Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
Aktuelle Fragen der Dualen Ausbildung
Zeit:
Donnerstag, 18.09.2025:
14:00 - 15:30

Chair der Sitzung: Silvia Kopp-Sixt
Ort: HS C

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Präsentationen
14:00 - 14:30
ID: 123 / Session 2: 1
Einzelbeitrag
Themen: Forschungsbasierter Beitrag
Stichworte: Lehrabschluss, Validierung, Qualität, Prüfende, Vergleichsfallstudie

Qualität der Validierung von Lernergebnissen am Weg zum Lehrabschluss: (Re-)Konstruktion des Qualitätsverständnisses von LAP-Prüfenden zweier Berufe.

Philipp Assinger

Universität Graz, Österreich

Validierung von Lernergebnissen existiert in unzähligen Modellen. Im Modell von Du kannst was! (DKW) ist sie ein alternativer, aber wenig akzeptierter Weg zum Lehrabschluss in Österreich. Nach eine Einstiegsberatung erfolgen drei Workshops zur begleiteten Selbsteinschätzung, der erste Teil der Lehrabschlussprüfung (LAP), eine ergänzende Weiterbildung und schließlich der zweite Teil der LAP. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass die Qualität der Validierungsprozesse zur Akzeptanz beitragen kann. Über psychometrische Gütekriterien hinaus wird eine Reihe weiterer Qualitätsaspekte indiziert (Assinger, 2023), es werden aber auch Fragen hinsichtlich allgemeingültiger Kriterien virulent. Diese Fragen werden im Beitrag mit einem wissenssoziologischen Zugang zur kommunikativen Konstruktion von Wirklichkeit empirisch beleuchtet (Knoblauch, 2017). Qualität wird damit als relationales Konzept gefasst, mit dem unterschiedliche Akteure aufgrund ihrer individuellen kontextuellen Erfahrungen unterschiedliche Aspekte hervorheben, die aber zu einem kommunikativen Knotenpunkt zusammenlaufen und damit Gültigkeit erlangen können (Kuper, 2002). In einer kleinen eingebetteten Vergleichsfallstudie von DKW Oberösterreich wurde der Frage nachgegangen, was LAP-Prüfende im Einzelhandel und der Betriebslogistik unter Qualität verstehen. Dazu wurden episodische Interviews mit jeweils vier Prüfenden geführt und mit der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Analyse wirft eine Vielzahl an Qualitätsaspekten auf. Eine Korrespondenz der Prüfenden besteht bei der Lernhaltigkeit des DKW-Modells, der umfassenden Begleitung Teilnehmender und Prüfender sowie dem Zusammenwirken formativer und summativer Beurteilungen. Diese Aspekte formen den kommunikativen Knotenpunkt und legen die zu prüfende These nahe, dass Qualität von Validierung tendenziell verfahrensgebundene und weniger allgemeine Gültigkeit beanspruchen kann, weshalb sie kontinuierlich um Akzeptanz ringen muss.

Literatur
Assinger, P. (2023). Qualität als Thema im Diskurs zur Validierung non-formaler und informeller Lernergebnisse. In M. Schmid (Ed.), Handbuch Validierung non-formal und informell erworbener Kompetenzen (pp. 343–358). wbv Media.
Kuper, H. (2002). Qualität im Bildungssystem. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 5, 533–551.
Knoblauch, H. (2017). Die kommunikative Konstruktion der Wirklichkeit. Springer VS.


14:30 - 15:00
ID: 1103 / Session 2: 2
Einzelbeitrag
Themen: Konzeptiver Beitrag
Stichworte: Lehrausbildung, Justizanstalt, Fachkräftemangel, Theorie- und Praxisverknüpfung

Berufsausbildung in Haft

Karl Hofer

Pädagogische Hochschule Steiermark

Ziel dieses Abstracts ist es, das Modell der dualen Berufsausbildung in der Justizanstalt Graz-Karlau als historische Rekonstruktion der letzten 75 Jahre vorzustellen. Ein Rückblick ins Gründungsjahr 1950 zeigt die Entwicklung der Ausbildung für Insassen, die Anpassungen, die zusätzlichen Berufe, die Prognose der Rückfallwahrscheinlichkeiten und die erfolgreiche Resozialisierung sowie die Bekämpfung des Fachkräftemangels.

