobachtung und Befragung der Lehrpersonen und Schüler:innen. Die INTAKT-Studie leistet eine neue theoretische Fundierung der Qualität pädagogischer Interaktionen. Sie entflicht, erfasst und analysiert das Verhalten und Erleben der Akteure im Längsschnitt aus mehreren Perspektiven und schafft damit Voraussetzungen für die Förderung der Interaktionsqualität im Unterricht.

Literatur

Eckstein, B. & Wettstein, A. (2024). Zur Qualität pädagogischer Interaktionen im Unterricht. Eine neue theoretische Konzeptualisierung und eine innovative 2*3*2 Systematik. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 30(03), 2-9. https://doi.org/10.57161/z2024-03-01

Eckstein, B., Wettstein, A., Grob, U., & Fauth, B. (submitted). The Quality of Pedagogical Interactions in the Classroom. A Novel Theoretical Conceptualization and an Innovative 2*3*2 Systematics.

 

Aggression in Lehrpersonen-Schüler:innen-Interaktionen LISA. Einflussfaktoren auf die Lehrpersonen- und Schüler:innenaggression und die Lehrpersonenreaktion

Ida Schneider1, Alexander Wettstein1, Sebastian Wachs2, Martin grosse Holtforth3
1PHBern, 2Universität Münster, 3Universität Bern

Intakte soziale Beziehungen sind eine Grundvoraussetzung für erfolgreichen Unterricht. Aggressives Verhalten von Schüler:innen und Lehrpersonen unterminiert soziale Beziehungen, erschwert Lehr-Lernprozesse und gefährdet eine gesunde Entwicklung aller Beteiligten. Es ist deshalb wichtig, Schulen und Lehrpersonen für zentrale Einflussfaktoren zu sensibilisieren. Die LISA-Studie erfasst Prävalenzen und Assoziationen verschiedener Subtypen aggressiven Verhaltens von Schüler*innen und Lehrpersonen und identifiziert aggressionsverstärkende und hemmende Faktoren. Dabei liegt ein besonderer Fokus auch auf der Rolle der Lehrperson, die mit ihrer Reaktion auf Schüler:innenaggression den weiteren Interaktionsverlauf maßgeblich beeinflussen kann. Die LISA-Studie untersucht, welche Faktoren zu einer günstigen Lehrpersonenreaktion beitragen können.

Literatur

Schneider, I., Wachs, S., & Wettstein, A. (in preparation). Teachers can counteract aggressive behavior in classrooms by strengthening personal and environmental resources — fundamental insights from research for teachers.

Wettstein, A. (2008). Beobachtungssystem zur Analyse aggressiven Verhaltens in schulischen Settings (BASYS). Huber.

 

Lehrer*innenwohlbefinden als Voraussetzung für erfolgreiche Interaktionen

Frances Hoferichter
Universität Greifswald

Empirische Studien zeigen, dass Lehrkräfte im Vergleich zu anderen Berufsgruppen ein geringeres Wohlbefinden berichten, oft verbunden mit überdurchschnittlichem Arbeitsstress und psychosomatischen Beschwerden. Bereits im Studium geben angehende Lehrkräfte weniger effektive Bewältigungsstrategien an, was sie anfälliger für Burnout im Berufsleben machen kann. Da das Wohlbefinden von Lehrkräften nicht nur mit Gesundheit und Berufszufriedenheit verknüpft ist, sondern auch eine zentrale Voraussetzung für positive pädagogische Beziehungen darstellt, ist es essenziell, Lehramtsstudierende frühzeitig mit effektiven Methoden der Stressbewältigung vertraut zu machen. Das Projekt „Lehrer*innenwohlbefinden und Studienerfolg“ zielt darauf ab, in einer Web-basierten Positiven Psychologie Intervention die eigenen Ressourcen zu erkennen und zu nutzen. Teilnehmende Studierende berichten von höherer Emotionsregulation, Selbstwirksamkeit, besseren Bewältigungsstrategien und stärkerem Wohlbefinden im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Intervention unterstützt sie so dabei, besser mit den Anforderungen während des Studiums umzugehen und eine Grundlage für positive pädagogische Beziehungen zu schaffen.

Literatur

Hoferichter, F. & Jentsch. A (2024). The effects of an online positive psychology intervention on pre-service teachers' efficacy, ability to cope and emotional regulation. British Educational Research Journal. doi.org/10.1002/berj.4036

Jentsch, A., Hoferichter, F., Seyfarth, D., & Blank, T. (2023). Ein Seminarkonzept zur Verbesserung des Wohlbefindens und der Stressbewältigung für Lehramtsstudierende. Herausforderung Lehrer*innenbildung, HLZ, 6(1), 323–336. doi.org/10.11576/hlz-6229

 
Datum: Donnerstag, 18.09.2025
10:15 - 12:15Sprache als Medium pädagogischer Beziehungen im Unterricht
Ort: HS 3 = Raum 1135
Chair der Sitzung: Sven Thiersch, Uni Osnabrück
Forschungsforum
 

Chair(s): Sven Thiersch (Universität Osnabrück, Deutschland)

Diskutant:in(nen): Björn Rothstein (Ruhr-Universität Bochum)

Sprache als ein Medium vermittelt zwischen den Menschen und verbindet sie in Beziehungen. Wie alle Zeichensysteme unterliegt sie historischen Wandlungsprozessen und ist kulturell und feldspezifisch geformt. Sprechen und Sprache(n) werden in der Vergangenheit auch als zentrale Medien und (Re-)Produzenten in Schule etwa für die schulische Teilhabe, z.B. in Studien zum Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg (Oevermann 1972), aber auch für pädagogische Beziehungen (z.B. Bollnow 1968) in den Erziehungswissenschaften betrachtet. Insbesondere misst man den „normativ-ordnungsbildenden Implikationen der Sprache“ (Meseth 2010, S. 75) in Schule und Unterricht eine exponierte Funktion für die Gestaltung von und das (Nicht-)Verstehen in pädagogischen Beziehungen bei. Umgekehrt wird gezeigt, wie pädagogische (Anerkennungs-)Beziehungen bestimmte Formen des Sprechens und der Sprache implizieren (z.B. Ricken et al. 2017; Prengel 2019). Bis heute ist von diesem relationalen Verhältnis auszugehen.