Derzeit sind in Österreichs Haftanstalten rund 9000 Menschen inhaftiert, davon knapp 500 in der JA Graz-Karlau. Sie sollen bis zur Entlassung resozialisiert werden. Bildung ist hier ein Hoffnungsträger (Hofer, 2021).

Seit der Gründung der „Privaten gewerblichen Berufsschule Graz-Karlau“ im Jahr 1950 haben Generationen von Häftlingen eine oder mehrere Lehrausbildungen in verschiedenen Berufen absolviert und meist erfolgreich abgeschlossen. Dies verdanken sie einem hochmotivierten, spezialisierten und erfahrenen Lehrpersonal sowie engagierten und bestausgebildeten Ausbildern aus den Reihen der Strafvollzugsbediensteten. Eine Lehre schafft neben Selbstbewusstsein, Wissen und Wert wichtige Erfolgserlebnisse, bildet die Basis für soziale Integration und verbessert Job- und Zukunftschancen. Bildung und Ausbildung bieten Menschen mit sozialen und persönlichen Defiziten die Chance auf positive Persönlichkeitsentwicklung und ein straffreies Leben (Mock, 2021).

Die enge Abstimmung von Betrieb und Berufsschule macht die Ausbildung besonders effektiv. Die Lehrausbildung in der JA Karlau gilt als „Best-Practice Beispiel“ für die Verknüpfung von Theorie und Praxis. Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Rückfallwahrscheinlichkeit bei Personen, die eine mehrjährige Ausbildung absolvieren, wesentlich niedriger ist (Entorf, Sieger, 2010). Diese Täterarbeit ist auch Opferschutz, da weitere Straftaten verhindert werden. Bildung ist nicht nur Hafterleichterung und Menschenrecht, sondern trägt zur Verringerung des Fachkräftemangels und zur Resozialisierung bei. Die Bedeutung der Lehrausbildung an der Karlau ist daher immens (Hofer, 2021).

Literatur
Hofer, K., (2022). Lehrausbildung hinter Gitter. Zeitschrift für Erziehung und Unterricht, 7-8 2022, 646-652.
Hofer, K.,(2024),Erneuerbare-Energie-Labor (EE-Labor) an der Landesberufsschule Voitsberg. Zeitschrift didacticum, 7. Jahrgang 2024, Ausgabe 7, S. 198-210.
Entorf, H. / Sieger, P. (2010): Unzureichende Bildung, Folgekosten durch Kriminalität, Gütersloh.
Hofer, K, et.al. (2021): Festschrift 70 Jahre Berufsausbildung und Berufsschule, JA Karlau, Eigenverlag.
Wister, W. (2020): Erhöhung des Ausbildungsniveaus von Insassen der JA -Karlau.
Foucault, M.: Überwachen u. Strafen, Frankfurt, 2015.
Foucault, M.: Wahnsinn u. Gesellschaft, Frankfurt, 2015.


15:00 - 15:30
ID: 1109 / Session 2: 3
Einzelbeitrag
Themen: Forschungsbasierter Beitrag
Stichworte: Aktionsforschung, Heterogenität, Berufsschule, sprachliche Bildung, Fachsprache

„Aber jetzt wo du’s gesagt hast, hat es echt Sinn ergeben!“ Vielfalt und Diversität in der Berufsschule mit sprachlicher Bildung begegnen.

Jutta Majcen

Pädagogische Hochschule Wien, Österreich

Die österreichische Berufsschule ist in Bezug auf den sprachbewussten Unterricht ein nahezu unerforschter Bereich. Das Forschungsprojekt untersucht die Wirkung sprachlicher Bildung in der Berufsschule auf das sinnerfassende Lesen sowie den Aufbau von Fachsprache und die Auswirkungen auf das Textverständnis von Berufsschüler:innen, deren Heterogenität und Diversität sich durch unterschiedliche Lernvoraussetzungen, soziale Herkunft, schulische Vorbildungen, mangelnde Motivation oder Schulversäumnisse ebenso definiert, wie in dem sprachlichen Kapital der Jugendlichen. Im Fachunterricht ist es auffällig, dass viele Schüler:innen Probleme mit Fachtexten und dem dazugehörigen Fachwortschatz aufweisen. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde daher der Forschungsfrage nachgegangen, inwieweit es möglich ist, durch gezielte Maßnahmen im Bereich der sprachlichen Bildung die Lesefähigkeit und das Verständnis fachlicher Texte von Berufsschüler:innen nachhaltig zu verbessern. Methodisch im Paradigma der Aktionsforschung (Altrichter & Posch, 2007) verankert, wurde über einen Zeitraum von 18 Monaten untersucht, wie Berufsschüler:innen bei der Fachtbearbeitung vorgehen, ob sie Hauptaussagen eines Fachtextes benennen und Fachbegriffe nachhaltig sinnerfassend anwenden können. Zur Messung des Lernfortschritts wurde ein Lesetest (LTB3) (Drommler et. al, 2006) im Prä-Post-Design (inkl. Kontrollgruppe) eingesetzt. Zusätzlich wurden Lernportfolios analysiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz & Rädiker (2022) ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass die sprachliche Förderung in der Berufsschule zu einer Verbesserung der Lesekompetenz führen kann, insbesondere bei Schülerinnen und Schülern mit anfänglicher geringer Fachsprachenkompetenz. Zudem wurde deutlich, dass die Berücksichtigung der Heterogenität der Lernenden, etwa durch differenzierte und sprachsensible Unterrichtsmethoden, die Wirksamkeit der Interventionen erhöht.

Literatur
Altrichter, H., & Posch, P. (2007). Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.
Becker-Mrotzek, M., Höfler, M., & Woerfel, T. J. (2021). Sprachsensibel unterrichten - in allen Fächern und für alle Lehrenden. Swiss Journal of Educational Research 43(2), 250-259. doi:10.24452/sjer.43.2.5
Becker-Mrotzek, M., Kusch, E., & Wehnert, B. (2006). Leseförderung in der Berufsbildung. Duisburg: Gilles & Francke
Drommler, R., Linnemann, M., Becker-Mrotzek, M., Haider, H., Stevens, T., & Wahlers, J. (2006). Lesetest für Berufsschüler/innen LTB-3 Handbuch. Duisburg: Gilles & Francke.
Efing, C. (2006). "Viele sind nicht in der Lage, diese schwarzen Symbole da lebendig zu machen". - Befunde empirischer Erhebungen zur Sprachkompetenz hessischer Berufsschüler. In C. Efing, & N. Janich, Förderung der berufsbezogenen Sprachkompetenz. Befunde und Perspektiven (S. 33-70). Paderborn: Eusl-Verlagsgesellschaft.
Efing, C. (2018). Registerbezogene Förderung der Sprachkompetenz in der beruflichen Bildung: Berufs-, Bildungs- und Fachsprache. In C. Efing, & K.-H. Kiefer, Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (S. 229-238). Tübingen: Narr.
Höfler, M., Woerfel, T., Vasylyeva, T., & Twente, L. (1. April 2024). Wirkung sprachsensibler Unterrichtsansätze – Ergebnisse eines systematischen Reviews. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 27 (2024). doi:https://doi.org/10.1007/s11618-023-01214-3
Kuckartz, U., & Rädiker, S. (2022). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.