In zahlreichen qualitativ forschenden Projekten wird seit den 1980er Jahren die Bedeutung der Sprache für die pädagogische Interaktion und Kommunikation im Unterricht untersucht (zsf. Proske, Rabenstein & Meseth 2021). In den letzten Jahren ist dabei zu beobachten, wie der lange dominante Fokus auf Formen der Verbalsprache aufgebrochen worden ist, indem Körpersprache – aber auch die Bedeutung von Medien und Dingen – in pädagogischen Beziehungen verstärkt in den Blick von Analysen und Reflexionen kamen. Zudem gibt es bislang kaum erziehungswissenschaftliche Betrachtungen, die sprachwissenschaftliche Ansätze systematisch integrieren. In anderen Zugängen und Perspektiven der Schul- und Bildungsforschung wird Sprache (z.B. in kompetenztheoretischen Ansätzen) als Voraussetzung, Gegenstand und Medium für fachlichen Lernens und Lehrens untersucht und der Beziehungsaspekt ausgeklammert (z.B. Becker-Mrotzek et al. 2013). Ebenfalls in den Diskursen zu DaZ, Mehrsprachigkeit und Bildungssprache als Querschnittsthemen der Lehrer:innenbildung spielen Fragen der pädagogischen Beziehungen eine untergeordnete Rolle.

Im geplanten Forschungsforum werden Zugänge und Datenmaterialien aus drei Projekten mit unterschiedlichen Erkenntnisinteressen auf das Thema Sprache und pädagogische Beziehungen im Unterricht vorgestellt und diskutiert. Alle drei Projekte des Forums nehmen die beschriebenen Entwicklungen als Ausgangspunkt auf und fragen danach, in welchem Verhältnis Sprache bzw. Sprechen und pädagogische Beziehungen in Schule und Unterricht grundlegend stehen, wie sich diese Relationen empirisch herausarbeiten lassen und darstellen sowie welche professionstheoretischen Implikationen auf Basis der Ergebnisse zu diskutieren sind. Die drei Untersuchungen stützen sich auf Methoden der qualitativ-rekonstruktiven Sozialforschung, unterscheiden ich aber hinsichtlich der Erhebungs- und Protokollformen (Unterrichtsinteraktion, Interviews, Gruppendiskussionen). Es werden sowohl die Perspektiven von Lehrenden und Lernenden als auch ihre Interaktionspraxis an unterschiedlichen Schulformen (Ober-, Gesamtschulen, Berufskolleg, Gymnasium) beleuchtet. Die einzelnen Beiträge referieren auf unterschiedliche Begriffe bzw. Bezugstheorien (Anerkennung, Macht, Entfremdung, kulturelle Passung), um die Relation von Sprache und pädagogische Beziehungen zu fassen. Beitrag 1 untersucht sprachliche (Re-)Adressierungspraktiken und damit verbundenen Macht- und Anerkennungsbeziehungen am Berufskolleg, Beitrag 2 stützt sich auf eine Analyse von Schüler:innenperspektiven auf Sprache im Unterricht und typologisiert damit wahrgenommene Beziehungsmuster, Beitrag 3 interessiert sich für Transformations- und Reproduktionsprozesse im Zusammenspiel von Sprache und pädagogischen Beziehungen im digitalisierten Unterricht und fragt nach Entfremdungs- und Verdinglichungsprozessen im Wandel von Schule.

 

Beiträge des Symposiums

 

Wer (re)agiert wie? Sprachliche Adressierungspraktiken am Berufskolleg

Alexandra Warda
Ruhr-Universität Bochum

Ziel dieses interdisziplinären, von der Sprachdidaktik Deutsch ausgehenden Beitrags ist die Auseinandersetzung mit unterrichtlichen (Re-)Adressierungspraktiken an Berufskollegs in Bezug auf sprachliche Aushandlungen, Anerkennungen und Machtverhältnisse (vgl. Kessl & Lorenz 2015). Der Beitrag analysiert hierzu Ausschnitte von entsprechender Lehrer:innen-Schüler:innen-Interaktion und arbeitet Machtverhältnisse und Hierarchien heraus, die oft unbewusst durch die Art und Weise der Ansprache (re)produziert werden (Günthner 2016; D’Avis & Meibauer 2013), denn: Macht wird in Institutionen wie der Schule häufig als neutral oder selbstverständlich wahrgenommen, ohne ihre Auswirkungen auf die Beziehung und das Wohlbefinden der Lernenden zu hinterfragen (Ricken/Rose/Kuhlmann & Otzen 2017). Rekonstruiert wird, wie die (Re-)Adressierungen zwischen Lehrkräften und ihren Schüler:innen sowohl die Lernkultur als auch ihre Beziehungen herstellt.

Die dem Beitrag zugrundeliegenden Daten basieren auf einer Videographiestudie mit 4 Klassen und 13 Gruppendiskussionen in einem Berufskolleg, sowie der Befragung zweier Lehrkräfte, die verschriftlicht wurden und qualitativ-rekonstruktiv vsl. mit der Dokumentarischen Methode ausgewertet werden sollen. Vorgestellt werden konkrete Muster der Adressierung und deren Bedeutung für die Lehrer:innen-Schüler:innen-Interaktion. Ein besonderer Fokus liegt darauf, welche Relevanz Lehrpersonen der Beziehungsgestaltung beimessen und wie ihre Sicht(weise) auf Unterrichtskommunikation im Allgemeinen ist. Die Analyse der erhobenen Daten zeigt, wie Macht(verhältnisse) in der Kommunikation im alltäglichen routinisierten und impliziten Sprachgebrauch ausgehandelt und wirksam werden. Auf dieser Basis soll diskutiert werden, wie diese theoretisch zu deuten sind und welche Herausforderungen bestehen, diese zu reflektieren.

 

„Das ist ja meist selten, dass wirklich ein Gespräch entsteht irgendwie“ – Rekonstruktionen von Schüler:innenperspektiven auf Sprache im Unterricht

Dana Kiefer
Universität Osnabrück

In diesem Beitrag wird die Bedeutung der Sprache und des Sprechens für die Gestaltung pädagogischer Beziehung aus Schüler:innenperspektive fokussiert. Ist im Allgemeinen der Diskurs zu den Schüler:innen als zentrale schulische Akteur*innen in der Schulpädagogik eher randständig (Bennewitz, de Boer & Thiersch 2022; Bennewitz & Meier 2024), liegen kaum Befunde zu Schüler:innenperspektiven auf Sprache und Sprechen im Unterricht vor. Auf Grundlage von narrativen Einzelinterviews und objektiv-hermeneutischen Rekonstruktion kommt die Wahrnehmung und Deutung des Sprachgebrauchs in den Blick. Theoretisch stützt sich das Projekt auf das Bourdieusche Konzept der (sprach-)kulturellen Passung.

In der Analyse wird ersichtlich, wie unterschiedlich die Schüler:innen Sprache nutzen, um sich im Unterricht zu positionieren und sich somit auch in Beziehung zu ihren Lehrkräften und Peers zu setzen. Sprache erfüllt für die Schüler:innen beziehungslogisch dabei verschiedene Funktionen: 1. als Werkzeug zur Anpassung, um nicht aufzufallen und sich eine neutrale Beziehungsposition zu erarbeiten, 2. als Marktplatz im (sprachlichen) Wettbewerb (Distinktion), um sich in eine gute Position (z.B. für Leistungs- und Verhaltensbewertungen) zu sichern oder 3. auch als Medium von (De-)Integration, um überhaupt Beziehungen in der Schule einzugehen. Diese sind als Ausdruck der kulturellen Nähe und Distanz zur sprachlichen Anforderungsstruktur der Schule zu deuten.

Es zeigt sich, dass Unterricht hohe sprachliche Anpassungsleistungen der Schüler:innen erfordert und keinen sicheren (Beziehungs-)Raum für sie schafft. Aus Schüler:innenperspektive fehlen dafür authentische, vertrauensvolle und verlässliche Gespräche. Zugleich erkennen sie in der Sprache einen Ort der Aushandlung ihrer (sprachlichen) Identität als Schüler:in in den Beziehungen zu Lehrkräften und Peers. Im Beitrag wird dieses strukturelle Spannungsfeld diskutiert und die damit verbundenen professionstheoretischen Fragen aufgeworfen.

 

Entfremdet und Verdinglicht? Sprache und pädagogische Beziehungen im digital mediatisierten Unterricht

Sven Thiersch1, Eike Wolf2
1Universität Osnabrück, 2MLU Universität Halle-Wittenberg

Schule wurde bildungstheoretisch immer wieder als zentrale Institution gesellschaftlicher und subjektiver Entfremdung diskutiert, die auch in verdinglichten Materialisierungen des Unterrichtsalltags zum Ausdruck kommt (Adorno 1971, S. 82). Mit der Integration digitaler Technologien wird in kritischen Positionen erneut eine distanzierte Beziehungslosigkeit diagnostiziert, gerade auch vor dem Hintergrund fehlender sprachlicher Resonanzräume (Rosa & Endres 2016). Obwohl im Kontext des digitalisierten und individualisierten Unterrichts neue Muster und Modi des Sprechens und der Sprache in Schule und Unterricht hervorgebracht und etabliert werden, werden sie bislang kaum erforscht.

In diesem Beitrag wird das Verhältnis von Sprache bzw. des Sprechens und pädagogischen Beziehungen im digitalen Wandel von Schule und Unterricht fokussiert. Auf der Grundlage objektiv-hermeneutischer Rekonstruktionen der (digitalen) Unterrichtsinteraktion und Gruppendiskussion sowie Interviews mit Lehrer:innen und Schüler:innen an Gesamt- und Oberschulen sowie einem Gymnasium kommt in den Blick, wie sich diese Relation angesichts des Wandels ausformt, was sich dabei ändert (z.B. in Begriffen wie Lernbüros oder -coachies oder in Adressierungen wie „Apples Up“ etc.), aber auch, was stabil bleibt.

Entgegen den (Dauer-)Thesen einer Entfremdung und Verdinglichung der Beziehungen im Unterricht durch die digitalen und ökonomisierten Sprachreduktionen im Modernisierungsprozess zeigen unsere Analysen, dass sich grundlegende pädagogische Beziehungsmuster gerade darin reproduzieren und gesteigert zum Ausdruck kommen. Zugleich wird aber deutlich gemacht, wie sich der Sprachgebrauch insbesondere für die Lehrenden ändert und welche (professionellen) Anforderungen damit einhergehen.

 
13:15 - 15:15EB-07: Pädagogische Beziehungen zwischen Inklusion und Exklusion
Ort: HS 3 = Raum 1135
Chair der Sitzung: Sven Thiersch, Uni Osnabrück
 

Die Gestaltung von pädagogischen Beziehungen zwischen Lehrkräften und Schüler*innen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, die als sog. Systemsprenger*innen gelten

Maria Kollmer

Universität Oldenburg, Deutschland

In Bezug auf den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ist in den letzten Jahren eine veränderte Schüler*innenschaft beschrieben worden. Die Veränderungen wird durch das vermehrte und massive Auftreten von herausfordernden Verhaltensweisen gekennzeichnet (Dworschak et al., 2012; Franz, 2008; Klauß, 2012). Gleichzeitig hat in den allgemeinen Diskurs um herausfordernde Verhaltensweisen von Schüler*innen die Bezeichnung systemsprengendes Verhalten Einzug gehalten (Baumann, 2009, 2021). Gemeint ist damit nach Baumann (2021) ein Personenkreis von Kindern und Jugendlichen, die aufgrund massiver Verhaltensauffälligkeiten vermehrt Einrichtungswechsel und Beziehungsabbrüche erleben, welche die involvierten (Hilfe-)Systeme vor große Herausforderungen stellen.

Das Dissertationsprojekt mit dem Arbeitstitel „Umgang von Lehrkräften mit sog. Systemprenger*innen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung“ beschäftigt sich unter anderem mit folgender Fragestellung: Wie wird die Beziehung zum/zur Schüler*in von den Lehrkräften beschrieben und bewertet? Im Rahmen der Studie wurden problemzentrierte Interviews (Witzel & Reiter, 2022) mit Lehrkräften an Förderschulen mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung geführt, die ihre Schüler*innen als systemsprengend bezeichnen. Das qualitative Forschungsvorhaben wird nach den Grundsätzen der Grounded Theory von Strauß und Corbin (Strübing, 2014) ausgewertet. In diesem Vortrag werden erste Ergebnisse präsentiert, die die herausgearbeiteten Beziehungsdimensionen der Lehrkräfte in Bezug auf die Schüler*innenschaft darstellen. In den Ausführungen der Lehrkräfte wird deutlich, dass auch die Gestaltung eines tragfähigen Arbeitsbündnisses eine Herausforderung für sie darstellt (Helsper, 2023). Die in den Interviews von Lehrkräften geschilderten Fälle verweisen auf unterschiedliche Formen einer Nähe-Distanz-Antinomie und Herausforderungen die an das Arbeitsbündnis gestellt werden (Helsper, 2012).



Jugendliche mit Beeinträchtigung erzählen über leistungsbezogene, pädagogische Beziehungen: Erkenntnisse und Ableitungen für die Professionalisierung von (angehenden) Lehrpersonen

Anne Bödicker

PH Karlsruhe, Deutschland

Ausgehend von Erzählungen Jugendlicher mit Sehbeeinträchtigung soll die im Call aufgeworfenen Frage nach positiven bzw. problematischen Lehrer:innen-Schüler:innen-Interaktionen in inklusiven wie exklusiven Schulsettings bearbeitet werden. Konkret sollen in dem Beitrag anhand einzelner Interviewauszüge verschiedene leistungsbezogene Interaktionen nachgezeichnet sowie deren vulnerabilitäts- bzw. resilienzbezogene Wirkmächtigkeiten (Hirschberg/Valentin 2020; Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse 2022) vorgestellt werden, die in Verbindung mit Selbstwert und Selbstwirksamkeitsempfinden stehen. Die Auswertungen zeigen im Feld von unterrichtlichen Leistungszuschreibungen bzw. –absprachen nachhaltige schubiographische Auswirkungen. Ein Faktor dafür wird in unbewusstem ableistischen Denken seitens der Lehrpersonen gesehen (vgl. Hirschberg/Köbsell 2021: 135).

Darauf aufbauend soll das Potenzial von Fallarbeit, welche auf gemachten Erfahrungen von Jugendlichen mit Beeinträchtigung im Kontext pädagogischer Beziehungen basiert, für die Aus- bzw. Weiterbildung von Lehrpersonen gezeigt werden (vgl. Buchner 2022a/b): Es können im handlungsentlasteten Raum verschiedene diversitätssensible Lesarten entwickelt werden, die zur Erweiterung der Handlungskompetenz von Lehrkräften beitragen, ohne eine ‚richtige‘, aber verschiedene ‚brauchbare‘ Lösungen aufzuzeigen (vgl. Schierz/Thiele 2002). Für den (inklusiven) Schulkontext können (angehende) Lehrpersonen von dieser Form der Professionalisierung profitieren (vgl. Reisenauer/Gerhartz-Teiter 2020), weil sie irritiert (vgl. Boger/Brinkmann 2021: 25) und dafür sensibilisiert werden, wie wirksam und Schüler*innen stärkend, prägend oder auch nachhaltig verletzend ihr (Beziehungs-)Handeln sein kann.



Beziehungsgestaltung und Sozialraum? – Empirische Impulse und professionstheoretische Überlegungen

Fabian Mußél, Rolf-Torsten Kramer

MLU Halle, Deutschland

Der Beitrag verfolgt die Frage, ob und inwiefern eine sozialräumliche Deutung und Wahrnehmung von Lehrkräften in der Beziehungsgestaltung mit der Klientel Bedeutung gewinnen. Als Ausgangspunkt werden die empirischen Analysen, denen ein praxeologischer Zugang zu Grunde liegt (Bohnsack 2020), aus dem Teilprojekt „NeOBI“ herangezogen, die deutlich machen, dass der Blick auf Kinder als Klientel pädagogischer Einrichtungen relational sehr eng mit der Wahrnehmung und den Vorstellungen zum lokalen Kontext (dem Sozialraum) verknüpft ist und damit auch Orientierungen zur eigenen pädagogischen Zuständigkeit und Beziehungsgestaltung verbunden sind. Man könnte davon sprechen, dass pädagogische Einrichtungen und Akteure über ihre Klientel (z. B. die Schülerschaft) i. d. R. naturwüchsig auch eine Vorstellung zum sozialökologischen Kontext ausbilden (müssen). So zeigt sich in unseren Analysen, die wir vorstellen möchten, dass ein sozialraumbezogener Blick einerseits eine wichtige Kontextualisierung der Beziehungsgestaltung ermöglicht, auf der anderen Seite aber auch mit Pauschalisierungen und Verkürzungen einhergehen kann. Es werden also Relationen des Sozialraumes zu pädagogischen Einrichtungen in je spezifischer Weise realisiert und damit auch (Bildungs-)Ungleichheiten (re-)produziert. Dazu werden neben den empirischen Anregungen aus unserem Teilprojekt auch thematisch anschließende Diskurse zur Professionalisierung beruflicher pädagogischer Akteure z. B. Sozialraumorientierung (Kessl und Reutlinger 2022) und Habitussensibilität (Sander 2014) aufgegriffen und auf professionstheoretische Argumentationen für das Lehrer:innenhandeln (Kramer und Fabel-Lamla 2024) Bezug genommen (Mußél und Kramer 2025).



„Ich habe lieber ein paar hohle aber nette (Schüler*innen)“ - Widersprüche in Konstruktionen von Lehrpersonen mit Blick auf Schüler*innen, Eltern und pädagogischen Beziehungen

Christine Becks, Laura Beckmann, Rukiye Ates

Universität Duisburg-Essen, Deutschland

Die Überzeugungen und Sichtweisen von Lehrpersonen in Bezug auf Schüler*innen und deren ethnische und kulturelle Vielfalt beeinflussen die Verhaltensweisen der Lehrpersonen und damit die Qualität und Ausprägung ihrer pädagogischen Beziehungen und Interaktionen innerhalb und außerhalb des Unterrichts (z.B. Gay, 2015, S. 126). Erste Untersuchungen in Deutschland verweisen auf die Gleichzeitigkeit von kulturresponsiven, kontextsensiblen und im Sinne von Chancengerechtigkeit zugewandten pädagogischen Haltungen einerseits, und defizitären, rassistischen und diskriminierenden Perspektiven auf dieselben Schüler*innen andererseits (Kehl et al., 2024). Dieser Widerspruch zwischen wohlwollender pädagogischer Absicht und der Abwertung jener Menschen, für die Gutes gewollt wird, verweist auf Fragen der Konstitution solcher Ambivalenzen, deren Folgen für die Qualität professionalisierten Handelns und pädagogischer Professionalisierung selbst. Auf der Grundlage phänomenologischer Einzel- und Gruppengespräche (Bevan, 2014; Kolbe, 2016, 2020) mit 74 Lehrkräften einer Gesamtschule in sozial benachteiligter Lage in NRW expliziert dieser Beitrag zunächst die widersprüchlichen Konstruktionen von Lehrpersonen mit Blick auf ihre Schüler*innen und deren Eltern. Die Analyse und Systematisierung aus der analytischen Perspektive von Kulturresponsivität als pädagogische Anerkennung von Vielfalt und ihres schulischen Wertes (z.B. Ialuna et al., 2024; Ladson-Billings, 2021; Gay, 2015) und von den fünf Domänen professionalisierten Handelns (Paseka et al., 2011, S. 28) zeigt, dass die Widersprüche in ihrer Erscheinung variabel und dennoch gleichbleibend problematisch sind, und mahnt zur zeitgemäßen Auseinandersetzung mit paternalistisch-diskriminierender Abwertung durch Lehrpersonen (Terhart, 2021).

 
15:45 - 17:45Autorität und Disziplin in pädagogischen Beziehungen
Ort: HS 3 = Raum 1135
Chair der Sitzung: Sophia Richter, Pädagogische Hochschule Vorarlberg
Symposium
 

Chair(s): Sophia Richter (Pädagogische Hochschule Vorarlberg, Österreich), Thorsten Merl (Universität Koblenz)

Der Markt an Ratgebern, die sich an Pädagog*innen und Lehrkräfte richten und die Themen Disziplin und Autorität zum Gegenstand haben, ist groß (Merl/Richter 2025, i.E.): „‚Neue Autorität‘ in der Schule: Präsenz und Beziehung im Schulalltag“ (Lemme/Körner 2022), „Gute Autorität. Grundsätze einer zeitgemäßen Erziehung“ (Bergmann 2009), „Disziplin im Unterricht: auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Autorität“ (Becker 2009), „Disziplin im Klassenzimmer. Bewährtes und Neues“ (Krowatschek/Krowatschek/Wingert 2015) sind einige der Titel. Sowohl in den Ratgebern als auch in der erziehungswissenschaftlichen Reflexion gelten Autorität und Disziplin als konstitutive Momente pädagogischer Beziehungen. Allerdings gelten sie in den Ratgebern als reformbedürftig, weil sie nicht (mehr) per se Legitimität beanspruchen können. Folgt man den Ratgebern, bedarf es einer spezifischen „neuen“ Disziplin sowie einer spezifischen „guten“ bzw. „zeitgemäßen“ Autorität. Diese Formulierungen verwiesen auf einen historischen Wandel sowie auf einen spannungsvollen Diskurs um die Herstellung bzw. die Forderung von Disziplin und Autorität in pädagogischen Beziehungen (Richter 2024). Als Normen pädagogischen Handelns gelten heute symmetrische, positive, dialogische, angstfreie etc. pädagogische Beziehungen zwischen Lehrkräften und Schüler*innen, die durch Wertschätzung, Vertrauen und Verständnis gekennzeichnet sind (Prengel 2024).

Das Symposium setzt an dieser Norm einer möglichst symmetrischen Beziehung an, die für die Pädagogik einen unhintergehbaren Widerspruch bedeutet. Denn pädagogisches Handeln ist konstitutiv asymmetrisch, da die beiden Positionen Erzieher:in und Zögling nicht austauschbar sind; es bestehen ungleiche Handlungsspielräume, ungleiche Verantwortung und ungleiche Abhängigkeiten (Foray 2019). Ihre legitimatorische Grundlage hat die asymmetrische Beziehung „im erzieherischen Verhältnis – nebst der Schutzbedürftigkeit des Kindes – zuallererst darin, dass die eine Seite mit der Welt der Menschen und ihrer raumzeitspezifischen Kultur vertraut ist und die andere (noch) nicht“ (Reichenbach 2000: 796).

Der Beziehungswiderspruch von Symmetrie (Norm) und Asymmetrie (Notwendigkeit) fordert im Sprechen über Disziplin und Autorität dazu auf, sich auf der ‚richtigen‘ Seite zu positionieren und von der ‚falschen‘ Seite abzugrenzen. Was sich darin ausdrückt, ist die Legitimationsbedürftigkeit von Autorität und Disziplin in pädagogischen Beziehungen. Zugleich produzieren diese Legitimationen und Abgrenzungen neue pädagogisch anerkannte Formen der Herstellung von Autorität und Disziplin.

Ein gegenwärtiger exemplarischer Ausdruck, mit dem Widerspruch symmetrischer pädagogischer Beziehungen umzugehen, ist, „die im Führungsbereich immer nötigen Dominanzmanöver mit so subtil wie nötigen Kommunikationsformen und Sprechakten zu kaschieren, dass die mehr oder weniger offensichtlichen Unterwerfungsleistungen für jene, die sie zu zeigen haben (meinen), akzeptierbar sind“ (Reichenbach 2007: 651).

Das Symposium betrachtet diese Spannung der symmetrischen Beziehungsnorm bei gleichzeitig unhintergehbarer Asymmetrie mit Fokus auf Autorität und Disziplin in der Schule. Es nimmt die damit einhergehenden schulpädagogischen Effekte anhand empirischer Befunde aus drei Forschungsprojekten in den Blick. Folgende Fragestellungen stehen dabei im Zentrum: Wie werden heute die Erreichung von Disziplin und die Forderung von Autorität in pädagogischen Beziehungen legitimiert? Welche Modi der Hervorbringung von Disziplin und Autorität lassen sich im Schulunterricht beobachten? Inwiefern sind sie als Lösung für den aufgezeigten Widerspruch einer zugleich a/symmetrischen Beziehung zu verstehen?

Die drei Forschungsprojekte, deren Ergebnisse im Symposium vorgestellt werden, sind diskursanalytisch und ethnographisch ausgerichtet. Beobachtet werden die folgenden schulischen Felder: Hauptschule, Gymnasium und Ratgeber für die schulische Praxis.

Für eine übergreifende Diskussion und machttheoretische Reflexion der Beiträge ist Dr. Thorsten Hertel (Universität Duisburg-Essen) angefragt.

 

Beiträge des Symposiums

 

Autorität und Disziplin im Kontext pädagogischer Beziehungen. Transformationen und ihre Folgen für die Profession

Thorsten Merl1, Sophia Richter2
1Universität Koblenz, 2Pädagogische Hochschule Vorarlberg

Disziplinierung, Strafen, autoritäre Erziehung sowie das Einfordern von Unterwerfung und Gehorsam lassen sich heute kaum noch (pädagogisch) legitimieren. Sie gelten als unpädagogisch, die pädagogische Beziehungen gefährdend und sind negativ konnotiert – teilweise werden sie mittlerweile auch staatlich sanktioniert, wie z.B. körperliche Züchtigungen. Zugleich werden aber die Zustände Disziplin und anerkannte Autorität zumeist als erstrebenswerte und wichtige Zustände erachtet. Sie werden als Voraussetzungen pädagogischen Handelns eingefordert und positiv bewertet.

Daraus folgt – so der Ausgangspunkt unserer Studie – eine eingeschränkte pädagogische Autorisierung: Ein pädagogischer Zustand soll sein, aber die traditionellen Wege dorthin gelten als illegitim. Pädagog:innen sind nur noch bedingt legitimiert, herzustellen, was als Bedingung der Möglichkeit ihres Handelns gilt. 

Diese Leerstelle der Autorisierung erzieherischen Handelns untersuchten wir im Rahmen einer diskursanalytischen Studie. Hierfür rekonstruieren wir Erziehungsratgeber entlang folgender Fragen: Wie wird die mangelnde pädagogische Autorisierung mittels verschiedenster Programme, Ansätze und Maßnahmen substituiert? Welche übergeordneten Strategien der (pädagogischen) Autorisierung lassen sich darin ausmachen? Welche Effekte haben die ‚neuen Autorisierungsstrategien‘ der Erreichung von Disziplin und Autorität für die Profession? Der Vortrag präsentiert die zentralen Ergebnisse der Studie unter Fokussierung der Effekte auf pädagogischen Beziehungen. 

 

(De-)Stabilisierungen pädagogischer Autorität am Beispiel ironischer Disziplinierungen

Anne Sophie Otzen
Universität Bremen

Disziplinierungen im Unterricht genießen keinen guten Ruf. Vielmehr stehen sie unter dem Verdacht auf „äußere[n] Zwang“ zu setzen, wohingegen aus pädagogischer Perspektive „die Befähigung zur Selbstführung“ das Ziel jedes pädagogischen Handelns sein sollte (Langer/Richter 2015: 216). Schaut man in pädagogische Ratgeberliteratur, wirken sie sich negativ auf das Arbeitsbündnis zwischen Lehrpersonen und Schüler*innen sowie auf die pädagogische Beziehung aus (u.a. Klieme 2006). Auch wenn Disziplinierungen programmatisch delegitimiert sind, sind sie im schulischen Alltag omnipräsent und damit empirisch bedeutsam, gerade im Hinblick auf die Reproduktion sozialer Ungleichheit (Wolter 2016).

Aus einer subjektivierungs- und anerkennungstheoretischen Forschungsperspektive fragen wir nach den subjektivierenden Logiken und Effekten disziplinierender Praktiken im situativen Vollzug (vgl. Kuhlmann/Otzen 2023). Dabei setzen wir an der Beobachtung an, dass neben klassenöffentlichen Ermahnungen und moralisierenden Ansprachen, viele Disziplinierungen in einem ironischen Modus vollzogen werden. So gehört bspw. der Tadel durch Lob sowie mehr- bzw. uneindeutige Disziplinierungsformate zum schulischen Alltag (vgl. Otzen 2023). Im Rahmen des Vortrags untersuchen wir die Performativität solcher Disziplinierungspraktiken anhand einer transkribierten Unterrichtssequenz aus dem Deutschunterricht am Gymnasium. Indem wir herausarbeiten, welche Normhorizonte und welche Positionierungsweisen in diesen Akten angespielt und hervorgebracht werden, zeigen wir auf, wie diese mehrdeutigen Adressierungen disziplinieren und dabei zugleich die Stabilität und Fragilität pädagogischer Autorität sichtbar werden lassen.

 

Komplexe Körperlichkeit – zu einer zentralen Dimension pädagogischer Beziehungen in der Schule

Antje Langer
Universität Paderborn

Dazu, dass Disziplinierung am Körper ansetzt, gibt es bereits seit langem erziehungswissenschaftliche Einsichten. Auch rückt Körperlichkeit im Rahmen der Ausgestaltung von Nähe und Distanz in pädagogischen Beziehungen hin und wieder problematisierend in den erziehungswissenschaftlichen Fokus. Darüber hinaus wird Körperlichkeit jedoch nach wie vor gerne vernachlässigt. Wie sich soziale Positionierungen und die Art und Weise der Gestaltung pädagogischer Beziehungen abhängig von alters-, klassen- und genderbezogenen Adressierungen körperlich gestalten sowie Wahrnehmungen und Interpretationen durch diskursive Transformationen verändern, wird selten betrachtet. Welche Aufmerksamkeit wird dem Körper von Schüler:innen und Lehrkräften im Rahmen schulischer Disziplinierung und Beziehungsgestaltung entgegengebracht? Welche Vorstellungen von Lehr- und Lernkörpern gehen in pädagogische Beziehungsgestaltungen ein? Welche sozialen Positionierungen und ggf. nicht antizipierten Effekte sind mit welchen Praktiken und sie durchziehenden Diskursen verbunden? Am Beispiel von Ergebnissen einer ethnographischen Studie in einer 7. Klasse einer Hauptschule (Langer 2008) sollen diese Fragen auf das Thema des Symposions bezogen und weiter ausbuchstabiert werden.

 
Datum: Freitag, 19.09.2025
13:00 - 15:00Pädagogische Beziehungen aus Schüler_innenperspektive zwischen Anerkennung und seelischer Gewalt
Ort: HS 3 = Raum 1135
Chair der Sitzung: Anne Piezunka, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Symposium
 

Chair(s): Sophia Richter (Pädagogische Hochschule Vorarlberg), Anne Piezunka (Goethe-Universität Frankfurt am Main, Deutschland)

Eine auf Anerkennung beruhende Gestaltung pädagogischer Beziehungen von Seiten der Lehrkräfte gilt für Aspekte wie well-being, das Lernen und die Persönlichkeitsentwicklung von Schüler_innen als zentral (z.B. Pianta 1999, Prengel 2019, Stojanov 2006, Zerillo & Osterman 2011). Verschiedene (inter-)nationale Studien weisen aber auch darauf hin, dass es im schulischen Alltag nicht nur zu anerkennendem Handeln, sondern auch zu seelischer Gewalt von Lehrkräften gegenüber Kindern und Jugendlichen kommt, z.B. in Form von Beleidigungen, Beschimpfungen, Ignorieren oder Bloßstellungen (Gusfre, Støen & Fandrem, 2022; Scharpf, Kızıltepe, Kirika & Hecker, 2023).

In diesem Zusammenhang stellt sich zum einen die Frage, wie sich die Phänomene Anerkennung und Gewalt theoretisch (auch in ihrer wechselseitigen Bezugnahme) bestimmen lassen, und, wie die Phänomene von schulischen Akteur_innen gedeutet werden. Insbesondere die Perspektive von Schüler_innen wird bisher kaum berücksichtigt (Rosenthal & Ben Arieh 2022; Geiger & Fischer 2006).

Im Rahmen des Symposiums wollen wir ausgehend von Interviewprotokollen die Perspektive von Schüler_innen rekonstruktiv in den Blick nehmen und analysieren, wie Schüler_innen pädagogische Interaktionen in Bezug auf Anerkennung und seelische Gewalt erleben, wahrnehmen und deuten. Einen besonderen Fokus legen wir auf die Frage, inwiefern Schüler_innen in ihren Deutungen Bezüge zu Differenzkategorien, z.B. class, gender, race, etc., herstellen oder über welche herkunftshabituellen Dispositionen sie verfügen. Hierbei interessiert uns, inwiefern jene Differenzkonstruktionen und Dispositionen bei der Artikulation und Wahrnehmung von Erfahrungen, die sich als Anerkennung oder seelische Gewalt fassen lassen, eine Rolle spielen, z.B. differenzspezifische Erfahrungen, Legitimationsmuster für das Verhalten der Lehrkraft, erzählte Wirkungen von Interaktionen sowie Formen der Bearbeitung im Spannungsfeld von Abhärtung sowie Sensibilisierung.

Die Ergebnisse kontextualisieren wir anerkennungstheoretisch (z.B. Honneth 1992) und unter Rückgriff auf theoretische Arbeiten zu seelischer Gewalt (z.B. Herrmann und Kuch 2007). Hierbei wird eine differenzsensible Perspektive angelegt, welche sich im Sinne eines weiten Inklusionsbegriffs durch eine analytische Offenheit gegenüber Differenzkategorien, die mit Blick auf (fehlende) Anerkennungserfahrungen von Relevanz sind, kennzeichnet. Darüber hinaus impliziert diese Perspektive eine Berücksichtigung der Intersektionalität von Kategorien (Crenshaw 1989), unterscheidet zwischen Fremd- und Selbstidentifikation (Supik 2017) und reflektiert mit Blick auf Anerkennungs- und Missachtungserfahrungen bestehende Labels z.B. “Behinderung” (Moser 2012) sowie “Migrationshintergrund” (Supik 2017) kritisch. Schließlich werden Möglichkeiten und Herausforderungen in Bezug auf empirische Studien mit Schüler_innen diskutiert.

Zum Aufbau des Symposiums: Im ersten Beitrag wird ein theoretischer Überblick über zentrale Arbeiten in Bezug auf Erfahrungen von Anerkennung und seelischer Gewalt in pädagogischen Beziehungen gegeben (z.B. Helsper & Hummrich 2014; Fischer und Richey 2022; Prengel 2019; Heinzel 2014; te Poel 2018). Hierbei liegt ein Fokus auf dem Phänomen der seelischen Gewalt und der Frage, inwiefern die theoretische Bestimmung herausforderungsvoll ist und welche Bezüge sich zur Heterogenität der Schüler_innen herstellen lassen.

Im zweiten Beitrag geht es auf der Grundlage von empirischen Material primär um als anerkennend konstituierte Erfahrungen von Schüler_innen des Sekundarbereichs. Es wird analysiert, wie Schüler_innen die pädagogische Beziehung zu Lehrkräften wahrnehmen und über welche schulbezogenen herkunftshabituellen Dispositionen sie verfügen. Grundlage der Rekonstruktionen sind Protokolle aus Schüler_inneninterviews, die mit der sequenzanalytischen Habitusrekonstruktion (Kramer, 2018) ausgewertet wurden.

Im dritten Beitrag wird anhand von Interviews mit Schüler_innen aus dem Primarbereich in den Blick genommen, was diese unter seelischer Gewalt von Lehrkräften gegenüber Schüler_innen verstehen und inwiefern die Schüler_innen im Erleben und in den wahrgenommenen Folgen seelischer Gewalt Bezüge zu Differenzkategorien z.B. race, class, gender sowie ability herstellen. Hierbei wird auf Einzelinterviews und Gruppendiskussionen mit insgesamt zehn Schüler_innen im Alter von 9-11 Jahren zurückgegriffen, die mithilfe einer adaptierten Form des integrativen Basisverfahrens nach Kruse (2014) ausgewertet werden.

Im Rahmen des Symposiums wird insofern eine interdisziplinäre Perspektive eingenommen, da neben schulpädagogischen Arbeiten (z.B. Helsper und Hummrich 2014), auch soziologische Überlegungen zu Humandifferenzierung (Hirschauer 2014) und Gewalt (z.B. Vorobej 2019) sowie psychologische Studien zu Auswirkungen von Diskriminierung berücksichtigt werden (z.B. Frost & Meyer, 2023).

Im Rahmen der Diskussion sollen insbesondere die folgenden zwei methodische Fragen im Zentrum stehen:

  • Wie kann man pädagogische Beziehungen empirisch in den Blick nehmen?

  • Welche Herausforderungen gibt es bei der Befragung von Kindern?

 

Beiträge des Symposiums

 

Pädagogische Beziehungen zwischen Anerkennung und seelischer Gewalt - eine Einführung

Anne Piezunka
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Deutschland

Im ersten Beitrag des Symposiums wird zunächst ein theoretischer Überblick über zentrale Arbeiten in Bezug auf pädagogische Beziehungen im Kontext von Anerkennung und seelischer Gewalt gegeben. Hierbei knüpfen wir neben strukturtheoretisch orientierten Arbeiten (Helsper und Hummrich 2014) an bestehende theoretische Debatten zum Anerkennungsbegriff (Honneth 1992; te Poel; 2018; Balzer 2014) an. Ein besonderer Fokus liegt auf dem Phänomen der seelischen Gewalt und der Frage der theoretischen Bestimmung. Anhand der Aufarbeitung verschiedener theoretischer Perspektivierungen wird eine Heuristik aus vier Dimensionen vorgestellt, die bei einer theoretischen Bestimmung des Phänomens eine Rolle spielen. Es wird herausgearbeitet, dass es sich bei seelischer Gewalt um ein relationales Phänomen handelt, wonach die individuelle Deutung von Situationen von verschiedenen Positionierungen zu vier Dimensionen abhängt :1) Epistemische Dimension im Sinne von Wahrnehmbarkeit und Thematisierbarkeit von seelischer Gewalt in der jeweiligen Situation; 2) strukturelle und kulturelle Dimension, z.B. soziale Positionierungen sowie historische, kulturelle und regionale Gegebenheiten; 3) Beziehungsdimension, d.h. das Verhältnis zwischen Lehrkräften und Schüler_innen, z.B. gegenseitige Rollenerwartungen sowie die bisherige Beziehung der betroffenen Personen und 4) personale Dimension, z. B. die Vorgeschichte der betroffenen Person im Kontext von Anerkennung und Gewalt. Zugleich werden Spannungsfelder aufgezeigt und Bezüge zum Anerkennungsbegriff hergestellt. Abschließend wird die Heuristik mit Blick auf bereits vorhandene empirische Studien diskutiert, bspw. unter dem Fokus, inwiefern die Diversität der Schüler_innen in Bezug auf Erfahrungen von Anerkennung und seelischer Gewalt eine Rolle spielt (z.B. Gusfre et al., 2023; Scharpf et al., 2023).

 

Fokus auf Anerkennung in pädagogischen Beziehungen aus Schüler_innenperspektive

Kathrin te Poel
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Sowohl empirische (bspw. te Poel, 2021) als auch theoretische Studien (bspw. Helsper & Hummrich, 2014, Stojanov, 2006) markieren eine große Bedeutung der pädagogischen Beziehung zwischen Lehrperson und Schüler_innen für die Entwicklung und den Bildungsweg von Schüler_innen. Dies zieht hohe normative Erwartungen an das pädagogische Handeln nach sich. Zugleich unterliegt die pädagogische Beziehung Antinomien (vgl. Helsper, 2014) und einer Unverfügbarkeit (vgl. te Poel & Heinrich, 2018), so dass eine gelungene pädagogische Beziehung nicht ohne und unabhängig vom jeweiligen Gegenüber, also dem Schüler bzw. der Schülerin, gedacht werden kann.

Auf diese Seite der pädagogischen Beziehung fokussiert dieser Beitrag die Schüler_innensicht. Anhand von zwei Fallrekonstruktionen wird gezeigt, wie die Wahrnehmung und das Empfinden der pädagogischen Beziehung durch Schüler_innen jeweils mit den auf Schule bezogenen herkunftshabituellen Dispositionen der Schüler_innen verwoben sind.

Grundlage der Rekonstruktionen sind Protokolle aus zwei von insgesamt 17 geführten Schüler_inneninterviews, die mit der sequenzanalytischen Habitusrekonstruktion (Kramer, 2018) ausgewertet wurden. Leitende Fragestellungen der Auswertung der Daten waren: Über welche schulbezogenen herkunftshabituellen Dispositionen verfügen Schüler_innen? Wie nehmen die Schüler_innen die pädagogische Beziehung zu Lehrkräften wahr? Die Ergebnisse geben Anlass für eine kritische Diskussion normativer Theorie pädagogischer Beziehungen und der Grenzen pädagogischen Handelns.

 

Seelische Gewalt in pädagogischen Beziehungen aus Schüler_innenperspektive

Marlene Doktor1, Marina Fischer2
1Universität Leipzig, 2Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

Im Rahmen des dritten Beitrags wird in den Blick genommen, was Kinder unter seelischer Gewalt von Lehrkräften gegenüber Schüler_innen verstehen, welche Gemeinsamkeiten oder auch Widersprüche sich in den Deutungsmustern des relationalen Phänomens ergeben und welche Rolle Differenzkategorien in ihren Ausführungen einnehmen.

Es wurden Interviews in Einzel- und Gruppensettings mit insgesamt 10 Grundschulkindern, die überwiegend aus sozio-ökonomisch benachteiligten Haushalten kommen, geführt und in Anlehnung an das integrative Basisverfahren (Kruse 2015) ausgewertet. Eine diskriminierungskritische (u.a. El-Mafaalani et al. 2017) und intersektionale Perspektive (Crenshaw 1991; Winker & Degele 2010) sowie die Professionalisierung und Antinomien im Lehrkräftehandeln (Helsper 2021) dienen als Analyseheuristiken. Daneben betrachten wir unter Bezugnahme auf das Minority Stress Model (Frost & Meyer 2023), inwieweit Erfahrungen seelischer Gewalt in Verschränkung mit beschriebener Zugehörigkeit zu Differenzkategorien und psychischer Belastung der Kinder zusammenhängen. Erste Befunde verdeutlichen die Bedeutsamkeit von Differenzkategorien in den Ausführungen von Kindern zu seelischer Gewalt, z.B. Nicht-Wahrnehmung des sozio-ökonomischen Status.